OGH 5Ob538/86

OGH5Ob538/8610.6.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Vogel, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Cassian M***, Kaufmann, Flatschacher Straße 13, 9020 Klagenfurt, vertreten durch Dr.Jakob Oberhofer, Rechtsanwalt in Lienz, wider die beklagte Partei Margarethe A***, Gesellschafterin, Mitterhof 74, 5163 Mattsee, vertreten durch Dr.Erich Aigner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung, Rechnungslegung und Zahlung (Streitwert 503.000 S), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 21. Jänner 1986, GZ 1 R 316/85-39, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 28.Juni 1985, GZ 3 Cg 38/80-33, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Beklagte erhob am 29. November 1979 gegen den Kläger die auf Feststellung gerichtete Klage, daß die zwischen ihrem Vater und Schwiegervater des Klägers Professor Hermann A*** bestandene bürgerlichrechtliche Gesellschaft mit dem 1.Juli 1977 in eventu mit dem 31.Dezember 1977 erloschen ist, weil Professor Hermann A*** am 1. Juli 1977 verstorben war und seine Erbin sowie die Beklagte als Legatarin den Ausschluß des Klägers aus der Gesellschaft beschlossen und vorsorglich das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grund zum 31. Dezember 1977 gekündigt hätten.

Der Kläger erhob am 29.Jänner 1980 gegen die Beklagte eine auf Legung der Rechnung über die Geschäfte des "Salzburger Marionettentheaters" in der Zeit vom 1.Jänner 1973 bis 31.Dezember 1979, auf Feststellung, daß er vom 1.Jänner 1973 bis 31.Dezember 1978 mit einem Viertelanteil an der Erwerbsgesellschaft "Salzburger Marionettentheater" Gesellschafter war und seit dem 1.Jänner 1979 Miteigentümer eines Viertelanteils an der Gesamtsache "Salzburger Marionettentheater" ist, sowie schließlich hilfsweise auf Feststellung, daß er, falls die Erwerbsgesellschaft früher erloschen sein sollte, seit diesem Zeitpunkt Miteigentümer ist, gerichtete Klage.

Schließlich begehrte der Kläger die Feststellung, daß er vom 1. Jänner 1973 bis 1.Juli 1977 Gesellschafter mit einem Viertelanteil an der Erwerbsgesellschaft "Salzburger Marionettentheater" und seit dem 1.Juli 1977 Miteigentümer eines Viertelanteils an der Gesamtsache "Salzburger Marionettentheater" war, Rechnungslegung über die Geschäfte der Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht in der Zeit vom 1.Jänner 1973 bis zum 30.Juni 1977, und hilfsweise über die Erlöse der Erwerbsgesellschaft, welche in der Buchhaltung vor Einleitung des Steuerprüfungsverfahrens im Jahr 1978 keinen Niederschlag fanden, weiters Zahlung eines Viertels jenes Betrages, um welchen die Gewinne der Erwerbsgesellschaft in der Zeit vom 1. Jänner 1973 bis 30.Juni 1977, die auf Grund dieser Rechnungslegung ermittelt werden, bereits verteilte Gewinne aus diesem Zeitraum übersteigen; weiters Rechnungslegung über die Geschäfte der Miteigentumsgemeinschaft "Salzburger Marionettentheater" in der Zeit vom 1.Juli 1977 bis 30.September 1980 und Zahlung eines Viertels der auf Grund dieser Rechnung ermittelten Erträge.

Die Beklagte willigte in diese Änderung der Klage nicht ein und wendete ein, aus der Änderung sei eine erhebliche Erschwerung und Verzögerung der Verhandlung zu besorgen.

Sie anerkannte, nachdem die Parteien einig waren, daß die Gesellschaft bürgerlichen Rechts zum Betriebe des Salzburger Marionettentheaters zwischen dem Kläger und Professor Hermann A*** mit dessen Ableben am 1.Juli 1977 erloschen war, den Anspruch des Klägers auf Feststellung, daß der Kläger vom 1.Jänner 1973 bis 30. Juni 1977 Gesellschafter der Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts "Salzburger Marionettentheater" mit einem Viertelanteil am Gewinn war. Nach diesem Anerkenntnis fällte das Gericht das Teilanerkenntnisurteil in dem gegenüber dem Begehren eingeschränkten Umfang, daß festgestellt werde, der Kläger sei vom 1.Jänner 1973 bis 30. Juni 1977 am Gewinn der Erwerbsgesellschaft "Salzburger Marionettentheater" mit einem Viertelanteil Gesellschafter gewesen. Dieses Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.

In dem über die Feststellungsklage der hier Beklagten eingeleiteten Rechtsstreit hatten die Parteien schon am 2.Juli 1981 vereinbart, daß das Verfahren ruhen solle. In dem nach Aufhebung der Verbindung zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung wieder gesondert geführten Rechtsstreit über die Klagebegehren des Klägers fanden noch am 26.September 1983 und am 29.Jänner 1985 Verhandlungstagsatzungen statt, eine Beweisaufnahme ist bisher nicht erfolgt.

Das Erstgericht entschied, daß die über den Gegenstand des Teilanerkenntnisurteiles hinausgehende Änderung der Klage nicht zugelassen werde, weil sich das Verfahren durch die häufigen in sich widersprüchlichen Änderungen des Vorbringens des Klägers so unübersichtlich gestalte, daß eine Fortsetzung gegenüber der Rechtsverfolgung in einem neuen Prozeß als erhebliche Erschwerung anzusehen sei. Wegen der Schwierigkeit der Zuordnung der zahlreichen Urkunden zu dem gänzlich unübersichtlich gewordenen Vorbringen seien auch Verzögerungen der Verhandlung zu besorgen.

Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses des Klägers diesen Beschluß dahin ab, daß die Klagsänderungen zugelassen werden. Es sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes 15.000 S und der Wert des Streitgegenstandes, über welchen das Rekursgericht entschied, 300.000 S übersteigen. Das Rekursgericht meinte, es handle sich zwar schon wegen der Erweiterung des Begehrens um eine Änderung der Klage und nicht um eine bloße Modifizierung oder Ergänzung des Vorbringens. Die Beklagte habe in die Änderung der Klage nicht eingewilligt, sondern gegen die Änderung Einwendungen erhoben. Sie könne daher nur unter den Voraussetzungen des § 235 Abs. 3 ZPO zugelassen werden. Auch nach dem zuletzt gestellten Begehren gehe es darum, ob und inwieweit die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger über die Geschäfte des "Salzburger Marionettentheaters" Rechnung zu legen. Dieses Begehren könne geeignet sein, eine endgültige oder doch weitgehende Bereinigung des Streitfalls zwischen den Parteien herbeizuführen. Soweit das Vorbringen unübersichtlich geworden sei, werde das Gericht auf Klarstellung zu dringen haben. Der enge innere Zusammenhang zwischen dem ursprünglichen, auch schon die Zeit nach dem Ableben des Vaters der Beklagten und Schwiegervaters des Klägers erfassenden Begehren mit dem zuletzt gestellten Klagebegehren rechtfertige die Zulassung der Klagsänderung, weil das Verfahren schon bisher seit dem 29.Jänner 1980 über den Wechsel einer Unzahl von Schriftsätzen, deren Vortrag und die Vorlage von Urkunden hinaus nicht fortgeschritten sei. Müßte der Kläger seine Ansprüche in einem neuen Rechtsstreit durchzusetzen versuchen, müßte wieder von vorne begonnen werden. Es wäre ein erheblicher Aufwand verloren. Da Klagsänderungen ohnedies tunlichst zuzulassen seien, habe dies hier zu geschehen.

Gegen den abändernden Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Abänderungsantrag, den Beschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Der Schriftsatz des Klägers, den er als Beantwortung des Revisionsrekurses einbrachte, ist zurückzuweisen, weil das Verfahren zur Entscheidung über die Zulassung einer Änderung der Klage nicht zu den im § 521 a ZPO erschöpfend aufgezählten Fällen gehört, in denen das Gesetz eine Rekursbeantwortung zuläßt (OGH 5.Juni 1984, 4 Ob 1510/84; OGH 1.Oktober 1985, 4 Ob 103/85; OGH 11.März 1986, 5 Ob 1510/86) und eine Ausdehnung dieser Ausnahmeregelung auf weitere Fälle nicht stattfindet.

Diese Zurückweisung erfaßt auch den unzulässigen Antrag des Klägers, eine Berichtigung des Ausspruches des Rekursgerichtes anzuordnen, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S nicht übersteige. Die Bewertung des Rekursgerichtes im Sinne der §§ 526 Abs. 3 und 500 Abs. 2 Z 3 ZPO ist, weil gegen gesetzliche Bewertungsvorschriften (§§ 54 bis 60 JN) nicht verstoßen wurde, einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht zugänglich und bindend (MietSlg. 36.813/7; JBl 1982, 157 u.a.). Nach der zufolge der Verweisung durch § 526 Abs. 3 ZPO auch im Rekursverfahren sinngemäß geltenden Vorschrift des § 500 Abs. 2 ZPO war das Gericht bei der Bewertung der in einem tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang stehenden Ansprüche des Klägers nicht an die Geldsumme gebunden, die er als Wert des Streitgegenstandes angegeben hat. Schon deshalb spielt die teilweise Erledigung des einen Teilanspruches auf Feststellung mittels Teilanerkenntnisurteil bei der durch den Bewertungsausspruch jedenfalls nach § 528 Abs. 2 und § 502 Abs. 4 Z 2 ZPO zugelassenen Anfechtung der abändernden Rekursentscheidung keine Rolle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Soweit die zuletzt dem Verfahren zugrunde zu legende Fassung der Urteilsbegehren des Klägers über eine bloße Änderung, Ergänzung, Erläuterung oder Berichtigung der tatsächlichen Angaben der Klage ohne Änderung des Klagegrundes hinausgeht (§ 235 Abs. 4 ZPO), handelt es sich um eine nach Eintritt der Streitanhängigkeit und gegen die Einwendung der Beklagten nur zuzulassende Änderung der Klage, wenn dadurch die Zuständigkeit des Prozeßgerichtes nicht überschritten wird und daraus eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung nicht zu besorgen ist (§ 235 Abs. 3 ZPO). Schon wegen der Ausdehnung der Begehren liegt, wie das Rekursgericht völlig zutreffend erkannte und darin mit dem Erstgericht übereinstimmt, eine nicht ohne weiteres zulässige Modifizierung des ursprünglichen Begehrens, sondern eine Änderung der Klage vor. Solche Änderungen sind jedoch tunlichst zuzulassen, vor allem dann, wenn sie die endgültige und erschöpfende Bereinigung des streitigen Verhältnisses zwischen den Parteien zum Ziel haben und geeignet sind, dieses Ziel zu erreichen. Bei der Beurteilung der durch die Änderung zu besorgenden Verzögerung und Erschwerung ist nach den Verhältnisses des Einzelfalles auch in die Betrachtung einzubeziehen, ob durch die Zulassung der Klagsänderung ein mit einem erheblichen Aufwand verbundener weiterer Prozeß erspart wird (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1240; SZ 27/167; SZ 43/35; SZ 47/49; MietSlg. 32.680; MietSlg. 32.681). In dem nun seit mehr als sechs Jahren anhängigen Rechtsstreit haben Beweisaufnahmen, die geeignet sind, eine Sachentscheidung zu ermöglichen, bisher nicht stattgefunden. Der Mangel der Prozeßleitung, der zu einer Unübersichtlichkeit der Vorbringen und der Beweisanbote führte, rechtfertigt die Ablehnung der Zulassung der nun auf eine abschließende Entscheidung abzielenden Begehren des Klägers nicht. Es ist jedenfalls insgesamt mit einer geringeren Verzögerung und Erschwerung zu rechnen, wenn in einem Rechtsstreit das strittige Rechtsverhältnis bereinigt wird, das sich aus der Beteiligung des Klägers an der bürgerlich-rechtlichen Erwerbsgesellschaft mit seinem Schwiegervater und dessen Ableben ergeben hat, als wenn nun nach so langer Verfahrensdauer ein Teil der Ansprüche im vorliegenden, ein anderer Teil jedoch in einem neuen Rechtsstreit erledigt würde, der, solange das Verfahren im ersten Prozeß nicht zum Schluß der Verhandlung in erster Instanz geführt hat, wohl wegen des engen inneren Zusammenhanges wieder mit dem ersten Rechtsstreit zu gemeinsamer Verhandlung zu verbinden wäre.

Der Erschwerung und Verzögerung des Verfahrens über das vom Rekursgericht zugelassene geänderte Begehren kann nur dadurch entgegengewirkt werden, daß das Gericht im Rahmen der ihm obliegenden Prozeßleitung eine Straffung und Klärung herbeiführt. Dies hat das Rekursgericht richtig erkannt und daher ohne Rechtsirrtum die Klagsänderung zugelassen.

Für den erfolglosen Revisionsrekurs steht der Beklagten ein Kostenersatzanspruch nicht zu (§§ 40 und 50 ZPO).

Über den Kostenersatzanspruch des Klägers ist nicht zu entscheiden, weil die Zurückweisung auch das Kostenersatzbegehren durch Verzeichnung der Kosten trifft.

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