OGH 13Os148/85

OGH13Os148/8526.9.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. September 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Hörburger, Dr. Lachner und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zimmermann als Schriftführers in der Strafsache gegen Franz Josef A wegen des Verbrechens des Diebstahles nach §§ 127 ff StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengerichts vom 23. Juli 1985, GZ. 10 Vr 1744/83-309, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 31. Jänner 1985, 13 Os 202/84-9, war das im übrigen unberührt gebliebene Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 22. Mai 1984, GZ. 10 Vr 1744/83-259, in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A (nicht B: siehe Unterschriften im Akt, insbesonders ON. 10, 13, 16) in dessen Schuldspruch I A (wegen am 14. Dezember 1982 in Salzburg mit Walter C versuchten gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls zum Nachteil des Ing. Martin D) und im ihn betreffenden Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs seiner Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter (§ 23 StGB.) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen worden (ON. 289). Am 1. April 1985 hat die Staatsanwaltschaft die Anklage im aufgehobenen Faktum zurückgezogen (§§ 34 Abs. 2 Z. 1, 227 Abs. 1 StPO.) und die Anberaumung einer Hauptverhandlung zur Straffestsetzung und zur Entscheidung nach § 23 StGB. beantragt (I. Bd. S. 3 tt.). Die hierauf am 14. Mai und 23. Juli 1985 folgenden Hauptverhandlungen fanden unter Beteiligung des Vorsitzenden und der Schöffen statt, die schon im ersten Rechtsgang mitgewirkt hatten; bloß der beisitzende Richter war jeweils ein anderer (ON. 258, 297, 308). Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil hat das Schöffengericht sodann für die im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche des Angeklagten A 'wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahles durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und 2 Z. 1, 128 Abs. 2, 129 Z. 1 und 2, 130, zweiter Satz, und 15 StGB., des Vergehens der versuchten Bestimmung zur falschen Beweisaussage vor Gericht nach den §§ 15, 12, 288 Abs. 1 StGB. und des Vergehens des Betruges nach dem § 146 StGB.' unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB. auf das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 7. Juli 1983, 18 E Vr 1156/83, eine Zusatzstrafe von vierdreiviertel Jahren verhängt, gemäß § 38 StGB. die Vorhaft angerechnet und gemäß § 23 Abs. 1 StGB. die Unterbringung des Angeklagten A in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter angeordnet (Bd. V S. 186, 187).

Dieses Urteil ficht der Angeklagte A aus § 281 Abs. 1 Z. 1, 3 und 4 StPO. mit Nichtigkeitsbeschwerde an. Aus dem ersten Nichtigkeitsgrund bringt der Rechtsmittelwerber vor, daß alle Richter, die schon im ersten Rechtsgang mitgewirkt hatten, vom zweiten Rechtsgang insbesondere deshalb ausgeschlossen gewesen wären (§ 68 Abs. 2 StPO.), weil nicht nur eine Straffestsetzung, sondern auch die Anstaltsunterbringung Gegenstand der neuen Entscheidung sei. Allein dieser, nach Ansicht des Beschwerdeführers Nichtigkeit bewirkende Umstand ist ihm spätestens mit Beginn der Hauptverhandlung am 14. Mai 1985 bekannt geworden, von ihm aber nicht gleich beim Beginn geltend gemacht worden (§ 281 Abs. 1 Z. 1 StPO.). Die Ansicht des Nichtigkeitswerbers, daß er einer solchen Rügepflicht enthoben gewesen wäre, die ihm die Geltendmachung des zwar absolut wirksamen, indes heilbare Nichtigkeit statuierenden Grunds des § 281 Abs. 1 Z. 1 StPO. gesichert hätte, weil das Schöffengericht ausdrücklich auf die Frage der Anwendung des § 68 Abs. 2 StPO. (ersichtlich allerdings erst im Urteil: Bd. V S. 189 unten) eingegangen sei, findet im Gesetz keine Deckung. Angeklagter und Verteidiger haben sich des Anfechtungstatbestands des § 281 Abs. 1 Z. 1 StPO. verschwiegen. Unter § 281 Abs. 1 Z. 3 StPO. reklamiert der Beschwerdeführer in Zitierung des § 260 (Abs. 1 Z. 1 und 2) StPO. einen im angefochtenen Urteil vermißten Ausspruch, welcher Tat(en) der Angeklagte schuldig befunden und welche strafbare(n) Handlung(en) dadurch begründet worden sei(en), weil ein Teilurteil über die Sanktion allein dem Strafprozeßrecht fremd sei. Einen Hinweis auf das im ersten Rechtsgang erflossene, die rechtskräftigen Schuldsprüche enthaltende Urteil vom 22. Mai 1984 hält er nicht für ausreichend.

Rechtliche Beurteilung

Auch damit dringt die Beschwerde nicht durch. Ein sogenanntes Ergänzungsurteil hat einen bereits in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch als unanfechtbar zu beachten, darauf schlicht Bezug zu nehmen und sich im übrigen auf den Strafausspruch zu beschränken (SSt. XXV/49, EvBl. 1965 Nr. 196). Ein neuerlicher förmlicher, mit dem schon rechtskräftig gewordenen deckungsgleicher Schuldspruch wäre sogar rechtlich verfehlt (RZ. 1980/14 S. 87 u.a.). Wenn der Nichtigkeitswerber daher in seiner Beschwerde bloß von einem Teilurteil spricht (das zwar keine Wiederholung der Schuldsprüche bringt, das jedoch dem Beschwerdevorbringen zuwider, die strafbaren Handlungen klar bezeichnet, deren A schuldig erkannt wurde: Bd. V S. 186, 187), und eine Wiederholung der Schuldsprüche verlangt, bringt er damit in Verkennung der Tragweite des auf die Sanktionen beschränkten Urteilsinhalts erneut die rechtskräftigen Schuldsprüche ins Spiel. Damit gelangt der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 3 StPO. (§ 260 Abs. 1 Z. 1 und 2 StPO.) deshalb nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung, weil das Substrat einer Anfechtung nur der Gegenstand des angefochtenen Urteils sein kann, hier also die in ihm verhängten Unrechtsfolgen, dies aber nicht die schon in einem früheren Erkenntnis rechtskräftig gefällten Schuldsprüche sein können.

Gestützt auf § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO. releviert der Beschwerdeführer die Abweisung des Antrags, zwecks Ergänzung des gerichtspsychiatrischen Gutachtens durch verschiedene Testuntersuchungen einen zweiten derartigen Sachverständigen beizuziehen; dies zum Beweis dafür, daß Schlußfolgerungen auf eine beim Rechtsmittelwerber fixierte asoziale Tendenz und auf eine Hangtäterschaft nicht mehr gerechtfertigt erscheinen (Bd. V S. 179, 180).

Indes: Eine Anfechtung der Entscheidung über die Anordnung einer Anstaltsunterbringung wegen Nichtigkeit ist nur bei Verletzung materieller Vorschriften zulässig, die dem richterlichen Ermessen keinen Spielraum lassen. Hier aber wird die nur mit Berufung bekämpfbare Hangtäterschaft des Rechtsmittelwerbers im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose releviert, sohin der Sache nach ein Nichtigkeitsgrund überhaupt nicht geltend gemacht (EvBl. 1978/96, SSt. 48/93).

Da sohin weder einer der angerufenen noch sonst einer der im § 281 Abs. 1 Z. 1 bis 11 StPO. aufgezählten Nichtigkeitsgründe prozeßordnungsgemäß ausgeführt worden ist, war die Nichtigkeitsbeschwerde schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§§ 285 a Z. 2, 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO.). Die Zuleitung der Akten zur Entscheidung über die Berufung an das Oberlandesgericht Graz beruht darauf, daß eine die ausnahmsweise Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs für die Erledigung der Berufung (§ 296 StPO.) begründende Sachentscheidung entfällt (RZ. 1970 S. 17, 18, 1973 S. 70, JBl. 1985 S. 565 u.v.a., zuletzt 13 Os 147/85).

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