Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Erstklägerin und der Zweitkläger wurden am 20.7.1982 als Insassen eines in Österreich zugelassenen Kraftfahrzeuges schwer verletzt, als der Lenker dieses Fahrzeuges in der Nähe von Belgrad auf ein stehendes, in Jugoslawien zum Verkehr zugelassenes Fahrzeug auffuhr.
Die Erstklägerin verlangt von der beklagten Partei als Haftpflichtversicherung des erstgenannten Fahrzeuges ein Schmerzengeld von S 100.000, der Zweitkläger ein solches in der Höhe von S 50.000. Die Parteien stellten außer Streit, daß auf diesen Verkehrsunfall jugoslawisches Recht anzuwenden sei. Das Erstgericht sprach der Erstklägerin einen Betrag von S 17.000 s. A. und dem Zweitkläger einen Betrag von S 8.000 s.A. zu und wies das jeweilige Mehrbegehren ab.
Das lediglich von den Klägern angerufene Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil; es sprach aus, daß die Revision zulässig sei.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wendet sich die auf § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der klagenden Parteien mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne voller Klagsstattgebung; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes unzulässig und daher zurückzuweisen.
Hinsichtlich der Revision des Zweitklägers war davon auszugehen, daß die Ansprüche mehrerer Parteien gemäß § 55 Abs 1 Z 2 JN nur bei materieller Streitgenossenschaft im Sinne des § 11 Z 1 ZPO zusammenzurechnen sind, welche Voraussetzung bei mehreren anläßlich desselben Unfalles Geschädigten nicht vorliegt. Der Streitwert, über den das Berufungsgericht hinsichtlich des Zweitklägers in seinem bestätigenden Urteil entschieden hat, betrug nur S 42.000. Eine Revision ist demgemäß aber nach § 502 Abs 3 ZPO jedenfalls ausgeschlossen.
Die einen berufungsgerichtlichen Streitgegenstand von S 87.000 betreffende Revision der Erstklägerin liegt zwar im Zulassungsbereich der §§ 500 Abs 3, 502 Abs 4 Z 1 ZPO, doch ist das Revisionsgericht gemäß § 508 a Abs 1 ZPO an den diesbezüglichen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 3 ZPO nicht gebunden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes hängt die Entscheidung der Rechtssache vorliegendenfalls nicht von einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO ab, was jedoch Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision der Erstklägerin wäre. Hiezu ist auszuführen:
Nach der zutreffenden unterinstanzlichen Rechtsansicht ist auf den vorliegenden Verkehrsunfall gemäß Art.4 lit b des Haager übereinkommens über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht BGBl.1975/387, das Recht des Unfallsortes, somit jugoslawisches Recht, anzuwenden. Nach Art.8 Z 4 dieses übereinkommens bestimmt das anzuwendende Recht insbesondere auch den Umfang des Ersatzes. Die Anwendung fremden Rechtes durch das inländische Gericht geschieht nach der nunmnehr ausdrücklichen Vorschrift des § 3 F 'wie in seinem ursprünglichen Geltungsbereich'. Nach der ständigen - auch bereits zu § 37 ABGB ergangenen - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bedeutet dies, daß die ausländischen Normen so anzuwenden sind, wie es dem herrschenden ausländischen Gerichtsgebrauch und der herrschenden ausländischen Lehre entspricht (ZVR 1972/143, 1978/243; 2 Ob 180/82, 8 Ob 530/84 u. v.a.).
Vorliegendenfalls hat das Erstgericht den Schmerzengeldanspruch der Erstklägerin nach Einholung einer Auskunft des Bundesministeriums für Justiz sowie eines Sachverständigengutachtens (vgl. § 4 Abs 1 F) auf der Grundlage des jugoslawischen Rechtes in seiner der jugoslawischen Judikatur und Lehre entsprechenden Anwendung beurteilt. Daß diese Beurteilung im Sinne des jugoslawischen Gerichtsgebrauches zutreffend sei, wurde in der Berufung ausdrücklich zugestanden. Auch das Berufungsgericht führte in seiner Entscheidung zusammenfassend aus (Seite 6 seines Urteiles), der Berufung könne im Hinblick auf diese vom Erstgericht entsprechend der Spruchpraxis der jugoslawischen Gerichte erfolgte und somit zutreffende Rechtsanwendung kein Erfolg zuteil werden. Es hielt die Revision aber deswegen für zulässig, weil 'wegen der Zunahme des Transitverkehres durch Jugoslawien das Bedürfnis nach einer gesicherten Rechtsprechung bestehe'.
Dieser Ausspruch erweist sich im Hinblick auf die vorgenannte einhellige und somit gesicherte Judikatur als rechtsirrig. Diese einhellige Rechtsprechung schließt nämlich auch jeden Zweifel darüber aus, daß das Schmerzengeld der Erstklägerin ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der jugoslawischen Rechtsordnung und nach den von dieser gegebenen Maßstäben zu bemessen ist. Damit fehlt es aber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes vorliegendenfalls an den Voraussetzungen im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO. Entspricht die Auslegung der nach den kollisionsrechtlichen Normen anzuwendenden ausländischen Sachnorm durch das Berufungsgericht der ausländischen Lehre und Rechtsprechung, so ist das Fehlen einer - keinerlei Leitfunktion ausübenden - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes für die Beurteilung der Rechtserheblichkeit iSd § 502 Abs 4 Z 1 ZPO grundsätzlich ohne Bedeutung (2 Ob 565/83, 6 Ob 666/84, 2 Ob 1005/85).
Auch die Revision der Erstklägerin war demgemäß als unzulässig zurückzuweisen.
Da die Unzulässigkeit der Revision in der Revisionsbeantwortung nicht geltend gemacht wurde, gebühren für die Revisionsbeantwortung keine Kosten (Arb 7414; RZ 1977/134; 1 Ob 661/83 uva), und zwar ungeachtet der Zulassung der Revision iSd § 502 Abs 4 Z 1 ZPO durch das Berufungsgericht (2 Ob 41/84).
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