OGH 7Ob652/85

OGH7Ob652/8521.11.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Warta und Dr.Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Anton HEINRICH, Rechtsanwalt, Judenburg, Burggasse 31, als Masseverwalter im Konkurs des Hans F***, Baumeister, Stainach, wider die beklagte Partei Elfriede F***, Hausfrau, Stainach 96, vertreten durch Dr.Alois Kitzmüller, Rechtsanwalt in Liezen, wegen restl. S 358.657,56 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 3.Juli 1985, GZ.2 R 116/85-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 10.Mai 1985, GZ.2 d Cg 5/84-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

"Es wird festgestellt, daß der schenkungsweise Erlaß der Schuld der Beklagten von S 358.657,56 durch den Gemeinschuldner Hans F*** als den Übernehmer dieser Schuld gegenüber den Gläubigern im Konkurs des Hans F*** unwirksam ist.

Das Mehrbegehren, die Beklagte sei schuldig, der klagenden Partei S 358.657,56 samt 4 % Zinsen seit 6.4.1982 zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens 1.Instanz und des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben."

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der am 5.3.1984 eingebrachten Klage begehrte der Kläger von der Beklagten die Zahlung von S 401.033,01 s.A. und brachte vor, Hans F*** und die Beklagte seien am 6.4.1982 Ehegatten gewesen und seien es auch heute noch. Die Beklagte habe der Bauunternehmung Brüder F*** KG, deren Komplementär Hans F*** gewesen sei, für Bauleistungen S 401.033,01 geschuldet. Hans F*** habe diese "Forderung" gegenüber der genannten Gesellschaft durch Umbuchung auf sein Privatkonto übernommen. Mit Notariatsakt vom 6.4.1982 habe Hans F*** die auf ihn übergegangene Forderung der Beklagten schenkungsweise erlassen. Mit Beschluß des Kreisgerichtes Leoben vom 7.6.1982 sei über das Vermögen sowohl der Bauunternehmung Brüder F*** KG als auch über jenes des Hans F*** das Ausgleichsverfahren und mit Beschluß des gleichen Gerichtes vom 29.6.1983 der Anschlußkonkurs eröffnet worden. Der Kläger fechte den schenkungsweisen Erlaß der "Forderung" als unentgeltliche Verfügung des Gemeinschuldners in den letzten zwei Jahren vor der Konkurseröffnung an; es handle sich bei dieser Verfügung weder um die Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung, noch um ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk oder um eine Verfügung in angemessener Höhe zu gemeinnützigen Zwecken, aus sittlicher Pflicht oder Rücksichten des Anstandes.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, sie habe der Bauunternehmung Brüder F*** KG am 6.4.1982 nicht S 401.033,01 sondern - auf Grund der Rechnungen vom 5.12.1980 und 31.3.1982 - nur S 358.657,56 geschuldet. Der Differenzbetrag beziehe sich nicht auf eine Forderung der Bauunternehmung Brüder F*** KG, sondern auf eine solche der Firma S*** KG, die nach wie vor unberichtigt sei. Der Kläger habe aber auch nicht Anspruch auf Zahlung von S 358.657,56. Hans F*** habe die Forderung der Bauunternehmung Brüder F*** KG nicht bezahlt, es sei nur eine Umbuchung vorgenommen worden. Die Forderung stehe daher weiterhin der Bauunternehmung Brüder F*** KG zu. Mit der Rechnung vom 5.12.1980 seien unter anderem Leistungen in Rechnung gestellt worden, die die Bauunternehmung Brüder F*** KG für die Beklagte bereits in der Zeit vom 11.8.1976 bis 9.1.1979 erbracht habe. Die auf diesen Zeitraum entfallenden Forderungen der Bauunternehmung - mit einem Gesamtbetrag von S 183.662,97 - seien am 6.4.1982 bereits verjährt gewesen.

In der Tagsatzung vom 16.11.1984 schränkte der Kläger sein Begehren auf Zahlung von S 358.657,56 s.A. ein (AS 67). Das Erstgericht wies das - eingeschränkte - Klagebegehren ab und traf folgende Feststellungen:

Im Jahr 1970 oder 1971 erhielt die Beklagte im Erbweg eine Liegenschaft, auf der sie im Jahre 1974 mit dem Bau eines Einfamilienhauses begann. Anläßlich dieses Hausbaues wurden von der Bauunternehmung Brüder F*** KG Arbeitsleistungen und Materiallieferungen für die Beklagte erbracht, wobei die entspechenden Aufträge jeweils der Ehegatte der Beklagten, Hans F***, erteilte. über die Leistungen in der Zeit vom 14.8.1976 bis 15.11.1979 wurde am 5.12.1980 eine Rechnung über S 236.485,53 gelegt, über jene in der Zeit vom 20.3.1981 bis 10.3.1982 am 31.3.1982 eine weitere über S 122.199,03. Als Hans F*** mit dem Steuerberater der Bauunternehmung darüber sprach, daß die Beklagte - die seit ihrer Eheschließung nur ausnahmsweise berufstätig war - nicht in der Lage sei, die Rechnungen zu berichtigen, riet ihm dieser, er möge "diese Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber seiner Ehefrau übernehmen und sodann die so auf ihn übergegangene Gesellschaftsforderung seiner Ehefrau mittels Notariatsaktes erlassen". Die Brüder des Hans F*** waren mit dieser Vorgangsweise einverstanden, und die Gesellschafter der Bauunternehmung faßten am 31.3.1982 folgenden Beschluß:

"Frau Elfriede F*** schuldet der Bauunternehmung Brüder F*** KG aus erbrachter Bauleistung beim Wohnhaus Wörschachwald einen Betrag von S 401.033,01. Die Gesellschafter der Bauunternehmung Brüder F*** KG, die Herren Dipl.Ing.Othmar F***, Dipl.Ing.Herbert F***, Dipl.Ing.Karl F*** und Hans F*** kommen überein, daß die Schuld der Frau Elfriede F*** aus erbrachter Bauleistung in Höhe von S 401.033,01 von Herrn Hans F*** übernommen wird und mit dessen persönlichem Privatkonto bei der Bauunternehmung Brüder F*** KG, deren Gesellschafter er ist, verrechnet wird. Die Verbindlichkeit von Frau Elfriede F*** ist somit durch die gegenständliche Vereinbarung getilgt. Die Herren Othmar F***, Herbert F*** und Karl F*** haben diesem Verrechnungsvorgang ihre ausdrückliche Zustimmung gegeben."

Am 6.4.1982 schlossen Hans F*** und die Beklagte einen Kauf- und Schenkungsvertrag in der Form eines Notariatsaktes, in dessen Punkt 11 es heißt:

"Frau Elfriede F*** schuldet der Bauunternehmung Brüder F*** KG mit dem Sitz in Stainach einen Betrag von S 401.033,01 für bisher ausgestellte Bauleistungsrechnungen für den Hausbau Wörschachwald. Herr Hans F*** hat diese Forderung durch Bezahlung über sein Privatkonto von der Bauunternehmung Brüder F*** - deren Gesellschafter er ist - übernommen und erläßt seiner Frau die gesamte Forderung hiemit im Schenkungswege und nimmt Frau Elfriede F*** diese Schenkung ihres Gatten unter einem vertraglich und dankend an. Herr Hans F*** verzichtet auf den einseitigen Widerruf dieses Rechtsgeschäftes".

Hans F*** hatte nie die Absicht, die durch den Gesellschafterbeschluß auf ihn übergegangene Forderung der Bauunternehmung durch Barzahlung zu berichtigen. Vereinbart war vielmehr, daß mit dem Forderungsbetrag nur sein bei der Gesellschaft bestehendes Privatkonto belastet werden sollte. Auf diesem Konto bestand am 6.4.1982 allerdings bereits eine Überschuldung von etwa S 200.000,--.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, die von Hans F*** mit Gesellschafterbeschluß vom 31.3.1982 "übernommene Forderung" gegen die Beklagte befinde sich mangels Vorliegens der für die Einlösung einer formell und materiell fremden Schuld primären Voraussetzung der Zahlung durch Hans F*** noch im Eigentum der Bauunternehmung Brüder F*** KG, sodaß Hans F*** nicht in der Lage gewesen sei, der Beklagten diese Forderung im Schenkungsweg zu erlassen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte dessen rechtliche Beurteilung.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und beantragt, es im klagestattgebenden Sinn abzuändern. Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Nach § 29 Z 1 KO sind anfechtbar in den letzten zwei Jahren vor der Konkurseröffnung vorgenommene unentgeltliche Verfügungen des Gemeinschuldners, soweit es sich nicht um die Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung, um gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke oder um Verfügungen in angemessener Höhe handelt, die zu gemeinnützigen Zwecken gemacht wurden oder durch die einer sittlichen Pflicht oder Rücksichten des Anstandes entsprochen worden ist.

Unentgeltlich ist eine Verfügung, wenn sie ein Vermögensopfer für den Gemeinschuldner bedeutet, für das dieser eine Gegenleistung als Entgelt nicht zu fordern hat oder bloß ein Scheinentgelt geleistet wird (Bartsch-Pollak, KO 3 187; SZ 56/30; JBl.1984,495), wenn darin - zumindest teilweise - ein Akt der Freigebigkeit gelegen ist (6 Ob 617/79 ua). Der schenkungsweise Nachlaß der übernommenen Schuld durch den Gemeinschuldner ist als unentgeltliche Verfügung im Sinne des § 29 Z 1 KO anfechtbar und gemäß § 27 KO den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam.

Im Ergebnis zu Recht haben die Vorinstanzen die Ansicht vertreten, daß der Kläger ein Leistungsbegehren derzeit nicht mit Erfolg zu stellen vermag. Dies allerdings nicht aus dem von ihnen angeführten Gründen. Es trifft keineswegs zu, daß die geltend gemachte Forderung nach wie vor der Bauunternehmung Brüder F*** KG gegen die Beklagte zustehe, wie das Erstgericht vermeint. Die Schuld wurde doch nach dem Inhalt des Gesellschafterbeschlusses vom 31.3.1982 von Hans F*** ausdrücklich mit privativer Wirkung übernommen. Der Oberste Gerichtshof stimmt auch nicht dem Berufungsgericht bei, daß ein Leistungsanspruch ("Regreßrecht") der klagenden Partei gegen die Beklagte deshalb nicht bestehe, weil eine Befriedigung des Gläubigers (der Bauunternehmung Brüder F*** KG) bisher nicht erfolgt sei, sodaß ein Übergang der Forderungsrechte auf Hans F*** gemäß den §§ 1358, 1422 ABGB noch nicht stattgefunden habe. Die genannten Bestimmungen sind auf den vorliegenden Fall der privativen Schuldübernahme durch Vereinbarung des Gläubigers mit einem Dritten (Neuschuldner) nicht anwendbar. § 1358 ABGB behandelt den Fall der Bezahlung einer fremden Schuld, für die der Zahlende persönlich oder mit bestimmten Vermögensstücken haftet, § 1422 ABGB die Bezahlung der Schuld eines anderen, für die der Zahlende nicht haftet. Eine fremde Schuld aber ist nach der privativen Schuldübernahme durch Hans F*** nicht mehr gegeben (vgl. Ohmeyer, Klang in Klang 2 VI 228 f sowie Gschnitzer in Klang 2 VI 395 ff). Ob die Beklagte der Konkursmasse Hans F*** zu zahlen hat, hängt ungeachtet der Anfechtbarkeit des unentgeltlichen Rechtsgeschäftes davon ab, ob ohne diese Schenkung ein Anspruch auf sofortige Zahlung (noch vor der Zahlung durch Hans F*** an die Gesellschaft) bestünde. Dafür ist kein Rechtsgrund erkennbar. Erst eine Zahlung des Hans F*** an die Gesellschaft würde jetzt, nach Wegfall der erfolgreich angefochtenen Schenkung, im Innenverhältnis zwischen Hans F*** und der Beklagten keinen Rechtsgrund mehr haben. Wenngleich nämlich schon im Gesellschafterbeschluß von einer durch die Schuldübernahme erfolgten Tilgung der Schuld der Beklagten gegenüber der Gesellschaft die Rede ist, kann der nachfolgende ausdrückliche schenkungsweise Erlaß der Schuld durch Hans F*** nicht anders verstanden werden, als daß auch die Beklagte mit dem vom Steuerberater angeregten Vorgang einverstanden war, sodaß der Gesellschafterbeschluß und der Notariatsakt als Einheit anzusehen sind, und erst die Schenkung durch den Ehemann den endgültigen Schulderlaß darstellen sollte. Bisher ist es zu einer Leistung des Hans F*** an die Bauunternehmung Brüder F*** KG jedoch nicht gekommen.

Zwar kann die Erfüllung nicht nur durch Zahlung, sondern auch durch Hinterlegung oder Aufrechnung bewirkt werden, außerdem ist - das Einverständnis mit dem Gläubiger vorausgesetzt - auch die Tilgung der Schuld im Wege der Hingabe an Zahlungs Statt zulässig. Einer Tilgung der Schuld der Beklagten durch Aufrechnung oder im Wege einer Hingabe an Zahlungs Statt kann es aber nicht gleichgehalten werden, daß die von Hans F*** übernommene Schuld "mit dessen persönlichem Privatkonto bei der Bauunternehmung Brüder F*** KG....verrechnet" wurde, das schon vor diesem Verrechnungsvorgang einen Passivstand von S 200.000,-- aufgewiesen hat. Von einer Forderung des Gemeinschuldners Hans F*** gegen die Gesellschaft, mit der die übernommene Schuld hätte aufgerechnet werden können, ist im Gesellschafterbeschluß vom 31.3.1982 keine Rede. Das Bestehen einer solchen Forderung wurde auch gar nicht behauptet. Es wurde in dem Beschluß aber auch nicht vorgesehen, daß Hans Fritz anstelle der Schuld der Beklagten etwas anderes hingibt. Zukünftige Leistungen des Hans F*** auf Grund der Schuldübernahme an die Bauunternehmung Brüder F*** KG können jedoch keinesfalls ausgeschlossen werden. Derartige Leistungen wären aber von der klagenden Partei rückforderbar, weil sie - wie oben ausgeführt - nach dem Wegfall der Schenkung im Innenverhältnis des Hans F*** zur Beklagten ohne Rechtsgrund erfolgen würden. Die Feststellung der Unwirksamkeit der Schenkung, die eine Voraussetzung für das vom Kläger gestellte Leistungsbegehren ist, wurde vom Kläger nicht begehrt. Sie war gleichwohl zu treffen, da sie ein Minus gegenüber dem Leistungsbegehren darstellt (SZ 54/180 ua) und ein rechtliches Interesse des Klägers daran besteht. Denn der Gemeinschuldner wird sich in dem Maß, in dem er im Konkurs über das Vermögen der Bauunternehmung Brüder F*** KG auf Grund der Schuldübernahme in Anspruch genommen wird, bei der Beklagten regressieren können, um die Befriedigung seiner Gläubiger zu verbessern.

Es war deshalb der Revision teilweise Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 43 Abs.1 bzw. § 43 Abs.1, § 50 ZPO Das im Leistungsbegehren enthaltene erfolgreiche Feststellungsbegehren rechtfertigt die gegenseitige Kostenaufhebung.

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