OGH 9Os59/86

OGH9Os59/8621.5.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Mai 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gumpinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Ercan K*** wegen des versuchten Verbrechens nach §§ 15 StGB, 12 Abs. 1 SuchtgiftG (aF) und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 12.Dezember 1985, GZ 8 Vr 1724/85-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen, nämlich im Schuldspruch wegen des versuchten Verbrechens nach §§ 15 StGB, 12 Abs. 1 SuchtgiftG und wegen des Finanzvergehens des versuchten Schmuggels nach §§ 13, 35 Abs. 1 FinStrG in Ansehung des jeweiligen Grundtatbestandes, weiters im Verfallsausspruch nach §§ 12 Abs. 3 SuchtgiftG, 17 Abs. 2 FinStrG aufrecht bleibt, im Ausspruch, der Angeklagte habe die ihm zur Last liegenden strafbaren Handlungen als Mitglied einer Bande begangen, sowie demgemäß in der rechtlichen Unterstellung des bezeichneten Finanzvergehens auch unter die Bestimmung des § 38 Abs. 1 lit. b FinStrG und in den Aussprüchen betreffend die nach dem zweiten Strafsatz des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG verhängte Freiheitsstrafe sowie die nach § 12 Abs. 1 und Abs. 2 SuchtgiftG und §§ 35 Abs. 4, 38 Abs. 1 FinStrG verhängten Geldstrafen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 2.Februar 1960 geborene türkische Staatsangehörige Ercan K*** (1.) des (versuchten) Verbrechens nach §§ 15 StGB, 12 Abs. 1 SuchtgiftG (aF) und (2.) des Finanzvergehens des (versuchten, teils bandenmäßig begangenen) Schmuggels nach §§ 11 (richtig: 13), 35 Abs. 1 (38 Abs. 1 lit. b) FinStrG schuldig erkannt. Darnach hat er am 5. Mai 1985 in Spielfeld als Mitglied einer Bande vorsätzlich versucht (zu 1.) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in solchen Mengen, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, nämlich 7.880 g Heroin mit einem durchschnittlichen Reinheitsgrad von 37 bis 38 %, welches in den Niederlanden in Verkehr gesetzt werden sollte, über das Grenzzollamt Spielfeld nach Österreich einzuführen und (zu 2.) eingangsabgabenpflichtige Waren, nämlich die oben angeführten 7.880 g Heroin sowie drei Stück Equalizer "E-G-E" (Type HE-16) im Wert von 7.200 S den Zollorganen zu verheimlichen, indem er mit einem PKW der Marke Mercedes (mit dem holländischen Kennzeichen 78 EX 32), in welchem in einem Hohlraum in der Rückenlehne eines Sitzes das in acht Päckchen verpackte Suchtgift versteckt war, und ohne die drei Equalizer den Zollorganen anzugeben, die Grenzkontrolle passieren wollte (strafbestimmender Wertbetrag: 2,067.691 S, wovon auf das Heroin 2,065.348 S und auf die Equalizer 2.343 S entfallen).

Hiefür wurde der Angeklagte nach dem zweiten Strafsatz des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG (aF) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechseinhalb Jahren, gemäß Abs. 2 der genannten Gesetzesstelle außerdem zu einer Geldstrafe von 150.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu vier Monaten Ersatzfreiheitsstrafe sowie nach §§ 35 Abs. 4, 38 Abs. 1 lit. b FinStrG zu einer (weiteren) Geldstrafe von 3 Mill. S, für den Fall der Uneinbringlichkeit neun Monate Freiheitsstrafe, verurteilt. Gemäß §§ 12 Abs. 3 SuchtgiftG, 17 Abs. 2 FinStrG wurden die sichergestellten 7.880 g Heroin, die drei Equalizer und der zuvor bezeichnete PKW für verfallen erklärt. Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und mit Berufung. In der Nichtigkeitsbeschwerde führt er gegen die Qualifikation, er habe die dem Schuldspruch nach § 12 SuchtgiftG zugrunde liegende Straftat wie auch den (versuchten) Schmuggel als Mitglied einer Bande begangen, ins Treffen, dem Urteil mangle es an Feststellungen zur subjektiven Tatseite, nämlich dahin, daß das Tätigwerden als Mitglied einer Bande von seinem (zumindest bedingten) Vorsatz umfaßt gewesen sei.

Tatsächlich ist das Ersturteil in diesem Belange mit Feststellungsmängeln behaftet; beschränken sich doch die bezüglichen Urteilsausführungen - nebst einer bloßen Wiedergabe der verba legalia im Spruch - ohne jegliche weitere Konkretisierung auf die (einzige) Passage: "Daß der Angeklagte als Mitglied einer Bande handelte, geht bereits aus dem oben geschilderten Sachverhalt mit hinreichender Sicherheit hervor, wozu noch auszuführen ist, daß nur eine organisierte Bande in der Lage ist, derartige Suchtgiftmengen einzukaufen und im Rahmen einer ausgebauten Organisation auch zu verteilen" (S 326 f).

Rechtliche Beurteilung

Zur Annahme einer Bande ist die Verbindung mindestens dreier Personen zur Begehung einer Mehrzahl von zunächst im einzelnen unbestimmten Straftaten desselben Deliktstypus erforderlich, wobei das Ziel der Bande auf die fortgesetzte Begehung derartiger Straftaten gerichtet sein muß; die Verbindung zu einer einzigen Tat genügt nicht (ÖJZ-LSK 1975/107; 1978/302). Unter dieser Voraussetzung sind aber Mitglieder einer Bande auch Personen, die erst später zu ihr stoßen oder nur fallweise, jedoch in Kenntnis des Umstands, damit deren Ziele zu fördern, im Rahmen der Bande an einzelnen Straftaten derselben mitwirken (ÖJZ-LSK 1979/46). Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Bandenbildung nach § 278 StGB, sondern auch für den Bandenbegriff nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG (ÖJZ-LSK 1976/368) und nach § 38 Abs. 1 lit. b FinStrG. Bei der Frage nach der Bandenmitgliedschaft kommt es demnach weder auf die näheren Vorgänge bei der Entstehung der Bande im Detail noch auf deren innere Organisation an, wohl aber darauf, daß - allen Mitgliedern bewußt - eine Verbindung zur fortgesetzten Begehung der zuvor bezeichneten gleichartigen, im einzelnen noch unbestimmten Straftaten (hier nach § 12 SuchtgiftG bzw. § 35 Abs. 1 FinStrG) entstanden ist, welche (etwa durch die gewährleistete wechselnde Mitwirkung verläßlicher Komplizen) die Ausführung der strafbaren Handlungen sichert und den Ausführenden durch ihre Zugehörigkeit zur Bande entsprechenden Rückhalt bietet - sei es beispielsweise auch allenfalls nur in Beziehung auf die Sicherheit ihrer Person nach der jeweiligen Tatbegehung oder beim Absatz der Beute - (vgl. EvBl. 1970/371; 1974/146 ua). Nicht erforderlich ist demnach, wie bereits dargelegt wurde, eine Mitwirkung an der Gründung der Bande; auch wer später zu der schon gebildeten Bande mit der Bereitschaft stößt, sich der Erreichung ihrer Ziele in Kenntnis der Förderung zu beteiligen und letzteres zumindest fallweise tut, ist als Bandenmitglied anzusprechen (ÖJZ-LSK 1979/46 ua).

Könnte man die eingangs wiedergegebenen Ausführungen des Ersturteils zur Frage des tatsächlichen Bestehens einer Bande - wenngleich den Urteilsgründen auch insoweit eindeutige, den zuvor dargelegten Kriterien entsprechende Konstatierungen nicht zu entnehmen sind - gerade noch als ausreichend gelten lassen, so fehlen - obgleich der Akteninhalt hiefür durchaus Anhaltspunkte bietet - jegliche Feststellungen darüber, ob der Beschwerdeführer - der auch nach den (insoweit seiner Verantwortung folgenden) Urteilsannahmen nur eine (einzige, nämlich die verfahrensgegenständliche) Suchtgift-Schmuggelfahrt durchführen wollte (S 57 h und verso, 318), für die er in Rotterdam von einem türkischen Staatsangehörigen namens K*** angeworben und in Istanbul mit einer namentlich unbekannt gebliebenen Person in Verbindung treten mußte - an der gegenständlichen Straftat (zumindest) in Kenntnis des Umstandes mitgewirkt hat, die eingangs dargelegten Ziele einer solchen Bande zu fördern.

Insoweit haften daher dem Ersturteil Feststellungsmängel an, weshalb diesbezüglich der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben, das angefochtene Urteil in den bezüglichen Aussprüchen und in der rechtlichen Unterstellung des Schmuggels auch unter § 38 Abs. 1 lit. b FinStrG - der Grundtatbestand nach § 35 Abs. 1 FinStrG bleibt hievon angesichts des 500.000 S übersteigenden Wertbetrages (Gerichtszuständigkeit nach § 53 Abs. 2 lit. a FinStrG nF) und des Fehlens der Voraussetzungen nach § 24 a SuchtgiftG nF (zufolge einer dem § 12 Abs. 3 Z 3 SuchtgiftG nF entsprechenden großen Suchtgiftmenge) - sowie in den Aussprüchen betreffend die nach § 12 Abs. 1 zweiter Strafsatz und Abs. 2 SuchtgiftG sowie nach §§ 35 Abs. 4, 38 Abs. 1 FinStrG verhängten Strafen aufzuheben und die Verfahrenserneuerung im Umfang der Aufhebung anzuordnen war. Nur der Vollständigkeit halber sei zu dem Beschwerdeeinwand, dem Angeklagten könne in Ansehung der drei Equalizer (die er unabhängig von dem Herointransport im eigenen Interesse nach Holland verschaffen wollte) bandenmäßiger Schmuggel nicht angelastet werden, noch angemerkt, daß die damit zum Ausdruck gebrachte Annahme zweier Vergehen des Schmuggels (nämlich eines gemeinen und eines gewerbsmäßigen Schmuggels) deshalb verfehlt wäre, weil es sich um einen und denselben Tatbestand (§ 35 Abs. 1 FinStrG) handelt und § 38 FinStrG nur strafsatzerhöhende Umstände (Qualifikationen) normiert (vgl. 13 Os 34/85); wohl aber wird bei einem nur zum Teil bandenmäßig begangenen Schmuggel bei der Ermittlung der (durch Summierung der einzelnen Strafdrohungen zu ermittelnden) Strafobergrenze differenziert nach der jeweiligen Strafdrohung (hier §§ 38 Abs. 1 bzw. 35 Abs. 4 FinStrG) vorzugehen sein. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.

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