Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 14.389,05 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.920,-- S Barauslagen und 1.133,55 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrt den Zuspruch von 397.657,59 S (davon 375.928,81 S Kapital) für die Lieferung von Waren an die Beklagte. Sie beruft sich diesbezüglich auch auf eine Vereinbarung, derzufolge von ihrer Kaufpreisforderung von 502.769,93 S für eine 'Mankoforderung' des Beklagten 93.674,35 S abzuziehen seien. Es sei demnach unter Berücksichtigung geleisteter Zahlungen der eingeklagte Betrag offen.
Die Beklagte wendete arglistige Irreführung bei Übernahme und Weiterführung der von der Klägerin gepachteten Tankstelle ein. Außerdem seien Treibstoffmankos dadurch entstanden, daß Tankwagenfahrer außerhalb der Betriebszeit der Tankstelle nicht durchgeführte Lieferungen verrechnet hätten.
Die Vorinstanzen haben der Klägerin unter Abweisung eines Mehrbegehrens 396.459,50 S s.A zugesprochen. Hiebei gingen sie von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:
Der nunmehrige Geschäftsführer der Beklagten Gerhard C war der erste übernehmer der von der Klägerin errichteten Tankstelle in Wien 11., Zinnergasse 6. Die Beklagte ist später in die Verpflichtungen Gerhard C aus dem Tankstellenvertrag eingetreten. Anläßlich des Vertragsabschlusses vom 25.2./13.3.1980 hat der Betriebsleiter der Klägerin auf Grund eigener Schätzungen eine 'Zielvereinbarung' für das erste Betriebsjahr verfaßt. In der Folge konnten zwar annähernd die angenommenen Treibstoffmengen verkauft werden, die Einnahmen beim 'Folgegeschäft' waren jedoch niedriger als erwartet. Die Betriebskosten lagen höher. Da die Zielvorstellungen nicht erreicht wurden, erhielt C von der Klägerin Stützungsbeiträge. Am Ende des ersten Betriebsjahres erörterten der Betriebsleiter der Klägerin und C, daß in den kommenden Jahren auch im Hinblick auf die Autobahnabfahrt mit einer günstigeren Umsatzentwicklung zu rechnen sei. In der Folge lieferte die Klägerin Treibstoff an die Beklagte. Es ergab sich jedoch ein Manko gegenüber der erfolgten Abrechnung. Mit Brief und Gegenbrief wurde der Tankstellenvertrag, der nach seinem Inhalt monatlich aufkündbar war, mit sofortiger Wirkung zum 10.2.1982 einvernehmlich aufgelöst. Am 12.3.1982 machte die Klägerin einen Außenstand von 588.648,79 S per 10.3.1982 geltend. In der Folge wurden über die offenen Forderungen mehrfach Gespräche zwischen den Streitteilen geführt, wobei C die offenen Beträge auf ein Manko bei der Treibstofflieferung in der Größenordnung von 'einigen 100.000 S' zurückführte. Nach Klagsandrohung durch die Klägerin, die ein solches Treibstoffmanko als unmöglich darstellte, kam es zwischen den Parteien zu einer 'Ratenvereinbarung', die in Brief und Gegenbrief vom 3.8.1982 die Verpflichtungen der Beklagten festhielt. In dieser Vereinbarung scheint ein Außenstand von 502.769,93 S auf. Dieser Betrag war in Raten bis 31.5.1983 zuzüglich einer Verzinsung von 13 % zu zahlen. Abzuziehen war eine Vergütung von 93.674,35 S zur Abgeltung sämtlicher Mankoforderungen für die gesamte Dauer der Tankstellenführung.
Für die im Saldo von 502.769,93 S berücksichtigten Warenlieferungen gibt es Lieferscheine, die überwiegend vom übernehmer unterschrieben sind. Der Saldo änderte sich bis 14.6.1984 um Zahlungen, die im Vergleich genannte Mankovergütung und Zinsenbelastungen in der vereinbarten Höhe von 13 % auf 375.928,81 S. Unter Berechnung der zwischen den Parteien vereinbarten Verzugszinsen in der Höhe von 13 % für den tatsächlichen Kapitalsbetrag ergibt sich eine offene Forderung der Klägerin von 396.459,50 S.
Rechtlich gingen die Vorinstanzen davon aus, daß eine Irreführung der Beklagten durch die Klägerin nicht erwiesen sei. Es sei auch nicht erwiesen, daß ein Liefermanko der Klägerin angelastet werden müsse. Die Klägerin habe die Beklagte weder bei Abschluß des Tankstellenvertrages noch bei Abschluß der Vereinbarung vom 3.8.1982 in Irrtum geführt. Demnach könne die Beklagte nunmehr nicht höhere Mankoforderungen geltend machen, als in dieser Vereinbarung aufscheinen.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen § 503 Abs.1 Z 2 und 4 ZPO erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.
Entgegen den Ausführungen der Revision hat das Berufungsgericht die Einwendung der Irreführung und der Sittenwidrigkeit bezüglich der Vereinbarung vom 3.8.1982 nicht mit einem bloßen Hinweis auf mangelndes Vorbringen abgetan, sondern sich mit ihr auseinandergesetzt. Die gesamten Ausführungen der Revision stehen und fallen jedoch mit der Frage, ob die Klägerin die Beklagte, sei es bei Abschluß des Tankstellenvertrages, sei es bei Abschluß der Vereinbarung vom 3.8.1982, in Irrtum geführt hat. Für eine solche listige Irreführung fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten. Die getroffenen Feststellungen lassen nicht den geringsten Schluß darauf zu. Die gesamten Ausführungen der Revision erschöpfen sich in dem unzulässigen Versuch einer Bekämpfung der diesbezüglichen vorinstanzlichen Feststellungen.
Geht man von den getroffenen Feststellungen aus, so hat die Beklagte eine listige Irreführung durch die Klägerin nicht bewiesen. Welche Umstände die Vereinbarung vom 3.8.1982 als sittenwidrig erscheinen lassen könnten, ist unerfindlich. Zu diesem Zeitpunkt waren der Beklagten sämtliche Umstände für eine Beurteilung des Tankstellenvertrages bekannt. Es wäre ihr daher frei gestanden, jegliche Vereinbarung mit der Klägerin unter Hinweis auf die angebliche Sittenwidrigkeit des Tankstellenvertrages abzulehnen. Trotzdem hat sie eine solche Vereinbarung über das Entgelt für die tatsächlich an sie erfolgten Lieferungen abgeschlossen. Die Frage des Liefermankos war Gegenstand der dem Vergleichsabschluß vorangegangenen Erörterungen zwischen den Streitteilen. Inwieweit die Klägerin hier die Beklagte in die Irre geführt haben soll, ist nach den getroffenen Feststellungen unerfindlich. Wenn aber die Beklagte selbst unrichtige Vorstellungen über die Höhe dieses Mankos hatte, was schon im Hinblick auf ihre vorangegangene Behauptung 'von einigen Hunderttausend Schilling' kaum anzunehmen ist, kann dies die Wirksamkeit des nachträglich abgeschlossenen Vergleiches nicht berühren. Das Wesen eines nach § 1380 ABGB abgeschlossenen Vergleiches besteht ja gerade darin, daß die ihm zugrundeliegenden Rechte strittig oder zweifelhaft sind. Es liegt in der Natur des Vergleiches, daß die Rechtslage zwischen den Parteien durch ihn so weit er reicht, bereinigt wird (MietSlg.35.262 u.a.). Soweit sich die Revision dagegen wendet, daß das Berufungsgericht die Auffassung des Erstgerichtes bezüglich der Verspätung gestellter Beweisanträge geteilt hat, handelt es sich um eine im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpfbare Vorgangsweise im erstgerichtlichen Verfahren (SZ 27/4, EvBl.1969/263 u.a.). Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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