OGH 12Os65/85 (12Os66/85)

OGH12Os65/85 (12Os66/85)12.12.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Dezember 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zimmermann als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert A wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Urteile des Bezirksgerichtes Linz vom 3.November 1983, GZ 16 U 2857/82-16, und des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 12.Juli 1984, AZ 31 Bl 5/84, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Urteile des Bezirksgerichtes Linz vom 3.November 1983, GZ 16 U 2857/82-16, soweit damit der Beschuldigte Herbert A von der wider ihn erhobenen Anklage auch gemäß § 259 Z 4 StPO freigesprochen wurde, und des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 12.Juli 1984, AZ 31 Bl 5/84, verletzen das Gesetz in der Bestimmung des § 42 Abs. 1 Z 2 StGB.

Text

Gründe:

I. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 3.November 1983, GZ 16 U 2857/82-16, wurde (unter anderem) der Beschuldigte Herbert

A von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 13. November 1982 in Linz als Lenker eines PKW dadurch, daß er infolge Nichteinhaltung des gebotenen Sicherheitsabstands oder aus Unaufmerksamkeit auf den vor ihm zum Stillstand gekommenen, von (der mitbeschuldigten und gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochenen) Gertraud

B gelenkten PKW auffuhr, wodurch dieser auf den davor stehenden PKW des Jakob H*** geschoben wurde, was zur Folge hatte, daß Gertraud B eine Prellung der Halswirbelsäule und des linken Kleinfingers und Friederike H*** Prellungen der Halswirbelsäule, der rechten Hüfte und des rechten Kniegelenks erlitten, die Genannten fahrlässig am Körper verletzt und hiedurch das Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB begangen, hinsichtlich der Verletzungen der Friederike H*** nach § 259 Z 3 StPO, hinsichtlich jener der Gertraud B hingegen nach § 259 Z 4 StPO freigesprochen.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen konnte bezüglich der Verletzungen der Friederike H*** nicht geklärt werden, ob diese (schon) durch den ersten Anprall auf das von ihr benützte Fahrzeug, der auf eine verspätete Bremsung der hinter diesem Fahrzeug fahrenden Gertraud B zurückzuführen war, oder erst durch den zweiten, vom Beschuldigten Herbert A durch Auffahren auf den PKW der Gertraud B bewirkten Anstoß verursacht wurden. Die Verletzungen der Gertraud B, die mit einer (wohl mehr als drei Tage, aber) nicht mehr als sieben Tage währenden Gesundheitsschädigung verbunden waren, wurden hingegen durch den sehr heftigen, das Dach des PKW der Genannten knickenden Aufprall des PKW des Beschuldigten C hervorgerufen. In bezug auf die fahrlässige Zufügung dieser Verletzungen hielt das Erstgericht aber die Voraussetzungen des § 42 StGB bei Herbert A für gegeben. Der nicht sehr gravierende Fahrfehler lasse die Schuld dieses Beschuldigten gering erscheinen; angesichts seiner bisherigen Unbescholtenheit sei seine Bestrafung aus spezialpräventiven, aber auch aus generalpräventiven Gründen nicht geboten. Als Folgen der Tat kämen solche, die den Grad des § 88 Abs. 2 Z 4 StGB überschreiten, in Betracht; da die Verletzungsfolgen bei Gertraud B nicht länger als sieben Tage währten, seien sie als unbedeutende Folgen im Sinn des § 42 StGB anzusehen. Der am PKW eingetretene Sachschaden sei dabei nicht zu berücksichtigen, auch wenn er die für Vermögensdelikte geltende Bagatellgrenze übersteige; denn eine fahrlässige Sachbeschädigung sei grundsätzlich nicht strafbar und dürfe auch nicht auf dem Umweg über die Nichtanwendung des § 42 StGB strafbar gemacht werden. Sachschäden, die durch Verkehrsunfälle verursacht werden, bewirkten auch keine ins Gewicht fallende soziale Störung, weil sie durch die Haftpflichtversicherung des Täters gutgemacht werden.

Gegen den Freispruch des Herbert A erhob die Staatsanwaltschaft Berufung wegen Nichtigkeit und wegen Schuld. Sie berief sich auf die Rechtsansicht des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht, wonach bei einem Verkehrsunfall auch Sachschäden, die mehr als 500 S betragen, als Tatfolgen mitzuberücksichtigen seien, zumal für die Anwendbarkeit des § 42 (Abs. 1 Z 2) StGB die Gesamtauswirkungen der Tat berücksichtigt werden müßten, also auch die - von der Gemeinschaft der Verkehrsteilnehmer zu tragenden - Sachschäden als Folge eines Verkehrsunfalls. Der Freispruch gemäß § 259 Z 4 StPO sei daher zu Unrecht erfolgt (ON 17). Das Landesgericht Linz als Berufungsgericht wies mit Urteil vom 12. Juli 1984, AZ 31 Bl 5/84 (= ON 20 in 16 U 2857/82 des Bezirksgerichtes Linz), die Berufung als unbegründet zurück. Es schloß sich - in Abkehr von seiner bisherigen Judikatur - der Argumentation des Erstgerichtes an und verwies im übrigen insbesondere auch auf die Regelung des § 88 Abs. 2 StGB, derzufolge für die Straflosigkeit Sachschäden ebenfalls außer Betracht zu bleiben haben. Für die Frage, ob die Strafwürdigkeitsschwelle überschritten ist, dürften nur rechtsgutsspezifische Folgen herangezogen werden; Folgen im Sinn des § 42 Abs. 1 Z 2 StGB seien demnach nur jene, die zu schützen der primäre Zweck der betreffenden Strafnorm ist, während mit der Tat verbundene Eingriffe in andere Schutzbereiche nicht darunter zu verstehen seien; gegen derartige Eingriffe böten vielmehr das Schadenersatzrecht bzw. die Verwaltungsvorschriften hinreichenden Schutz.

II. Nach Ansicht der Generalprokuratur steht der Freispruch des Beschuldigten Herbert A, soweit er gemäß § 259 Z 4 StPO erfolgt ist, mit dem Gesetz nicht im Einklang. In ihrer deshalb gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde hat sie hiezu folgendes ausgeführt:

"Im vorliegenden Zusammenhang kann offen bleiben, ob tatsächlich die übrigen Voraussetzungen mangelnder Strafwürdigkeit der Tat bei dem gegebenen Sachverhalt verwirklicht waren oder ob nicht zumindest aus generalpräventiven Überlegungen bei einem Verkehrsunfall mit Persons- und Sachschaden die Bestrafung des Täters geboten gewesen wäre, um andere von solchen strafbaren Handlungen abzuhalten. Jedenfalls mangelte es an der Voraussetzung des § 42 Abs. 1 Z 2 StGB, weil die Tat nicht bloß unbedeutende Folgen nach sich zog.

Rechtliche Beurteilung

Es ist nämlich davon auszugehen, daß nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung unter den Folgen der Tat nach § 42 Abs. 1 Z 2 StPO nicht nur die unmittelbaren Tatfolgen, also der tatbildmäßige Erfolg, sondern darüber hinaus alle Auswirkungen der Tat zu verstehen sind (ÖJZ-LSK 1977/344). Eine Beschränkung auf "rechtsgutsspezifische" Folgen ist im Gesetz nicht vorgezeichnet. Die Tat darf - ganz allgemein - keine ins Gewicht fallenden sozialen Störungen herbeigeführt haben (EBRV 1971/139; Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 11 zu § 42; Zipf "Die mangelnde Strafwürdigkeit der Tat" [Salzburger Universitätsreden, Heft 58], S. 27). Auf die Frage, ob nur (zumindest fahrlässig) verschuldete (so ÖJZ-LSK 1981/117; Zagler ÖJZ 1975, 349; Zipf a.a.O. S. 26) oder auch unverschuldete Folgen der Tat die Straflosigkeit ausschließen (so Mayerhofer-Rieder, StGB 2 Anm. 3 zu § 42) braucht hier angesichts der konkreten Fallgestaltung nicht eingegangen zu werden.

Die bei einem Verkehrsunfall eintretenden Sachschäden an den Fahrzeugen sind zwar gewiß keine tatbildmäßige Folge der Tat, die ja in der Verletzung oder Gefährdung eines Menschen besteht. Sie sind aber (bei Fahrzeugkollisionen im Zuge eines Verkehrsunfalls) deliktstypische (vgl. 9 Os 20/81 = RZ 1981/62), kausaladäquate Begleiterscheinungen der Tat im Sinne einer weiteren (wenn auch fahrlässigen) Rechtsgutverletzung, fallen unter die Gesamtauswirkungen der Tat und können - soweit es sich um Sachschäden an nicht dem Täter (§ 88 StGB) gehörigen Fahrzeugen handelt - bei der Beurteilung des - im Sinn der EBRV entscheidenden - sozialen Störtwerts nicht außer Betracht bleiben. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes können aus der Regelung des § 88 Abs. 2 StGB keine Schlüsse auf die gegenständliche Problematik gezogen werden: Fahrlässige Sachbeschädigung ist (vom Fall des § 32 MilStG abgesehen) nicht strafbar und gehört nicht zum Tatbild des § 88 Abs. 1 StGB. Bei der Straflosigkeit der Fälle des § 88 Abs. 2 StGB wurde sie daher vom Gesetzgeber nicht berücksichtigt. Die Fälle des § 88 Abs. 2 und des § 42 StGB decken sich im übrigen nicht: Die Reichweite des § 42 StGB geht teilweise (so in Ansehung der Verletzungsfolgen - siehe ÖJZ-LSK 1976/380 = RZ 1979/9) über § 88 Abs. 2 StGB hinaus, ist andererseits aber geringer, so insbesondere in der Frage des - enger gefaßten - Verschuldens. Es ist daher zulässig, im Rahmen dieser Sonderregelung Auswirkungen der Tat mitzuberücksichtigen, die für die Strafausschließung nach § 88 Abs. 2 StGB außer Ansatz bleiben. Mit Proske (ZVR 1981, 290) und Zagler (ÖJZ 1975, 348 [rechte Spalte]) ist daher davon auszugehen, daß der Sachschaden bei einem Verkehrsunfall als (außertatbildmäßige) Folge bei der Prüfung der Voraussetzung des § 42 Abs. 1 Z 2 StGB mitzuberücksichtigen ist. Freilich wird dabei auf eine entsprechende Relation zu der angenommenen Grenze "unbedeutenden" Personenschadens unter Berücksichtigung der grundsätzlich minderen Bedeutung von Sachschäden gegenüber Personenschäden zu achten sein. Es werden daher nur erhebliche Sachschäden als Ausschlußgrund in Betracht kommen. Im vorliegenden Fall, in dem an dem PKW der Gertraud B Totalschaden eingetreten ist (vgl. Beilage I/ am Ende des Strafaktes) ist diese Relation aber jedenfalls gewahrt. Entgegen Kienapfel (BT I 2 , RN 53 zu § 88 StGB) wird durch die Berücksichtigung des Sachschadens nicht "gewissermaßen durch eine Hintertür die Bestrafung der fahrlässigen Sachbeschädigung eingeführt"; es wird vielmehr lediglich einer an sich strafbaren Handlung, nämlich der fahrlässigen Körperverletzung, die Strafwürdigkeit deshalb nicht aberkannt, weil die Gesamtauswirkung der Tat wesentlich über die geringen tatbildmäßigen Folgen (Personenschaden) hinausgeht; bestraft wird aber weiterhin die Verwirklichung des Tatbildes des § 88 Abs. 1 StGB.

Die bekämpften Entscheidungen des Bezirksgerichtes Linz und des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht verletzen daher das Gesetz in der Bestimmung des § 42 Abs. 1 Z 2 StGB. Wenngleich sich diese Gesetzesverletzung nicht zum Nachteil eines Angeklagten auswirkte, ist ihre Feststellung doch im Hinblick auf die in den einzelnen Gerichtssprengeln in der in Rede stehenden Rechtsfrage derzeit divergierende Praxis von grundsätzlicher Bedeutung."

III. Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Unter "Folgen" der Tat im Sinn des § 42 Abs. 1 Z 2 StGB sind nicht nur jene Rechtsgutverletzung, die das (spezifische) Erfolgsunrecht des betreffenden Deliktstypus ausmacht, also der tatbildmäßige "Erfolg", zu verstehen, sondern alle (nachteiligen) Auswirkungen der konkreten Tat in der sozialen Wirklichkeit, sofern sie nur unmittelbar auf die Tat zurückzuführen sind. Dieses Verständnis des Begriffs der Tatfolgen entspricht nicht nur den erklärten Intentionen des Gesetzgebers (vgl. EBRV 1971, 139 = Dokumentation zum StGB 95; JABericht 11 = Dokumentation 96), sondern auch der ständigen Rechtsprechung (ÖJZ-LSK 1977/344; ZVR 1980/108; ZVR 1980/243 = SSt. 51/21; ÖJZ-LSK 1981/117 uam; im gleichen Sinn auch zur Auslegung der "Folgen" in §§ 21, 22 und 23 StGB EvBl. 1977/180 = SSt. 48/2 ua) und dem herrschenden Meinungsstand im Schrifttum (vgl. Foregger-Serini StGB 3 Anm. III/2 zu § 42; Leukauf-Steininger Komm. 2 § 42 RN 11; Mayerhofer-Rieder StGB 2 Anm. 3 zu § 42; Pallin, Die Strafzumessung in rechtlicher Sicht, RN 154; Proske ZVR 1981, 290; Zagler ÖJZ 1975, 348; Zipf, Die mangelnde Strafwürdigkeit der Tat, 27, sowie Gutachten 7.ÖJT 1979, 106; tw krit allerdings Kienapfel BT I 2 § 88 RN 52). Hievon abzugehen findet sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlaßt. Denn nur ein solches Verständnis der "Folgen" der Tat wird der ratio des § 42 StGB gerecht, von der Strafbarkeit (nur) jene (an sich) deliktischen Verhaltensweisen auszunehmen, die hinsichtlich ihres sozialen Störwerts erheblich hinter den Normalfällen des betreffenden Delikts zurückbleiben.

Versteht man aber den Begriff der "Folgen" der Tat im dargelegten Sinn, dann müssen - bezogen auf die hier in Rede stehende Fallkonstellation - Sachschäden, die uno actu mit der Begehung einer fahrlässigen (leichten) Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB einem anderen zugefügt wurden, als eine typische, kausaladäquate Auswirkung und damit als Folge der Tat berücksichtigt werden, sodaß mangelnde Strafwürdigkeit der fahrlässigen Körperverletzung nur in Betracht kommt, wenn diese Schäden unbedeutend sind (Proske ZVR 1981, 290; Zagler ÖJZ 1975, 348; ggt Kienapfel BT I 2 § 88 RN 53). Dem verschlägt es nicht, daß § 88 Abs. 2 Z 4 StGB auf außertatbildliche Tatfolgen nicht abstellt, sondern (kein schweres Verschulden vorausgesetzt) den Eintritt einer bloß unbedeutenden Körperverletzung (Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit bis maximal dreitätiger Dauer) genügen läßt. Denn § 88 Abs. 2 Z 4 StGB stellt für den Bereich der fahrlässigen (leichten) Körperverletzung eine (deliktsspezifische) Sonderregelung dar, die, soweit ihre Voraussetzungen gegeben sind, der allgemeinen Regelung des § 42 StGB vorgeht (wobei der Charakter einer speziellen Ausnahmeregelung auch aus § 88 Abs. 2 Z 1, 2 und 3 StGB erhellt, weil darnach Straflosigkeit in bezug auf § 88 Abs. 1 StGB auch bei Eintritt bedeutenderer Folgen besteht). Angesichts des aktuellen Anwendungsbereichs des § 88 Abs. 2 Z 4 StGB einerseits und jenes des § 42 StGB andererseits kann in der unterschiedlichen Regelung der Straflosigkeitsvoraussetzungen somit ein ungerechtfertigter Wertungswiderspruch nicht erblickt werden. Ein solcher läßt sich auch nicht daraus ableiten, daß die Rechtsprechung die Anwendbarkeit des § 42 StGB (auch) für den Fall zuläßt, daß die fahrlässig zugefügte leichte Körperverletzung zwar das im § 88 Abs. 2 Z 4 StGB bezeichnete Ausmaß übersteigt, in ihren Gesamtauswirkungen aber nach Lage des Falles dennoch als noch unbedeutend beurteilt werden kann, weil die Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit dieses Ausmaß bloß geringfügig überschreitet, sodaß ihre Zufügung daher (zwar nicht nach § 88 Abs. 2 Z 4 StGB, wohl aber) nach § 42 StGB straflos sein kann (vgl. RZ 1977/ = ÖJZ-LSK 1976/380; ZVR 1982/133; Kienapfel BT I 2 § 88 RN 51).

Der Berücksichtigung der bei einem Verkehrsunfall verursachten Schädigung fremden Vermögens (durch Zufügen von Sachschäden an Fahrzeugen anderer) als einer Folge der Tat steht aber - entgegen Kienapfel (aaO RN 53) - auch nicht entgegen, daß fahrlässige Sachbeschädigung als solche grundsätzlich nicht gerichtlich strafbar ist. Wird doch dadurch nicht die Herbeiführung des Sachschadens pönalisiert, sondern lediglich einer an sich strafbaren Handlung, nämlich der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB, der Charakter eines "Bagatelldelikts" aberkannt, wenn der Sachschaden bedeutend ist. Folgte man der gegenteiligen Argumentation, so würde dies bedeuten, daß nur jene (über den tatbildmäßigen Erfolg hinausgehende) Auswirkungen der Tat als deren Folgen im Sinn des § 42 Abs. 1 Z 2 StGB in Betracht kämen, die (als solche) gesondert mit gerichtlicher Strafe bedroht sind; das entspricht aber nach dem eingangs Gesagten nicht dem Begriff der Tatfolgen nach der zitierten Gesetzesstelle.

Entgegen der von den Unterinstanzen vertretenen Auffassung ist demnach bei Entscheidung der Frage, ob eine den Tatbestand des § 88 Abs. 1 StGB erfüllende Tat unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat, der dabei verursachte, vom Täter verschuldete (vgl. hiezu Melnizky, Referat 7.ÖJT 1979, 63; Pallin, Strafzumessung, RN 154; Zipf, Gutachten 7.ÖJT 1979, 48; abweichend Mayerhofer-Rieder StGB 2 Anm. 3 zu § 42) Sachschaden zu berücksichtigen. Ist dieser Sachschaden nicht bloß unbedeutend - wofür im wesentlichen jene Grundsätze heranzuziehen sein werden, die für die Beurteilung der Geringwertigkeit eines Schadens (vgl. etwa § 150 StGB) maßgebend sind (vgl. idS 13 Os 90,91/79; 9 Os 47/80; 12 Os 143,162/81; Kunst ÖJZ 1975, 563; Pallin aaO RN 154 mit FN 411) -, scheidet mangelnde Strafwürdigkeit der Tat aus.

Wenngleich das Ersturteil und das Berufungsurteil keine Feststellungen darüber enthalten, welcher Sachschaden als Folge des vom Beschuldigten Herbert A verschuldeten Auffahrunfalls entstanden ist, so ergibt sich jedenfalls aus der Aktenlage, daß dieser zumindest am PKW der Gertraud B erheblich gewesen ist, zumal, wie auch das Erstgericht konstatierte, das Dach des Fahrzeugs geknickt worden ist, und sich aus dem Besichtigungsbericht des Versicherers Gesamtreparaturkosten von mehr als 81.000 S ergeben. Von einem bloß unbedeutenden Sachschaden kann somit im gegebenen Fall nicht gesprochen werden.

Daß der Beschuldigte haftpflichtversichert ist und daher der (von ihm verschuldete) Sachschaden dem Geschädigten gegebenenfalls von der Versicherung ersetzt wird, ist für die Beurteilung im Ergebnis ohne Belang. Denn durch den Bestand dieser Versicherung ist zwar sichergestellt, daß der Schaden letztlich nicht den unmittelbar Geschädigten trifft; er trifft aber jedenfalls den Haftpflichtversicherer, womit sich an den schädlichen Gesamtauswirkungen der Tat für Dritte nichts ändert. Die eingangs bezeichneten Urteile des Bezirksgerichtes Linz und des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht stehen somit, wie die Generalprokuratur zutreffend geltend macht, mit dem Gesetz (§ 42 Abs. 1 Z 2 StGB) nicht im Einklang. Da sich die unterlaufene Gesetzesverletzung jedoch zum Vorteil des Beschuldigten Herbert A ausgewirkt hat, war sie lediglich festzustellen.

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