OGH 12Os135/85

OGH12Os135/8510.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Oktober 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof.Dr. Steininger, Dr. Hörburger (Berichterstatter) und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zimmermann als Schriftführer in der Strafsache gegen Anton A wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen (schweren) Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 27. Juni 1985, GZ 19 Vr 575/85-35, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Karollus, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten sowie des Verteidigers zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt A I 2 a), d) und g) des Urteilssatzes, ferner gemäß § 290 Abs. 1 StPO auch im Schuldspruch zu Punkt A I 1 a) bis c) und A I 2 b), c), e) und f) sowie 3 und 4 des Urteilssatzes und damit in der rechtlichen Beurteilung der Betrugsstraftaten zu Punkt A des Urteilssatzes als schwerer Betrug nach § 147 Abs. 3 StGB sowie gleichfalls gemäß § 290 Abs. 1 StPO in der Unterstellung der Taten zu Punkt A des Urteilssatzes unter den zweiten Fall des § 148 StGB sowie demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 24. Juni 1961 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Anton A (zu A) des Verbrechens des gewerbsmäßigen (schweren) Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB, (zu B) des Verbrechens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB und (zu C) des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er unter anderem

A) Mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der von ihm getäuschten

Personen sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, welche diese (oder andere) in einem 100.000 S übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar

I) Beamte von Bezirksverwaltungsbehörden durch unwahre Angaben

über seine persönlichen Verhältnisse zur Gewährung von Sozialhilfeleistungen durch Auszahlung von Bargeld in Höhe von insgesamt 47.500 S, wodurch das Land Vorarlberg am Vermögen geschädigt wurde, wobei er die Tat beging, indem er in den Fällen der Fakten 2) b) sowie 3) und 4) zur Täuschung eine falsche Urkunde benützte, und zwar

1) in Bregenz Beamte der dortigen Bezirkshauptmannschaft

a) am 20. Juni 1984 durch die unrichtige Angabe, er sei seit dem 30. April 1984 arbeitslos und er müsse die Frau und ein Kind ernähren, 3.000 S;

b) am 28. Juni 1984 mit der falschen Behauptung, er müsse für seine Frau und ein Kind aufkommen, 1.500 S;

c) am 7. Feber 1984 mit der unrichtigen Behauptung, er brauche das Geld auch für den Unterhalt seiner Gattin und seines Kindes, 5.000 S;

  1. 2) in Dornbirn Beamte der dortigen Bezirkshauptmannschaft mit der falschen Vorgabe, sich die Sozialhilfeleistungen, um die er ansuchte. Sogleich nach Erlangung eines Arbeitsplatzes und somit eines Einkommens von diesem in Abzug bringen zu lassen, und zwar
    1. a) am 25. April 1984 1.000 S;
    2. b) am 29. August 1984 unter der weiter unrichtigen Angabe,

      für seine Gattin und ein 1 1/2-jähriges Kind sorgen und für die Wohnung eine Miete in Höhe von 5.973 S bezahlen zu müssen, wobei er eine handschriftliche, von ihm mit dem weiteren Namen Herbert B unterfertigte

      Vereinbarung vom 29. August 1984 falschen Inhaltes vorlegte, 6.000 S;

      c) am 3. September 1984 mit der weiteren unrichtigen Behauptung, für seine Gattin und ein 1 1/2-jähriges Kind sorgen zu müssen, 3.500 S;

    1. d) am 12. September 1984 2.500 S;
    2. e) am 28. September 1984 mit der weiter unrichtigen

      Behauptung, für seine Gattin und ein Kleinkind aufkommen zu müssen, 2.000 S;

      f) am 2. Oktober 1984 mit der weiteren unrichtigen Behauptung, für die Wohnungsmiete 6.000 S bezahlen zu müssen, 6.000 S;

      g) am 4. Oktober 1984 2.000 S;

      3) am 19. November 1984 in Feldkirch einen Beamten der dortigen Bezirkshauptmannschaft unter Vorlage einer von ihm selbst geschriebenen und mit H. B unterfertigten Bestätigung mit dem unrichtigen Inhalt, daß er in Feldkirch, Engelseestraße 9, eine Wohnung um monatlich 3.500 S zuzüglich Betriebskosten von 1.500 S gemietet habe, 6.000 S;

      4) am 20. November 1984 in Bludenz einen Beamten der dortigen Bezirkshauptmannschaft mit der unrichtigen Behauptung, er komme aus dem Iran, wo er einen schweren Verkehrsunfall gehabt habe, er müsse für seine Frau und ein Kind aufkommen und unter Vorlage einer selbst geschriebenen Bestätigung mit dem falschen Inhalt in Bludenz mit ihr seit 15. Juli 1984 eine Wohnung um monatlich 3.500 S zuzüglich 1.500 S Betriebskosten gemietet zu haben, 8.000 S;

      ..........

      III) am 25. Jänner 1985 in Dornbirn Angestellte der Firma Funkberater C unter der Vorgabe, ein zahlungswilliger und zahlungsfähiger Käufer zu sein, zur Ausfolgung eines Farbfernsehgeräts im Wert von 17.500 S zum Nachteil der Firma Funkberater C;

      IV) am 19. Jänner 1985 in Bregenz Angestellte der Firma Jürgen

      D KG unter der Vorgabe ein zahlungswilliger und

      zahlungsfähiger Käufer zu sein, zur Lieferung einer Sitzgruppe im Wert von 11.970 S zum Schaden der Firma Jürgen D KG;

      V) am 28. Februar 1985 in Bregenz Angestellte der Firma K***

      durch die unwahre Angabe, die betreffende Wohnung noch einmal besichtigen zu wollen, zur Ausfolgung der Wohnungsschlüssel, um sich anschließend in dieser Wohnung einzuquartieren, wodurch die Firma K*** um die Miete in Höhe von 3.500 S und Betriebskosten in Höhe von 1.550 S geschädigt wurde;

..........

VIII) am 25., 26. und 27. Jänner 1984 in Dornbirn den

Angestellten Dietmar H*** der E F

unter der Vorgabe, sich als Frächter selbständig zu machen und

für den Ankauf eines Anhängers Geld zu benötigen, zur Auszahlung

von Bargeldbeträgen in Höhe von insgesamt 11.800 S zum Nachteil

der E F, wobei er die zu Punkt A)

angeführten strafbaren Handlungen in der Absicht vorgenommen

hat, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende

Einnahme zu verschaffen;

.........

C) in der Zeit vom 22. Februar bis 9. März 1985 in Vorarlberg

und Tirol ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich den PKW Marke Toyota Corolla des Johann G, ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen.

Mit seiner auf die Z 4, 5, 9 lit. a, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte das Urteil in den Punkten A/I/2/a, d und g, A/III, A/IV, A/V, A/VIII und C des Schuldspruches sowie in den Aussprüchen, daß der Schaden bei den Betrügereien 100.000 S überstiegen und er die betreffenden strafbaren Handlungen in der Absicht vorgenommen habe, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, sohin in der rechtlichen Beurteilung nach den §§ 147 Abs. 3 und 148 zweiter Fall StGB, und im - mittlerweile im Sinne des Beschwerdevorbringens berichtigten - Ausspruch über die Vorhaftanrechnung.

Rechtliche Beurteilung

Im Zusammenhang mit den Betrugsfakten ist dem Beschwerdeführer darin beizupflichten, daß einem im Akt erliegenden - in der Hauptverhandlung offenbar nicht verlesenen (Seiten 296 und 330 d. A.) - Schreiben der Zweigniederlassung Dornbirn des ÖSTERREICHISCHEN H (ON 14) zufolge dort keine

Kreditschuld des Angeklagten aufscheint. Das Gericht stützte die bekämpfte anderslautende Feststellung auf die vom Angeklagten selbst erstattete Aufstellung (Seite 59 und 63 d.A.), in welcher er (unter anderem) eine Kreditschuld in Höhe von 56.830 S anführt, wobei er allerdings als Gläubiger das ÖSTERREICHISCHE I nannte. Ob diese Schuld gegenüber diesem Institut oder gegenüber einer anderen Bank besteht, ist aber im gegebenen Zusammenhang ohne Relevanz. Davon abgesehen kommt in Anbetracht der im Urteil sonst zutreffend dargestellten wirtschaftlichen Gesamtsituation des Angeklagten und des Umstandes, daß er im Jahre 1984 nicht einmal drei Monate lang gearbeitet hat (vgl. S 342) dem Bestehen der in Rede stehenden Verpflichtung an sich für die Lösung der Schuldfrage und im besonderen für die Frage der Gewerbsmäßigkeit der ihm angelasteten Betrugstaten keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu.

Bei der Feststellung, wonach der Angeklagte nach seiner Haftentlassung am 10. Jänner 1985 "lediglich vom 28. 1. bis 22. 1. 1985 bei der Firma J gearbeitet" habe, ist dem Erstgericht offensichtlich nur ein Schreibfehler unterlaufen. Aus den Entscheidungsgründen selbst geht hervor, daß der Angeklagte dort weniger als einen Monat gearbeitet hat und am 12. Februar 1985 seine Kündigung erfolgt ist (Seite 342 d.A.). Geendet hat das Arbeitsverhältnis nach der Aktenlage am 22. Februar 1985 (Seite 281 d. A.). In der Folge ist der Angeklagte - wie seiner Aussage vom 9. März 1985 zu entnehmen ist - keiner regelmäßigen Beschäftigung mehr nachgegangen (siehe Seite 19 d.A.).

Hinsichtlich des Schuldspruchs zu Punkt A/III bekämpft der Beschwerdeführer die Urteilsfeststellung, er habe der Firma C mit Schädigungsvorsatz ein Farbfernsehgerät herausgelockt, mit dem Einwand, daß er am 25. Jänner 1985 bereits die Beschäftigung bei der Firma J in Aussicht gehabt habe. Zudem habe der Zeuge Martin K zunächst nur angegeben, daß das Farbfernsehgerät dem Angeklagten zur Probe überlassen worden sei. In der Hauptverhandlung habe der Zeuge sodann erklärt, daß der Kauf perfekt geworden sei, nachdem der Angeklagte sich nicht mehr gemeldet hatte. Das Erstgericht setze sich über diesen Widerspruch hinweg, zudem fehle es an Feststellungen zum Bereicherungsvorsatz im Tatzeitpunkt. Auch in diesem Fall hält die Mängelrüge einer Überprüfung nicht stand:

Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich, daß der Angeklagte nach Überzeugung der Tatrichter von vornherein nicht beabsichtigt hatte, das Gerät nur probeweise für drei Tage zu behalten, obwohl er - ebenso wie im Fall der vorangegangenen Möbelbestellung bei der Firma D (Punkt A/IV des Schuldspruches) - nicht die geringste Aussicht hatte, den Kaufpreis von 17.500 S zahlen zu können. Daran vermag bei Berücksichtigung der wirtschaftlichen Gesamtsituation des Angeklagten auch der Umstand nichts zu ändern, daß er damals schon mit einem Arbeitsplatz bei der Firma J rechnen mochte. Der relevierte Widerspruch in den Angaben des Zeugen K hinwieder ist nicht gegeben. Der Zeuge hat seine Angaben in der Hauptverhandlung lediglich präzisiert und darauf hingewiesen, daß dem Angeklagten gesagt worden war, das Gerät würde ihm in Rechnung gestellt werden, falls er sich nach drei Tagen nicht melden sollte.

Was den im gegebenen Zusammenhang in der Rechtsrüge behaupteten Feststellungsmangel betrifft, so bedurfte es bei der gegebenen Sachlage keiner besonderen Feststellung des mit der Herauslockung des Fernsehapparates verbundenen Bereicherungsvorsatzes, sodaß auch diese Rüge versagt.

In Ansehung des Punktes A/IV des Schuldspruches vermißt der Beschwerdeführer eine Erörterung seiner Verantwortung, nachdem er bemerkt hatte, daß er die Möbel nicht bezahlen konnte, die Firma D angerufen und gebeten zu haben, die Möbel zurückzunehmen. Einer solchen Erörterung hat es jedoch nicht bedurft, weil der Angeklagte nach Annahme des Erstgerichtes von vornherein gewußt hatte, daß er die versprochene Anzahlung von 7.070 S bei Lieferung der Möbel am 21./22. Jänner 1985 nicht würde leisten können, es jedoch verstanden hat, sich deren Leistung zu entziehen (Seite 343 d. A.). Im späteren Anbot einer Zurücknahme der Möbel kann daher nur noch eine nachträgliche Schadensgutmachung ersehen werden. Soweit der Beschwerdeführer aus der sprachlichen Formulierung der zu diesem Schuldspruchfaktum getroffenen Urteilsfeststellungen abzuleiten sucht, daß es sich nur um einen Versuch die Möbel herauszulocken, gehandelt habe, setzt er sich sowohl über die ausdrücklichen Feststellungen im Urteilsspruch als auch in den Gründen (vgl. S 346), daß die Möbel tatsächlich geliefert wurden, hinweg. In diesem Umfange ist die Beschwerde, weil sie nicht von den Urteilsfeststellungen ausgeht, nicht gesetzmäßig ausgeführt. Daß der Beschwerdeführer auch in diesem Faktum mit

Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz gehandelt hat, hat das Erstgericht - liest man die Urteilsgründe in ihrem

Kontext - durchaus hinreichend konstatiert.

In bezug auf den Punkt A/V des Schuldspruches rügt der Beschwerdeführer als Verfahrensmangel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO die Abweisung des von seinem Verteidiger gestellten Antrages auf nochmalige Ladung eines informierten Vertreters der Firma K*** (Seite 330 d.A.). Dieser Antrag wurde jedoch mit Recht abgelehnt, weil kein Beweisthema angegeben worden ist und ein solches auch aus dem Zusammenhang nicht erkennbar war. Ein Beweisantrag, der nur das Beweismittel, nicht aber das Beweisthema nennt, ist auf seine Berechtigung unüberprüfbar und daher unbeachtlich (SSt. 52/61). Das Erstgericht hat den Vorsatz des Angeklagten, die Firma K*** zu täuschen und die Wohnung zu benützen und damit den genannten Wohnungsvermieter um eine Monatsmiete einschließlich der Betriebskosten zu schädigen, einerseits aus seiner Vorgangsweise gegenüber dem genannten Geschädigten - er lockte den Schlüssel zur Wohnung mit der Behauptung heraus, diese bloß zu besichtigen, während er in Wahrheit unverzüglich in die Wohnung einzog - und andererseits auch daraus erschlossen, daß der arbeitslose und verschuldete Angeklagte zur Bezahlung des Mietzinses nicht in der Lage war.

Damit trifft aber die Behauptung der Rechtsrüge nicht zu, das Gericht habe zum Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz keine Feststellungen getroffen. Entgegen den Einwänden in der Mängelrüge mußte sich das Schöffengericht, das damit im Ergebnis der Darstellung des Angeklagten nicht gefolgt ist und seine Verantwortung abgelehnt hat, auch nicht mit jedem Detail dieser als unglaubwürdig erachteten Verantwortung des Angeklagten auseinandersetzen.

Gegen den Schuldspruch wegen Betrugs zum Nachteil der E F (Punkt A/VIII) wendet der Angeklagte ein,

daß dem Urteil insoweit Begründungsmängel anhafteten, weil sowohl seine Verantwortung, von der Firma L eine Gehaltszahlung erwartet zu haben, die jedoch ausblieb, weil die Firma in Konkurs ging, als auch der Umstand, daß durch Zahlung von 43.500 S der wesentliche Teil des Kredits abgedeckt worden war, übergangen würden. Die gerügte Unvollständigkeit ist jedoch nicht gegeben. Eine Erörterung der Verantwortung, von der Firma L eine restliche Gehaltszahlung von 25.000 S erwartet zu haben, konnte unterbleiben, weil sich schon aus den Angaben des Angeklagten ergab, daß die Firma ständig exekutiert worden und in Konkurs gegangen ist, und die Bank auch von den 15.000 S, die dem Angeklagten schließlich im Dezember 1984 vom Arbeitsamt Bregenz ausbezahlt worden sein sollen, nichts erhalten hat (Seiten 315 und 317 d.A.). Aus dem Umstand, daß der Angeklagte bereits am 29. Jänner 1984 eine Beschäftigung bei der Firma M angetreten hat, konnte das Erstgericht auch mit zureichendem Grund schließen, daß der Angeklagte schon im Tatzeitpunkt (25. bis 27. Jänner 1984) nicht vorhatte, sich selbständig zu machen und einen Anhänger anzuschaffen und somit mit Schädigungsvorsatz gehandelt hat. Die in der Beschwerde erwähnte Rückzahlung von 43.500 S betraf eine frühere Schuld und erfolgte durch den Vater des Angeklagten (Seiten 271-273 d.A.). Einen Subsumtionsirrtum im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO erblickt der Beschwerdeführer in der Zurechnung eines Betrugsschadens von insgesamt mehr als 100.000 S und somit in der Anwendung der Qualifikationsbestimmung des § 147 Abs. 3 StGB, weil seiner Auffassung nach die vor dem (gegen ihn ergangenen) Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 10. Jänner 1985, AZ 19 Vr 1551/84, gesetzten Betrugsstraftaten im Hinblick auf §§ 31, 40 StGB gesondert von den nach diesem Zeitpunkt begangenen Betrugshandlungen zu beurteilen seien, woraus sich in Ansehung der ersteren (aus beiden Urteilen) ein Gesamtschaden von 94.000 S, in Ansehung der letzteren aber lediglich ein Schadensbetrag von 49.520 S ergebe. Damit unterliegt der Beschwerdeführer aber einem grundlegenden Irrtum: Voraussetzung für die Anwendung des § 31 StGB ist, daß alle im neuen Urteil zur Aburteilung gelangenden Straftaten vor der Fällung des früheren Urteils, das gemäß § 31 StGB zu berücksichtigen ist, begangen worden sind. Diese Bestimmung ist jedoch nicht anwendbar, wenn - wie hier - der Angeklagte mehrerer Straftaten schuldig erkannt wird, die er teils vor, teils nach Fällung des früheren Urteils begangen hat. Daß ein Teil der Straftaten vor dem früheren Urteil gesetzt wurden, ist lediglich bei der Strafbemessung zu berücksichtigen (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. 2 , § 31 RN 12). Die Ermittlung des zuzurechnenden (Gesamt-)Schadens hat aber auch in einem solchen Fall durch Zusammenrechnung der Schadensbeträge aller den Gegenstand des nunmehrigen Urteils bildender Betrugsstraftaten zu erfolgen.

In bezug auf den Schuldspruch wegen unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen (Punkt C des Urteilssatzes) macht der Beschwerdeführer unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO geltend, daß er den in Rede stehenden PKW von Johann G zur Reparatur übernommen und daher sehr wohl die Einwilligung erhalten habe, mit dem PKW zu fahren. Wenn er über die Berechtigung, im Rahmen der Reparatur Fahrten vorzunehmen, hinaus das Fahrzeug auch zu der einen oder anderen Privatfahrt benützt habe, sei dadurch der Tatbestand nach § 136 Abs. 1 StGB nicht verwirklicht worden, weil er höchstens eine an sich vorgelegene Erlaubnis zur Fahrzeugbenützung überschritten habe. Obgleich dem Beschwerdeführer darin beizupflichten ist, daß mit der Überlassung eines Fahrzeugs zur Reparatur im allgemeinen auch die Bewilligung verbunden ist, die im Zusammenhang mit dieser Reparatur notwendigen Fahrten durchzuführen, so hat sich vorliegendenfalls die bezügliche Einwilligung des Johann G doch keinesfalls auf eine Benützung des Fahrzeugs durch den Angeklagten zu ausgedehnten Privatfahrten (Seiten 11, 25 und 73 d. A.) - in einem Fall bis nach Tirol (Seite 346 d.A.) - bezogen. Der Angeklagte hat auch zugegeben, diese Fahrten ohne Einwilligung des Berechtigten unternommen zu haben (Seiten 25 und 319 d.A.). Aus dem Umstand, daß Johann G den Angeklagten nicht zur Rede gestellt hat, als er ihn einmal in Dornbirn - mit dem PKW unterwegs - in einem Lokal antraf, ist für den Angeklagten umsoweniger zu gewinnen, als aus den Angaben des Zeugen G auch hervorgeht, daß der Angeklagte ihm bei dieser Gelegenheit versichert hat, am darauffolgenden Tag (26. Februar 1985) die noch ausstehenden Arbeiten zu verrichten und ihm am Abend den Wagen zu bringen (Seite 72 d.A.). Tatsächlich ist der PKW aber erst am 9. März 1985 anläßlich der Verhaftung des Angeklagten sichergestellt worden. In rechtlicher Beziehung kann aus dem Umstand einer vorangegangenen Fahrzeugüberlassung zu bestimmten, sachlich genau umgrenzten Zwecken - hier zur Materialbeschaffung im Interesse des Auftraggebers (Seiten 73 und 319 d.A.) sowie zur Überstellung des Fahrzeugs - schon begrifflich auf keine globale, sich als Anvertrauen im Sinne des § 136 Abs. 4 StGB darstellende Überlassung des PKW (SSt. 46/7) geschlossen werden. Anders als im Falle bloß "überziehenden" Gebrauchs eines von vornherein zu einer Privatfahrt (SSt. 45/29) oder jemandem generell zum Gebrauch überlassenen Fahrzeugs (ZVR 1981/286) muß im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, daß es sich bei der fortgesetzten Verwendung des ihm nur zur Vornahme einer Reparatur überlassenen PKW durch den Angeklagten zu ausgedehnten Privatfahrten um kein bloßes "Überziehen" einer ihm rite erteilten Erlaubnis zur Fahrzeugbenützung, sondern um einen ohne Einwilligung des Berechtigten erfolgenden unbefugten Gebrauch des Fahrzeugs im Sinne des § 136 Abs. 1 StGB gehandelt hat (vgl. ÖJZ-LSK 1982/155 und ZVR 1979/109).

Der an sich zutreffenden Rechtsrüge nach § 281 Abs. 1 Z 11 StPO ist infolge der im Sinne der Beschwerdeausführungen vorgenommenen Urteilsberichtigung (Vorhaftanrechnung bis 27. Juni 1985, 12 Uhr 20; Seiten 339 und 375 d.A.) die Grundlage entzogen.

In diesem Umfange war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten daher zu verwerfen.

Mit Recht zeigt der Beschwerdeführer hingegen in seiner Rechtsrüge zu den Urteilsfakten A I 2 a), d) und g) - Betrug durch unwahre Angaben gegenüber Beamten der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn anläßlich seiner Antragstellung auf Gewährung von Sozialhilfe - eine dem Urteil anhaftende Nichtigkeit i.S. der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO auf.

Sogenannte "unwahre Parteienbehauptungen" in einem zivilgerichtlichen Verfahren oder in einem Verwaltungsverfahren (oder gegenüber einer behördenähnlichen Einrichtung), die vor der Entscheidung über eine begehrte Leistung oder Maßnahme im Zuge eines anschließenden Verfahrens zu überprüfen sind, haben für sich allein noch nicht die Eignung zur Täuschung i.S. des § 146 StGB (Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB 2 , RN 26 zu § 146 und die dort zitierte Judikatur; Liebscher in WK, RZ 15 zu § 146 StGB; Kienapfel BT II, RN 60 und 61 zu § 146 StGB). Von einer sich bloß in einer unwahren Parteienbehauptung erschöpfenden, zufolge der Überprüfungspflicht (und Überprüfungsmöglichkeit) seitens der amtlichen Stelle zu deren Täuschung nicht geeigneten Vorgangsweise kann aber dann nicht gesprochen werden, wenn bis zur Tatvollendung (die beim Betrug durch Eintritt des Vermögensschadens im Sinne eines effektiven Verlustes an Vermögenssubstanz herbeigeführt wird, vgl. SSt. 46/36) ein behördliches Verfahren zwecks Überprüfung der (unwahren) Parteienbehauptung gar nicht stattfindet, sondern die Entscheidung oder Verfügung allein aufgrund des Vorbringens des Antragstellers erfolgt (vgl. ÖJZ-LSK 1984/10). Eine taugliche Täuschung ist allerdings stets dann anzunehmen, wenn sich der Täter zur Unterstützung seiner Behauptung falscher Beweismittel (falscher oder verfälschter Urkunden u. dgl., aber auch eigener falscher Angaben im Zuge der Vernehmung als Beteiligter gemäß § 51 AVG) bedient (Leukauf-Steininger, a.a.O.).

Nach dem Inhalt des Urteilsspruchs hat der Angeklagte in den angeführten Fakten Beamte der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn lediglich durch die unwahre Angabe getäuscht, die gewährte Sozialhilfe unverzüglich nach Erlangung eines Arbeitsplatzes und eines Einkommens zurückzuzahlen. Eine derartige Rückzahlungsverpflichtung normiert aber das Vorarlberger SozialhilfeG, LGBl. Nr. 26/1971, das die gesetzliche Grundlage für die Gewährung der Sozialhilfe an den Angeklagten bildete, ex lege; es ordnet im § 9 Abs. 1 lit. a an, daß der Empfänger der Sozialhilfe die aufgewendeten Kosten zu ersetzen hat, wenn er ein ausreichendes Einkommen oder Vermögen erhält. Den Urteilsgründen läßt sich nun nicht entnehmen, ob sich die festgestellte, als Täuschungshandlung beurteilte, indes nur ganz allgemein gehaltene Erklärung des Angeklagten bloß auf diese (ohnedies) im Gesetz vorgesehene Rückzahlungsverpflichtung bezogen hat (etwa über Veranlassung der Behörde, um dem Beschwerdeführer die Verpflichtung zum Ersatz vor Augen zu führen) oder aber ob die Sozialhilfe allein auf Grund dieses Antragsvorbringens (als einer Art Verpflichtungserklärung) gewährt wurde, mithin die bezügliche Erklärung die alleinige Grundlage für die Auszahlung von Sozialleistungen gewesen ist, und ob dem Angeklagten im letzteren Falle dies auch bekannt war. Eine abschließende rechtliche Beurteilung dieses Tatverhaltens ist somit derzeit nicht möglich und daher zu diesen Punkten des Schuldspruchs eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich. Im zweiten Rechtsgang wird sich das Erstgericht auch damit auseinanderzusetzen haben, daß der Angeklagte nach der Bestimmung des § 24 Abs. 1 Vorarlberger SozialhilfeG verpflichtet war, jede Änderung in den für die Weitergewährung maßgebenden Verhältnissen der Bezirksverwaltungsbehörde binnen zwei Wochen anzuzeigen und daß eine Unterlassung dieser Bekanntgabe für sich allein schon Täuschung im Sinne des § 146 StGB sein kann (ÖJZ-LSK 1984/177; Liebscher im Wiener Kommentar § 146 RZ 15).

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof auch davon überzeugt, daß das angefochtene Urteil in Ansehung der weiteren Taten zu Punkt A I des Urteilssatzes und in der Unterstellung der Betrugsstraftaten laut Punkt A des Urteilsspruches unter den zweiten Fall des § 148 StGB mit (vom Angeklagten nicht geltend gemachten) Nichtigkeiten im Sinne der Z 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet ist:

In den zu den Fakten A I 1 a), b) und c), 2 c), e) und f) angeführten Fällen hat der Angeklagte nach dem Inhalt des Urteilsspruchs nur unwahre Behauptungen aufgestellt, die hauptsächlich darin bestanden, daß er für seine Frau und ein Kind zu sorgen habe; im letztangeführten Falle hat er angegeben, daß er für seine Wohnung einen Betrag von 6.000 S zu bezahlen habe. Auch hier hätte sich das Schöffengericht damit auseinandersetzen müssen, ob diese unwahren Parteibehauptungen gegenüber einer Verwaltungsbehörde für sich allein zur Täuschung geeignet waren, weil etwa die Gewährung der Sozialhilfe allein auf Grund dieses Vorbringens des Beschwerdeführers erfolgte oder weil bei einer zwar grundsätzlich gegebenen Prüfungspflicht des Parteivorbringens durch die Behörde dieser im Rahmen des doch rasch abzuwickelnden Verfahrens zur Gewährung der Sozialhilfe eine Überprüfung dieser Angaben des Angeklagten nicht möglich oder nicht zumutbar war und ob dem Angeklagten diese Umstände bekannt waren.

Soweit der Beschwerdeführer nach dem Urteilsspruch in den Fällen A I 2) b), 3) und 4) falsche Urkunden zur Täuschung verwendete, ist zwar nach dem oben Gesagten jedenfalls eine taugliche Täuschungshandlung anzunehmen. Das Urteil war aber auch in diesem Umfange aufzuheben (§ 289 StPO), zumal es bei der gegebenen Sachlage jedenfalls nicht auszuschließen ist, daß alle von Punkt A/I erfaßten Tathandlungen - die in der Begehungsweise gleichartig sind und in einem zeitlichen Konnex stehen - auch auf einen einheitlichen Willensentschluß zurückzuführen und somit von einem vorgefaßten einheitlichen Vorsatz (vgl. Leukauf-Steininger, Komm 2 § 28 RN 36; SSt. 50/26, 61) getragen sind, sodaß sie gegebenenfalls als eine einzige Straftat angesehen werden könnten.

Zur gewerbsmäßigen Begehung der Betrügereien nach dem zweiten Fall des § 148 StGB traf das Erstgericht lediglich die Feststellung, der Angeklagte habe die Betrügereien in der Absicht vorgenommen, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (vgl. S 338 und 349). Diese Konstatierung vermag aber in rechtlicher Hinsicht die Annahme der gewerbsmäßigen Begehung schwerer Betrügereien im Sinne des § 148 zweiter Fall StGB nicht zu tragen. Setzt doch eine solche die Feststellung voraus, daß es der Täter darauf abgesehen hat, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, mag er "zwischendurch" auch einfache Betrugstaten durchführen; daß die auf gewerbsmäßiges Betrügen gerichtete Absicht des Täters auch die bloß gelegentliche Begehung eines schweren Betruges umfaßte, reicht nicht aus. Ebensowenig genügt es, daß schwerer Betrug nur infolge der Zusammenrechnung mehrerer, an sich die Wertgrenze des § 147 Abs. 2 StGB jeweils nicht übersteigender Schadensbeträge vorliegt (vgl. Leukauf-Steininger, Komm 2 , § 148, RN 4). Auch in diesem Umfange war das Urteil daher aufzuheben und eine Verfahrenserneuerung aufzutragen.

Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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