OGH 12Os62/86

OGH12Os62/8614.5.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Mai 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Breycha als Schriftführer in der Strafsache gegen Dieter Karl G*** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 3. Februar 1986, GZ 15 Vr 1.727/84-38, den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 27. September 1985, GZ 15 Vr 1.727/84-31, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

  1. 1.) Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
  2. 2.) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird verweigert.
  3. 3.) Die Berufung des Angeklagten Dieter Karl G*** wird zurückgewiesen.

    4.) Zur Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft wird der Akt dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 27. September 1985 wurde Dieter Karl G*** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB und des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB schuldig erkannt. Nach Verkündung des Urteils hat der Genannte Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet (S 317), eine Urteilsausfertigung wurde seinem Verteidiger am 7.Februar 1986 zugestellt (S 387). Da innerhalb der Frist des § 285 Abs. 1 StPO eine Ausführung des angemeldeten Rechtsmittels nicht erfolgte, wurde die angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde vom Erstgericht gemäß § 285 a Z 2 StPO zurückgewiesen, weil weder bei der Anmeldung dieses Rechtsmittels noch in einer Ausführung desselben einer der im § 281 Abs. 1 Z 1 bis 11 StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet wurde (S 395).

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Beschwerde kommt keine Berechtigung zu. Vom Rechtsmittelwerber wird in seiner Beschwerdeschrift nichts aufgezeigt, was gegen die Zulässigkeit der angefochtenen Entscheidung sprechen könnte. Es wird insbesondere nicht in Abrede gestellt, daß der angefochtene Beschluß ordnungsgemäß zugestellt wurde und innerhalb der im Gesetz vorgesehenen Frist von 14 Tagen eine Ausführung der angemeldeten Nichtigkeitsbeschwerde nicht erfolgt ist. Wenn darauf verwiesen wird, daß der angefochtene Beschluß offensichtlich auf Grund eines Schreibfehlers unrichtig mit 3. Februar (richtig: 3.März) 1986 datiert sei, so vermag dies an der Tatsache der Versäumung der Frist zur Ausführung des angemeldeten Rechtsmittels nichts zu ändern; die Behauptung des Angeklagten, der angefochtene Beschluß sei deshalb formell von falschen Voraussetzungen ausgegangen, entbehrt jeder Grundlage. Auch dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war nicht Folge zu geben.

Als Wiedereinsetzungsgrund wird der Sache nach geltend gemacht, daß der Verteidiger den Angeklagten am 9.Februar 1986 von der Zustellung des Urteils verständigt und gebeten habe, sich zwischen dem 10. und 15.Februar 1986 zur Bekanntgabe der Entscheidung, ob und in welchem Umfange die Rechtsmittel anzuführen sind, bei ihm zu melden. Ein fester Auftrag zur Ausführung der Rechtsmittel sei nicht erteilt worden. Der Angeklagte habe aber Ende Jänner 1986 einen Herzinfarkt erlitten, die erwähnte Mitteilung sei ihm erst am 11. März 1986 zugekommen, weil es seine Lebensgefährtin infolge seines schlechten Gesundheitszustandes nicht gewagt habe, ihm das Schreiben seines Verteidigers auszuhändigen.

In diesem Sachverhalt kann nicht ein unabwendbarer Umstand erblickt werden, der die Einhaltung der Ausführungsfrist ohne Verschulden des Angeklagten oder seines Vertreters unmöglich machte (§ 364 StPO). Im Hinblick auf die schweren Folgen der Unterlassung der Rechtsmittelausführung durfte sich der Verteidiger im vorliegenden Falle nicht damit begnügen, auf eine Antwort zu warten. Vielmehr wäre er in Wahrung der ihm anvertrauten Interessen gehalten gewesen, vorsorglich die angemeldeten Rechtsmittel auszuführen, zumal ihm dies nach seinem Antragsvorbringen nicht von vornherein von den von ihm vertretenen Angeklagten untersagt worden war. Hat der Vertreter die fristgerechte Rechtsmittelausführung aber dennoch unterlassen, dann war er nicht ohne sein Verschulden verhindert, die Frist zur Ausführung der Rechtsmittel einzuhalten; er hat vielmehr bei Nichtausführung der angemeldeten Rechtsmittel auf eigene Gefahr gehandelt. Der Umstand, daß der Angeklagte das erwähnte Schreiben nicht erhalten hat, kann daher einen Wiedereinsetzungsgrund nicht darstellen (vgl hiezu RiZ 1978/135).

Der begehrte Wiedereinsetzungsantrag war darum zu verweigern. Da die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde

bereits - rechtsrichtig, weil noch vor Einbringung des Wieereinsetzungsantrages (vgl hiezu Evbl 1961/285) - durch das Erstgericht erfolgt ist, war vom Obersten Gerichtshof nur mehr die Berufung des Angeklagten (bei deren Anmeldung jene Punkte des Straferkenntnisses, durch die der Angeklagte sich beschwert findet, nicht deutlich und bestimmt bezeichnet worden sind) zurückzuweisen (§ 294 Abs. 4 StPO iVm § 296 Abs. 1 StPO).

Zur Entscheidung über die noch zu erledigende Berufung der Staatsanwaltschaft wird der Akt dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet (§ 285 b Abs. 6 StPO).

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