OGH 3Ob617/85

OGH3Ob617/859.7.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1010 Wien, wider die beklagte Partei "M***" ERDÖL G*** M.B.H., Peregringasse 4, 1090 Wien, vertreten durch Dr.Kurt Böhm, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung (Streitwert S 24.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Berufungsgerichtes vom 2.Mai 1985, GZ R 345/85-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bruck/Mur vom 31.Jänner 1985, GZ 2 C 446/84-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.007,20 (darin S 247,20 Umsatzsteuer und S 288,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Gestützt auf den Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 6.4.1982, GZ 3-328 Se 26/227 - 1982, womit zugunsten der klagenden Partei R*** Ö*** für den Bau von Schnellstraßen im Baulos "Schnellstraßendreieck Bruck an der Mur" unter anderem Flächen der Grundstücke 746/8, 746/9 und 746/10 der EZ 1349 KG Bruck an der Mur enteignet wurden, und auf die erfolgte Leistung der Entschädigung begehrte die Klägerin von der Beklagten M***-G*** M.B.H. die Räumung der im der Klage

beigeschlossenen Plan bezeichneten Teilflächen dieser Grundstücke und der darauf befindlichen Objekte, insbesondere des Tankstellengebäudes und der Servicehalle. Die Beklagte benütze die Grundflächen seit der Enteignung titellos und habe den Aufforderungen zur Räumung nicht Folge geleistet.

Die Klägerin habe durch die Enteignung das Eigentum lastenfrei erworben. Der Zustimmung dinglich Berechtigter zum Abschluß des Übereinkommens zwischen dem Enteignungswerber und dem Enteigneten nach § 22 Abs 2 EisbEG habe es nach § 29 Abs 2 EisbEG nicht bedurft, wenn der vereinbarte Betrag nicht hinter dem zurückblieb, der von den Sachverständigen angegeben wurde.

Die Beklagte beantragte, das Räumungsbegehren abzuweisen. Der Enteignungsbescheid sei gesetzwidrig zustande gekommen und rechtsunwirksam. Die Beklagte sei als Partei im Verwaltungsverfahren übergangen worden, obwohl ihr als Dienstbarkeitsberechtigte Parteistellung zukam. Sie habe einen Entschädigungsanspruch mit unmittelbarer Berechtigung und überdies von der Klägerin mit Vertrag vom 7.12.1982 Sondernutzungsrechte an den Flächen für die Tankstelle bis zum 31.12.2005 zur Erreichbarkeit und zum Verlassen der Tankstelle eingeräumt erhalten. Die Erhebung der Räumungsklage erfolge rechtsmißbräuchlich. Die Rechtskraft des Enteignungsbescheides sei nur eine scheinbare, die Zustellung an die Beklagte sei unterblieben. Wenn die vereinbarte Entschädigung an den Grundeigentümer bezahlt wurde, über dessen Vermögen der Konkurs eröffnet ist, sei doch die Wirkung der Enteignung nicht eingetreten. Wenn und soweit der Entschädigungsbetrag zur Befriedigung der dritten Personen auf Grund ihrer dinglichen Rechte zustehenden Ansprüche zu dienen habe, müsse die Entschädigung nach § 34 Abs 1 EisbEG durch Gerichtserlag geleistet werden.

Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren ab. Es ging davon aus, daß Eigentümer der Liegenschaft EZ 1349 KG Bruck an der Mur die Dipl.Ing.Harald B*** B*** M.B.H. war, daß auf dieser Liegenschaft das Bestandrecht für die Beklagte bis zum 31.12.1986 einverleibt ist und auch die Dienstbarkeit der Duldung der Errichtung und des Betriebes einer Zapfsäule und der Nebenanlagen und weiters die Dienstbarkeit der Duldung der Errichtung des Betriebes und der allfälligen Erweiterung einer Tankstellenausfahrt, daß schließlich die Beklagte dem eingeleiteten Enteignungsverfahren nicht beigezogen und der Entschädigungsbetrag von S 4,182.066,-- auf Grund der Forderungsabtretung durch die Enteignete am 16.6.1982 an die Z-Bank überwiesen wurde. Das Erstgericht hielt sich an den Enteignungsbescheid deshalb nicht gebunden, weil die Beklagte dem Verwaltungsverfahren nicht beigezogen worden war, obwohl sie Parteistellung hatte.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, S 60.000,-- nicht aber S 300.000,-- übersteigt und daß die Revision zulässig sei. Das Gericht zweiter Instanz traf ergänzende Feststellungen und legte seiner Entscheidung den folgenden Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte hatte mit dem Baumeister Dipl.Ing.Harald B*** Bestandverträge geschlossen. Eigentümer der Liegenschaft EZ 1349 KG Bruck an der Mur war seine Rechtsnachfolgerin Dipl.Ing.Harald B*** B*** M.B.H., über deren Vermögen der Konkurs

eröffnet ist. Das Bestandrecht und die Dienstbarkeit der Duldung der Errichtung und des Betriebes einer Zapfstelle und der Nebenanlagen sowie der erforderlichen Zufahrten und Abfahrten sind zugunsten der Beklagten im Grundbuch einverleibt. Die Beklagte errichtete in Massivbauweise auch ein Tankstellengebäude und eine Servicehalle. Die errichteten Anlagen sollten nach der vertraglichen Regelung im Bestandvertrag vom 6.10.1961 und 16.10.1961 im Eigentum der Beklagten stehen und die Anmerkung im Sinne des § 297 a ABGB erfolgen. Zu AOZ 8 wurde im Grundbuch angemerkt, daß die Anlagen im Eigentum eines anderen als des Grundeigentümers stehen. Weil die Grundflächen im Zuge des Schnellstraßenausbaues benötigt wurden, leitete das Amt der Steiermärkischen Landesregierung das Enteignungsverfahren ein. Zur Ortsverhandlung am 15.2.1982 wurde die A***- und S*** A*** als

Antragstellerin und die Dipl.Ing.Harald B*** B*** M.B.H. geladen, nicht aber die Beklagte. Mit dem Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 6.4.1982 wurden die benötigten Teilflächen sowie die Objekte und sonstigen Anlagen dauernd und lastenfrei zugunsten der Klägerin (Bundesstraßenverwaltung) enteignet. Die Höhe der Entschädigung wurde im Wege eines Übereinkommens mit S 4,182.066,-- festgesetzt, worin die Entschädigung für die Tankstelle mit S 296.510,-- und für die Servicehalle mit S 270.257,-- enthalten ist. Die Enteignete hatte sich in dem Übereinkommen bei der Ortsverhandlung verpflichtet, gegen Zahlung der vereinbarten Entschädigungssumme die enteigneten Grundflächen samt den baulichen Anlagen zu räumen und zu übergeben, die Tankstelle bis längstens 31.12.1981, und die bücherlich eingetragenen Bestandrechte und Dienstbarkeiten selbst zu klären und der A***- und S*** A***

Löschungsbeschlüsse in Ansehung der Bestandrechte, Dienstbarkeiten und Pfandrechte zu übergeben. Der Beklagten wurde der Enteignungsbescheid nicht zugestellt; das Amt der Steiermärkischen Landesregierung bestätigte den Eintritt der Rechtskraft des Bescheides. Die vereinbarte Entschädigungssumme von S 4,182.066,-- wurde auf das von der Enteigneten Dipl.Ing.Harald B*** B*** M.B.H. angegebene Konto bei der Z-Bank am 16.6.1982 überwiesen. In ihrer Eingabe vom 17.12.1982 wies die Beklagte das Amt der Steiermärkischen Landesregierung darauf hin, daß die im Eigentum der Beklagten stehenden Superädifikate enteignet wurden. Bei der rechtlichen Beurteilung gelangte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, die Beklagte habe auch geltend gemacht, als Eigentümer der Superädifikate dem Enteignungsverfahren rechtswidrig nicht beigezogen worden zu sein. Die Voraussetzungen für die Behandlung des Tankstellengebäudes und der Servicehalle als Bauwerke auf fremdem Grund seien erfüllt. Schon im Bestandvertrag vom 6.10.1961 und 16.10.1961 sei zwischen dem Eigentümer und der Beklagten ausdrücklich vereinbart worden, daß diese Bauwerke und Anlagen im Eigentum eines anderen als des Grundeigentümers stehen. Die Anmerkung nach § 297 a ABGB sei erfolgt. Der Bestandvertrag sei für die Zeit von 25 Jahren bis zum 31.12.1986 abgeschlossen. Die Absicht der Parteien sei also darauf gerichtet gewesen, daß die Anlagen nicht dauernd als Fremdeigentum auf der Liegenschaft verbleiben sollten, sondern eine zeitlich begrenzte Grundbenützung erfolge. Die rechtliche Selbständigkeit von Überbauten setze nur voraus, daß es sich um Bauwerke handle, die auf fremdem Grund in der Absicht aufgeführt sind, dort nicht ständig zu verbleiben. Eine solide Bauweise schließe die Überbaueigenschaft nicht aus, doch müsse das Recht zur Benützung der Grundfläche zeitlich begrenzt sein. Die als bewegliche Sachen behandelten Bauwerke auf fremdem Grund seien nicht Zubehör der Liegenschaft und würden vom rechtlichen Schicksal der Grundfläche nicht berührt. Aus den Bestandverträgen ergebe sich die in der Begründung des Enteignungsbescheides wiedergegebene Ansicht des Bausachverständigen nicht, daß die gesamte Tankstellenanlage nach Ablauf der 25-jährigen Bestandzeit in das Eigentum des Liegenschaftseigentümers übergehe. Zur Zeit des Enteignungsverfahrens habe es sich jedenfalls um Superädifikate gehandelt. Ob der Enteignungsbegriff im § 18 BStG idF vor der Novelle BGBl 1983/63 schon so zu verstehen war, wie er nun durch diese Bundesstraßengesetznovelle umschrieben wurde, könne dahingestellt bleiben. Durch die Bundesstraßengesetz-Novelle BGBl 1983/63 sei erst die Parteistellung nach § 18 Abs 2 BStG dahin eingeschränkt worden, daß der dinglich Berechtigte nur dann Enteigneter sei, wenn das dingliche Recht mit einem nicht der Enteignung unterworfenen Gegenstand verbunden oder das dingliche oder obligatorische Recht für sich allein Gegenstand der Enteignung ist. Nach § 18 Abs 2 BStG idF vor dieser Novelle sei als Enteigneter anzusehen gewesen, dem der Gegenstand der Enteignung gehörte oder dem ein dingliches Recht zustand. Die Tankstelle und die Servicehalle gehörten der Beklagten. Als Eigentümer der Bauwerke auf fremdem Grund galt die Beklagte als zu Enteignende. Da sich der Bescheid nicht gegen die Beklagte richte, sei die Enteignung der Anlagen und Objekte auf der Liegenschaft, die im Bescheid genannt wurden, die aber im Eigentum der Beklagten blieben, nicht wirksam erfolgt. Mit den Grundwerten der Rechtsordnung sei es unvereinbar, daß der rechtmäßige Eigentümer seine Rechte verliere, ohne in dem Verfahren Partei zu sein und darauf Einfluß nehmen zu können. Das Erstgericht habe daher im Ergebnis das gegen die Beklagte als Eigentümer gerichtete Begehren auf Räumung der Bauwerke auf fremdem Grund zu Recht abgewiesen. Die der Beklagten eingeräumten Sondernutzungsrechte seien ohne Bedeutung, weil bei wirksamer Enteignung die Geschäftsgrundlage für den Sondernutzungsvertrag wegfiele. § 20 Abs 5 BStG verweise auch auf § 34 EisbEG, wonach die Entschädigung dann durch Gerichtserlag zu leisten sei, wenn und insoweit der Entschädigungsbetrag zur Befriedigung der dritten Personen auf Grund ihrer dinglichen Rechte zustehenden Ansprüchen zu dienen hat. Nach § 20 Abs 4 BStG werde der Vollzug eines rechtskräftigen Enteignungsbescheides nicht gehindert, sobald der Entschädigungsbetrag gerichtlich erlegt sei. Das Eigentum gehe auf den Enteignungswerber erst über, wenn der Bescheid rechtskräftig und die gerichtliche Hinterlegung des Entschädigungsbetrages erfolgt sei. Da dies nicht geschah, die gerichtliche Hinterlegung zur Wahrung der Rechte der dinglich Berechtigten aber geboten war, könne auch deshalb die Klägerin nicht auf Räumung dringen. Die Zulassung der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß den hier zu lösenden Fragen erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukomme.

Mit ihrer Revision, deren Zulässigkeit nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht zu bejahen ist, macht die Klägerin unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache nach § 503 Abs 2 ZPO geltend. Sie beantragt die Abänderung, daß ihrem Räumungsbegehren stattgegeben werde, und hilfsweise, daß die Beklagte schuldig erkannt werde, die im Plan bezeichneten Grundflächen geräumt zu übergeben.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin hält die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht, es handle sich bei dem von der Beklagten auf den in Bestand genommenen Grundflächen errichteten Bauwerken um Überbauten nach § 435 ABGB, für verfehlt, weil nicht feststehe, daß das Tankstellengebäude und die Servicehalle nach der Absicht der Vertragsteile nicht stets auf dem fremden Grund bleiben sollten, auf dem sie von der Beklagten aufgerichtet wurden. Der erkennende Senat hat zu dieser entscheidenden Frage erwogen:

Aus der Bestimmung des § 297 ABGB, wonach zu den unbeweglichen Sachen unter anderem Gebäude gehören, die auf Grund und Boden in der Absicht aufgeführt werden, daß sie stets darauf bleiben sollen, wird abgeleitet, daß Bauwerke, die nicht in dieser Absicht aufgeführt sind, nicht zur unbeweglichen Sache gehören, auf der sie stehen (Bydlinski, Das Recht der Superädifikate, 10; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 297; Koziol-Welser7 II, 8; JBl 1985, 288 ua.). Es bestimmt daher auch § 435 ABGB, daß für die Übertragung (aber nicht für den ursprünglichen Erwerb) des Eigentums an solchen Bauwerken auf fremdem Grund das Formerfordernis der Urkundenhinterlegung gilt (insb. § 19 UHG). Der originäre Eigentumserwerb am Bauwerk erfolgt durch die Bauführung (Spielbüchler aaO, Rdz 1 zu § 435; SZ 17/2; SZ 26/83 ua.), wobei auch eine solide Bauweise der Beurteilung eines Gebäudes als Superädifikat nicht entgegensteht, weil sich die maßgebende Absicht des Erbauers, daß das Bauwerk nicht stets auf dem Grund und Boden stehen soll, nicht bloß aus der Bauweise, sondern auch aus den Rechtsverhältnissen ergeben kann, die zwischen dem Grundeigentümer und dem Erbauer bestehen. So wird ein zeitlich beschränktes Grundbenützungsrecht des Erbauers, also etwa auch ein Bestandverhältnis auf bestimmte Zeit, darauf schließen lassen, daß der Erbauer das Gebäude als sein Eigentum nur für die Dauer seines Grundbenützungsverhältnisses auf fremdem Grund stehend wissen will (Bydlinksi, aaO 24; Klang in Klang2 II 26 vor Anm. 4; Koziol-Welser7 II 8; JBl 1981, 479; JBl 1982, 481; JBl 1985, 288 ua.).

Die Beklagte hatte als Bestandnehmerin mit dem Eigentümer der Liegenschaft ausdrücklich vereinbart, daß sie auf den in Bestand genommenen Flächen in Massivbauweise ein Tankstellengebäude und eine Servicehalle errichte und daß diese Bauwerke im Eigentum der Beklagten stehen sollten. Daraus folgt zwingend, daß die dann von der Beklagten tatsächlich aufgerichteten Baulichkeiten als Überbauten auf dem fremden Grund nur für die Dauer des Grundbenützungsverhältnisses bestehen bleiben sollten, ohne daß es der Feststellung bedarf, was nach dem Willen der Vertragsteile zu geschehen hatte, wenn das Grundbenützungsverhältnis ende, weil es an der Eigenschaft der Bauwerke als Superädifikate nichts ändert, ob sie dann von der Beklagten abzutragen waren oder in das Eigentum des Bestandgebers übergehen sollten. Daß die Vertragsteile im Bestandvertrag die Anmerkung nach § 297 a ABGB vorsahen und daß diese Anmerkung auch im Grundbuch erfolgte, spricht nicht dagegen, daß es sich bei den von der Beklagten erbauten Gebäuden um Bauwerke auf fremdem Grund handelt, weil sich diese Anmerkung auf eingebrachte maschinelle Anlagen beziehen konnte, aber nicht die im fremden Eigentum verbliebenen Überbauten betraf, deren rechtlich von dem Eigentum an der Liegenschaft getrenntes Schicksal zwar durch Errichtung und Hinterlegung einer Urkunde publiziert werden konnte aber nicht mußte (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 435; Koziol-Welser7 II 8; SZ 26/83 ua.). Auf ihr Eigentum an den vom Räumungsbegehren der Klägerin erfaßten Objekten hat die Beklagte auch in dem Rechtsstreit hingewiesen und dem Räumungsanspruch entgegengehalten, daß ihr gegenüber das Enteignungserkenntnis nicht wirksam sei, weil ihr Parteistellung im Verwaltungsverfahren nicht eingeräumt worden war.

Wie der erkennende Senat mit eingehender Begründung in der Entscheidung SZ 57/23 dargestellt hat, wird das Eigentum des Enteigners nicht vom Enteigneten abgeleitet, sondern entsteht originär. Es stellt grundsätzlich einen lastenfreien Erwerb dar. Der Enteigner kann gegen die Bestandnehmer des Enteigneten mit Räumungsklage vorgehen, während der Enteignete selbst im Wege der Verwaltungsvollstreckung zur Räumung zu verhalten ist. Hat nun das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum erkannt, daß die Beklagte und nicht der Enteignete Eigentümer der von der Beklagten auf dem in Bestand genommenen Grund errichteten Bauwerke war und ist, so daß die Wirkung der Enteignung der im Bescheid der Verwaltungsbehörde genannten "Objekte", worunter sie offenbar auch das Tankstellengebäude und die Servicehalle verstand, wie sich aus der Erfassung dieser Bauwerke durch das Bewertungsgutachten und der im Übereinkommen dafür vorgesehenen Entschädigung ergibt, nicht zum originären Erwerb des Eigentums der Klägerin an diesen Bauwerken auf fremdem Grund führen konnte, ist es verfehlt, aus der Enteignung den Anspruch auf "Räumung der auf den enteigneten Grundflächen befindlichen Objekte, insbesondere des Tankstellengebäudes und der Servicehalle" abzuleiten. Das Eigentum an Superädifikaten ist einer selbständigen Enteignung zugänglich (VfGH 14.5.1981, B 464/78 = JBl 1982, 368) und es ist, gleich wie man den Kreis der am Enteignungsverfahren zu Beteiligenden vor der Neufassung des § 18 BStG durch die Bundesstraßengesetz-Nov BGBl 1983/63 ziehen will, unzweifelhaft, daß die Enteignung des Eigentums an den Bauwerken auf fremdem Grund nicht wirksam gegen die Beklagte in einem gegen eine andere Partei ohne ihre Beteiligung abgeführten Verwaltungsverfahren stattfinden konnte. Wenn die Verwaltungsbehörde die Rechtsverhältnisse an den auf den enteigneten Flächen stehenden Überbauten irrig beurteilte und meinte, nur der Grundeigentümer sei zu enteignen, hat dies zur Folge, daß die Beklagte jedenfalls insoweit den Bescheid nicht gegen sich gelten lassen muß, als er in ihre Eigentumsrechte an den Bauwerken auf fremdem Grund eingreifen würde. Zu Recht haben daher die Vorinstanzen angenommen, daß ein Erwerb des Eigentums der Klägerin an den im Eigentum der Beklagten stehenden Überbauten nicht wirksam erfolgt ist.

Es kann bei dieser Sachlage auf sich beruhen, ob der Beklagten unabhängig von den Eigentumsrechten als Servitutsberechtigter oder Bestandnehmerin im Enteignungsverfahren, das vor der Neufassung des § 18 Abs 2 BStG durch die Nov BGBl 1983/63 abgeführt worden war, Parteistellung zukam, ob die Wirksamkeit der Enteignung von der Einhaltung des § 34 EisbEG abhängt oder wegen der Ausfolgung des Entschädigungsbetrages an den später insolvent gewordenen enteigneten Grundeigentümers auch insoweit, als er zur Befriedigung der auf Grund der dinglichen Rechte der Beklagten zustehenden Ansprüche zu dienen hatte, bloß Schadenersatzansprüche bestehen und ob schließlich die nach der Enteignung durch die Klägerin der Beklagten eingeräumten Sondernutzungsrechte (Vertrag vom 7.12.1982 Beil./5) sich auf das gegenständliche Tankstellenobjekt erstreckten und ein Abgehen von einem allenfalls zuvor bestandenen Räumungsanspruch bedeuten.

Der Stattgebung des Begehrens, die Beklagte habe die auf den im der Klage beigefügten Katasterplan bezeichneten Flächen befindlichen Objekte geräumt zu übergeben, steht nämlich schon entgegen, daß die Behauptung der Klägerin, sie habe durch die Enteignung originär und lastenfrei Eigentum am Tankstellengebäude und dem Bauwerk Servicehalle erworben, wegen der Überbaueigenschaft dieser Bauwerke nicht zutrifft.

Die Klägerin hat versucht, im Revisionsverfahren gerade für den Fall der Billigung der Beurteilung dieser Gebäude als Superädifikate ein Eventualbegehren einzuführen. Sie meint, daß sie jedenfalls Eigentum an den enteigneten Grundflächen erworben hat und wegen der Lastenfreiheit dieses Erwerbs durch die gegen den Grundeigentümer gerichtete Enteignung berechtigt sei, die Räumung der Grundflächen von den Fahrnissen der Beklagten zu verlangen, weil das Grundbenützungsrecht des Überbaueigentümers mit der Enteignung untergegangen sei. Abgesehen davon, daß im Stadium des Revisionsverfahrens ein neues Klagebegehren nicht erhoben werden kann (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1231), ist auch das nun als Eventualbegehren bezeichnete Verlangen nicht geeignet, die Durchsetzung des behaupteten Anspruchs zu erreichen. Das zunächst bis zum Schluß der Verhandlung in erster Instanz erhobene Begehren war auf die mittels der Exekution nach dem § 349 EO durchzusetzende Räumung der unbeweglichen Sache gerichtet. Wenn die Klägerin für den Fall, daß es sich bei den von der Beklagten vereinbarungsgemäß errichteten und in ihrem Eigentum verbliebenen Gebäuden um von der Enteignung nicht erfaßte Superädifikate handelt, nun die Räumung der Liegenschaft von diesen "beweglichen Sachen" verlangt, so handelt es sich dabei nicht um eine Einschränkung gegenüber dem Begehren auf Räumung der "Liegenschaft und der darauf befindlichen Objekte", sondern um ein anderes Begehren. Die Exekution nach § 349 EO ist nicht geeignet, zur Entfernung der Bauwerke von den enteigneten Grundflächen zu führen. Es kann daher auch dem Eventualantrag nicht stattgegeben werden.

Ob das Grundbenützungsrecht schon mit der Enteignung vor Ablauf der im Vertrag mit 31.12.1986 bestimmten Zeit geendet hat und ob die Klägerin Anspruch auf Entfernung der auf den enteigneten Grundflächen errichteten Bauwerke der Beklagten hat, kann in diesem Rechtsstreit nicht untersucht werden.

Schon die Tatsache, daß die Enteignung nicht das richtige Ziel getroffen und in Ansehung der Superädifikate ohne Wirkung auf das Eigentum der Beklagten blieb, führt zur Abweisung des auf Eigentumserwerb auch an den Bauwerken gestützten Räumungsbegehrens, ohne daß die weiteren Einwände der Beklagten zu erörtern wären. Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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