Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den erst- bis achtbeklagten Parteien die mit S 9.338,18 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger ist nach seiner Behauptung Mitglied der Landesgruppe Wien des L M (N) sowie Obmann der Bezirksgruppe Wieden des N und damit Mitglied der Bezirksgruppenleitung dieser Bezirksgruppe. Die neuntbeklagte Partei ist der N. Die Erst- bis Achtbeklagten sind nach den Klagsbehauptungen Mitglieder des Landesgruppenvorstandes der Landesgruppe Wien der neuntbeklagten Partei.
Der Kläger begehrt mit seiner Klage, den von den Erst- bis Achtbeklagten am 3.4.1984 (richtig offenbar: 2.4.1984) gefaßten Beschluß, das Wahlergebnis der am 12.3.1984 stattgefundenen Hauptversammlung der Bezirksgruppe Wieden für nichtig zu erklären und aufzuheben, sowie den am 4.6.1984 von den Erst- bis Achtbeklagten gefaßten Beschluß auf Wiederholung der Bezirksgruppenhauptversammlung zur Neuwahl der vorgenannten Bezirksgruppenleitung sowie auf Einberufung der Bezirksgruppenhauptversammlung für den 25.6.1984 ebenfalls aufzuheben. Der Kläger begehrt schließlich, allen beklagten Parteien die Abhaltung der Bezirksgruppenhauptversammlung am 25.6.1984 oder zu einem späteren Termin 'zu untersagen.'
Zur Sicherung des letztgenannten Unterlassungsbegehrens beantragte der Kläger, den Erst- bis Achtbeklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, die für den 25.6.1984 einberufene Bezirksgruppenhauptversammlung abzuhalten. Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Das Rekursgericht wies die von allen 9 Beklagten gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurse im Hinblick darauf, daß schon zur Zeit der Einbringung der Rechtsmittel der Termin der zu verbietenden Versammlung verstrichen gewesen sei, mangels Beschwer zurück; die neuntbeklagte Partei sei schon deshalb nicht beschwert, weil sich die einstweilige Verfügung nur gegen die Erst- bis Achtbeklagten richte. Der Oberste Gerichtshof hob diese Entscheidung auf und trug dem Rekursgericht die Fällung einer Sachentscheidung über die von den Erst- bis Achtbeklagten erhobenen Rekurse auf.
Mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es den Sicherungsantrag abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteige; der Revisionsrekurs sei zulässig. Die Rechtsauffassung des Rekursgerichtes läßt sich dahin zusammenfassen, daß das Verhalten der Organe eines Vereins dem betreffenden Verein zuzurechnen sei, wenn diese auf Grund des Statuts für ihn tätig werden. Nach dem Klagevorbringen seien die Erst- bis Achtbeklagten als Mitglieder des Landesgruppenvorstandes und demnach auf Grund des Statuts eines Vereins tätig geworden, so daß ihr Verhalten dem Verein, als dessen Organwalter sie tätig geworden seien, zugerechnet werden müsse. Das Klagebegehren müßte sich daher gegen den Verein und nicht gegen dessen Organwalter richten. In diesem Zusammenhang sei es gleichgültig, ob die erwähnte Landesgruppe Rechtspersönlichkeit besitze; das Verhalten der Beklagten wäre entweder der Landesgruppe oder der neuntbeklagten Partei zuzurechnen. Die Erst- bis Achtbeklagten seien daher in keinem Fall passiv legitimiert.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem auf die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzielenden Abänderungsantrag.
Die Erst- bis Achtbeklagten beantragen, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig - die entscheidungswesentliche Frage der Passivlegitimation von Organwaltern eines Vereinsorgans für deliktisches (statutenwidriges) Verhalten ist mangels Vorliegens einer diesbezüglichen gesicherten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eine Frage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO -; er ist aber nicht berechtigt.
Nach dem Klagevorbringen hat der Landesgruppenvorstand der Landesgruppe Wien des N einer bei ihm eingebrachten Anfechtung der Wahl der Bezirksgruppenleitung Wieden Folge gegeben, die Wahl für nichtig erklärt und den Kläger aufgefordert, eine neue Bezirksgruppenhauptversammlung zum Zwecke der Neuwahl der Bezirksgruppenleitung einzuberufen. Der Kläger vertritt die Auffassung, daß dieser Beschluß des Landesgruppenvorstandes mit den Statuten nicht in Einklang stehe; die Beklagten vertreten die gegenteilige Auffassung. Nach dem Klagevorbringen sind die Erst- bis Achtbeklagten bei der Fassung des bekämpften Vorstandsbeschlusses in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des vorerwähnten Landesgruppenvorstandes tätig geworden. Daß diese Tätigkeit in formeller Hinsicht etwa nicht im Rahmen des Statuts erfolgt sei (so in dem der Entscheidung 5 Ob 550/78 zugrunde liegenden Fall, in dem sich die dortigen Beklagten eine Organstellung angemaßt hatten), wird vom Kläger nicht behauptet. Er vertritt lediglich die Auffassung, daß der Inhalt des Beschlusses des Landesgruppenvorstands durch die Bestimmungen des Statuts nicht gedeckt und daher materiell unrichtig sei. Er wirft den Erst- bis Achtbeklagten damit ein inhaltlich rechtswidriges Verhalten vor. Das Verhalten eines Organs ist aber dem Verein zuzurechnen, wenn es als Organ gehandelt und eine im Statut vorgesehene Handlung oder Unterlassung begangen hat. Es genügt für die Zurechenbarkeit, daß das Verhalten im Statut irgendwie bestimmt wird. Diese Zurechenbarkeit ist nicht auf ein (inhaltlich) rechtmäßiges Verhalten bschränkt; es kann auch rechtswidrig gewesen sein. Entscheidend ist, daß der Verein die betreffende Tätigkeit durch seine Organe entfaltet (Fessler-Kölbl, Österreichisches Vereinsrecht 5 , 137 ff).
Diese Voraussetzungen einer dem Verein zuzurechnenden Tätigkeit liegen nach dem Klagevorbringen vor, weil die Erst- bis Achtbeklagten als Mitglieder des Landesgruppenvorstandes den bekämpften Vorstandsbeschluß im Rahmen des Statuts gefaßt haben. Ob dieser Beschluß inhaltlich richtig ist, vermag daran nichts zu ändern, daß diese Tätigkeit nach den oben angestellten Erwägungen dem Verein zuzurechnen ist.
Der Kläger hat aber auch weder behauptet noch bescheinigt, daß die Erst- bis Achtbeklagten selbst in Schädigungsabsicht gehandelt oder dem erwähnten Beschluß eine geradezu unvertretbare Rechtsansicht zugrundegelegt hätten. Eine persönliche Haftung für deliktisches Verhalten ist zwar auch für Vereinsorgane grundsätzlich zu bejahen (vgl.Rummel in Strasser-FS 829; ferner SZ 53/73). Die bloß behauptete objektiv unrichtige Auslegung der Statuten durch die Erst- bis Achtbeklagten wäre zwar ein inhaltlich rechtswidriges, aber noch kein deliktisches Verhalten. Selbst ein solches könnte überdies nur zu einer Schadenersatzpflicht führen, nicht aber dazu, daß die Organe für die Erfüllung bestimmter statutarischer Unterlassungspflichten des Vereins persönlich einzustehen hätten. Eine Haftung der Erst- bis Achtbeklagten aus Vertrag kommt nicht in Betracht, weil vertragliche Beziehungen nur zwischen den Mitgliedern und dem Verein, nicht aber zwischen dessen Organen und den Mitgliedern bestehen.
Den Erst- bis Achtbeklagten fehlt demnach entgegen der Meinung des Klägers die Passivlegitimation, sodaß das Rekursgericht den Sicherungsantrag im Ergebnis mit Recht aus diesem Grund abgewiesen hat.
Die Kostenentscheidung ist in den § 78 und 402 EO,
41, 50 und 52 ZPO begründet.
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