OGH 3Ob548/85

OGH3Ob548/8512.6.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Rechtssache des Antragstellers Walter A, Postbeamter, 8063 Eggersdorf, Präbach 108, vertreten durch Dr.Alfred Lind, Rechtsanwalt in Graz, gegen die Antragsgegnerin Maria A, Angestellte, 8052 Graz, Steinäckerstraße 1, vertreten durch Dr.Günther Forenbacher, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 5.Feber 1985, GZ.1 R 434/84-42, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 26.September 1984, GZ.33 F 25/83-36, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin binnen 14 Tagen die mit 7.878,75 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 716,25 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Urteil vom 10.11.1982 wurde die am 20.7.1957 zwischen den Streitteilen geschlossene Ehe aus dem alleinigen Verschulden des Antragstellers geschieden.

Am 15.4.1983 stellte der Antragsteller den Antrag, das eheliche Gebrauchsvermögen dahin aufzuteilen, daß die Antragsgegnerin Eigentümerin der Liegenschaft EZ 1743 KG Wetzelsdorf mit dem Haus Steinäckerstraße 1 samt den noch im Haus befindlichen Fahrnissen bleibe bzw. werde und dem Antragsteller eine Ausgleichszahlung von 1,248.000 S für das Haus und von 100.000 S für den Hausrat zahlen müsse.

Die Antragsgegnerin erklärte, keine Ausgleichszahlung oder höchstens eine solche von 100.000 S leisten zu können und zu mehr auch nicht verpflichtet zu sein.

Das Erstgericht verfügte im Punkt 1 seines Beschlusses, daß die Liegenschaft samt den Fahrnissen im Alleineigentum der Antragsgegnerin verbleibe, verpflichtete diese im Punkt 2 des Beschlusses zur Leistung einer Ausgleichszahlung von 400.000 S und zwar 100.000 S binnen 14 Tagen, 300.000 S binnen 5 Jahren zuzüglich 4 % Zinsen, und verpflichtete die Antragsgegnerin in den Punkten 3 und 4 zur Sicherstellung der Ausgleichszahlung von 300.000 S durch Einverleibung bzw. sofortige Vormerkung eines Pfandrechtes. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Beschluß und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Die beiden Vorinstanzen gingen von folgendem Sachverhalt aus:

Der Ehe entstammen zwei eheliche Kinder, die in den Jahren 1959 und 1965 geboren sind. Bis zur Geburt des zweiten Kindes war die Antragsgegnerin als Schneiderin berufstätig und verdiente 1957 ca.800 S monatlich, 1965 ca.3.000 S monatlich. In den Jahren 1966 und 1967 bezog sie Karenzgeld bzw. Arbeitslosenunterstützung. Bis zum Jahr 1981 war die Klägerin dann überwiegend im Haushalt tätig und betreute die ehelichen Kinder. In den Jahren 1970, 1972 sowie ein halbes Jahr lang im Jahr 1974 war sie aber als Verkäuferin tätig. Ab 1981 war sie wieder berufstätig. Derzeit verdient sie etwa 4.000 S. Der Antragsteller wurde zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von 2.500 S an die Antragsgegnerin verpflichtet. Der Antragsteller verdiente 1957 etwa 1.200 S monatlich, welches Einkommen sich zuletzt auf etwa 12.000 S monatlich erhöhte. Dazu erzielte er Nebeneinnahmen als Tischler. Die Haushaltskosten bestritt bis zum Ende der Karenzzeit die Antragsgegnerin. Darnach alimentierte der Antragsteller die Familie mit einem monatlichen Betrag von zunächst 3.000 S monatlich, welcher Betrag sich allmählich bis auf zuletzt 8.000 S monatlich erhöhte. Die Antragsgegnerin hatte von ihren Eltern die damals unverbaute Liegenschaft EZ 1743 KG Wetzelsdorf geschenkt erhalten. Von Sommer 1959 bis Mitte 1961 errichteten die Streitteile auf dieser Liegenschaft ein Wohnhaus, das ihnen dann auch als Ehewohnung diente. Aus dem Vermögen der Antragsgegnerin bzw. ihrer Eltern wurden zum Hausbau 5.000 S, welche aus dem Verkauf eines Gartenhäuschens gelöst wurden, ferner 25.000 S am Beginn der Bauarbeiten und weitere 10.000 S im Jahr 1972 für Wasseranschlußkosten, also zusammen 40.000 S beigesteuert. Aus einem vom Antragsteller für eine Eigentumswohnung angesparten Betrag wurden 30.000 S für das Haus aufgewendet. Der Rest wurde durch Eigenleistungen, vor allem des Antragstellers und seiner Leute (für die er dann wiederum Gegenarbeiten verrichtete), teilweise aber auch durch Mithilfe der Antragsgegnerin (vor allem Zubereiten von Essen für die Arbeiter), durch Aufnahme eines Darlehens von 100.000 S, durch Einnahmen aus der Vermietung von zwei Zimmern im neuen Haus sowie aus dem laufenden Einkommen des Antragstellers finanziert. Die vorhandenen Fahrnisse hat der Antragsteller selbst hergestellt. Derzeit stellt das Haus ohne Grund einen Wert von 1,190.127 S dar. Die noch im Haus verbliebenen Fahrnisse haben einen Wert von 37.800 S. Fahrnisse im Wert von 30.000 S nahm der Antragsteller mit, der Antragsgegnerin verblieben weiters noch ein Kristalluster und eine Nähmaschine im Wert von 9.000 S. Im Jahr 1981 hatte der Antragsteller einen PKW um 42.000 S gekauft, den er zu Ostern 1983 um 67.000 S verkaufte, obschon der Verkehrswert 79.000 S betragen hätte.

Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Leistungen und schon erhaltenen Werte (wobei zu Lasten des Antragstellers auch der PKW berücksichtigt wurde) und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Billigkeit (Alleinverschulden des Antragstellers an der Ehescheidung, geringeres Einkommen der Antragsgegnerin) gelangten die Vorinstanzen zum Ergebnis, daß eine Ausgleichszahlung von 400.000 S angemessen sei.

Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß die Ausgleichszahlung (= Punkt 2 des Beschlusses des Erstgerichtes) nicht mit nur 400.000 S, sondern mit 650.000 S festgesetzt werde, wobei 350.000 S binnen 14 Tagen und 300.000 S binnen 5 Jahren zahlbar sein sollten oder den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Die Antragsgegnerin beantragte, dem Revisionsrekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Dem Revisionsrekurs kommt keine Berechtigung zu.

Der Antragsteller macht geltend, es müsse auch der Wert des Grundes einbezogen werden und angesichts der Mehrleistungen des Antragstellers sei es nicht gerechtfertigt, ihm weniger als den halben Wert des Hauses zuzumessen. Es sei unzutreffend, daß die Antragsgegnerin seit der Scheidung wirtschaftlich schlechter gestellt sei als der Antragsteller. Das Verschulden des Antragstellers an der Ehescheidung sei schon hinreichend dadurch berücksichtigt, daß der Antragsgegnerin die Option eingeräumt worden sei, selbst zu wählen, daß sie Alleineigentümerin der Liegenschaft bleiben wolle. Eine Kreditaufnahme sei ebenso für 650.000 S wie für 400.000 S möglich oder nicht. Die Einbeziehung des PKWs sei nicht gerechtfertigt, weil dieser nicht Gegenstand des Aufteilungsantrages sei. Zumindest sei auch eine Stundung auf fünf Jahre unzumutbar.

Diesen Ausführungen ist aber folgendes entgegenzuhalten:

Auch wenn man im Sinne der Ausführungen des Antragstellers davon ausginge, daß die unverbaute Liegenschaft wegen ihrer Größe für sich allein keinen gesonderten Wert darstellte, sondern als Teil der Ehewohnung aufgefaßt werden müßte, wäre im Ergebnis für den Antragsteller nichts zugewinnen. Auch Grund und Boden fielen dann zwar gemäß § 82 Abs.2 EheG trotz der Bestimmung des § 82 Abs.1 Z 1 EheG in die Aufteilung, müßte aber bei der Berechnung des Ausgleichsbetrages dann jedenfalls als Beitrag der Antragsgegnerin gewertet werden (JBl.1983,488, vgl. auch Entscheidungen wie EFSlg.41.363, 41.364).

Der PKW diente nach der ergänzenden Tatsachenfeststellung des Gerichtes zweiter Instanz während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten und stellt daher gemäß § 81 Abs.2 EheG eheliches Gebrauchsvermögen dar, was grundsätzlich in die Aufteilung fällt. Gemäß § 232 AußStrG kann diese Tatsachenfeststellung in dritter Instanz nicht bekämpft werden, weil der Rekurs nur wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhoben werden kann. Aus der Bestimmung des § 85 EheG folgt zwar, daß das Gericht im Rahmen des Aufteilungsverfahrens nach den §§ 81 ff EheG nur jene Vermögensgegenstände aufzuteilen hat, bezüglich deren Aufteilung es von den ehemaligen Ehegatten angerufen wurde, daß also der Gegenstand des gerichtlichen Aufteilungsverfahrens durch den Antrag der früheren Ehegatten bindend begrenzt wird, dies bedeutet aber nicht, daß bei Festsetzung einer Ausgleichszahlung auf das Schicksal der nicht vom Aufteilungsantrag erfaßten Teile des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse nicht eingegangen werden müßte, sondern im Rahmen dieser Entscheidung ist das gesamte Vermögen zu erfassen und zu berücksichtigen (EFSlg.41,405, 43.782 ua). Im vorliegenden Fall hat aber ohnedies die Antragsgegnerin in ihrer Äußerung zum Antrag des Antragstellers verlangt, daß der strittige PKW einzubeziehen sei.

Davon ausgehend, daß der Grundwert als Sonderbeitrag der Frau zu werten ist und der PKW wertmäßig zu berücksichtigen ist, entspricht ein Ausgleichsbetrag von 400.000 S nach den sonst getroffenen Feststellungen der Vorinstanzen dem im §§ 83 Abs.1, 94 Abs.1 EheG verankerten Grundsatz der Billigkeit.

Von Gewicht und Umfang des Beitrages der beiden Ehegatten her zeigt sich, daß die Antragsgegnerin mindestens eben so viel zur Ermöglichung des Hausbaues beigetragen hat wie der Antragsteller. Zwar hat dieser mit großem Fleiß die eigentlichen Eigenleistungen erbracht. Die Antragsgegnerin hat aber durch ihre Doppelbelastung im Haushalt und im Beruf ebenfalls weit mehr geleistet als es der durchschnittlichen Leistung einer Ehefrau entspricht, und hat vor allem dem Antragsteller überhaupt ermöglicht, praktisch seinen ganzen Verdienst für die Anschaffung der nötigen Baumaterialien usf zu verwenden. Und auch als dann der Antragsteller den Unterhalt der Familie bestritt, begnügte sich die Antragsgegnerin mit einem sehr bescheidenen Betrag, so daß ein beträchtlicher Teil des Einkommens des Antragstellers für den Hausbau bzw. die Abdeckung der entstandenen Schulden verwendet werden konnte.

Mit Rücksicht auf die nach der Scheidung gegebenen wirtschaftlichen Verhältnisse erscheint aber die von den Vorinstanzen vorgenommene Aufteilung etwa im Verhältnis von 3 : 2

zugunsten der Antragsgegnerin gerechtfertigt. Die Aufteilung hat sich nämlich nicht nur starr an den von beiden Teilen geleisteten Beiträgen zum letztlich erwirtschafteten Vermögen zu orientieren, sondern soll ein für beide Teile tragbares, den Umständen des Einzelfalles gerecht werdendes Ergebnis herbeiführen, durch das der ausgleichsberechtigte frühere Ehegatte angemessen, aber in einer dem zahlungspflichtigen Teil wirtschaftlich zumutbaren Weise abgefunden wird (EFSlg.43.800). Eine Ausgleichszahlung, die so hoch ausfiele, daß sie den zahlungspflichtigen Ehegatten in seiner neuen wirtschaftlichen Lage nicht mehr bestehen ließe, widerspräche der nach § 94 Abs.1 EheG zu beachtenden Billigkeit (EFSlg.38.907, 41.420, 43.801). Nach den Gegebenheiten des vorliegenden Falles ist auch zu berücksichtigen, daß der Schätzwert des Hauses für die Antragsgegnerin in erster Linie doch nur einen rechnerischen Betrag darstellt, weil sie ja im strittigen Haus weiterhin wohnen wird. Unter diesen Gesichtspunkten ist ein höherer Betrag als 400.000 S nicht zumutbar.

Der Standpunkt, die Antragsgegnerin könne auch diesen Betrag kaum aufbringen, daher spiele es sozusagen keine Rolle, ihr auch einen höheren Betrag aufzuerlegen, ist nicht verständlich. Immerhin hat sich die Antragsgegnerin jetzt mit dem Betrag von 400.000 S abgefunden. Wenn sie diesen Betrag im Kreditwege aufbringt, wird sie mit monatlichen Abzahlungsraten belastet, die sie vielleicht unter Anspannung aller Kräfte und vor allem allenfalls unter Mitwirkung ihrer beiden schon erwachsenen Kinder letztlich doch aufbringen kann, während dies für einen wesentlich höheren Betrag kaum mehr vorstellbar wäre.

Aus diesem Grund ist es im vorliegenden Fall auch vertretbar, den Teilbetrag von 300.000 S auf längstens 5 Jahre zu stunden. Der Antragsteller kann infolge des eingeräumten Pfandrechtes ohne weiteres einen Kredit etwa in der Höhe desselben Betrages erwirken, weil er sein Pfandrecht abtreten bzw. weiterverpfänden kann. Da er doch mehr verdient als die Antragsgegnerin, sind ihm die dadurch entstehenden Mehrkosten (Differenz zwischen den von der Antragsgegnerin zu zahlenden Zinsen und den Kreditzinsen) zuzumuten. Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 234 AußStrG. Wegen der bewilligten Verfahrenshilfe stehen der Antragsgegnerin keine Barauslagen zu, da sie keine Eingabengebühr entrichten hätte müssen.

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