Spruch:
Beide Revisionsrekurse werden z u r ü c k g e w i e s e n . Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit S 2.743,80 bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zum Revisionsrekurs (darin enthalten an Barauslagen S 480,-- und an Umsatzsteuer S 205,80) binnen 14 Tagen zu ersetzen. Der Antragsgegner hat die Kosten seiner Rekursbeantwortung zum Revisionsrekurs der Antragstellerin selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Streitteile sind Ehegatten. Sie hatten am 17.Juni 1983 geheiratet. Der Mann stand damals im 25.Lebensjahr und hatte sein Studium noch nicht abgeschlossen. Die Frau stand damals im 29. Lebensjahr. Sie war als Kindergärtnerin berufstätig. Sie war schwanger. Am 10.September 1983 gebar sie ein Mädchen. Es erhielt den Namen Jasmin. Die Eheleute begründeten ihren gemeinsamen Haushalt in einer von den Eltern der Frau gemieteten Wohnung. Der Ehemann ging nach Beendigung seiner Studien im Oktober 1983 ein befristetes Angestelltenverhältnis ein, das nach Ablauf eines halben Jahres im April 1984 nicht fortgesetzt wurde. Er war in der Folge arbeitslos. Seit August 1984 ist er als kaufmännischer Angestellter bei der B beschäftigt. Die Ehefrau widmete sich der Betreuung des Kleinkindes und der Haushaltsführung. Bis September 1984 bezog sie Karenzurlaubsgeld, in Anschluß daran bis zur erstinstanzlichen Provisorialentscheidung Notstandshilfe im Sinn der §§ 33 ff.AlVG 1977.
Am 13.Jänner 1984 brachte der Ehemann eine auf § 49 EheG gestützte Scheidungsklage ein. Eine Woche später gab die Ehefrau eine ebenfalls auf § 49 EheG gegründete Scheidungsklage zu gerichtlichem Protokoll. Das Verfahren über die Klage der Frau ruht. Im Verfahren über die Klage des Mannes stellte die Ehefrau im April 1984 einen Sicherungsantrag nach § 382 Z.8 lit a EO. Das Begehren auf Zuspruch eines Provisorialunterhaltes wurde mit Beschluß vom 22.Juli 1984 abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft. Seither fand im Scheidungsstreit, dessen Akten denen des hier anhängigen Unterhaltsstreites angeschlossen sind, keine weitere Tagsatzung statt.
Am 10.Februar 1984 verließ der Ehemann die Ehewohnung. Seither leben die Streitteile voneinander getrennt.
Am 23.Oktober 1984 brachte die Ehefrau gegen ihren Ehemann eine Klage auf Leistung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von S 3.500,-- ein. Mit diesem Klagebegehren verband sie einen Sicherungsantrag auf Bestimmung eines monatlichen Provisorialunterhaltes in der Höhe des Klagebegehrens. Die Klägerin stützte ihren Unterhaltsanspruch auf § 94 Abs 2 ABGB. Der Beklagte machte im Hinblick auf das von ihm als grob ehewidrig angesehene Gesamtverhalten der Klägerin Rechtsmißbrauch geltend. Das Prozeßgericht gab dem Provisorialbegehren auf Bestimmung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von S 3.500,-- statt. Das Rekursgericht bestätigte diese einstweilige Verfügung nur in Ansehung eines monatlichen Teilbetrages von S 1.200,-- und wies das monatliche Mehrbegehren von S 2.300,-- ab. Dazu sprach das Rekursgericht aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof im Sinn des § 502 Abs 4 Z.1 ZPO zulässig sei.
Das Rekursgericht übernahm als tatsächliche Entscheidungsgrundlagen den vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt; daraus ist in Ergänzung der vorangestellten Umstände hervorzuheben:
Die Klägerin ist als Kindergärtnerin ausgebildet. Sie übte diesen Beruf auch bis zum Beginn der Mutterschutzfrist aus. Als Kindergärtnerin bezog sie zuletzt ein Jahresnettoeinkommen von rund S 100.000,--. Bereits während ihrer Schwangerschaft erklärte ihr der Beklagte seinen Wunsch, daß sie zumindest solange, als das Kind keinen Kindergarten besuchen könnte, nur Hausfrau und Mutter sein und keiner Erwerbstätigkeit nachgehen solle.
Die Klägerin hat sich nach ihrer Entbindung der Betreuung des Säuglings und der Haushaltsführung gewidmet, ihr Beschäftigungsverhältnis ist einvernehmlich aufgelöst worden. Bis 10. September 1984 bezog die Klägerin Karenzurlaubsgeld; es betrug zuletzt S 192,80 täglich. In Anschluß daran wurde ihr, zunächst für die Dauer von 26 Wochen, Notstandshilfe im Ausmaß von S 153,70 täglich gewährt, die allerdings erst ab Anfang Dezember 1984 regelmäßig zur Auszahlung gelangte. In der Zwischenzeit deckte die Klägerin ihre Unterhaltsbedürfnisse aus Ersparnissen. Die Klägerin verfügt über Ersparnisse in der Höhe von rund S 100.000,--, die zu 4 % bis 5 % verzinst werden.
Im Oktober 1984 suchte die Klägerin im Weg einer Zeitungseinschaltung Gelegenheit zur stundenweise entgeltlichen Kinderbeaufsichtigung. Es meldeten sich bei ihr aber nur Interessenten, die bereit gewesen wären, S 20,-- bis S 30,-- je Tag zu zahlen; solche Angebote lehnte die Klägerin ab.
Am 10.Februar 1984 verließ der Beklagte nach einer schweren ehelichen Auseinandersetzung die Ehewohnung. Bis kurz vor dieser Trennung oblag die Klägerin auch in Ansehung der Person des Beklagten ihren Haushaltsaufgaben, wenn es auch wegen der Besorgung der Wäsche des Beklagten wiederholt zu Auseinandersetzungen gekommen war.
Bereits am 9.Februar 1984 hatte die Klägerin zur Anzeige gebracht, daß sie vom Beklagten am 13. und am 29.Oktober 1983 mißhandelt und verletzt worden sei, am 11.Februar 1984 brachte die Klägerin angebliche Verletzungen durch den Beklagten anläßlich der am Vortag stattgefundenen Auseinandersetzung zur Anzeige. Diese Anzeigen führten zur Einleitung eines gerichtlichen Strafverfahrens gegen den Beklagten wegen Vergehens nach § 83 StGB. Zu diesem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt hielt das Erstgericht ausdrücklich fest, daß es den genauen Handlungsablauf der einzelnen Auseinandersetzungen im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht zu klären vermochte; daher sei auch ungeklärt geblieben, ob der Beklagte am 10.Februar 1984 die Klägerin aus der Wohnung ausgesperrt habe.
Das Erstgericht folgerte aus diesem Sachverhalt auf einen dem Grunde nach aufrechten Bestand eines Unterhaltsanspruches der Ehefrau gemäß § 94 Abs 2, Satz 2 ABGB, da es das Vorliegen eines vom Beklagten eingewendeten Rechtsmißbrauches verneinte. Es erachtete die Klägerin im Rahmen ihres Anspruches auf Ehegattenunterhalt auch insoweit als unterhaltsbedürftig, als sie Notstandshilfe beziehe, weil es sich bei diesem Bezug nur um einen subsidiären Beitrag handle, der den Unterhaltspflichtigen von seiner Leistungspflicht keinesfalls entbinde.
Das Rekursgericht teilte die erstinstanzliche Beurteilung über einen dem Grunde nach aufrechtbestehenden Unterhaltsanspruch nach § 94 Abs 2 ABGB. Es befand aber, daß sich die Ehefrau nicht bloß die mit rund S 330,-- im Monat angenommenen Zinserträge eines Sparguthabens von S 100.000,-- als eigenen Befriedigungsfonds für ihre Unterhaltsbedürfnisse anzurechnen habe, sondern daß darüberhinaus die tatsächlich gewährten und bezogenen Beträge an Notstandshilfe als 'eigene Einkünfte angemessen zu berücksichtigen' seien. Demnach erachtete das Rekursgericht unter Abwägung aller sonstigen Unterhaltsbemessungsfaktoren einen S 1.200,-- monatlich übersteigenden Unterhaltsanspruch gemäß § 94 Abs 2 ABGB nicht für begründet.
Der Ehemann als Antragsgegner ficht die zweitinstanzliche Entscheidung in ihrem bestätigenden Teil mit einem auf gänzliche Abweisung des Sicherungsantrages zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.
Die gefährdete Partei macht in ihrer Rekursbeantwortung vor allem die Unzulässigkeit des vom Antragsgegner erhobenen Rechtsmittels geltend.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist unzulässig. Die nach den Verweisungsnormen der §§ 78 und 402 Abs 1 EO anzuwendende Bestimmung des § 528 Abs 1 Z.1 ZPO schließt die Anfechtung einer nur teilweise bestätigenden Rekursentscheidung in ihrem bestätigenden Teil aus (vgl.ÖBl.1985, 23 u.a.). Der Revisionsrekurs des Antragsgegners war aus diesem Grund zurückzuweisen. Der Antragsgegner hat der gefährdeten Partei die Kosten ihrer Rekursbeantwortung zu seinem unzulässigen Rechtsmittel - unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreites - zu ersetzen. Die Kosten, die mit der Geltendmachung einer nach dem konkreten Stand des Sicherungsverfahrens gegebenen Unzulässigkeit einer Verfahrenshandlung ihres Gegners insbesondere der Unzulässigkeit eines Rechtsmittels verbunden sind, sind der gefährdeten Partei bereits im Sicherungsverfahren nach Maßgabe der Kostenersatzregeln der §§ 41 ff.ZPO, §§ 78 und 402 Abs 1 EO zu ersetzen und unterliegen nicht dem von der Rechtsprechung aus § 393 Abs 1 EO abgeleiteten Kostenvorbehalt.
Die Ehefrau als gefährdete Partei erhebt gegen den abändernden Teil des zweitinstanzlichen Beschlusses mit einem auf Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag Revisionsrekurs.
Der Gegner der gefährdeten Partei strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung in ihrem abweisenden Teil an. Der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei ist wegen der - nach dem Jud.60 neu = SZ 27/177 auch im Sicherungsverfahren zur Bestimmung eines einstweilen zu leistenden Unterhaltes anzuwendenden - Rechtsmittelbeschränkung des § 502 Abs 2 Z.1 ZPO unzulässig.
Die vom Rekursgericht in Abweichung von der erstrichterlichen Beurteilung gelöste Frage, ob die einem unterhaltsfordernden Ehegatten tatsächlich ausbezahlte Notstandshilfe nach den §§ 33 ff.AlVG 1977 als 'eigene Einkünfte' im Sinne des § 94 Abs 2 ABGB zu berücksichtigen seien, fällt in die Beurteilung der zur Deckung der Unterhaltsbedürfnisse vorhandenen Mittel, die vor der Leistung des Unterhaltspflichtigen heranzuziehen sind (wie auch die Leistungen anderer Personen) und gehört damit im Sinne des genannten Judikats dem sogenannten Bemessungsbereich an (vgl.den Fall der Verfolgung von Unterhaltsansprüchen eines Kindes gegen den Mann, der nach dem Gesetz als sein Vater gilt, und die Bedachtnahme auf Leistungen des leiblichen Vaters: EFSlg.39.732; Bezug der Familienbeihilfe: EFSlg.39.734, 44.586 u.a.; generell für Leistungen Dritter: EFSlg.44.594 u.a.). Der erkennende Senat vermag sich den aus den Entscheidungen EFSlg.39.220 und 42.305 hervorleuchtenden gegenteiligen Auslegung der Rechtsmittelbeschränkungen nach § 502 Abs 1 Z.1 ZPO und § 14 Abs 2 AußStrG aus den im Judikat 60 neu ausgeführten Erwägungen nicht anzuschließen.
Die Anfechtung berührt demnach nur Fragen der Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes und ist aus diesem Grund unstatthaft. Daher war auch der Revisionsrekurs der Antragstellerin zurückzuweisen.
Der Antragsgegner hat in seiner Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des von der gefährdeten Partei erhobenen Rechtsmittels in keiner Weise hingewiesen. Sein Schriftsatz kann nicht als zur Rechtsverteidigung notwendig gewertet werden. Der Antragsgegner hat daher gemäß §§ 40 und 50 ZPO, §§ 78 und 402 Abs 1 EO die Kosten seiner Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)