OGH 12Os193/82

OGH12Os193/8217.2.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Feber 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hankiewicz als Schriftführer in der Strafsache gegen Eduard A wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht (in Jugendstrafsachen) vom 13.Oktober 1982, GZ. 8 Vr 841/82-28, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, und der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Homan, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3.Dezember 1963 geborene Eduard A (außer anderen strafbaren Handlungen) - anklagekonform - des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt, weil er am 1.März 1981 in Dietach Gerhard B, der ihn beim Versuch, seinen PKW. Marke Fiat 127, Kennzeichen O ..., unbefugt in Gebrauch zu nehmen betreten hatte und ihn am Arm festhielt, um ihn der herbeigerufenen Gendarmerie zu übergeben, dadurch, daß er sich von ihm loßriß, wodurch B zu Boden fiel und sich eine Zerrung eines (des linken) Daumengrundgelenkes und eine Schürfwunde am linken Knie zuzog, fahrlässig am Körper verletzte (Punkt A 2. des Urteilssatzes). Vom weiteren Anklagevorwurf, mit dieser Tat idealkonkurrierend auch das Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB. dadurch begangen zu haben, daß er Gerhard B mit Gewalt zu einer Unterlassung, 'nämlich ihn bis zum Eintreffen der Gendarmerie festzuhalten', genötigt habe, wurde er gemäß § 259 Z. 3 StPO. freigesprochen.

Den Freispruch begründete das Schöffengericht zum einen damit, daß der Tatbestand der Nötigung nicht erfüllt sei, weil der Angeklagte sein Ziel, von dem ihn festhaltenden B freizukommen, durch eine einzige ruckartige Bewegung unter Umgehung der Willensphäre des B, der gar nicht dazukam, einen Entschluß zu fassen, direkt erreichte, und zum anderen (auch) mit fehlendem Unrechtsbewußtsein beim Angeklagten.

Die Staatsanwaltschaft bekämpft den Freispruch mit einer auf die Z. 5, 9 lit. a und b des § 281 Abs. 1 StPO.

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; der Angeklagte ließ das Urteil unangefochten.

Bereits die Rechtsrüge (Z. 9 lit. a), mit welcher die Beschwerdeführerin entgegen den erstgerichtlichen Urteilsannahmen die Verwirklichung des bezeichneten Vergehenstatbestandes darzutun versucht, versagt.

Des Vergehens nach § 105 Abs. 1 StGB. macht sich schuldig, wer einen anderen mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt. Nach den - auf die Verantwortung des Angeklagten und die damit im Einklang stehende Aussage des Zeugen Gerhard B gestützten - Konstatierungen des Schöffengerichts wurde der Angeklagte von B solcherart festgehalten, daß dieser den rechten Arm des Angeklagten zwischen seinem abgewinkelten Arm eingeklemmt hatte. Als Gerhard B dem Angeklagten in dieser Situation das Rauchen einer Zigarette gestattete, wobei auf das Festhalten des Beschwerdeführers gerichtete Konzentration B nachließ, nützte der Angeklagte dessen Unaufmerksamkeit aus, indem er sich, für B überraschend, aus dessen bereits gelockertem Erfassen am Arm befreite, ohne diesem dabei einen Stoß der Tritt zu versetzen (S. 206).

Ausgehend von diesen (mängelfrei begründeten) Konstatierungen fehlt es aber an der Anwendung von einiger, gegen die Person des B gerichteten Körperkraft, um einen in diesem Zeitpunkt der Flucht des Angeklagten noch entgegenstehenden Willen des Gerhard B durch Anwendung von Gewalt im Sinn des § 105 Abs. 1 StGB. zu beugen. Schon darum ist der Tatbestand des Vergehens nach § 105 Abs. 1 StGB. nicht erfüllt; mit der erfolgten Unterstellung des bezüglichen Tatgeschehens unter die Bestimmung des § 88 Abs. 1 StGB. wurde deren Unrechts- und Schuldgehalt zur Gänze erfaßt.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon aus diesen Erwägungen zu verwerfen, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.

In ihrer Berufung macht die Staatsanwaltschaft geltend, das Erstgericht habe die über den Angeklagten verhängte (Geld-) Strafe zufolge des Freispruchs vom Anklagevorwurf nach § 105 Abs. 1 StGB. wesentlich zu niedrig bemessen; unter Hinweis auf den für den Fall des von ihr angestrebten (weiteren) Schuldspruchs zum Tragen kommenden zusätzlichen Erschwerungsgrund strebt sie eine schuldangemessene Erhöhung der Strafe an.

Mit diesem Berufungsbegehren läßt die Staatsanwaltschaft indes außer Acht, daß der Angeklagte (bloß) wegen des eingangs bezeichneten Vergehens sowie wegen der Vergehen des Diebstahls und des versuchten Gebrauches von Fahrzeugen verurteilt wurde, weshalb die Berechtigung der Berufung auch nur unter dem Gesichtspunkt dieser und nicht auch eines allfälligen weiteren Schuldspruchs durch das Rechtsmittelgericht zu beurteilen ist. Entgegen der Bestimmung des § 295 Abs. 1 StPO. ist die Staatsanwaltschaft daher von urteilsfremden Annahmen ausgegangen, weshalb ihre Berufung als nicht gesetzmäßig ausgeführt, überdies aber auch unter dem Gesichtspunkt zurückgewiesen werden mußte, daß nur bedingungsweise ausgeführte Rechtsmittel unbeachtlich sind, weil nach den Verfahrensgesetzen grundsätzlich bedingte Prozeßhandlungen nicht vorgesehen und demzufolge unbeachtlich sind (vgl. SSt. 43/30).

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

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