OGH 12Os126/85

OGH12Os126/8512.12.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Dezember 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zimmermann als Schriftführer in der Strafsache gegen Renate A wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2, 2. Fall, StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 27.November 1984, GZ 23 Vr 1776/82-126, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Knob, der Angeklagten und der Verteidigerin Dr. Oehlzand zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben, jener gegen das Adhäsionserkenntnis jedoch mit der Maßgabe, daß die Bezeichnung der Privatbeteiligten von "Nachlaß nach Friedrich PIERINGER" in "Friederike B und Roman C je zur Hälfte"

richtiggestellt wird.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 28.Mai 1937 geborene kaufmännische Angestellte Renate A 1./ des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2, 2. Fall, StGB und 2./ des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 12, 3. Fall, 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie in der Zeit vom 12. März 1982 bis 15.März 1982 in Linz

1./ als Generalbevollmächtigte des Friedrich B

wissentlich die ihr durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, mißbraucht und dadurch dem Friedrich

B bzw. der Verlassenschaft nach Friedrich B einen Vermögensnachteil in der Höhe von 4,455.455,09 S zugefügt, indem sie das dem Friedrich B gehörige Sparbuch der D

E F (Konto Nr. 2510-020461) mit dem genannten

Einlagenstand an sich nahm, realisierte, und das Realisat in ihr Vermögen überführte;

2./ zur Ausführung eines von Helga und Helmut G - die mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der H F,

Zweigstelle Stadthafen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, berechtigte Sparbuchinhaber zu sein, weil ihnen Friedrich B noch zu seinen Lebzeiten das Sparbuch der I F, Zweigstelle Stadthafen, mit der Konto Nr. 753-0269/88 geschenkt habe, am 15.April 1982 zu einer die Verlassenschaft nach Friedrich B schädigenden Realisierung des Sparguthabens verleitet hatten - verübten Betruges beigetragen, indem sie einige Tage nach dem Tod des Friedrich B (16.März 1982) der Helga G und dem Helmut G den Depotschein für das

erwähnte Sparbuch übergab, ihnen das Losungswort nannte und ihnen erklärte, das genannte Sparbuch bzw. dessen Realisat sei für sie (Ehegatten G) gedacht, es sei im Sinn des Verstorbenen Friedrich B, daß die Ehegatten G dieses Sparbuch

bekämen und realisierten -, obwohl sie wußte, daß andere berechtigte

Erben (nämlich Friederike B und der mj. Roman B)

vorhanden waren.

Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 5, 9 (ohne nähere Differenzierung) und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

In der Mängelrüge (Z 5) wendet sich die Beschwerdeführerin in erster Linie dagegen, daß das Erstgericht ihrer Verantwortung, Friedrich B habe ihr das im Punkt 1./ des Schuldspruchs erwähnte Sparbuch geschenkt, den Glauben versagt und demgegenüber eine mißbräuchliche Verfügung über das Sparguthaben angenommen hat. Die Beschwerdeausführungen erschöpfen sich jedoch, ohne (allein relevante) formale Begründungsmängel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO aufzeigen zu können, ihrem Inhalt und ihrer Zielsetzung nach im wesentlichen nur in einer im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen und daher unbeachtlichen Bekämpfung der Beweiswürdigung des erkennenden Senates. Es kann den Urteilsgründen insbesondere nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß die (unbestritten) zunächst anders lautende (die angebliche Schenkung nicht erwähnende) Darstellung der Beschwerdeführerin (anders als das Erstgericht in freier Beweiswürdigung schlüssig angenommen hat) auch steuerliche Gründe gehabt haben könnte.

Ebenso muß der in der Beschwerde unternommene Versuch scheitern, einzelne von der Angeklagten im Zuge der Voruntersuchung gemachte und im Urteil (ohnedies nur) wiedergegebene (vgl. S 231 f./III) Angaben als zutreffend zu bezeichnen bzw. damit aufklären zu wollen, daß sie wegen des vorzeitigen Abbruchs der bezüglichen Vernehmung unvollständig seien, zumal in jedem Falle die (unbestreitbare und unbestrittene) Tatsache bestehen bleibt, daß die Angeklagte ihre Verantwortung im Zuge der Veruntersuchung in entscheidenden Punkten geändert hat.

Dem Erstgericht war es aber auch unbenommen, die der Angeklagten laut dem Punkt 1./ des Schuldspruchs angelastete mißbräuchliche Handlungsweise unter anderem daraus zu erschließen, daß die bezüglichen Gelder nicht bereits unmittelbar nach Erhalt der angeblichen Schenkung in das Vermögen der Beschwerdeführerin überführt worden sind (vgl. S 241/III). Theoretisch wäre es zwar auch möglich, daß die spätere Realisierung des Sparguthabens aus anderen Gründen erfolgt sein könnte, die hiezu in der Nichtigkeitsbeschwerde angestellten Erwägungen stellen jedoch neuerlich nur einen unzulässigen Angriff auf die in anderer Richtung erfolgte freie Beweiswürdigung des erkennenden Senates dar. Nach dem Gesagten kann des weiteren keine Rede davon sein, daß die Urteilsfeststellung, wonach Friedrich B der Angeklagten das Sparbuch der D E F mit dem Konto

Nr. 2510/020461 zu keinem Zeitpunkt geschenkt oder zur privaten Nutzung überlassen hat (S 216/III), durch kein Beweisergebnis gedeckt und nicht oder nur unzureichend begründet wäre. Grundlage dieser Konstatierung war nämlich nicht nur der Umstand, daß die Angeklagte ihre Verantwortung geändert und zunächst selbst keine Schenkung behauptet, sowie daß die Realisierung des Sparguthabens nicht dem Zeitpunkt der angeblichen Schenkung entsprochen hat, sondern u.a. auch die Aussage der Zeugin Friederike B, Friedrich B habe ihr kurz vor seinem Tode gesagt, sie solle sich einerseits an Hernn J (K) bei der E F und

andererseits an Herrn L bei der I F wenden (vgl. S 152, 153, 154/III), aus welchen Angaben das Erstgericht (im Zusammenhang mit den übrigen Beweisergebnissen) den Beschwerdebehauptungen zuwider sehr wohl den Mangel einer Schenkung ableiten konnte (vgl. S 243/III).

Soweit sich die Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde gegen die vom Erstgericht im Zusammenhang mit der von der Angeklagten und von Friederike B berichteten (vgl. S 91, 151/III) noch zu Lebzeiten des Friedrich B erfolgten Zerreißung eines Testaments angestellten Erwägungen wendet, gehen die bezüglichen Beschwerdeausführungen überhaupt ins Leere, weil im Urteil ohnedies betont wird, daß diese Überlegungen nicht mit Sicherheit erwiesen seien (vgl. S 243/III). Im übrigen aber hat das Erstgericht im Urteil die Frage, inwieweit die Angaben der Zeugin Friederike B Glauben verdienen, eingehend behandelt (vgl. S 244, 245/III) und auch damit einen Akt freier (unanfechtbarer) Beweiswürdigung gesetzt.

Dies gilt auch für die seitens des Erstgerichtes erfolgte Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugen Pauline und Max M, deren Angaben die Beschwerdeführerin lediglich anders auszulegen sucht als dies der erkennende Senat mit ausführlicher Begründung (vgl. S 237 ff., 241, 242/III) getan hat. Hiebei wird dem Erstgericht, das es als "unerfindlich" bezeichnet, "warum Renate A an diesem Tag nicht den vollen Betrag, sondern nur 4 Mio S gesagt haben soll und warum Pauline M dies trotz

ausdrücklichen Befragens nicht bereits bei ihrer Vernehmung am 27. Oktober 1984 erwähnt hat" (vgl. S 238/III), überdies zu Unrecht vorgeworfen, übersehen zu haben, daß das Sparguthaben am Schenkungstag noch gar keine 4,5 Mio S betragen habe. Denn die wiedergegebenen Urteilsausführungen beziehen sich nicht auf den Schenkungstag, sondern auf den Tag der Abholung des Geldes (vgl. hiezu auch S 100/III).

Unrichtig ist des weiteren die Beschwerdebehauptung, das Erstgericht habe als Argument gegen die Glaubwürdigkeit der Verantwortung des Angeklagten auch den Umstand ins Treffen geführt, daß es "unerfindlich" sei, warum die Angeklagte von der Schenkung zwar Pauline M, nicht aber ihren Kindern, denen sie das Geld zukommen lassen wollte, Mitteilung gemacht haben sollte. Denn im Urteil wird zwar (durchaus in Übereinstimmung mit der allgemeinen Lebenserfahrung) die Unwahrscheinlichkeit der angeblichen Mitteilung über die Schenkung an eine Familienfremde betont, demgegenüber aber nicht eine Mitteilung an die Kinder selbst als zweckmäßig bezeichnet, sondern darauf hingewiesen, daß es für die Angeklagte, wenn sie ihren Kindern das Geld im Fall ihres Ablebens zukommen lassen wollte, die einfachste Methode gewesen wäre, einen entsprechenden Hinweis bei einem Notar oder bei einem Rechtsanwalt ihres Vertrauens zu hinterlegen (vgl. S 240/III).

Die Tatsache, daß Franz A schon bei seiner Einvernahme vor der Polizei angab, die Angeklagte habe ihm von "Schwarzgeld" des Friedrich B erzählt, das sie im Falle seines Ablebens hätte bekommen sollen, hat das Erstgericht ohnedies in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen (vgl. S 236, 240/III). Eine aktenwidrige Zitierung der bezüglichen Angaben (vgl. S 396/I) ist hiebei den Beschwerdebehauptungen zuwider nicht erfolgt, da die nachfolgenden Angaben des Franz A, seine Gattin habe ihm auch erzählt, daß sie von Friedrich B mehrfach aufgefordert wurde, den Geldbetrag (ca. 4 Mio S) von der Bank abzuheben, dem Umstand, daß sie das Geld dieser Erzählung zufolge (auch bei früherer Abhebung) jedenfalls erst nach dem Ableben des Franz B (eigentümlich) bekommen sollte, nichts zu ändern vermögen. Die Beschwerdeführerin vermag daher auch mit diesem Vorbringen keinen (formalen) Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO darzutun. Alle Einwände laufen vielmehr - ebenso wie auch die folgenden, nach Art einer Schuldberufung gemachten Beschwerdeausführungen - lediglich auf eine andere Deutung der Beweisergebnisse hinaus, und zwar mit dem Ziel, solcherart zur Annahme einer zu Lebzeiten des Friedrich B erfolgten - vom Erstgericht jedoch mängelfrei

verneinten - Schenkung des in Rede stehenden Sparbuchs (bzw. des Sparguthabens) zu gelangen.

Diesem Ziel dient auch die Bekämpfung der vom Erstgericht beweiswürdigend gewonnenen Überzeugung, daß die Behauptung der Beschwerdeführerin unglaubhaft ist, am 12.März 1982 in keiner Weise daran gedacht zu haben, daß Friedrich B möglicherweise sterben könnte (vgl. S 247/III) - für die sich das Erstgericht im übrigen sehr wohl insbesondere auf die Angaben des Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Klaus N (S 195 f./III) berufen konnte - sowie der Beschwerdehinweis darauf, daß Friedrich B bei seiner Aufnahme in das Krankenhaus die Angeklagte als seine (allenfalls zu verständigende) Lebensgefährtin bezeichnete, der schon deshalb ins Leere geht, weil das Erstgericht diese Tatsache ohnedies berücksichtigt hat (vgl. S 219/III).

Welche Bedeutung im gegebenen Zusammenhang dem Umstand zukommen soll, daß Friedrich B von einem Darlehensnehmer angeblich selbst den Betrag von 1 Mio S per Scheck erhalten und diesen Betrag bei Scheckeinlösung auf sein nicht dem Finanzamt deklariertes anonymes Sparbuch eingelegt hat, und daß er ebenso auch mit einer Entnahme aus dem Betrieb in gleicher Höhe verfahren haben soll, ist dem diese Vorgänge betonenden Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.

Schließlich versagt auch der unzulässige (weil eine im Rechtsmittelverfahren nicht statthafte Neuerung darstellende) Hinweis auf angebliche Erhebungen des Finanzamtes Linz über die Geschäftsgebarung des Friedrich B, die - abgesehen davon, daß ihre Relevanz nicht einzusehen ist - mangels Rechtskraft des angefochtenen Urteils derzeit auch nicht zum Gegenstand eines (im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde formulierten, nicht recht verständlichen) Wiederaufnahmsantrages gemacht werden können. Die Mängelrüge geht daher in jeder Beziehung fehl.

Eine den Punkt 1./ des Schuldspruchs betreffende (gesetzmäßig ausgeführte) Rechtsrüge liegt nicht vor. Es kann aber auch der auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützten, den Punkt 2./ des Schuldspruchs betreffenden Rechtsrüge nicht gefolgt werden, mit der geltend gemacht wird, daß die Angeklagte infolge ihrer Eigenschaft als Prokuristin der Einzelfirma des Friedrich B und infolge der ihr erteilten Vollmacht auch in bezug auf diesen Anklagevorwurf in Ausübung einer ihr eingeräumten (Vertretungs- und) Verfügungsmacht gehandelt und demnach auch insoweit nicht Betrug, sondern Untreue zu verantworten habe. Eine nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes eingeräumte Vollmacht wird gemäß § 1022 ABGB (von hier nicht aktuellen Ausnahmen abgesehen) durch den Tod des Gewaltgebers aufgehoben und kann daher im vorliegenden Fall (in dem die Tat nach dem Tod des Friedrich B gesetzt wurde) außer Betracht bleiben. Eine gemäß § 48 HGB erteilte Prokura erlischt zwar nicht durch den Tod des Inhabers des Handelsgeschäftes (§ 52 letzter Absatz HGB), ermächtigt jedoch nur zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 HGB).

Die Verfügung über das im Punkt 2./ des Schuldspruchs erwähnte Sparbuch war kein Handelsgeschäft und auch keine Rechtshandlung, die der Firmenbetrieb mit sich brachte. Das Sparbuch gehörte nach den Urteilsannahmen überhaupt nicht zum Firmenvermögen, sondern stand im Eigentum des Friedrich B, der weder das betreffende Guthaben in seine Vermögenserklärungen aufnahm, noch die aus den Guthaben erfließenden Zinsen in die jeweiligen Einkommensteuererklärungen einband (vgl. S 208, 209/III). Der einzige Bezug des Sparbuches zu der von der Angeklagten geführten Firma bestand darin, daß Friedrich B einmal "erläuterte", die Angeklagte könne das Firmenkonto bei der I F notfalls überziehen, weil das Sparbuch dafür Deckung biete. Bis zum Tod des Friedrich B ist aber eine solche Inanspruchnahme als Deckung für ein etwa überzogenes Firmenkonto nicht erfolgt (vgl. S 210/III).

Somit ist davon auszugehen, daß die Angeklagte im Rahmen der erwähnten (nur die Geschäfte des Firmenbetriebes betreffenden) Prokura von vornherein keine Verfügungsmacht über das in Rede stehende (zum Privatvermögen des Friedrich B gehörige) Sparbuch hatte, wogegen ihr durch die nach den Urteilsfeststellungen darüber hinaus erteilte (erweiterte) Spezialvollmacht (vgl. S 213/III) eine Befugnis, (auch) über dieses Sparguthaben verfügen zu können, an sich zwar eingeräumt worden war, jedoch beschränkt auf die Lebenszeit des Vollmachtgebers, sodaß diese Befugnis im Zeitpunkt der tatsächlichen Verfügung nach dem Tode des Friedrich B (infolge der dadurch bewirkten Aufhebung der Vollmacht) nicht mehr bestand.

Das Erstgericht hat das der Angeklagten zu Punkt 2./ des Urteilssatzes angelastete Tatverhalten somit zutreffend nicht als das Verbrechen der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und Abs. 2 StGB beurteilt.

Die demnach zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagte nach §§ 28, 153 Abs. 2 zweiter Strafsatz StGB zu zwei Jahren Freiheitsstrafe, die es nach § 43 Abs. 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen hat, sowie gemäß § 369 Abs. 1 StPO zur Bezahlung eines Betrages von 4,455.455 S an die Verlassenschaft nach Friedrich B.

Bei der Strafbemessung war erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen und der hohe Schadensbetrag, mildernd hingegen das Teilgeständnis, die Unbescholtenheit, die objektive Teilschadensgutmachung, die verlockende Gelegenheit, weiters der Umstand, daß die Tat im Hinblick auf die von der Angeklagten geleisteten Pflegedienste zumindest hinsichtlich eines gewissen Betrages menschlich verständlich erscheint und ihr Wohlverhalten seit der Tat.

Die Angeklagte bekämpft mit ihrer Berufung das Strafmaß und den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche, die Staatsanwaltschaft strebt eine Erhöhung der Freiheitsstrafe und Ausschaltung des Ausspruchs nach § 43 Abs. 2 StGB an. Den Berufungen kommt in keiner Richtung Berechtigung zu. Soweit die Angeklagte zunächst vorbringt, daß ihre Strafberufung "durch die Bekämpfung des Urteilspunktes 1 (im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde) bedingt" sei, war dies unbeachtlich, weil einerseits ihre Nichtigkeitsbeschwerde verworfen wurde und weil andererseits nach den Verfahrensgesetzen bedingte Rechtsmittel grundsätzlich nicht vorgesehen sind (vgl. SSt. 43/30; 12 Os 193/82). Die von der Berufungswerberin weiter geltend gemachten Milderungsgründe liegen nicht vor: Sorgepflichten bilden keinen Milderungsgrund (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. 2 § 34 RZ 29); dem Umstand, daß das im Faktum 2 des Urteilssatzes angeführte Sparbuch ohne Zutun der Angeklagten realisiert wurde und sie daraus keine Vorteile zog, hat das Erstgericht ohnedies durch die Annahme lediglich eines Tatbeitrages i.S. des § 12 dritter Fall StGB Rechnung getragen.

Auch die Berufung der Staatsanwaltschaft ist nicht berechtigt. Nach dem festgestellten Tathergang kann weder gesagt werden, daß die Angeklagte bei der zu Faktum 2 des Urteilssatzes angeführten Tat führend beteiligt war, also eine besonders hervorragende Rolle gespielt hat (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. 2 § 33 RZ 10), noch daß sie bei dem ihr angelasteten Befugnismißbrauch im Rahmen der Tatbegehung die Wehr- und Hilflosigkeit des Friedrich B ausgenützt hat. Der in der Berufung hervorgehobene hohe Schadensbetrag fällt im vorliegenden Falle deshalb nicht so gravierend ins Gewicht, weil der Schaden zum Teil gutgemacht und damit die Schwere der Rechtsgutbeeinträchtigung gemindert wurde und weil - wie das Erstgericht mit Recht hervorgehoben hat - im Rahmen der Beurteilung der Tatschuld auch zu berücksichtigen ist, daß vorliegend ein exzeptioneller Ausnahmefall vorliegt, weil zwischen der Angeklagten und Friedrich B ein besonderes persönliches Naheverhältnis bestand, das in der Pflege und Betreuung des Genannten durch die Angeklagte seinen sichtbaren Ausdruck gefunden hat.

Das Erstgericht hat somit im Ergebnis die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig erfaßt und in deren Würdigung ein Strafmaß gefunden, das auch nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes der Schuld des Angeklagten und dem Unrechtsgehalt der Tat entspricht. Entgegen der von der Anklagebehörde in ihrer Berufung vertretenen Ansicht sprechen nach Lage des Falles weder spezial- noch generalpräventive Erwägungen gegen die Gewährung bedingter Strafnachsicht.

Der Privatbeteiligtenzuspruch ist zwar zu Unrecht an die Verlassenschaft nach Friedrich B erfolgt, weil - wie in der Berufung mit Recht aufgezeigt wird - diese zum Zeitpunkt des Zuspruches bereits an Friederike und Roman B eingeantwortet war (vgl. Akt 1 A 282/82 des Bezirksgerichtes Linz, ON 70). Diese Ungenauigkeit in der Bezeichnung des Privatbeteiligten bringt der Angeklagten im Ergebnis jedoch keinen Nachteil, weil Erbe und Nachlaß gegenüber dritten Personen keine verschiedene Prozeßpartei darstellen (vgl. JBl. 1966, S 616), der Erbe durch die Einantwortung anstelle des Nachlasses in den Prozeß eintritt, ohne daß es dazu seinerseits einer besonderen Erklärung bedürfte (3 Ob 112/69) und somit auch allfällige (in der Berufung nicht näher substantiierte) Gegenforderungen der Angeklagten gegen die Erben geltend gemacht werden können. Weil nach zivilrechtlichen Grundsätzen der Parteinachfolge von Amts wegen Rechnung zu tragen ist (vgl. MietSlg. 33.641), war diese unrichtige Parteienbezeichnung im Rahmen des Berufungsverfahrens über Anregung des Privatbeteiligtenvertreters richtig zu stellen.

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