OGH 12Os143/85

OGH12Os143/8510.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Oktober 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zimmermann als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 1, 84 Abs 1 und Abs 2 Z. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. Jänner 1985, GZ 2 a Vr 2999/81-85, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Johann A der Vergehen der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 1, 84 Abs 1 und Abs 2 Z. 1 StGB (Punkt I des Urteilssatzes), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (Punkt II) und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (Punkt III) schuldig erkannt. Darnach hat er in Wien am 15.September 1981 Helmut B durch einen Schuß mit einer Faustfeuerwaffe in den Bauch, sohin mit einem solchen Mittel und auf eine solche Weise, womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist, vorsätzlich am Körper an sich schwer verletzt, wobei die Dauer der Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit 24 Tage überschritten hat (zu I); am 21. Oktober 1983 Dieter C, Karlheinz D und Johann

D durch Vorhalten einer Faustfeuerwaffe, sohin durch gefährliche Drohung, zumindest mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen (zu II); am 13.Juli 1981 durch einen gezielten Schuß gegen den PKW. Audi 100, pol. Kennzeichen W 238.716, mit einer Faustfeuerwaffe, eine fremde Sache, in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich eine im Eigentum des Dr. Franz E stehende PKW-Stoßstange beschädigt (zu III).

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 4, 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Als Verfahrensmangel (Z. 4) rügt der Beschwerdeführer die Abweisung (vgl. S. 68/II) des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung am 13.Dezember 1984 gestellten Antrages (S. 42/II) auf Ausforschung des Zeugen Slobodan F und seiner Lebensgefährtin. Indes nicht zu Recht.

In der gemäß § 276 a StPO wegen Zeitablaufes wiederholten Hauptverhandlung am 22.Jänner 1985 wurde nur mehr die Einvernahme des Zeugen F beantragt (vgl. S. 67/II), sodaß es

hinsichtlich der zweitangeführten Zeugin an den formellen Erfordernissen für die Geltendmachung eines Prozeßverstoßes, nämlich eines Antrages - die in der früheren Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge müssen in der wiederholten neu gestellt werden, vgl. Foregger-Serini, StPO 2 , § 276 a Erl. II - mangelt. Den Antrag auf Einvernahme des Zeugen Slobodan F konnte das Erstgericht deshalb ablehnen, weil der genannte Zeuge lediglich 'zum Faktum B' beantragt (vgl. S. 42/II, in der Hauptverhandlung vom 22. Jänner 1985, S. 67/II wurde überhaupt kein Beweisthema angeführt) und damit dem Erfordernis der Bezeichnung des Beweisthemas - dem nur dann Genüge getan wird, wenn der Antragsteller den Gegenstand des Beweises konkretisiert, d.h. in seinem Antrag anführt, welcher ihn entlastende Umstand durch das angeführte Beweismittel nachgewiesen werden soll (vgl. EvBl 1973/211) -, nicht entsprochen wurde. Abgesehen davon ist der Zeuge unauffindbar und sind Nachforschungen ergebnislos geblieben (vgl. S. 489/I), sodaß der beantragte Zeuge überdies im Zeitpunkt der Antragstellung unerreichbar schien. Soweit der Angeklagte unter diesem Nichtigkeitsgrund die Nichtdurchführung eines mit Schriftsatz vom 6.Dezember 1984 (ON 79/II) und in der Hauptverhandlung am 13.Dezember 1984 (S. 42/II) beantragten Lokalaugenscheines zur Nachtzeit rügt, gebricht es auch hier an den formellen Erfordernissen für die Geltendmachung eines Prozeßverstoßes, weil dieser Beweisantrag in der Hauptverhandlung am 22.Jänner 1985 nicht wiederholt wurde (vgl. S. 67/II).

In seiner Mängelrüge (Z. 5) bekämpft der Beschwerdeführer die Urteilsfeststellung zu Faktum I des Urteilssatzes, der Zeuge B habe - nachdem er zunächst bei Annäherung des Angeklagten ein Weinglas immer höher gehoben habe, sodaß der Eindruck entstand, er würde es dem Angeklagten entgegenschleudern oder damit auf ihn einschlagen - dieses in der Folge aber wieder fallen gelassen und daß der Beschwerdeführer sodann ohne Notwendigkeit und ohne vom genannten Zeugen körperlich angegriffen worden zu sein, seinen Revolver gezogen und einen Schuß auf B gefeuert habe. Soweit er letztere Konstatierung über das Fehlen einer Angriffshandlung ohne jede weitere Substantiierung als unrichtig und aktenwidrig bezeichnet, ist die Beschwerde einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich. Seine Behauptung, das Gericht gebe für diese Annahme keine Gründe, übergeht gänzlich die im Urteil dafür gegebene Begründung, nämlich den Hinweis auf die Aussage der Zeugen Helmut B und Alfred G (vgl. S. 85/II; 42/II f., 466/I; ON 8 und 456/I).

Die Mängelrüge behauptet weiters einen Widerspruch hinsichtlich der Feststellung zum Faktum II, weil einerseits konstatiert wurde, daß der Angeklagte den im Urteil angeführten Zeugen den Revolver vorhielt, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, andererseits aber festgestellt wurde, daß er schließlich die Kellnerin ersuchte, die Sicherheitsbehörden zu verständigen (S. 76 f./II). Denn hätte er - so argumentiert die Beschwerde - diese Personen tatsächlich bedrohen wollen, dann hätte er nicht die Polizei verständigen lassen. Auch hier gibt die Rüge die betreffenden Urteilspassagen nicht richtig wieder. Denn das Erstgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, daß ausschließlicher Beweggrund für dieses Verhalten des Beschwerdeführers war, sich für seine Aggressionen ein Ventil zu schaffen und Befriedigung zu finden, für ihn kein Grund zur Annahme eines tätlichen Angriffes bestand und es ihm nur darum ging, in diesen Personen Furcht vor der Abgabe eines Schusses zu erwecken (vgl. S. 95/96/II). Bei richtiger Würdigung dieser Urteilsüberlegungen und der Konstatierung, daß es dem Angeklagten dabei nicht ankam, diese Personen zu einem relevanten Verhalten zu nötigen (S. 96/II), besteht jedoch zwischen diesen Urteilsfeststellungen nach den Gesetzen logischen Denkens kein Widerspruch.

Unzutreffend ist schließlich auch der unter diesem Nichtigkeitsgrund (Z. 5) erhobene Vorwurf, das Erstgericht gründe den Schuldspruch zum Faktum III des Urteilssatzes ausschließlich auf die Aussage des Zeugen Kurt H (S. 279/I), der aber angegeben habe, der Fahrer eines grauen Motorrollers habe einen Schuß gegen das Fahrzeug des Dr. Franz E abgegeben, während demgegenüber das Urteil von einem rot lackierten Puch-Roller spreche, den der Angeklagte zur Tatzeit gelenkt habe (S. 73/II). Auch hier übergeht die Rüge, daß das Ersturteil die Annahme der Täterschaft vor allem auf die Aussage des Dr. Franz E gestützt hat, die es durch weitere Beweisergebnisse (vgl. S. 82/II) als ergänzt erachtete. Der Genannte hat den Angeklagten bei einer Gegenüberstellung eindeutig wiedererkannt; das Erstgericht hat sich auch ausdrücklich damit auseinandergesetzt und begründet, warum der Glaubwürdigkeit dieses Zeugen der Umstand nicht entgegensteht, daß dieser die Farbe des vom Angeklagten gelenkten Puch-Rollers nicht richtig angeben konnte (S. 80 ff./II).

Die auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Rechtsrüge behauptet, das Urteil enthalte im Schuldspruch zum Faktum I des Urteilssatzes keine Feststellungen, ob beim Angeklagten 'die Voraussetzungen des § 3 StGB vorlagen'. Die Rüge negiert dabei aber die Urteilsfeststellungen über den Hergang der Tat, insbes. die Konstatierung, daß ein Angriff des B nicht anzunehmen war und er ohne jede Notwendigkeit einen Schuß gegen diesen abfeuerte (S. 75/II), daß es weiters die Verantwortung des Angeklagten, er sei vom genannten Zeugen attackiert worden, als unglaubwürdig ablehnte (S. 87/II). Die Beschwerde geht somit nicht vom Urteilssachverhalt aus, und ist daher nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich somit teils als offenbar unbegründet, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, sodaß sie gemäß § 285 d Abs 1 Z. 1 (in Verbindung mit § 285 a Z. 2) StPO bzw. § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war. über die Berufungen (des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft) wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte