Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.199,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 247,20 Umsatzsteuer und S 480,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte war früher Mieterin einer Wohnung im Hause der klagenden Partei in der Achaz Willingerstraße 25/II, 4020 Linz, die am 12.10.1980 zwangsweise geräumt wurde.
Die klagende Partei begehrte von der Beklagten den Ersatz der Aufwendungen von zuletzt S 18.549,68 s.A. zur Instandsetzung der genannten Wohnung für den Nachmieter.
Die Beklagte wendete ein, die Aufwendungen seien nicht erforderlich gewesen, weil sie die Wohnung in ordnungsgemäßem Zustand übergeben habe. Überdies wende sie die Forderung auf Rückzahlung zu viel geleisteter Mietzinse und Betriebskosten und des aufzuwertenden Baukostenzuschusses bis zur Höhe der eingeklagten Forderung zur Aufrechnung ein.
Bei der auf den 11.4.1984 anberaumten Verhandlungstagsatzung erschienen die Parteien nicht, so daß Ruhen des Verfahrens eintrat (AS 142).
Erst mit dem am 19.9.1984 eingelangten Schriftsatz ON 26 beantragte die klagende Partei die Fortsetzung des Verfahrens, ohne darin Gründe anzuführen, weshalb der Antrag nicht schon unmittelbar nach Ablauf der gesetzlichen Ruhensfrist (am 11.7.1984) gestellt wurde.
In der Verhandlungstagsatzung am 18.10.1984 (ON 28), in der die klagende Partei das Vorbringen zum Fortsetzungsantrag vortrug (AS 147), wendeten die Beklagten unter anderem Verjährung der eingeklagten Forderung ein, weil der Fortsetzungsantrag erst zwei Monate nach Ablauf der Ruhensfrist gestellt und die Verjährung somit nicht unterbrochen worden sei (AS 147 f). Die klagende Partei hat die Verjährungseinwendung ohne weiteres Vorbringen bestritten. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren - ohne dreigliedrigen Spruch - mit dem Betrag von S 18.549,68 samt Anhang statt und wies das Mehrbegehren von S 14.539,71 samt Zinsen ab. Es stellte im wesentlichen fest, die Beklagte habe die Wohnung derart vernachlässigt, daß diese nach der zwangsweisen Räumung nicht hätte weitervermietet weden können, wenn nicht umfangreiche Adaptierungsarbeiten durchgeführt worden wären; die hiefür aufgewendeten Kosten hätten S 28.838,32, jene für die zwangsweise Räumung S 22.026,38 betragen. Ziehe man hievon den zurückzuzahlenden Teil des Baukostenzuschusses von S 25.845 sowie die zuviel bezahlten Kosten für Heizung und Warmwasser und den Mietzins für November 1981 im Gesamtbetrag von S 2.674 ab, ergebe sich daraus der zugesprochene Betrag.
Das Gericht zweiter Instanz wies das Klagebegehren in Stattgebung der Berufungen beider Parteien mit dem Betrag von S 18.549,68 s.A. ab und hob den Ausspruch über die Abweisung des Mehrbegehrens von S 14.539,71 s.A. ersatzlos auf; die Revision ließ es nicht zu. Es führte - soweit für die Erledigung der Revision von Bedeutung - aus, die Klage sei innerhalb der Präklusivfrist des § 1111 ABGB eingebracht worden, doch habe die klagende Partei erst mehr als zwei Monate nach Ablauf der Ruhensfrist die Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Nach herrschender Rechtsprechung sei § 1497 ABGB zwar analog auf die Präklusivfristen anzuwenden, doch gebiete die Strenge dieser Fristen, daß auch die Voraussetzungen für die Hemmung streng zu prüfen seien. Maßgeblich seien die Gründe für die Untätigkeit, die der Kläger zu behaupten und zu beweisen habe. Er habe die gesetzliche Ruhensfrist keineswegs geringfügig überschritten, vor allem wenn man einen strengen Maßstab anlege. Da nicht ersichtlich sei, welche Gründe die Fristüberschreitung veranlaßt hätten, sei der Anspruch durch Präklusion erloschen.Soweit sich das Klagebegehren auf die Kostennorm des § 74 EO stütze (Delogierungskosten), spiele die Frage, daß es sich hiebei um Exekutionskosten handle, für die Zulässigkeit des Rechtswegs keine Rolle, weil die klagende Partei nur den Saldo eingeklagt habe, der sich aus der gemäß § 1416 ABGB vorgenommenen Verrechnung der gegenseitigen Forderungen ergebe. Da die Kostenforderung getilgt sei, betreffe der geltend gemachte Saldo allein Schadenersatzansprüche nach § 1111 ABGB.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes von der klagenden Partei erhobene außerordentliche Revision ist zwar zulässig, weil zur Frage, ob die im § 1111 ABGB bestimmte Frist gewahrt bleibe, wenn innerhalb dieser Frist geklagt wird, dann aber Ruhen des Verfahrens eintritt und der Kläger den Fortsetzungsantrag erst mehr als zwei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Ruhensfrist stellt, in diese Frist jedoch die gesamten Gerichtsferien fallen, keine Rechtsprechung besteht; die Revision ist aber nicht berechtigt. Das Berufungsgericht hat die Frist des § 1111 ABGB in Befolgung
der vom erkennenden Senat in SZ 56/103 = JBl 1984, 489 = EvBl.1984/2
= MietSlg.35.210/17 mit eingehender Begründung ausgesprochenen
Rechtsauffassung zutreffend als Ausschlußfrist beurteilt (so auch 6 Ob 557/85; 1 Ob 510/85). Auf solche Fristen hat die neuere Rechtsprechung (SZ 49/106 zu § 34 AngG; SZ 45/80 zu § 43 Abs.2 KO u. a.; vgl. auch SZ 56/103), vom Schrifttum (Koziol-Welser, Grundriß 7 I 173; Schubert in Rummel, ABGB, § 1451 Rdz 5; Koziol in Anm zu ZAS 1976/6) gebilligt, die Verjährungsvorschriften, vor allem § 1497 ABGB, analog angewendet. Ob und inwieweit die Verjährungsvorschriften auf Präklusivfristen anzuwenden sind, hat sich insbesondere am Zweck der gesetzlichen Vorschrift zu orientieren. Zweck des § 1111 ABGB ist es, die Ansprüche des Bestandgebers nach Rückstellung des Bestandgegenstandes möglichst rasch einer Klärung zuzuführen (SZ 56/103). Schon deshalb ist die analoge Anwendung des § 1497 ABGB, der den Kläger nicht bloß zur rechtzeitigen Einbringung der Klage, sondern auch zur gehörigen Fortsetzung des Verfahrens nötigt, auf die Frist des § 1111 ABGB geboten (so auch 1 Ob 510/85).
Eine Ruhensvereinbarung benimmt der Klageführung jedenfalls dann nicht die Unterbrechungswirkung, wenn während des Ruhens außergerichtliche Vergleichsgespräche geführt werden; die Verjährung bzw. der Rechtsverlust infolge Fristablaufes tritt nicht ein, wenn sofort nach Ablauf der Ruhensfrist oder - sofern die Vergleichsverhandlungen darüber hinaus andauerten - unverzüglich, also ohne unnötigen Aufschub, die Fortsetzung des Verfahrens begehrt wird. Da im vorliegenden Fall das Ruhen am 11.4.1984 eingetreten war, hätte die klagende Partei schon am 12.7.1984, also noch vor Beginn der Gerichtsferien, einen Fortsetzungsantrag stellen können; tatsächlich langte ein solcher Antrag aber erst am 19.9.1984, somit nahezu einen Monat nach Beendigung der Gerichtsferien, beim Erstgericht ein. Die klagende Partei hat weder im Fortsetzungsantrag noch später und nicht einmal, nachdem die Beklagte "Verjährung" eingewendet hatte, Gründe vorgetragen, weshalb der Fortsetzungsantrag nicht schon habe früher gestellt werden können. Beruft sich die beklagte Partei auf die Verjährung (bzw. den Rechtsverlust) wegen nichtgehöriger Fortsetzung des Verfahrens, ist es Sache der klagenden Partei, beachtliche Gründe für ihre Untätigkeit darzutun (JBl.1980, 98 mwN uva; Schubert a.a.O. § 1497 Rdz 10); von Amts wegen sind solche Gründe nicht zu erheben (SZ 52/30 u.v.a.). Erstmals in der Revision verweist die klagende Partei darauf, der Stillstand des Verfahrens sei zu einer weiteren Prüfung der Frage, ob und wann die Beklagte einen Baukostenzuschuß geleistet habe, "genützt" worden. Abgesehen davon, daß aus dem Vorbringen nicht erkennbar ist, weshalb eine solche Prüfung nicht auch während des in Gang befindlichen Verfahrens hätte vorgenommen werden können, ist dieses Vorbringen als Neuerung unbeachtlich. Unterstellt man als Zweck der verhältnismäßig kurzen Präklusivfrist die Nötigung des Bestandgebers, Ansprüche aus der Rückstellung der Bestandsache unverzüglich zu klären, so ist - wie das Berufungsgericht richtig erkannte - an die gehörige Fortsetzung des Verfahrens als Voraussetzung für die Fristunterbrechung ein strenger Maßstab anzulegen. Die klagende Partei hätte demnach, wenn die Parteien das Ruhen zur gegenseitigen Abklärung von Ansprüchen nützen wollten, in Anbetracht des Zweckes der Klagebefristung unverzüglich einen Fortsetzungsantrag stellen müssen, weil - wovon mangels anders lautender Behauptungen auszugehen ist - besondere Gründe für eine Verzögerung des Fortsetzungsantrages nicht gegeben waren. Auch von einer bloß geringfügigen Verzögerung kann bei Zuwarten mit dem Fortsetzungsantrag durch mehr als zwei Monate im Rahmen einer bei Präklusivfristen gebotenen strengen Prüfung nicht die Rede sein. Daß die Gerichtsferien zur Gänze in die Verzögerung fallen, bildet ebenfalls keinen zureichenden Grund für die Duldung des Zuwartens, weil das Gericht bei unverzüglicher Antragstellung noch vor den Gerichtsferien entsprechende Verfügungen hätte treffen können. Überdies müssen die Gründe für die Untätigkeit im Verhältnis zwischen den Parteien gelegen sein (JBl.1983, 148 u.a.). Da das Berufungsgericht in der Säumnis der klagenden Partei zu Recht keine gehörige Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 1497 ABGB erblickte, mußte der Revision ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)