OGH 1Ob501/86

OGH1Ob501/865.3.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*** F*** Gesellschaft mbH, Salzburg, Mühlbacherhofweg 4, vertreten durch Dr. Kurt Görlich, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei L***- UND M*** - Vertriebsgesellschaft mbH, Wien 1., Eßlinggasse 9, vertreten durch Dr. Peter Gatternig, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,969.823,57 s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 19. September 1985, GZ 1 R 136/85-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 14. April 1985, GZ 15 Cg 156/82-21, teilweise bestätigt, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 23.112,90 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 1.773,90 Umsatzsteuer und S 3.600,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Handelsregister des Amtsgerichtes Ansbach sind die Firmen K*** Pelzmoden GmbH, K*** Einkauf GmbH, K***

Felle & Werbung GmbH, K*** Mode GmbH und Gustav K*** KG eingetragen. An allen Unternehmen ist Helmut K***, an einigen ist auch seine Gattin Inge beteiligt. Die klagende Partei wurde am 8. Jänner 1974 zu HRB 15.822 im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien eingetragen. Einer der selbständig vertretungsberechtigten Geschäftsführer war Helmut K***. Am 21. Mai 1981 wurde die Verlegung des Firmensitzes nach Salzburg beschlossen und die Gesellschaft zu HRB 4506 im Handelsregister des Landesgerichtes Salzburg eingetragen. Die klagende Partei wurde gegründet, um "Gustav K***-Waren (Heimtex-Produkte)" in Österreich über Detailhändler zu vertreiben. Der klagenden Partei stand ein eigenes Lager in Wien zur Verfügung. Als der im Unternehmen tätige Geschäftsführer N. H*** mit einer eigenen Firma in Zahlungsschwierigkeiten geriet, wurde die klagende Partei in Wien vorübergehend nicht mehr aktiv. In der Folge wurde sie in Salzburg tätig. Es wurde ein Raum bei einem Steuerberater gemietet, über ständige Mitarbeiter verfügte die klagende Partei jedoch nicht. Die kaufmännischen Agenden wurden von der Steuerberatungskanzlei besorgt, der Betrieb selbst wurde von Schnelldorf (BRD) durch Mitarbeiter der K*** Pelzmoden GmbH geführt. Von Schnelldorf aus wird auch die gesamte Korrespondenz abgewickelt. Die Streitteile schlossen am 7. April 1981 eine "Vereinbarung von Geschäftsbedingungen" mit folgendem Inhalt:

"Der Käufer (beklagte Partei) erhält rückwirkend ab 1. Dezember 1980 die Alleinvertretung auf der Basis eines Eigenhändlers der Produktgruppe Pelzkonfektion für den österreichischen Markt.

4. Die Lieferungs- und Zahlungsbedingungen des Verkäufers (klagende Partei) gemäß Anlage 1 gelten für alle Geschäfte in der jeweils gültigen Fassung als vereinbart."

Die Lieferungs- und Zahlungsbedingungen sehen u.a. vor:

"3. Lieferung

3.2 Im kaufmännischen Verkehr werden die angegebenen bzw. zugesagten Lieferzeiten nach Möglichkeit eingehalten, sind aber im übrigen unverbindlich. Verzögert sich die Lieferung aus unserem Alleinverschulden, so kann der Auftraggeber unter schriftlicher Setzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den Rücktritt vom Vertrag erklären.

3.3 Im kaufmännischen Verkehr wird ein Schadenersatz wegen Verzuges oder Nichterfüllung ausgeschlossen. Hingegen sind in Fällen der grob fahrlässigen Herbeiführung des Verzuges oder der Unmöglichkeit die Rechte des Auftraggebers gemäß den gesetzlichen Bestimmungen unberührt.

3.4 Die Lieferungen können auch in Teilen ausgeführt werden. Abweichungen von Maß, Gewicht und Güte sind im Rahmen der marktüblichen Toleranzen und innerhalb der möglichen Fehlergrenzen zulässig. Bei Sonderanfertigung liegen Mehr- oder Minderlieferungen bis max. 10 % innerhalb des normalen Lieferumfanges. Entstehen nach Bestätigung des Auftrags Zweifel hinsichtlich der Kreditwürdigkeit des Auftraggebers, so etwa wegen ungünstiger Auskünfte, Wechselproteste, Klagen usw., so sind wir berechtigt, Vorauszahlung des Kaufpreises oder Sicherheit zu verlangen oder vom Vertrag zurückzutreten. Dasselbe gilt, wenn der Auftraggeber mit der Zahlung einer fälligen Verbindlichkeit in Verzug gerät. Wir sind außerdem zum Rücktritt berechtigt, wenn der Auftraggeber die gekaufte Menge bis zum Ablauf der Bezugsfrist nicht abgerufen hat. Unsere weitergehenden Ansprüche werden hierdurch nicht berührt.

4. Zahlungen:

........

4.6 Aufrechnungen mit Gegenforderungen des Auftraggebers sind

nur zulässig, soweit es sich um von uns anerkannte oder

rechtskräftig festgestellte Ansprüche handelt. Das gleiche gilt für

die Zurückbehaltung fälliger Rechnungsbeträge oder

Teilrechnungsbeträge."

Gegenstand des Rechtsstreits sind folgende Geschäftsfälle:

Pos. 3: 120 Stück Kidmäntel grau .... S 669.123,78

Pos. 4: 1.000 Kaninjacken chinchilla S 1,231.581,--

Pos. 5. 900 Gaewolfjacken ........... S 2,836.056,60

Pos. 6: 500 (einvernehmlich reduziert

auf 400) Kaninjacken ........ S 486.865,60

Pos. 7: 1.000 Kaninjacken chinchilla S 1,321.372,--

Pos. 8: 600 (einvernehmlich reduziert

auf 500) Kaninjacken dunkel-

braun ....................... S 609.349,--.

Die Waren laut Pos. 3 stammen aus Hongkong, ebenso jene laut Pos. 6, letztere kamen über Schnelldorf (BRD) nach Wien. Die übrigen Waren (Pos. 4, 5, 7 und 8) stammen aus der Volksrepublik China. Am 11. September 1981 richtete die beklagte Partei an die "Firma K*** Pelze GesmbH", Schnelldorf, ein Schreiben, in dem ua. ausgeführt wird:

"Wir sehen uns veranlaßt, Sie heute über unsere finanzielle Situation zu informieren. In der Saison 1980 mußten wir die Kanin Jacken schwarz, Gae Wolf Blousons, Nanny Goat Jacken und Kanin Mäntel weit unter dem Einkaufspreis verkaufen. Außerdem kommt noch der Konkurs Hohenstein dazu. Wir sind dadurch in eine finanzielle Notlage geraten. Die 900 Gae Wolf Jacken aus der Bestellung 1979, die 1980 nicht ausgeliefert wurden, können wir auf keinen Fall mehr übernehmen. Es wurden auch zwischenzeitlich von Seiten unserer Kundschaft sämtliche Aufträge storniert. Unser Wechselrahmen ist durch diese Situation so angespannt, daß wir keine Wechsel für Lagerware ausstellen können."

Mit Fernschreiben vom 21. September 1981 lehnte die klagende Partei ein Ersuchen der beklagten Partei, sie aus dem Auftrag vom 27. November 1980 (betreffend Pos. 5 900 Gaewolfjacken) zu entlassen, ab. Weiters lehnte sie auch das Storno des Auftrages über 500 Kaninjacken ab. Die beklagte Partei schrieb am 22. September 1981 an die Fa. K*** Pelzmoden, Schnelldorf u. a.: " .... können wir nur nochmals unseren Standpunkt wiederholen, daß wir von der mit Ihnen 1979 getroffenen Vereinbarung bezüglich der 900 Gae Wölfe zurücktreten müssen. Wir haben Ihnen dies zuletzt mit Einschreibbrief vom 11.9.1981 mitgeteilt. Gleichzeitig haben wir Ihnen unseren Grund hiefür dargelegt. Der Ordnung halber möchten wir Sie nochmals auf unsere prekäre finanzielle Situation hinweisen." Im Fernschreiben vom 29. September 1981 verweist die klagende Partei darauf, daß die Waren der Pos. 3 bis 5 sofort zur Verfügung der beklagten Partei stehen und führte weiters aus: "Wegen Ihrer Zessionsablehnung trotz der von Ihnen benannten "prekären finanziellen Situation" müssen wir darauf bestehen, die Warenauslieferungen Zug um Zug vorzunehmen und zwar gegen Barzahlung auf unser Konto Nr. 49 627 Raiffeisenverband Salzburg oder alternativ gegen Hereingabe eines bankavalierten Wechsels p.A. Schnelldorf." Die beklagte Partei richtete am 30. September 1981 ein Fernschreiben an "K*** Schnelldorf", mit dem sie mitteilte, daß sie die zu ihrer Verfügung gestellten Waren zu den von der klagenden Partei genannten Bedingungen nicht übernehmen könne. Rechtsanwalt Dr. Kurt Görlich wies in Vertretung der klagenden Partei die beklagte Partei darauf hin, daß die klagende Partei lieferfähig und lieferbereit sei. Er führte weiters aus:

"Das Fehlen der Kreditwürdigkeit haben Sie selbst in Ihren Briefen von 1981-09-11 und 1981-09-22 bestätigt und begründet. Sie haben daraus - allerdings unberechtigt - ein Rücktrittsrecht abzuleiten versucht. Meine Mandantschaft hält an den ihr vertraglich und gesetzlich zustehenden Rechten fest und erklärt nach wie vor zur Lieferung, wie vereinbart, bereit zu sein; sie besteht aber auf Ihrem aus Vereinbarung und Gesetz nach ständiger Rechtsprechung ihr zustehenden Recht auf Barzahlung Zug-um-Zug oder voller Sicherstellung. Als Sicherstellung würde meine Mandantschaft die Übergabe bankavalierter Wechsel gelten lassen.

Über die bereits gewährte Nachfrist hinaus räumt meine Mandantin Ihnen eine letzte Frist bis 12. Oktober 1981 ein. Bis zu diesem Zeitpunkt müßte in meiner Kanzlei Ihre Erklärung eingelangt sein, die Lieferungen meiner Mandantin zu vorstehenden Bedingungen anzunehmen.

Für den Fall, daß Sie abermals die Übernahme der Ware ablehnen, erklärt meine Mandantin schon jetzt vom Vertrag zurückzutreten und Sie für den Schaden voll haftbar zu machen. Meine Mandantin wird dann von Ihnen zumindest den Ausfall bei anderweitiger Verwertung der Ware fordern."

Die beklagte Partei bemühte sich um Absatzmöglichkeit für die strittigen Waren. Die Fa. E*** Wien wandte sich mit Fernschreiben vom 19. Oktober an die "Fa. Gustav K*** Pelzmoden Schnelldorf" und bot für die Pos. 3 und 4 einen Preis von DM 650,-- bzw. 130,-- pro Stück an. Sie erhöhte mit Fernschreiben vom 5. November 1981 ihr Anbot auf S 401.474,40 für die 120 Kid-Mäntel und S 738.950,-- für die 1.000 Kaninjacken. Eine Einigung kam nicht zustande. Am 6. November 1981 bot der Geschäftsführer der beklagten Partei dem Vertreter der klagenden Partei Rechtsanwalt Dr. Kurt Görlich einen von der beklagten Partei akzeptierten und von der Genossenschaftlichen Zentralbank avalierten Rektawechsel über S 486.865,60, zahlbar am 5. Februar 1982, an. Rechtsanwalt Dr. Kurt Görlich informierte die beklagte Partei davon, daß ein Rektawechsel nicht der Vereinbarung entspreche, sondern die Übergabe eines Orderwechsels gefordert werde. Einen mit Bankbürgschaft versehenen Orderwechsel konnte die beklagte Partei nicht beschaffen. Im Rahmen der von der klagenden Partei gesuchten Deckungsmöglichkeit bot die Firma Rudolf L***, Hamburg, am 28. April 1982 die Abnahme der gesamten Ware um den Preis von S 2,616.140,-- ab Zollager Wien an. Für die je 1.000 Kaninjacken (Pos. 4 und Pos. 7) wurden netto je S 487.000,-- angesetzt. Die beklagte Partei lehnte die Zustimmung zu diesem Deckungsverkauf ab und wies darauf hin, daß der beabsichtigte Verkauf der Schadensminderungspflicht der klagenden Partei widerspreche, weil sie das wesentlich günstigere Teilangebot der Fa. E*** abgelehnt habe. Die klagende Partei bestätigte der Fa. Rudolf L*** den Auftrag zu den gebotenen Preisen und Konditionen, erteilte ihr aber wegen eines zwischenzeitig günstigeren Deckungsgeschäfts in Ansehung von 37 Gaewolfjacken und 21 Kid-Mänteln eine Gutschrift von S 92.543,--. Diese Pelzwaren wurden von der klagenden Partei um S 173.511,-- an die Fa. H***-Kleidung Gesellschaft mbH & Co KG Innsbruck veräußert. Die klagende Partei begehrt den Betrag von S 2,099.397,-- s.A. und brachte hiezu vor, sie sei von Verträgen, die sie mit der beklagten Partei über die Lieferung von Pelzwaren abgeschlossen habe, wegen Leistungsverzugs der beklagten Partei zurückgetreten, so daß ihr der abstrakt berechnete Differenzschaden im vorgenannten Betrag gebühre. Darüber hinaus begehrt die klagende Partei den Betrag von S 503.917,12 für Zinsen bzw. Kreditkosten. Als Eventualbegehren wird ein konkret berechneter Schaden in der Höhe von S 1,969.823,57 sowie ein Anspruch auf Zinsen bzw. Kreditkosten in der Höhe von S 825.373,75 geltend gemacht (S 152 d.A.). Die beklagte Partei beantragte Abweisung der Klagebegehren und führte aus, sie habe wegen früherer mangelhafter Lieferungen der klagenden Partei auf ihre angebliche problematische finanzielle Situation hingewiesen, um eine Reduktion der Lieferverpflichtung zu erreichen. Terminverlängerungsersuchen der klagenden Partei habe sie nicht akzeptiert, sie sei daher von den Verträgen selbst wirksam zurückgetreten. Die Waren seien nicht mehr wert gewesen als der Betrag, um den sie schließlich verkauft worden seien. Die klagende Partei habe ein Anbot der Fa. E***, die 1.000 Kaninjacken chinchilla um S 738.950,-- zu erwerben, nicht angenommen, in der Folge diesen Posten zum Nachteil der beklagten Partei um S 487.000,-- verkauft. Die klagende Partei sei bei Abwicklung des Geschäftes über die 900 Gaewolfjacken (Pos. 5) nur als Deckadresse zur Umgehung österreichischer außenhandelsrechtlicher Vorschriften eingeschaltet worden; eine Genehmigung des Imports wäre bei Kenntnis des wahren Sachverhalts nicht zu erwarten gewesen. Die klagende Partei sei nur eine Scheinfirma für die deutsche Firmengruppe K***, tatsächlich würden die Geschäfte von Schnelldorf, dem Hauptsitz der Firmengruppe, abgewickelt. Zufolge der von der klagenden Partei zu vertretenden Lieferungsverspätung und dem von ihr ausgesprochenen Rücktritt vom Vertrag sei sie nicht in der Lage gewesen, ihre Verpflichtungen gegenüber Abnehmern zu erfüllen, so daß ihr "ein sehr großer" Schaden und insbesondere ein Gewinnentgang entstanden sei. Das gleiche gelte für die äußerst mangelhaft durchgeführten Lieferungen. Diesen Schaden beziffere sie derzeit mit S 750.000,-- (S 23 d.A.). Die Lieferungs- und Zahlungsbedingungen der klagenden Partei seien ihr nicht bekannt, deren Auslegung durch die klagende Partei sittenwidrig.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Forderung der klagenden Partei mit S 2,099.397,-- s.A. und S 503.917,12 zu Recht bestehe; die Gegenforderung der beklagten Partei von S 750.000,-- wurde zurückgewiesen. Die beklagte Partei wurde demnach schuldig erkannt, der klagenden Partei die Beträge von S 2,099.397,-- s.A. und von S 503.917,12 s.A. zu bezahlen.

In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, es sei nicht erweislich, daß die klagende Partei nur oder auch zum Zwecke der Umgehung österreichischer Außenhandelsvorschriften gegründet worden sei. Es sei auch nicht erwiesen, daß einzelne der zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Rechtsgeschäfte gegen Bestimmungen des Außenhandelsgesetzes verstoßen. Die Ungleichgewichtigkeit der von der klagenden Partei verwendeten allgemeinen Geschäftsbedingungen bewirke, jedenfalls im Verkehr mit Vollkaufleuten, keine Sittenwidrigkeit. Im Hinblick auf die von der beklagten Partei selbst mitgeteilte ungünstige finanzielle Situation sei die klagende Partei berechtigt gewesen, Vorauszahlung bzw. Sicherheitsleistung zu begehren. Da die begründet verlangte Sicherheitsleistung nicht erbracht worden sei, sei die klagende Partei mit Recht von allen strittigen Verträgen zurückgetreten. Die angebotenen Rektawechsel könnten selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, daß sie mit der Wechselbürgschaft eines Kreditinstituts versehen gewesen seien, nicht als Sicherheit im Sinne der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen angesehen werden, weil Rektawechsel zwischen den Streitteilen vorher nie in Verwendung gestanden seien und im übrigen die Bereitschaft der beklagten Partei zur Übergabe eines Wechsels nur den Geschäftsfall 400 Kaninjacken (Pos. 6) mit einem Fakturenbetrag von S 486.865,60 betroffen habe, nicht aber die anderen Geschäftsfälle. Das Schadenersatzbegehren sei demnach gerechtfertigt. Auf die behaupteten Gegenforderungen sei nicht einzugehen, da gemäß 4.6 der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen die Aufrechnung mit Gegenforderungen des Auftraggebers nur zulässig ist, soweit es sich um von der klagenden Partei anerkannte oder rechtskräftig festgestellte Ansprüche handelt. Dies treffe für die einredeweise geltend gemachten Gegenforderungen nicht zu. Auch das Zinsenbegehren sei sachlich und rechnerisch richtig. Das Berufungsgericht gab der gegen das Urteil des Erstgerichtes erhobenen Berufung der beklagten Partei teilweise Folge und sprach aus, daß die Klagsforderung mit S 1,969.823,57 s.A. zu Recht bestehe, wies den Antrag der beklagten Partei mit einer Gegenforderung von S 750.000,-- aufzurechnen ab und erkannte die beklagte Partei demnach schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 1,969.823,57 s.A. zu bezahlen. Das Mehrbegehren auf Zuspruch eines weiteren Betrages von S 129.573,43 s.A. wies es ab. In Ansehung des Teilbetrages von S 503.917,12 (Zinsen bzw. Kreditkosten) gab es der Berufung Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Das Berufungsgericht verneinte die geltend gemachte Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens und führte in rechtlicher Hinsicht aus, die zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Kaufverträge hätten zumindest nicht der im Außenhandelsgesetz vorgesehenen ministeriellen Bewilligung, sondern, wenn überhaupt, nur eines in mehreren ähnlichen Fällen erteilten Sichtvermerkes, der bei den Zollämtern erwirkt werden konnte, bedurft. Das Geschäft über die 900 Gaewolf-Jacken (Pos. 5) sei zwischen den Streitteilen zustandegekommen, so daß die klagende Partei auch in Ansehung des Schadenersatzanspruches aktiv klagslegitimiert sei. Die Einwendung der Sittenwidrigkeit verschiedener Punkte der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen der klagenden Partei sei nicht konkretisiert worden, so daß auch dieser inhaltsleeren Rechtsanfechtung keine Berechtigung zukomme. Berechtigung komme der Berufung insoweit zu, als der Schaden im vorliegenden Fall nicht abstrakt berechnet, sondern im Hinblick auf den durchgeführten Deckungsverkauf konkret nur mit dem Betrag von S 1,969.823,57 als gerechtfertigt erkannt werden könne. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren sei abzuweisen. Was das Begehren an Zinsen bzw. Kreditkosten betreffe, so reichten die getroffenen Feststellungen zu einer verläßlichen Beurteilung der Rechtssache nicht aus, so daß mit der Aufhebung des Ersturteils in diesem Punkte vorzugehen sei.

Die beklagte Partei bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes insoweit, als der Bestand der Forderung mit dem Betrage von S 1,969.823,57 s.A. als zu Recht bestehend und eine Gegenforderung von S 38.883,38 als nicht zu Recht bestehend erkannt und die beklagte Partei demnach schuldig erkannt wurde, der klagenden Partei den Betrag von S 1,969.823,57 s.A. zu bezahlen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin wendet sich gegen die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, daß der Gültigkeit der zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Rechtsgeschäfte Bestimmungen des Außenhandelsgesetzes 1968 nicht entgegenstehen. Gemäß § 3 Abs 1 dieses Gesetzes sind Rechtsgeschäfte, welche die Aus- oder Einfuhr von den in den Anlagen zu diesem Bundesgesetz angeführten Waren zum Gegenstand haben, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bewilligungspflichtig; solche Rechtsgeschäfte gelten gemäß § 2 Abs 1 AußenhandelsG als unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen, daß die Bewilligung erteilt wird. Das Erfordernis der Genehmigung eines Rechtsgeschäftes nach dem Außenhandelsgesetz ist von den Gerichten von Amts wegen wahrzunehmen (SZ 53/140 u.a.). Nach der vom Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie zu Zl. 23.916/25-II/3/82 erteilten Auskunft (Beilage 43) unterliegen Rechtsgeschäfte, welche die Einfuhr von Waren des Kapitels 42.03 (Bekleidung und Bekleidungszubehör aus Leder oder Kunstleder) des Österreichischen Zolltarifs zum Gegenstand haben und die zwischen einer chinesischen Firma und einem Importeur in Österreich abgewickelt werden, der Zollämterermächtigung, d.h. die Einfuhrbewilligung wird vom Zollamt anläßlich der Stellung der Ware zur zollamtlichen Abfertigung erteilt. Der hiefür erforderliche Sichtvermerk des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie (§ 7 Abs 3 AHG) hätte nach dem Inhalt der Auskunft erteilt werden können. Nur Importe, die zwischen einer Drittlandfirma und einem Importeur in Österreich abgewickelt werden, wären nicht bewilligt worden. Die in Rede stehenden Rechtsgeschäfte wurden, soweit sie Waren betreffen, die aus der Volksrepublik China importiert wurden, von der klagenden Partei als Importeur direkt vom chinesischen Exporteur erworben (vgl. Beilagen AY) und der beklagten Partei verkauft. Daß die wirtschaftliche Gestion der klagenden Partei von Deutschland aus erfolgt, vermag daran, daß es sich um ein Unternehmen mit dem Sitz in Österreich handelt, nichts zu ändern. Die Revisionswerberin macht als Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend, daß die Vorinstanzen "keine bzw. zu wenig Feststellungen" über den "genauen Warenlauf" getroffen haben, es hätte die "vollständige, lückenlose Urkundenkette" vorgelegt werden müssen; auch das Unterbleiben der Einvernahme des Sachbearbeiters im Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie MinRat. Dr. F*** wird als Mangelhaftigkeit gerügt. Der Grundsatz, daß eine neuerliche Überprüfung eines Verfahrensmangels erster Instanz im Revisionsverfahren nicht mehr zulässig ist, gilt in jenen Verfahren, die der Offizialmaxime unterliegen, nicht (1 Ob 669, 670/85; JBl 1982, 491; SZ 50/80; EvBl 1968/361 u.v.a.). Die nur allgemein gehaltenen Ausführungen der Revisionswerberin vermögen jedoch keine gegründeten Bedenken in der Richtung zu erwecken, daß die zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Rechtsgeschäfte in Wahrheit bewilligungspflichtige verdeckte Drittlandgeschäfte wären. Aus den von der klagenden Partei vorgelegten Urkunden (vgl. insbesondere Beilage AY) ist ersichtlich, daß die klagende Partei Vertragspartner des chinesischen Verkäufers ist.

Die weiteren Ausführungen zum Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Worin die Sittenwidrigkeit "einzelner Punkte der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen" der klagenden Partei besteht, wird in der Revision nicht näher ausgeführt. Der Umstand allein, daß einzelne Punkte für die beklagte Partei "einseitig benachteiligend" sind, reicht für die Annahme der Sittenwidrigkeit, insbesondere wenn solche Lieferbedingungen zwischen Vollkaufleuten vereinbart wurden, nicht aus.

Den Vorinstanzen ist auch darin beizupflichten, daß die klagende

Partei im Hinblick auf die von der beklagten Partei eingestandene

Zahlungsschwierigkeit gemäß Punkt 3.4 der Lieferungs- und

Zahlungsbedingungen berechtigt war, Vorauszahlung des Kaufpreises

oder Sicherheit zu verlangen. Mit dem von der beklagten Partei (für

einen Teilbetrag) angebotenen avalierten Rektawechsel, der

wechselmäßig nicht begeben werden konnte, mußte sich die klagende

Partei nicht begnügen. Ein solcher Wechsel stellt im kaufmännischen

Verkehr keine hinreichende Sicherheit dar, zumal er Einwendungen aus

dem Grundgeschäft ermöglicht, die dann nur in einem unter Umständen

langwierigen Prozeß widerlegt werden können. Auch die Bankbürgschaft

bietet unter solchen Umständen keine hinreichende Sicherheit. Die

Vorinstanzen sind demnach zu Recht zum Ergebnis gelangt, daß sich

die beklagte Partei in Leistungsverzug befand, so daß der klagenden

Partei das Recht zum Rücktritt vom Vertrag zustand. Es wurde auch

als erwiesen erachtet, daß das Rechtsgeschäft betreffend die Pos. 5

(900 Gaewolfjacken) zwischen den Streitteilen abgeschlossen wurde;

daß die klagende Partei als Käufer eintreten konnte, änderte nichts an ihrer Käufereigenschaft, so daß die Aktivlegitimation der klagenden Partei zur Geltendmachung des Schadens auch aus diesem Rechtsgeschäft gegeben ist.

Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht, die darin gelegen sein soll, daß die klagende Partei das Anbot der Firma E*** nicht angenommen hat, liegt nicht vor. Die Firma E*** hat sich nur bereit erklärt, einen Teil der Waren zu übernehmen, wogegen die Firma Rudolf L*** die gesamten in Rede stehenden Waren erworben hat. Die beiden Anbote sind daher nicht vergleichbar. Daß die Firma E*** oder ein anderer Interessent bereit gewesen wäre, die gesamte Ware zu einem günstigeren Preis zu übernehmen, wurde von der beklagten Partei nicht behauptet.

Was die Entscheidung über die Gegenforderung betrifft, so macht die Revisionswerberin geltend, die Vorinstanzen hätten nur über die Gegenforderung von S 750.000,-- abgesprochen (dieser Teil der Entscheidung des Berufungsgerichtes wird nicht angefochten), nicht aber auch über die weitere geltend gemachte Gegenforderung von S 38.883,38, die aus einer Gutschriftdifferenz resultiert. Da dieser angebliche Mangel in der Berufung nicht gerügt wurde, kann er in der Revision nicht aufgegriffen werden.

Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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