European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00030.840.0913.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Die Kosten der Rekursbeantwortung der klagenden Partei sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung
Der inzwischen verstorbene Ehemann der nunmehrigen Klägerin stellte au der bei der beklagten Partei abgeschlossenen Unfallversicherung ein Leistungsbegehren auf Abgeltung von Dauerfolgen eines Unfalls und Zahlung von Spitalsgeld.
Der Erstrichter wies dieses Klagebegehren mit der Begründung ab, der Anspruch sei vor Durchführung des in den AUVB vorgesehenen Sachverständigenverfahrens nicht fällig.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil im Umfange der Abweisung des Zahlungsbegehrens als Teilurteil; diese Entscheidung ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Im Übrigen hob das Berufungsgericht das Ersturteil „im Umfang eines im Leistungsbegehren enthaltenen Feststellungsbegehrens“ sowie im Kostenpunkt unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es teilte die Rechtsansicht des Erstrichters über die mangelnde Fälligkeit des Klagsanspruchs, vertrat aber die Meinung, dass über die Frage, ob ein versicherungspflichtiger Unfall vorliege, das ordentliche Gericht zu entscheiden habe und dass im Leistungsbegehren der Klägerin als minus das Begehren auf Feststellung der Deckungspflicht der beklagten Partei enthalten sei. Hierüber und über die eingewendete Leistungsfreiheit wegen Verletzung einer Obliegenheit fehle es an Feststellungen. Eine Verfristung der Ansprüche nach § 12 Abs 3 VersVG sei nicht anzunehmen, weil die beklagte Partei trotz der ersten Ablehnungserklärung vom 20. 10. 1982 nicht nur mit dem Ehemann der Klägerin weiterverhandelt, sondern überdies mit ihrem Schreiben vom 16. 12. 1982 (innerhalb der Sechsmonatefrist vor der Klagseinbringung) eine neue sechsmonatige Klagefrist gesetzt habe.
Der Rekurs der beklagten Partei gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts ist nicht berechtigt. Die Rechtsansicht der zweiten Instanz, dass im Begehren auf Zahlung der Versicherungssumme als minus das Begehren auf Feststellung der Deckungspflicht enthalten sei, entspricht der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofs über das grundsätzliche Verhältnis von Leistungs‑ und Feststellungsanspruch. Das Feststellungsbegehren stellt danach stets ein solches minus dar, wenn es zeitlich und unfänglich vom erhobenen Leistungsanspruch mitumfasst ist (SZ 46/81 uva). Entgegen der Meinung der Rekurswerberin ist dieser Rechtssatz nicht auf die Zulässigkeit einer Klagsänderung beschränkt, sondern betrifft auch die Sachentscheidung über das minus (EvBl 1977/209, SZ 52/35 ua). Im besonderen kann auch im Versicherungsrecht bei verfrühter Erhebung eines Leistungsanspruchs auf Feststellung der Deckungspflicht erkannt werden, wenn nicht nur die Höhe des Anspruchs, sondern auch dessen Grund strittig ist (VersR 1980, 883 ua). Das Argument der Rekurswerberin, es könne bei mangelnder Fälligkeit eines Anspruchs nie zu einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens kommen, übersieht die oben gemachte Einschränkung, wonach der Klagsanspruch auch aus anderen Gründen als wegen der mangelnden Fälligkeit strittig sein muss, so wie bei jedem Feststellungsbegehren das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung sogar von Amts wegen zu prüfen ist (vgl SZ 54/180). Im vorliegenden Fall hat aber die beklagte Partei den Deckungsanspruch nicht nur wegen mangelnder Fälligkeit bestritten.
Rechtliche Beurteilung
Mit Recht hat das Berufungsgericht auch eine Verfristung des Klagsanspruchs nach § 12 Abs 3 VersVG schon deshalb verneint, weil mit dem schreiben vom 16. 12. 1982 eine neue Klagefrist von sechs Monaten ab Erhalt dieses Schreibens gesetzt wurde. Nach der zutreffenden Ansicht der zweiten Instanz erfolgte damit eine nach § 15a VersVG zugunsten des Versicherungsnehmers zulässige Verlängerung der schon vorher einmal gesetzten Klagefrist ( Bruck‑Möller VVG 8 I 267, Prölss‑Martin , VVG²³ 129, ZVR 1983/60). Dass dieses Schreiben unwirksam gewesen sei, weil es nicht an den Versicherungsnehmer selbst, sondern an dessen Rechtsvertreter gerichtet war, trifft keineswegs zu. Die Entscheidung 7 Ob 7/68 = EvBl 1968/213 = VersVG 1969, 624 betraf im hier maßgebenden Zusammenhang bloß die Frage, ob auch eine Klagsaufforderung an den Versicherungsnehmer selbst genügen kann (vgl Prölss‑Martin aaO 124 und VersR 1978, 955). Im Übrigen ist die Rekurswerberin darauf zu verweisen, dass nach Art 18 letzter Satz AUVB die Klagefrist im hier gegebenen Fall der jedenfalls rechtzeitigen Anrufung der Ärztekommission (Bgl ./2) erst einen Monat nach deren Entscheidung endet.
Der Inhalt des Erhebungsauftrags des Berufungsgerichts und die darin geäußerten weiteren zutreffenden Rechtsansichten des Berufungsgerichts werden von der Rekurswerberin nicht bekämpft.
Der Ausspruch über die Kosten des unbegründeten Rekurses beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO, jener über die Kosten der Rekursbeantwortung auf § 52 ZPO.
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