Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben; dem Berufungsgericht wird eine neuerliche Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei aufgetragen.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin wurde von der beklagten Partei für die Zeit vom 15. Juni 1981 bis 14. Dezember 1982 zur Auswertung der Ergebnisse der Volkszählung 1981 als Vertragsbedienstete aufgenommen. Das Arbeitsverhältnis wurde von der beklagten Partei mit Schreiben vom 19. Mai 1982 gemäß § 34 Abs 2 lit c VBG 'mit Ablauf des 14. Juni 1982 vorzeitig aufgelöst'. Die Klägerin hat dieses Schreiben am 9. Juni 1982 persönlich übernommen.
Mit der Behauptung, daß die Entlassung ohne rechtfertigenden Grund ausgesprochen worden sei, begehrt die Klägerin von der beklagten Partei die Zahlung nachstehender, der Höhe nach unbestrittener Beträge:
a) Entgelt für die Zeit vom 15.6. bis 14.12.1982
S 49.914,--
b) anteilige Sonderzahlungen für diesen Zeitraum
S 8.319,--
c) Urlaubsentschädigung S 4.479,46
zusammen S 62.712,46 sA Die Klägerin macht
eine Kündigungsentschädigung geltend, ohne sich jedoch an einen bestimmten Rechtsgrund zu binden.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe, verglichen mit den übrigen Beschäftigten, eine weit unterdurchschnittliche Arbeitsleistung erbracht und sei deshalb zweimal unter ausdrücklicher Androhung der vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses ermahnt worden. Trotzdem sei ihr Arbeitserfolg auch weiterhin unter dem normalerweise zu erreichenden Niveau geblieben, so daß sich die beklagte Partei schließlich zum Ausspruch der Entlassung veranlaßt gesehen habe.
Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens und nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
Die erste Phase der Ausarbeitung der Volkszählungsergebnisse bestand darin, die Aufnahme des Materials zu überprüfen, und zwar besonders auf seine Vollständigkeit; sie dauerte von etwa Juni oder Juli 1981 bis Jänner 1982. Hierauf folgte als zweite Phase die sogenannte Signierung, bei welcher die Angaben auf den Formularen so zu codieren waren, daß sie für eine EDV-Aufarbeitung verwendbar wurden. Die Klägerin war Mitglied einer Arbeitsgruppe von 10 Personen; Leiterin der Gruppe und damit unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin war Hedwig E. Am Beginn ihrer Tätigkeit hatte die Klägerin auf Grund schriftlicher Arbeitsanleitungen oder mündlicher Anweisungen zu überprüfen, wie weit Formulare vorhanden waren und wie weit sie 'zusammenstimmten'; sie hatte auch die Reihenfolge der Formulare zu prüfen. Dabei hatten die einzelnen Mitarbeiter der Arbeitsgruppe die einfachen Fälle selbst zu lösen, bei schwierigeren Fällen aber den Gruppenleiter heranzuziehen. Außerdem gab es auch geschultes Personal, welches gleichfalls gefragt werden konnte. Auch die Klägerin hatte zunächst festzustellen, ob alle Formulare in den von den einzelnen Gemeinden abgegebenen Sammellisten enthalten waren; sie hatte ferner zu prüfen, ob die Angaben - insbesondere über den Wohnsitz - in sich konsequent waren.
In der zweiten Phase bestand die Tätigkeit der Klägerin darin, auf den einzelnen Personenblättern bestimmte Ziffern für den Computer einzusetzen, wobei diese in den schriftlichen Unterlagen festgehalten waren. Auch in dieser Phase gab es zunächst eine mündliche Einschulung, und auch hier war vorgesehen, daß in schwierigeren Fällen der Gruppenleiter gefragt werden konnte. Zur Feststellung der Leistung der einzelnen Bediensteten war ein System der qualitativen und quantitativen Leistungserfassung ausgearbeitet worden. Dabei wurden zunächst die durchschnittlichen Stundenleistungen jedes einzelnen Bediensteten, dann die durchschnittliche Leistung der Arbeitsgruppe und schließlich die durchschnittliche Stundenleistung des gesamten, aus 14 bis 16 Arbeitsgruppen bestehenden Teams festgestellt. Die Leistung des einzelnen Bediensteten wurde an der durchschnittlichen Leistung des Teams gemessen; von den Bediensteten der Arbeitsgruppen wurde aber nicht verlangt, daß sie diesen Durchschnitt tatsächlich erreichen. Grundsätzlich wurden in jedem Monat die 10 Schlechtesten des gesamten Teams zum Leiter der Ausarbeitung gerufen und wegen ihrer schlechten Leistung befragt; wenn sie keine plausible Erklärung dafür gaben, wurden sie ermahnt. Die Klägerin wurde zweimal wegen mangelnder Leistung ermahnt, und zwar zunächst am 18. März 1982 und dann noch einmal am 8. April 1982. Eine dritte Ermahnung gab es grundsätzlich nicht, wohl aber ein drittes Gespräch, bei welchem dem Bediensteten die Möglichkeit einer einverständlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses geboten wurde; andernfalls kam es zu einem Antrag auf vorzeitige Lösung.
Bei ihrer Aufnahme im Juni 1981 wurde der Klägerin mitgeteilt, daß es sich bei ihrer Tätigkeit um eine Massenarbeit handle und daß dabei Fleiß erwartet werde. Auch die Höhe ihrer Bezüge und das Ausmaß ihres Urlaubsanspruches wurden der Klägerin genannt, nicht aber die Art der Feststellung der Leistungserfassung sowie das Erfordernis einer durchschnittlichen Stundenleistung. Die Klägerin hatte keine auffallenden, über dem Durchschnitt gelegenen, sondern nur kleinere Krankenstände; eine Hand- oder Fingerverletzung wurde von ihr während des aufrechten Bestehens des Arbeitsverhältnisses nicht gemeldet. Während sie im Jahr 1981 ihren Urlaub bis auf einen Rest von 3 Tagen verbrauchte, konsumierte sie 1982 keinen Urlaub. Beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis wurde der Klägerin die Urlaubsentschädigung für den Rest ihres Urlaubsanspruches aus dem Jahr 1981, sowie für die Zeit bis zum 14. Juni 1982 ausgezahlt.
Die Klägerin hat sich bei ihrer Arbeit bemüht. Hedwig E hatte nicht den Eindruck, daß sie ihre Arbeit vernachlässigte, sondern daß sie sich bemühte.
In der Zeit vom 7. Juni bis 14. Juni 1982 unterblieb eine Arbeitsleistung der Klägerin, weil sich diese im Krankenstand befand.
Die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses wurde von der beklagten Partei damit begründet, daß die Klägerin trotz zweier schriftlicher Ermahnungen den im allgemeinen erzielbaren Arbeitserfolg nicht zu erreichen bereit gewesen und in ihrer Leistung erheblich unter dem Durchschnitt gelegen sei. Von diesen Sachverhaltsfeststellungen ausgehend, hielt das Erstgericht den Entlassungsgrund des § 34 Abs 2 lit c VBG schon deshalb nicht für gegeben, weil die Klägerin ihren Dienst nicht erheblich vernachlässigt, sondern sich im Gegenteil bemüht habe. Da die Art der Feststellung der Leistungserfassung mit der Klägerin nicht vereinbart worden sei, könne eine solche Einführung während des Arbeitsverhältnisses nicht zu dessen Auflösung führen. Die Berufung der beklagten Partei hatte Erfolg. Das Berufungsgericht hob das Urteil der ersten Instanz auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück; zugleich sprach es aus, daß das Verfahren erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses fortzusetzen sei. Es führte die Verhandlung gemäß § 25 Abs 1 Z 3
ArbGG von neuem durch und kam dabei zu den gleichen Sachverhaltsfeststellungen wie das Prozeßgericht erster Instanz, ausgenommen die Feststellung, daß sich die Klägerin bei ihrer Arbeit bemüht habe; ergänzend nahm das Berufungsgericht noch folgenden weiteren Sachverhalt als erwiesen an:
Im Jänner 1982 erbrachte die Klägerin eine Arbeitsleistung von durchschnittlich 23,5 Personenblättern pro Stunde; der Durchschnitt ihrer Arbeitsgruppe lag in diesem Zeitraum bei 48, derjenige des gesamten Teams bei 58,2 Personenblättern pro Stunde. Die entsprechenden Zahlen für die folgenden Monate lauten wie folgt:
Februar 1982: Klägerin 27,6, Arbeitsgruppe 46,3, Team 74,2;
März 1982: Klägerin 54,8, Arbeitsgruppe 82,7, Team 94,6; April 1982:
Klägerin 68, Arbeitsgruppe 74, Team 110,4; Mai 1982: Klägerin 70,9, Arbeitsgruppe 92,9, Team 114,7. Der Leiter der gesamten Ausarbeitung der Volkszählung, Karl F, verlangte als Toleranzgrenze eine Durchschnittsleistung des einzelnen Bediensteten im Ausmaß von etwa zwei Dritteln der Durchschnittsleistung des gesamten Teams. Rechtlich meinte das Berufungsgericht, daß die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 34 Abs 2 lit c VBG - anders als eine Kündigung nach § 32 Abs 2 lit c VBG - ein schuldhaftes Verhalten des Vertragsbediensteten voraussetze. Ob die Klägerin ihre unterdurchschnittlichen Arbeitsleistungen mangels entsprechender, ihr zumutbarer Bemühungen zumindest fahrlässig herbeigeführt habe, könne auf Grund der bisherigen Verfahrensergebnisse nicht verläßlich beurteilt werden. Der Zeugenaussage Hedwig ES, sie habe den Eindruck gehabt, daß die Klägerin ihre Arbeit nicht vernachlässige, sondern sich bemühe, stehe die Aussage des Zeugen Karl F gegenüber, wonach die Klägerin ihre Arbeit zwar nicht bewußt vernachlässigt, sondern 'eher nicht den nötigen Ernst dafür aufgebracht' habe und - nach dem Eindruck des Zeugen - mehr hätte leisten können, wenn sie sich entsprechend bemüht hätte. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht den Zeugen F ergänzend darüber zu befragen haben, aus welchen konkreten Umständen er diese Schlußfolgerungen gezogen habe; ebenso werde Hedwig E zur Aussage Karl FS Stellung zu nehmen haben. Eine Umdeutung der Entlassung in eine Kündigung (§ 30 Abs 3 VBG) komme bei einem befristeten Arbeitsverhältnis, wie es hier vorliege, nicht in Betracht. Auch von einer Verwirkung des Entlassungsrechtes der beklagten Partei könne nicht gesprochen werden, habe doch der Krankenstand der Klägerin schon am 7. Juni 1982 begonnen und über den Tag der Entgegennahme des Entlassungsschreibens (9. Juni 1982) hinaus noch bis zum 14. Juni 1982 fortgedauert. Durch die Erklärung der beklagten Partei vom 19. Mai 1982 sei das Arbeitsverhältnis der Klägerin in jedem Fall ausgelöst worden, gleichgültig, ob ein Entlassungsgrund nach § 34 Abs 2 VBG gegeben war oder nicht. Ob und in welchem Ausmaß sich die Klägerin auf ihren Entgeltanspruch nach § 17 VBG einen anderweitigen Verdienst anrechnen lassen müsse, könne derzeit noch nicht beurteilt werden. Im fortgesetzten Verfahren werde auch der auf § 1162 d ABGB gestützte Verfristungseinwand der beklagten Partei unter Bedachtnahme auf die jeweilige Fälligkeit der einzelnen Teilansprüche zu prüfen sein.
Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei aufzutragen, hilfsweise in der Sache selbst zu erkennen und der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil der ersten Instanz nicht Folge zu geben. Die beklagte Partei beantragt, dem Rekurs der Klägerin nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt.
Richtig ist, daß zwar der Kündigungsgrund des § 32 Abs 2
lit c VBG nicht notwendig ein schuldhaftes Verhalten des
Vertragsbediensteten voraussetzt (Arb. 6721; Arb. 8197 = JBl 1966,
575 ua.), eine Entlassung nach § 34 Abs 2 lit c VBG aber nur dann
ausgesprochen werden darf, wenn dem Vertragsbediensteten, der seinen
Dienst in wesentlichen Belangen erheblich vernachlässigt hat,
zumindest Fahrlässigkeit zur Last fällt (Arb. 9460 = JBl 1977, 604
= SozM I D 1015). Die Aufhebung des Ersturteils zur Klärung dieser
Frage war aber prozessual verfehlt: Hat das Berufungsgericht
Bedenken gegen die auf Grund eines mängelfreien - oder doch
zumindest nicht als mangelhaft gerügten - Verfahrens getroffenen
Tatsachenfeststellungen der ersten Instanz, dann darf es sich seiner
Verpflichtung, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes selbst zu
überprüfen, nicht durch eine Aufhebung des Ersturteils entziehen; es
hat vielmehr nach § 488 ZPO vorzugehen und sich durch Wiederholung
und allenfalls Ergänzung der in erster Instanz aufgenommenen, seiner
Ansicht nach unrichtig gewürdigten Beweise die Grundlage für eine
eigene Entscheidung zu verschaffen. Bei gegenteiliger Auffassung könnte das Berufungsgericht dem Erstgericht eine bestimmte Würdigung der Beweise vorschreiben, was mit dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 272 ZPO) unvereinbar wäre (EvBl 1978/194 mwN; ebenso SZ 53/124). Diese Verpflichtung gilt umso mehr für das Berufungsverfahren in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchem gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG die Streitsache vor dem Berufungsgericht in den durch die Anträge bestimmten Grenzen nach den Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Gerichtshöfen erster Instanz von neuem zu verhandeln ist (ebenso bereits 4 Ob 58/75).
Im vorliegenden Fall ist das Berufungsgericht deshalb mit einer Aufhebung des Ersturteils vorgegangen, weil die Frage, ob die Klägerin ihre unterdurchschnittlichen Arbeitsleistungen mangels entsprechender, ihr zumutbarer Bemühungen zumindest fahrlässig herbeigeführt hat, auf Grund der unterschiedlichen Aussagen der Zeugen E und F nicht verläßlich beurteilt werden könne, vielmehr eine ergänzende Vernehmung der beiden Zeugen notwendig sei. Diese Bedenken des Berufungsgerichtes gegen die Beweiswürdigung der ersten Instanz durften aber, wie die Klägerin im Rekurs mit Recht rügt, nicht zur Aufhebung des Ersturteils führen; das Berufungsgericht, welches in der Tagsatzung zur mündlichen Berufungsverhandlung am 22. September 1983 mangels Einsprache der Parteien auch das Protokoll über die Vernehmung der beiden genannten Zeugen verlesen hat, wäre vielmehr nach dem oben Gesagten verpflichtet gewesen, die ihm notwendig erscheinende Ergänzung dieser Beweisaufnahmen selbst durchzuführen und sich damit die Grundlage für eine eigene Entscheidung über die Beweisrüge der Berufung zu verschaffen (siehe jetzt auch § 496 Abs 3 ZPO in der Fassung der ZVN 1983). Schon aus diesem Grund mußte der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei aufgetragen werden.
Zu den Rechtsausführungen des angefochtenen Beschlusses, welche für den Fall einer Verneinung des Entlassungsgrundes nach § 34 Abs 2 lit c VBG Bedeutung erlangen können, ist folgendes zu bemerken:
Wie der Oberste Gerichtshof mehrfach ausgesprochen hat (SZ 27/56 =
Arb. 5934 = SozM I A d 54; Arb. 8381 = ZAS 1968, 84;
Arb. 9800 = EvBl 1972/113 = SozM I A d 975; ebenso Martinek-
Schwarz, AngG 6 , 537 f. § 25 Anm. 2), kann eine Entlassung gegebenenfalls auch in die äußere Form einer Kündigung gekleidet, also befristet ausgesprochen werden, weil es dem Arbeitgeber, der bei Vorliegen eines wichtigen Grundes das Recht zur sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses hat, nicht verwehrt werden kann, auf einen Teil dieses Rechtes zu verzichten und sich mit einer - kürzeren oder längeren - Lösungsfrist zufriedenzugeben; auch in diesem Fall muß aber aus dem Inhalt seiner Erklärung für den Arbeitnehmer klar erkennbar sein, daß der Arbeitgeber damit einen wichtigen Lösungsgrund für sich in Anspruch nimmt. Letzteres trifft hier zu, läßt doch der Wortlaut des Schreibens der beklagten Partei vom 19. Mai 1982 (Beilage C) - welches der Klägerin im übrigen erst am 9. Juni 1982 und damit 5 Tage vor dem darin genannten Termin ausgehändigt worden ist - keinen Zweifel daran, daß damit nicht etwa eine Kündigung zum 14. Juni 1982, sondern eine vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus dem Grunde des § 34 Abs 2 lit c VBG ausgesprochen werden sollte. Die Auffassung der Klägerin, die beklagte Partei habe sich durch die Befristung ihrer Entlassungserklärung des Rechtes zur vorzeitigen Vertragsauflösung begeben, ist deshalb nicht stichhältig.
Unrichtig ist die Meinung des Berufungsgerichtes, durch die Erklärung der beklagten Partei vom 19. Mai 1982 sei das Arbeitsverhältnis der Klägerin ohne Rücksicht darauf aufgelöst worden, ob der geltend gemachte Entlassungsgrund gegeben war oder nicht: Gemäß § 30 Abs 3 Satz 2 VBG gilt eine entgegen den Vorschriften des § 34 dieses Gesetzes ausgesprochene Entlassung als Kündigung, wenn der angeführte Entlassungsgrund einen Kündigungsgrund im Sinne des § 32 Abs 2 VBG begründet; liegt auch kein Kündigungsgrund vor, dann ist die Entlassung rechtsunwirksam.
Die Umdeutung einer Entlassung in eine Kündigung ist allerdings bei
einem, wie hier, auf bestimmte Zeit eingegangenen Arbeitsverhältnis
eines Vertragsbediensteten schon deshalb ausgeschlossen, weil § 30
Abs 1 Satz 2 VBG die Vertragsauflösung durch Kündigung (§ 32 VBG)
nur bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen zuläßt. Obgleich also
eine von der beklagten Partei ohne wichtigen Grund im Sinne des § 34
Abs 2 VBG ausgesprochene Entlassung gemäß § 30 Abs 3 VBG
rechtsunwirksam gewesen wäre, stand es aber doch der Klägerin frei,
auf die Geltendmachung dieses besonderen gesetzlichen Schutzes zu
verzichten und sich statt dessen auf die für den Fall einer
ungerechtfertigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgesehenen
Ansprüche zu beschränken (Arb. 9460 = JBl 1977, 604 = SozM I D
1015; ebenso SZ 53/120 = Arb. 9896 = EvBl 1981/74 = JBl 1982, 271
= RdA 1982, 105 ua.). Von diesem - durch einseitige
Gestaltungserklärung auszuübenden (siehe dazu Jabornegg in RdA 1982, 108 ff., insbes. 110 f.) - Wahlrecht hat die Klägerin hier dadurch Gebrauch gemacht, daß sie in ihrer schon am 15. Juli 1982 überreichten Klage nicht etwa die Feststellung des aufrechten Fortbestehens ihres Arbeitsverhältnisses, sondern die Zahlung einer Kündigungsentschädigung und einer Urlaubsentschädigung begehrt und damit die - ihrer Meinung nach rechtsunwirksame - Auflösung des Arbeitsverhältnisses akzeptiert hat. Das Berufungsgericht hat daher die eingeklagten Entgeltansprüche der Klägerin für die Zeit vom 15. Juni bis 14. Dezember 1982 im Ergebnis zu Recht nach den in den Fällen des § 30 Abs 3 VBG sinngemäß anzuwendenden (§ 30 Abs 4 VBG), inhaltlich den §§ 1162 a und 1162 b ABGB entsprechenden Bestimmungen des zweiten und dritten Satzes des § 17 VBG beurteilt und dabei auch die Anwendbarkeit des § 1162 d ABGB zutreffend bejaht (Arb. 6328).
Auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt kann aber ein - auch nur teilweiser - Verfall der Ansprüche der Klägerin schon jetzt ausgeschlossen werden: Gemäß § 1162 d ABGB müssen Ansprüche wegen vorzeitigem Austritt oder vorzeitiger Entlassung bei sonstigem Ausschluß binnen 6 Monaten nach Ablauf des Tages, an dem sie erhoben werden konnten, gerichtlich geltend gemacht werden. Wie sich aus § 17 Abs 3 Satz 2 VBG ergibt, werden die vertragsmäßigen Ansprüche des rechtsunwirksam entlassenen Vertragsbediensteten auf das Monatsentgelt für den Zeitraum, der bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit hätte verstreichen müssen, jeweils in dem Zeitpunkt fällig, in welchem sie bei aufrechtem Arbeitsverhältnis fällig geworden wären. Auch die sechsmonatige Fallfrist des § 1162 d ABGB beginnt also nicht erst mit der Fälligkeit des letzten Teilanspruches, sondern für jeden einzelnen Teilanspruch gesondert mit dem Tag seiner Fälligkeit zu laufen (siehe dazu die Rechtsprechung zur vergleichbaren Bestimmung des § 34 AngG: Jud. 49 neu = SZ 16/240 = Arb. 4516; Arb. 8255, 9707; EvBl 1959/319 ua; ebenso Martinek-Schwarz aaO 688 f. § 34 Anm. 7). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin das Entgelt für die ersten drei Monate (15. Juni bis 14. September 1982) bereits in der am 15. Juli 1982 überreichten Klage geltend gemacht und dieses Zahlungsbegehren dann zunächst am 11. November 1982 um zwei weitere Monatsentgelte (15. September bis 14. November 1982) sowie schließlich am 1. März 1983 um ein weiteres Monatsentgelt (15. November bis 14. Dezember 1982) ausgedehnt. Da zu keinem dieser Zeitpunkte die Fälligkeit der einzelnen Teilansprüche mehr als sechs Monate zurückgelegen war, muß der Verfallseinwand der beklagten Partei erfolglos bleiben. Daß aber der Anspruch auf Urlaubsentschädigung nach § 9 UrlaubsG ebensowenig der Verfallsbestimmung des § 1162 d ABGB unterliegt wie der Anspruch auf Urlaubsabfindung nach § 10 UrlaubsG, folgt schon daraus, daß es sich dabei um keine Ersatzansprüche im Sinne des § 17 VBG (§ 1162 b ABGB; § 29 AngG) handelt (siehe dazu Arb. 10.141 mwN).
Die Frage der Anrechnung dessen, was die Klägerin während der Zeit vom 15. September bis 14. Dezember 1982 - für die ersten drei Monate hat ja gemäß § 17 Abs 3 Satz 3 VBG eine solche Einrechnung zu unterbleiben - infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat, wird auf Grund des - allenfalls noch zu ergänzenden - Vorbringens der beklagten Partei zu prüfen sein. Die Behauptungs- und Beweispflicht für das Vorliegen solcher Umstände trifft jedenfalls die beklagte Arbeitgeberin (Arb. 10.311 = RdW 1984, 179 mwN; Arb. 10.185 ua).
Der Vorbehalt der Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO.
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