OGH 13Os18/86

OGH13Os18/8620.3.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. März 1986 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer (Berichterstatter) und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Jagschitz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wolfgang M*** und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Betrugs nach §§ 146 ff. und 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten Wolfgang M*** gegen das Urteil des Kreisgerichts St. Pölten als Schöffengerichts vom 24. Juli 1985, GZ 29 Vr 78/85-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Strasser, und des Verteidigers Dr. Lukesch, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, bezüglich Wolfgang M*** im Schuldspruch F I 1 sowie im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Wolfgang M*** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 21. April 1984 in Venedig durch die bei einem Beamten der Questura di Venezia erstattete unrichtige Diebstahlsanzeige betreffend den Personenkraftwagen "Citroen GTi", Kennzeichen W 309.057, einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung vorgetäuscht, gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.

Wolfgang M*** wird für die nach den unberührt gebliebenen Schuldsprüchen ihm weiter zur Last liegenden strafbaren Handlungen

1. des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 (höherer Strafsatz) und 15 StGB (A I, A II 1, C I 1 und E II), 2. des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (B), 3. des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB (C I 2, C II, F I 2 und 3) und 4. des Vergehens des Versicherungsmißbrauchs nach § 151 Abs 1 Z. 1 StGB (D) nach § 147 Abs 3 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 1 1/2 (eineinhalb) Jahren verurteilt.

Die Wolfgang M*** betreffenden Aussprüche über die Vorhaftanrechnung nach § 38 StGB, ferner nach § 366 Abs 2 StPO und nach § 389 StPO werden aus dem Ersturteil übernommen. Mit seiner Berufung wird Wolfgang M*** auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen Wolfgang M*** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang M*** der aus dem Spruch ersichtlichen strafbaren Handlungen (1. bis 4.) schuldig erkannt. Darnach hat er teils allein, teils als Anstifter und Beitragstäter, wobei in einem Fall unrichtigerweise - allerdings ohne Nichtigkeit begründenden Nachteil (s. Mayerhofer-Rieder 2 ENr. 52 zu § 281 Z. 10 StPO) - zugleich neben der Anstiftung auch sonstige Beitragsleistung zur selben Tat angenommen wurde (s. C I 1 und E II), 1. Kraftfahrzeugversicherer um insgesamt 245.996 S betrogen (A I) und zwei weitere Versicherungsunternehmungen um insgesamt 745.000 S zu betrügen getrachtet (A II 1 sowie C I 1 und E II), 2. die über den Kauf eines Personenkraftwagens errichtete und bezüglich der Kaufpreishöhe verfälschte Urkunde beim Abschluß eines Versicherungsvertrags gebraucht (B), 3. bei den Gendarmeriepostenkommanden Tulln und St. Andrä/Wördern (F I 2 und 3) aber auch bei einem Beamten der Questura di Venezia (F I 1) jeweils unrichtige Anzeigen über Diebstähle von Personenkraftwagen und von Sachen aus solchen erstattet und andere zur Erstattung solcher falschen Anzeigen angestiftet (C I 2 und C II) sowie letztlich 4. um sich die Versicherungssumme von 460.000 S zu verschaffen, einen Personenkraftwagen beiseite geschafft (D).

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wurde bereits in nichtöffentlicher Sitzung am 20. Februar 1986 abschlägig erledigt. Allerdings ist das Urteil mit einem vom Angeklagten nicht geltend gemachten, jedoch von Amts wegen wahrzunehmenden Nichtigkeitsgrund behaftet, weil für die aus dem Spruch zu F I 1 ersichtliche Tat die inländische Gerichtsbarkeit mangelt (§ 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO). Diese Tat wurde im Ausland gegenüber einem ausländischen Beamten (s. § 64 Abs 1 Z. 2 StGB) begangen. Unter dem im § 298 StGB verwendeten und im § 74 Z. 4 StGB umschriebenen Begriff des Beamten sind nur österreichische Beamte zu verstehen (EvBl 1979/47 = LSK. 1978/289). Es ist auch durch § 298 StGB nur die österreichische Rechtspflege geschützt (s. Linke in ÖJZ. 1984, 487; vgl. auch Liebscher im WK, zu Vorbemerkungen zu §§ 62 bis 66 StGB Rz. 37, 41), die übrigens im vorliegenden Fall in keiner Weise tangiert wurde.

Der rechtsirrig gefällte Schuldspruch war daher aufzuheben und diesbezüglich mit einem Freispruch vorzugehen.

Bei der Straf(neu)bemessung (womit eine Berufungsentscheidung entfällt) waren erschwerend: die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen sowohl derselben als auch verschiedener Art und die Fortsetzung der Straftaten über einen längeren Zeitraum sowie die Verführung anderer zu strafbaren Handlungen; mildernd fielen demgegenüber ins Gewicht die Tatbegehung nach der Vollendung des 18., jedoch vor der Vollendung des 21. Lebensjahres, der bisher ordentliche Lebenswandel, der Umstand, daß der Betrug teilweise beim Versuch blieb, die teilweise Schadensgutmachung und das teilweise Geständnis.

Unter Berücksichtigung, daß die Tat zweifach (§§ 147 Abs 3; 148, höherer Strafsatz, StGB) mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bedroht ist und des Umstands, daß die Versicherungsbetrügereien äußerst sorgfältig vorbereitet waren (§ 32 Abs 3 StGB), erschien die im Spruch genannte Freiheitsstrafe ausreichend, aber auch geboten.

Die gewerbsmäßige Tatbegehung im Verein mit der Tatsache, daß andere Personen angeworben und in das deliktische Verhalten getrieben wurden, stehen der Annahme einer Gewähr (§ 43 Abs 2 StGB) künftigen Wohlverhaltens ohne Strafvollzug nachdrücklich entgegen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Neubemessung der Strafe zu verweisen.

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