OGH 2Ob611/86

OGH2Ob611/8617.6.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Maria R***, Anton Kriegergasse 173, 1238 Wien, vertreten durch Dr. Peter Armstark, Rechtsanwalt in Wien, wider den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Ing. Ernst R***, Gartenbauunternehmer, Anton Kriegergasse 132-134, 1238 Wien, vertreten durch Dr. Adolf Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung und Erlassung einstweiliger Verfügungen, infolge Rekurses des Beklagten und Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 21. März 1986, GZ. 13 R 36,37/86-40, womit der Rekurs des Beklagten und Gegners der gefährdeten Partei gegen die einstweilige Verfügung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 12. Juni 1985, GZ. 32 Cg 149/85-4, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1.) Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß wird ersatzlos aufgehoben.

Auf die Kosten des Rekurses ist gleich weiteren Verfahrenskosten Bedacht zu nehmen.

2.) Die Rekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung vom 12. Juni 1985, ON 4, wurde dem Beklagten am 18. Juni 1985 zugestellt. Der Beklagtenvertreter gab am 2. Juli 1985 einen Rekurs zur Post, der an das Oberlandesgericht Wien adressiert war und bei diesem am 3. Juli 1985 einlangte. Der vom Oberlandesgericht Wien sofort weitergeleitete Rekurs langte beim Erstgericht noch am 3. Juli 1985 ein (ON 9).

Das Rekursgericht wies diesen Rekurs mit der Begründung zurück, gemäß § 89 Abs. 1 GOG seien die Tage des Postlaufes zwar nicht in die Frist einzurechnen, doch setze dies voraus, daß die Postsendung an jenes Gericht adressiert sei, bei dem die Eingabe gesetzmäßig zu überreichen sei. Andernfalls sei die Frist nur dann gewahrt, wenn der Schriftsatz innerhalb der Frist dem zuständigen Gericht zugekommen sei. Da der unrichtig adressierte Rekurs dem Erstgericht erst nach Ablauf der Rekursfrist zugekommen sei, sei er verspätet. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Rekurs des Beklagten.

Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

1.) Zum Rekurs:

Rechtliche Beurteilung

Dieses Rechtsmittel ist berechtigt. Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß die Anwendung des § 89 GOG die richtige Andressierung der Sendung zur Voraussetzung hat, entspricht zwar der Rechtsprechung (EFSlg. 44.528 u.v.a), doch ist die unrichtige Adressierung dann nicht entscheidend, wenn das Rechtsmittel noch am Tag seines Einlangens beim unzuständigen Gericht dem zuständigen Gericht zugekommen ist. Zweck der Bestimmung des § 89 GOG ist es, eine Verkürzung der Frist durch den Postlauf zu verhindern. Eine Verlängerung des Postlaufes, die dadurch bewirkt wurde, daß das Rechtsmittel an das unrichtige Gericht gesendet wurde, hat daher der Rechtsmittelwerber zu vertreten. Da im vorliegenden Fall durch die Adressierung an ein unrichtiges Gericht keine Verzögerung eintrat, sind die Tage des Postlaufes in die Rechtsmittelfrist nicht einzurechnen, weshalb der Rekurs rechtzeitig ist (SZ 24/10; 2 Ob 239/77; 6 Ob 589,615/85 u.v.a.).

Der angefochtene Beschluß war daher ersatzlos aufzuheben.

2.) Zur Rekursbeantwortung:

Da Rekurse gegen Entscheidungen des Rekursgerichtes, mit denen ein Rekurs als verspätet zurückgewiesen wurde, in den §§ 521 a ZPO und 402 EO nicht angeführt sind, ist eine Rekursbeantwortung nicht zulässig. Dieser Schriftsatz der Klägerin mußte daher zurückgewiesen werden.

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