Normen
GesmbHG §20
GesmbHG §25
GesmbHG §40
GesmbHG §20
GesmbHG §25
GesmbHG §40
Spruch:
Von der deliktischen Haftung abgesehen haften die Geschäftsführer der Gesellschaft mbH für die Verletzung ihrer Obliegenheiten, wenn das Gesetz nicht ausdrücklich anders bestimmt, nur der Gesellschaft gegenüber. Der Anspruch der Gesellschafter auf Mitteilung des Inhaltes der in einer Generalversammlung gefaßten Beschlüsse (§ 40 Abs. 2 GmbHG) besteht daher gegen die Gesellschaft
OGH 30. April 1980, 6 Ob 585/80 (OLG Wien 1 R 222/79; HG Wien 29 Cg 154/79)
Text
Der Kläger ist mit einer Stammeinlage von 12 000 S, das sind 12% des Stammkapitals, Gesellschafter der Firma M GesmbH, deren Geschäftsführer die beiden Beklagten sind. Am 7. Dezember 1978 fand in der Kanzlei des Rechtsanwaltes Dr. Hans R eine außerordentliche Generalversammlung statt, bei der der Rechnungsabschluß für das Geschäftsjahr vom 1. April 1976 bis 31. März 1977 genehmigt und die Anträge des Klägers auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Firma und auf Abberufung der Geschäftsführer der Gesellschaft abgelehnt wurden. Über diese Generalversammlung wurde vom Notar Dr. Othmar R ein Protokoll aufgenommen und von diesem eine - von den Geschäftsführern nicht unterfertigte - beglaubigte Abschrift des Protokolls an den Kläger übersandt.
Der Kläger begehrte mit der vorliegenden Klage, die Beklagten schuldig zu erkennen, ihm eine von ihnen unterfertigte Abschrift des Inhaltes der in der Generalversammlung vom 7. Dezember 1978 gefaßten Beschlüsse unter Angabe des Tages der Eintragung dieser Beschlüsse in das Protokollbuch der Firma M GesmbH zu übersenden. Er behauptete, noch nicht im Besitz einer von den Beklagten unterfertigten Abschrift der in der Generalversammlung vom 7. Dezember 1978 gefaßten Beschlüsse zu sein, obgleich ihm eine solche Abschrift ohne Verzug zuzusenden gewesen wäre.
Die Beklagten beantragten Abweisung des Klagebegehrens. Sie behaupteten, ein über die Zusendung der notariell beglaubigten Abschrift des Protokolls über die Generalversammlung hinausgehender Anspruch stehe dem Kläger nicht zu. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch sei im übrigen im ordentlichen Rechtsweg nicht durchsetzbar.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. § 40 Abs. 1 GmbHG bestimme, daß die Beschlüsse der Generalversammlung ohne Verzug in ein besonderes Protokollbuch einzutragen seien. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen sei jedem Gesellschafter nach Abhaltung der Generalversammlung der Inhalt der gefaßten Beschlüsse unter Angabe des Tages der Eintragung derselben in das Protokollbuch in einer von den Geschäftsführern unterzeichneten Abschrift mittels rekommandierten Schreibens zuzusenden. Bei diesen Bestimmungen handle es sich nicht um bloße Ordnungsvorschriften. Sie dienten vor allem dem Schutz der Gesellschafter. Für die Unzulässigkeit des Rechtsweges finde sich kein Anhaltspunkt. Das Klagebegehren sei schlüssig, bestimmt und, wie sich aus § 354 EO ergebe, auch vollstreckbar.
Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 2000 S übersteigt, folgte der Ansicht des Erstgerichtes über die Zulässigkeit des Rechtsweges und führte im übrigen in rechtlicher Hinsicht aus: Ob ein Verstoß gegen die im Gesetz zwingend vorgeschriebene Führung des Protokollbuches und die Zusendung von Abschriften einen klagbaren Anspruch des Gesellschafters oder nur eine Haftung der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft begrunde, sei umstritten. Selbst wenn man entgegen Gellis, Kommentar zum GmbHG, 140, einen klagbaren Anspruch des Gesellschafters bejahen wollte, müßte jedenfalls ein direkter Anspruch des Gesellschafters gegen jene Organe der Gesellschaft, welchen die unmittelbare Vornahme der begehrten Leistung nach der Gliederung der Gesellschaft obliege, verneint werden. Der Gesellschafter müßte sich jedenfalls an die Gesellschaft selbst halten. Die beklagten Geschäftsführer der Gesellschaft seien daher nicht passiv legitimiert. Das Klagebegehren wäre aber selbst dann abzuweisen, wenn man von dieser grundsätzlichen Verneinung des Anspruches gegen die Geschäftsführer absäe. Der Sinn der Bestimmung des § 40 Abs. 2 GmbHG liege zweifellos in der Information des Gesellschafters über die für die Gesellschaft relevanten Beschlußfassungen. Diese Information sei schon durch die Übersendung einer beglaubigten Abschrift des Generalversammlungsprotokolles an den Kläger erfolgt. Die im Gesetz vorgesehene Unterfertigung dieser Mitteilung durch die Geschäftsführer stelle eine bloße Ordnungsvorschrift dar, deren Verletzung keinen Rechtsanspruch des Klägers begrunden könne. Hinsichtlich der Angabe des Tages der Eintragung der Beschlüsse in das Protokollbuch sei grundsätzlich davon auszugehen, daß die im § 41 GmbHG normierte Klagefrist von der Zusendung einer Abschrift im Sinne des § 40 Abs. 2 GmbHG unabhängig sei. Der Kläger habe im übrigen gar nicht behauptet, daß von der Gesellschaft ein Protokollbuch geführt werde. Werde aber kein Protokollbuch geführt oder unterbleibe die Eintragung der Beschlüsse in dieses, beginne die Frist des § 41 GmbHG gar nicht zu laufen, unabhängig davon, ob und wann der Klageberechtigte von dem Beschluß Kenntnis erlangt habe. Die Klage könne jedenfalls unabhängig davon und auch vor der Eintragung im Protokollbuch angebracht werden.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Auf das von den Beklagten in erster Instanz behauptete Prozeßhindernis der Unzulässigkeit des Rechtsweges kann von Amts wegen nicht mehr eingegangen werden, weil beide Vorinstanzen das Vorliegen dieses Prozeßhindernisses, wenn auch bloß in den Gründen, verneinten und daher eine bindende Entscheidung darüber einer weiteren Prüfung dieser Frage entgegensteht (SZ 43/121; ZfRV 1977, 302 mit zustimmender Anmerkung von Hoyer u.v.a.).
Der Kläger führt aus, im gegenständlichen Fall würden nicht Rechte des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft begrundet, es bestehe vielmehr eine klare Verpflichtung des Geschäftsführers, die von diesem zu erfüllen sei. Die vom Berufungsgericht hergestellte Analogie mit der Bestimmung des § 22 GmbHG könne auf den vorliegenden Fall nicht angewendet und die Entscheidung SZ 6/120 daher nicht herangezogen werden. Es erscheine völlig klar, daß eine vom Geschäftsführer zu erfüllende Verpflichtung nur diesem gegenüber geltend gemacht werden könne und nicht der Gesellschaft gegenüber.
Der vom Kläger behauptete Unterschied in den Bestimmungen des § 22 und des § 40 GmbHG besteht nicht. In beiden Gesetzesstellen ist nicht gesagt, wen die Verpflichtung zur Zusendung der Abschrift des Rechnungsabschlusses bzw. der Abschrift des Inhaltes der in der Generalversammlung gefaßten Beschlüsse trifft. Im § 22 GmbHG wird bestimmt, daß die Geschäftsführer den Rechnungsabschluß aufzustellen haben. Gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG ist die dem Gesellschafter zu übersendende Abschrift über den Inhalt der in der Generalversammlung gefaßten Beschlüsse von den Geschäftsführern zu unterzeichnen. Daß die juristische Person nicht selbst, sondern nur durch ihre Organe handeln kann, ändert nichts daran, daß sie die Trägerin von Rechten und Pflichten ist und die Organe die Angelegenheiten der Gesellschaft und nicht eigene Angelegenheiten besorgen. Die Geschäftsführer haften für die Verletzung ihrer Obliegenheiten in der Regel (sofern das Gesetz nicht selbst eine ausdrückliche gegenteilige Bestimmung enthält, und von der deliktischen Haftung abgesehen) lediglich der Gesellschaft gegenüber (vgl. Torggler, Die Rechtsstellung des GmbH-Geschäftsführers, GesRZ 1974, 47 f.).
Das Berufungsgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, daß die Geschäftsführer der Gesellschaft mit beschränkter Haftung für den mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Anspruch passiv nicht legitimiert sind.
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