OGH 9Os128/85

OGH9Os128/852.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Oktober 1985 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gitschthaler als Schriftführer in der Strafsache gegen Rudolf Harald A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 15 StGB. sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 17.Juni 1985, GZ. 36 Vr 516/85-77, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalwalt Dr. Scheibenpflug, und des Verteidigers Dr. Janek, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO. wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem Ausspruch, wonach die Strafe nach § 147 Abs. 3 StGB. bemessen wird, und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Rudolf Harald A wird für die ihm zur Last fallenden strafbaren Handlungen, nämlich das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 15 StGB. sowie das Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB., nach §§ 28, 129 StGB. unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB. auf das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 8.Feber 1984, GZ. 16 Vr 2670/83-51, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 18 (achtzehn) Monaten verurteilt.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem er (I.) des Verbrechens des (in der Zeit vom 27.Dezember 1982 bis 18.August 1983 überwiegend durch Einbrüche in Personenkraftwagen begangenen, in 14 Fällen vollendeten und in einem Fall versuchten) schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 sowie 15 StGB. (mit einem Gesamtwert der Diebsbeute von mindestens 70.000 S) und (II.) des Vergehens der (in 12 Fällen verübten) Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt wurde, ist vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 4.September 1985, GZ. 9 Os 128/85-6, schon in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen worden. Gegenstand des Gerichtstages war daher nur noch die Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Herabsetzung der (Zusatz-)Freiheitsstrafe anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

Dabei war aber zunächst von Amts wegen wahrzunehmen, daß das angefochtene Urteil zufolge Verletzung der Grenzen des gesetzlichen Strafsatzes zum Nachteil des Berufungswerbers mit einer von ihm nicht geltend gemachten Nichtigkeit im Sinn des § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO. behaftet ist.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten

nämlich - ersichtlich unter Verkennung der Bestimmung des § 31 StGB., wonach das (angefochtene) spätere Urteil, auch wenn damit eine Zusatzstrafe verhängt wurde, ein selbständiges Urteil mit einem selbständigen Strafausspruch ist (vgl. Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 31 RN. 2) - nicht nach dem hier (gemäß § 28 StGB.) anzuwendenden Strafsatz des § 129 StGB. (der Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vorsieht), sondern bemaß die verhängte achtzehnmonatige Zusatzstrafe nach der Strafdrohung des § 147 Abs. 3 StGB., auf welche das gemäß §§ 31, 40 StGB. berücksichtigte Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 8.Feber 1984, GZ. 16 Vr 2670/83-51, abgestellt hatte, mit dem über den Angeklagten wegen des (in der Zeit von Juli 1982 bis Feber 1983 in mehr als fünfzig Angriffen verübten) Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 StGB. (mit einem Schadensbetrag von insgesamt ca. 136.000 S) gemäß § 147 Abs. 3 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verhängt worden war.

Dadurch, daß das Schöffengericht die für die mit der angefochtenen Entscheidung abgeurteilten strafbaren Handlungen verwirkte Strafe zu Unrecht nach der (strengeren) Strafdrohung des § 147 Abs. 3 StGB. - diese sieht Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vor - ausgemessen hat, hat es jedenfalls die Grenzen des gesetzlichen Strafsatzes überschritten, und zwar unbeschadet dessen, daß die tatsächlich verhängte Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten auch im (richtigerweise anzuwendenden) Strafsatz des § 129 StGB. Deckung findet. Eine überschreitung der Grenzen des anzuwendenden gesetzlichen Strafsatzes im Sinn des zweiten Falles der Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO. (der nicht jeweils für den einzelnen Fall durch das Verhältnis zur Höhe eines Wertes, Nutzens oder Schadens bestimmt wird - vgl. Art. VII Strafrechtsanpassungsgesetz BGBl. 1974/422) ist nämlich bei der Ausmessung der Strafe nicht nur dann gegeben, wenn letztere (ohne Anwendung der §§ 39 oder 41 StGB. - vgl. SSt. 46/40) gezielt unter dem Mindest- oder über dem Höchstmaß tatsächlich festgesetzt wird, sondern auch in jenen Fällen, in denen das Gericht diese Grenzen bei der Wahl des anzuwendenden Strafsatzes überschreitet, mag auch der unterlaufene Fehler deshalb, weil die festgesetzte Strafe trotz ihrer (gemessen am richtigen Strafsatz) relativen Fehlerhaftigkeit in ihrem absoluten Ausmaß innerhalb des richtigen Strafrahmens liegt, im Ausspruch über die Strafhöhe an sich gar nicht sichtbar werden (10 Os 33/85; ÖJZ-LSK. 1977/357; SSt. 30/10; EvBl. 1967/411, 1969/28, 1977/63; Mayerhofer/Rieder StPO. 2 ENr. 17 f. und 29 zu § 281 Z. 11 u.a.).

Der gemäß § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO. nichtige Strafausspruch war daher aufzuheben, gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst zu erkennen und die (Zusatz-)Strafe nach § 129 StGB. neu zu bemessen.

Dabei war erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit einem Vergehen, die Wiederholung der Tathandlungen, die mehrfache Qualifikation der Diebstähle, die einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall, mildernd hingegen die Zustandebringung eines Teiles des Diebsgutes.

Soweit die Berufung ins Treffen führt, das Erstgericht habe hinsichtlich der Scheckbetrügereien lediglich ein Teilgeständnis als mildernd gewertet, obwohl in dem darauf bezughabenden Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 8.Feber 1984 insoweit von einem umfassenden Geständnis die Rede sei, das zudem wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen habe, genügt - abgesehen davon, daß das Schöffengericht durch die einschränkende Bezeichnung Teilgeständnis (ersichtlich) lediglich zum Ausdruck bringen wollte, daß sich dieses Geständnis eben nur auf die in dem früheren Verfahren abgeurteilten Scheckbetrügereien, nicht aber auch auf die hier aktuellen Straftaten (schwerer Einbruchsdiebstahl und Urkundenunterdrückung) bezieht - der Hinweis, daß die in dem nun angefochtenen Urteil erfolgte (abermalige) Aufzählung der in dem früheren Urteil herangezogenen Strafzumessungsgründe offensichtlich der verfehlten Ansicht des Schöffengerichts entsprang, es sei für alle Straftaten, die dem neuen und dem früheren Urteil zugrundeliegen, eine Art Gesamtstrafe zu bemessen.

Ausgehend von den sohin tatsächlich gegebenen Strafzumessungsgründen und unter Bedachtnahme auf die im § 32 StGB. normierten allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung erschien dem Obersten Gerichtshof angesichts des doch (verhältnismäßig) hohen Schuld- und Unrechtsgehalts die (bereits vom Erstgericht verhängte) Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten angemessen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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