OGH 2Ob608/86

OGH2Ob608/8617.6.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Nina M***, geboren am 12.Dezember 1971 und des mj. Christian M***, geboren am 12.Februar 1978, infolge Revisionsrekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Innsbruck gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 8.November 1985, GZ 2 b R 222/85-15, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 2.Juli 1985, GZ 3 P 47/83-10, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs ON 11 aufgetragen.

Text

Begründung

Mit dem erstgerichtlichen Beschluß ON 10 vom 2.Juli 1985 wurde der Vater der mj. Nina M*** und des mj. Christian M*** als Unterhaltsschuldner aufgefordert, gemäß § 4 Z 3 UVG gewährte Vorschüsse von insgesamt 8.304 S in Monatsraten von 500 S zurückzuzahlen.

Auf Grund des Rekurses des Vaters, in welchem er Neuvorbringen erstattete (ON 11), hob das Rekursgericht den angefochtenen Beschluß auf und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.

Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung erhebt der Präsident des Oberlandesgerichtes Innsbruck Revisionsrekurs mit dem Antrage auf Abänderung dahin, daß der Rekurs des Vaters gegen den erstgerichtlichen Beschluß wegen Verspätung zurückgewiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, da die Rechtsmittelbeschränkung des § 15 Abs 3 UVG nur für Beschlüsse gilt, mit welchen über die Gewährung von Vorschüssen entschieden wurde, sich die Anfechtbarkeit anderer, nach dem UVG ergangener Beschlüsse dagegen nach den §§ 14 und 16 AußStrG richtet (RZ 1981/58; 2 Ob 549/86 u.a.) und der Präsident des Oberlandesgerichtes daher zur Anfechtung der rekursgerichtlichen Entscheidung legitimiert ist, mit welcher das Erstgericht die Rückzahlung von Vorschüssen an ihn angeordnet hatte (3 Ob 659/79). Das Rechtsmittel ist im Sinne der Rückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht gerechtfertigt. Da der erstgerichtliche Beschluß dem Vater am 8.Juli 1985 zugestellt wurde und er seinen Rekurs dagegen erst am 12.August 1985 einbrachte, war die 14-tägige Rekursfrist des § 11 Abs 1 AußStrG im Sinne der Ausführungen im Revisionsrekurs nicht eingehalten worden. Das Rekursgericht hat den Rekurs offenbar irrtümlich dennoch ausdrücklich als "fristgerecht" bezeichnet und sogleich sachlich behandelt. Richtigerweise hätte es zunächst eine Prüfung im Sinne des § 11 Abs 2 AußStrG vornehmen müssen. Gemäß dieser Gesetzesstelle kann das Gericht auch auf verspätete Rekurse in jenen Fällen Rücksicht nehmen, in welchen sich die Verfügung noch ohne Nachteil eines Dritten abändern läßt. Unter "Dritte" im Sinne dieser Gesetzesstelle sind nach Lehre und ständiger Judikatur lediglich Privatrechtssubjekte, also physische oder juristische Personen des Privatrechtes, nicht auch öffentliche Dienststellen, zu verstehen (Ott, Rechtsfürsorgeverfahren, 248; JBl 1955, 605; 7 Ob 13/63, 8 Ob 345/66, 8 Ob 151/69, 4 Ob 525/73, 1 Ob 511/85 u.a.). Voraussetzung für eine Berücksichtigung ist also, daß es sich um eine am Verfahren beteiligte, vom Rechtsmittelwerber verschiedene physische oder juristische Person des Privatrechts handelt. Gemäß § 1 UVG werden die Unterhaltsvorschüsse vom Bund im Rahmen der Hoheitsverwaltung gewährt. Nach § 29 Abs 1 UVG sind die auf Grund der Bestimmung des § 4 Abs 3 UVG gewährten Vorschüsse an den Bund zu Handen des Oberlandesgerichtspräsidenten zurückzuzahlen. Eine vom Rekursgericht aufgehobene erstgerichtliche Anordnung einer solchen Rückzahlung gereicht somit grundsätzlich dem Bund zum Nachteil. Da dieser aber nicht als Privatrechtssubjekt auftritt, ist seine Eigenschaft als "Dritter" im Sinne des § 11 Abs 2 AußStrG zu verneinen.

Der erstgerichtliche Beschluß kann demnach noch ohne Nachteil eines Dritten abgeändert werden, weshalb das Rekursgericht nach Prüfung der Umstände dieses Falles zunächst zu entscheiden hat, in welcher Richtung es von dem ihm nach § 11 Abs 2 AußStrG eingeräumten Ermessen Gebrauch macht, ob es also den Rekurs trotz seiner Verspätung berücksichtigen will oder nicht. Sein Beschluß war daher aufzuheben und ihm die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

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