OGH 8Ob19/86

OGH8Ob19/8619.3.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria M***, Angestellte, 4082 Aschach a.d.Donau, Schaumbergerstraße 6, vertreten durch Dr. Hans Hochleitner, Rechtsanwalt in Eferding, wider die beklagten Parteien 1. Johann H***, Installateur, 4081 Hartkirchen, Poxham 8, und 2. WIENER S*** W***

V***, 1011 Wien, Ringturm, beide vertreten durch

Dr. Heinz Oppitz, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 80.000,-- und Feststellung (Streitwert S 80.000,--), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 9.Mai 1985, GZ. 5 R 38/85-110, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 5.Oktober 1984, GZ. 5 Cg 139/81-104, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes, das in seinem das Leistungsbegehren abweisenden Teil als unbekämpft und in seinen Kostenaussprüchen aufrecht bleibt, wird in seinem Feststellungsausspruch dahin abgeändert, daß es diesbezüglich zu lauten hat:

Es wird festgestellt, daß die Beklagten zur ungeteilten Hand, die Zweitbeklagte beschränkt gemäß dem am 5.9.1977 zum PKW Ford, pol. Kennzeichen O 141.779 bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrag der Klägerin für jenen gesetzlichen Unterhalt haften, der ihr infolge der Tötung des geschiedenen Ehegatten Karl M*** durch den Unfall vom 5.9.1977 auf der Bundesstraße 130 in Zukunft bis zu einem Betrag von monatlich S 3.500,-- entgehen wird.

Das Mehrbegehren auf Feststellung der Haftung der Beklagten für einen monatlichen Unterhaltsentgang der Klägerin in einem weiteren Umfang wird abgewiesen".

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 5.September 1977 wurde der am 22.Juni 1934 geborene Karl M*** bei einem Verkehrsunfall auf der Bundesstraße 130 bei Eferding getötet. Den Erstbeklagten traf das Alleinverschulden an dem Unfall; die Zweitbeklagte war der Haftpflichtversicherer seines Personenkraftwagens. Die Klägerin war mit Karl M*** bis 4. September 1969 verheiratet; an diesem Tag wurde ihre Ehe aus dem Verschulden beider Ehegatten rechtskräftig geschieden. Mit der am 11.Jänner 1979 überreichten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung beider Beklagter zur ungeteilten Hand zur Bezahlung des Betrages von S 52.500,-- s.A. und die Zuerkennung einer monatlichen Rente von S 3.500,-- ab dem Tag der Einbringung der Klage. Karl M*** habe auch nach der Scheidung die Lebensgemeinschaft mit der Klägerin aufrecht erhalten, habe die gesamten Miet- und Betriebskosten der Wohnung, die Kosten für Strom und Rundfunk und das monatliche Haushaltsgeld von S 1.500,-- bezahlt. Die Klägerin sei auf Grund des schlechten Gesundheitszustandes nicht in der Lage gewesen, selbst für ihren Unterhalt aufzukommen. Der geschiedene Gatte habe daher eine tatsächliche Alimentation im Sinne des § 68 EheG von monatlich S 3.500,-- geleistet. Der kapitalisierte Betrag von S 52.500,-- entspreche einem Rentenbegehren für 15 Monate (Oktober 1977 bis Dezember 1978). Im Verlauf des Rechtsstreites schränkte die Klägerin ihr monatliches Rentenbegehren auf die Zeit vom 1.1.1979 bis 31.3.1983 (das sind 49 Monate) ein und stellte überdies ein mit S 80.000,-- bewertetes Feststellungsbegehren.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten hinsichtlich des Feststellungsbegehrens Verjährung ein. Das Gericht habe einen auf § 68 EheG beruhenden Unterhaltsanspruch der Klägerin zu Lebzeiten ihres geschiedenen Mannes nicht festgesetzt, weshalb ihr kein Unterhaltsanspruch ihm gegenüber zugestanden sei. Allfällige Leistungen seien von Karl M*** als Entlohnung für geleistete Dienste gedacht oder freiwilliger Natur gewesen. Die Bezahlung der Miete und der Betriebskosten für die gemeinsame Wohnung könne nicht als Unterhaltsgewährung angesehen werden, weil auch Karl M*** und die drei ehelichen Kinder in dieser Wohnung gewohnt hätten. Vor dem getöteten Karl M*** wären die Töchter der Klägerin Silvia S*** und Gabriele M***

gemäß § 143 ABGB zur Unterhaltsleistung an die Klägerin verpflichtet gewesen, weshalb eine subsidiäre Unterhaltsverpflichtung gemäß § 68 EheG nicht in Frage käme und somit ein Anspruch nach § 1327 ABGB nicht gegeben sei.

Das Erstgericht erkannte die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin einen Betrag von S 30.000,-- s.A. sowie eine monatliche Unterhaltsrente von S 2.000,-- für die Zeit vom 1.1.1979 bis 31.8.1980 (entspricht 20 Monaten) und vom 1.9.1982 bis 31.1.1983 (entspricht 5 Monaten) zu bezahlen. Kapitalisiert man die Rentenbeträge, so ergibt sich, daß das Erstgericht der Klägerin insgesamt S 80.000,-- zugesprochen hat. Dem Feststellungsbegehren wurde stattgegeben. Das Mehrbegehren auf Zahlung von S 22.500,-- s.A. und das Rentenmehrbegehren wurden rechtskräftig abgewiesen.

Das Erstgericht traf - zufolge des beschränkten Anfechtungsumfanges der Revision nur im relevanten Belang wiedergegeben - nachstehende Feststellungen:

Nach der erfolgten Ehescheidung haben Karl und Maria M*** den gemeinsamen Haushalt nicht aufgelöst, sondern mit den drei Kindern Silvia, geboren am 13.8.1956, Gabriele, geboren am 4.9.1957 und Karl, geboren am 20.3.1960, in Aschach an der Donau, Bahnhofsiedlung 376, weiter zusammengewohnt. Karl M*** wurde zunächst zu keiner Unterhaltsleistung für die Kinder verpflichtet, da er den Unterhalt in natura leistete. Mit Vergleich vom 22.3.1973 des Bezirksgerichtes Eferding verpflichtete sich Karl M***, beginnend ab 1.4.1973, für seine drei minderjährigen Kinder Silvia, Gabriele und Karl bis auf weiteres einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 4.000,-- an die zur Sachwalterin bestellte Klägerin zu leisten. Die Familienbeihilfe wurde der Klägerin zum Direktbezug überlassen.

Karl M*** war Schlossergehilfe bei der V*** Alpine und arbeitete auch schwarz. Er bezahlte die Miete der gemeinsamen Wohnung von S 905,--. Die Klägerin war ursprünglich Verkäuferin, dann schied sie 14 Jahre lang aus dem Erwerbsleben aus und widmete sich dem Haushalt sowie den Kindern. In den 8 Jahren von ihrer Ehescheidung bis zum Tod ihres geschiedenen Mannes am 5.9.1977 ging die Klägerin drei Dienstverhältnisse als Halbtagskraft ein. Ab September 1982 war die Klägerin arbeitslos. Später bezog sie Notstandshilfe, die sie auch weiterhin erhält.

Gabriele M*** begann Mitte Oktober 1977 in der V*** als Schreibkraft zu arbeiten. Sie kommt mit kleineren Beträgen für ihre Mutter in der Weise auf, daß sie ihr hie und da S 500,-- bezahlt. Die Tochter Silvia S*** begann am 1.9.1975 als Kindergärtnerin beim Magistrat Wels zu arbeiten. Sie war nicht in der Lage, seit 1977 ihre Mutter zu unterstützen. Ihr Gatte war in den Jahren 1981, 1982 und 1983 arbeitslos und den Gehalt, den sie verdiente, mußte sie für die Wohnung und ihren Ehegatten selbst aufbringen. Der Sohn Karl M*** ist arbeitslos. Er bezieht keine Arbeitslose und hat auch keine Arbeit. Die Eltern der Klägerin sind gestorben. Sie hat drei Brüder und eine Schwester, die sie nicht unterstützen können.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß ein monatlicher Unterhaltsbetrag von S 2.000,-- angemessen sei. Die Einkünfte der Klägerin seien in der Regel zu niedrig gewesen, um sich selbst zu erhalten. Vom 1.9.1980 bis 31.8.1982 habe sie hingegen monatlich S 6.000,-- bis S 7.000,-- netto verdient, sodaß ihr für diesen Zeitraum kein Unterhaltsbetrag zuzusprechen sei. In der Folge habe die Klägerin Arbeitslosenentgelt und Notstandshilfe erhalten, sodaß für die Zeit vom 1.9.1982 bis 31.1.1983 ein monatlicher Unterhalt von S 2.000,-- angemessen sei. Das Feststellungsbegehren sei nicht verjährt, weil in der Klage bereits ein Unterhaltsbeitrag von uneingeschränkter Dauer geltend gemacht wurde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das gesamte Leistungsbegehren, soweit es streitverfangen war, abwies. Es bestätigte aber den Feststellungsausspruch dahin, daß die Beklagten zur ungeteilten Hand, die Zweitbeklagte beschränkt gemäß dem am 5.9.1977 zum PKW Ford, Kennzeichen O 141.779 bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrag der Klägerin für jenen gesetzlichen Unterhalt haften, der ihr infolge der Tötung des geschiedenen Ehegatten Karl M*** durch den Unfall vom 5.9.1977 auf der Bundesstraße 130 in Zukunft entgehen wird. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes zwar S 60.000,-- übersteigt, hingegen der Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, insgesamt S 300.000,-- nicht übersteigt. Es erklärte die Revision nach § 502 Abs.4 Z 1 ZPO nicht für zulässig. Das Gericht zweiter Instanz war rechtlich folgender Auffassung:

Die Klägerin habe für jene Monate, die noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, keinen Anspruch auf einen Beitrag zu ihrem Unterhalt aus Billigkeit. Hingegen sei ihr Feststellungsbegehren berechtigt:

Die Klägerin, die ihr Rentenbegehren ursprünglich auf unbestimmte Zeit erhoben hatte, habe dieses Begehren auf den Zeitraum bis 31.Jänner 1983 eingeschränkt und darüberhinaus das Begehren auf Feststellung der Haftung der Beklagten für künftigen Unterhaltsentgang gestellt. Damit sei klargestellt, daß ihr Feststellungsanspruch gegenüber dem Leistungsbegehren ein Minus und kein Aliud ist. Das Feststellungsbegehren bedeute gegenüber dem Leistungsbegehren dann ein Minus, wenn es zeitlich und umfänglich von dem gestellten Leistungsanspruch mitumfaßt ist. Für das nunmehr von der Klägerin gestellte Feststellungsbegehren treffe dies sowohl zeitlich als auch umfänglich zu. Ungeachtet der Formulierung, das Klagebegehren werde um ein Feststellungsbegehren ausgedehnt, liege in Wahrheit eine Klagseinschränkung vor, sodaß diesem eingeschränkten Begehren nicht der Verjährungseinwand entgegengesetzt werden könne, weil das ursprüngliche Leistungsbegehren innerhalb der Verjährungsfrist gestellt wurde. Wenn die Klägerin auch bis zum 31.1.1983 keinen Unterhaltsanspruch nach § 68 EheG haben mag, so könne ihr jedoch nicht ein Feststellungsinteresse für in der Zukunft liegende Unterhaltsansprüche abgesprochen werden. Das Feststellungsbegehren sei deshalb notwendig, um künftigen Verjährungseinreden zu begegnen. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die ao. Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs.2 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß auch das Feststellungsbegehren der Klägerin abgewiesen werde.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, deren Erstattung ihr freigestellt wurde, der ao. Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die ao. Revision ist zulässig, weil die Frage, ob das innerhalb der Verjährungsfrist erhobene Leistungsbegehren auf Bezahlung einer monatlichen Unterhaltsrente nach § 68 EheG (§ 1327 ABGB) in bestimmter Höhe den Ablauf der Verjährungsfrist auch zugunsten eines später an dessen Stelle tretenden unbeschränkten Feststellungsbegehrens, das ebenfalls aus § 68 EheG abgeleitet wurde, unterbricht, bisher - soweit überblickbar - noch nicht entschieden wurde. Zutreffend verweisen die Beklagten in der ao. Revision darauf, daß dies nur dann der Fall sein kann, wenn das Feststellungsbegehren gegenüber dem ursprünglichen Leistungsbegehren ein Minus darstellt, nicht aber dann, wenn es sich bei dem Feststellungsbegehren gegenüber dem Leistungsbegehren um ein Aliud handelte. Wie der Oberste Gerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung SZ 46/81 klarstellte, ist demnach für einen Fall, wie den vorliegenden, streitentscheidend, ob es sich bei der Umänderung der Leistungsklage in eine Feststellungsklage um eine Klagsänderung oder nur um eine Einschränkung des bereits gestellten Klagebegehrens handelte.

In der Umwandlung eines Leistungsbegehrens in ein Feststellungsbegehren wird nur dann eine Klagseinschränkung erblickt werden können, wenn das Feststellungsbegehren nur einen Anspruch betrifft, der zeitlich und umfangmäßig nicht über den mit der Leistungsklage bereits geltend gemachten Anspruch hinausgeht. Es muß sich also um einen Anspruch handeln, der bereits durch die Leistungsklage im vollen Umfang erfaßt war (SZ 46/81; EvBl.1977/209; EvBl.1979/185; 3 Ob 590/79; 7 Ob 30/84 u.a.). Dies trifft im vorliegenden Fall - wie die Beklagten mit Recht darlegen - nur für die zeitliche Komponente des Feststellungsbegehrens zu; umfangsmäßig war aber das ursprüngliche Leistungsbegehren im Gegensatz zum jetzigen Feststellungsbegehren mit einer monatlichen Unterhaltsrente von S 3.500,-- der Höhe nach begrenzt. Wenngleich es nach der gegebenen Sachlage kaum angenommen werden kann, daß die Klägerin in Zukunft jemals einen höheren Unterhaltsentgang verlangen würde, als sie ihn mit ihrem ursprünglichen Klage= Leistungsbegehren anstrebte, so bliebe nach dem diesbezüglich unbeschränkt gestellten Feststellungsbegehren, beziehungsweise nach dem vom Berufungsgericht auch unbeschränkt gefaßten Feststellungsausspruch eine derartige Möglichkeit nicht gänzlich außer Betracht. Demgegenüber haben die Beklagten aber insoweit mit Recht Verjährung eingewendet, als das Feststellungsbegehren, soweit es umfänglich unbeschränkt erhoben wurde, in dem das ursprüngliche Rentenbegehren von monatlich S 3.500,-- übersteigenden Teil von der Leistungsklage nicht erfaßt war. Das Feststellungsbegehren ist daher, soweit es einen monatlichen Unterhaltsentgang von mehr als S 3.500,-- betrifft, als Klagsänderung anzusehen und - da für die Verjährung des Feststellungsanspruches dieselben Grundsätze wie für die Verjährung von Leistungsansprüchen gelten (RZ 1972/135; ZVR 1976/50; ZVR 1980/347 u.a.) - als nach Ablauf der Frist des § 1489 ABGB gestellt insoweit als verjährt zu beurteilen.

Der Revision der Beklagten war daher teilweise Folge zu geben und der Feststellungsausspruch der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß er, soweit er seinem Umfang nach auch eine monatliche Rente (§ 1327 ABGB) von mehr als S 3.500,-- umfaßt, entsprechend richtiggestellt und das dargestellte Mehrbegehren abgewiesen wurde (vgl. 7 Ob 48/81 u.a.).

Die gegenseitige Kostenaufhebung des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 43, 50 ZPO. Die im Revisionsverfahren behandelte Frage wirkte sich auf den Prozeßaufwand des berufungsgerichtlichen und des erstgerichtlichen Verfahrens im Vergleich zu den übrigen behandelten Fragen nicht entsprechend aus, so daß die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes, dessen Urteil nur in dem im übrigen im Ergebnis kaum zum Tragen kommenden Punkt abgeändert wurde, zu übernehmen war.

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