OGH 5Ob543/85

OGH5Ob543/8514.5.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Griehsler, Dr. Kralik, Dr. Jensik und Dr. Klinger als Richter in der Exekutionssache der gefährdeten Partei Ella A, Angestellte, Ruster Straße 87a/1/2/10, 7000 Eisenstadt, vertreten durch Dr. Johann Kölly, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, wider ihren Gegner Arnold A, Landwirt, Punitzerstraße 19, 7540 Güssing, vertreten durch Dr. Karl Baldauf, Rechtsanwalt in Güssing, wegen der einstweiligen Sicherung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgerichtes vom 10.Jänner 1985, GZ R 504/84-43, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Güssing vom 13.September 1984, GZ F 1/82-35, abgeändert wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die am 30.5.1942 geborene Frau und der am 14.2.1936 geborene Mann haben am 26.4.1960 die Ehe geschlossen. Die Frau hat die gemeinsamen Kinder Anita, geboren am 10.12.1959, Edith, geboren am 26.11.1960, Gerlinde, geboren am 11.4.1963, Erika, geboren am 5.11.1966, und Brigitte, geboren am 7.1.1968, gepflegt und erzogen. Das Landesgericht Eisenstadt hat mit dem Urteil vom 20.1.1982 die Ehe geschieden.

Nach Rechtskraft des Scheidungsurteiles beantragte die Frau am 5.7.1982, daß das Gericht über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse entscheide. Der Mann wendete ein, die in seinem Eigentum stehenden Liegenschaften seien dem Betrieb seiner Landwirtschaft gewidmet und damit als Unternehmen der Aufteilung entzogen (§ 82 Abs 1 Z 3 EheG). Eine Einigung über eine Vermögensaufteilung kam nicht zustande. Am 13.9.1984 beantragte die Frau, dem Mann mittels einstweiliger Verfügung die Belastung und Veräußerung der in seinem Allein- oder Anteilseigentum stehenden Liegenschaften zu verbieten, weil bei dem Schuldenstand die Einverleibung von Pfandrechten oder der Verkauf von Grundstücken zu befürchten sei, wodurch die Naturalteilung vereitelt oder ein Versteigerungserlös vermindert würde. Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Es verbot dem Mann zur Sicherung des Anspruches der Frau auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens die Veräußerung, Belastung und Verpfändung der Liegenschaften EZ 1213, EZ 349, EZ 1318 und EZ 475 je der Katastralgemeinde Güssing, EZ 97 und 211 je der Katastralgemeinde Kleinmürbisch, EZ 352, EZ 715

und EZ 170 je der Katastralgemeinde Neustift bei Güssing, EZ 62 der Katastralgemeinde Tschanigraben und EZ 1428 der Katastralgemeinde Neutal, seiner Hälfteanteile an den Liegenschaften EZ 470 der Katastralgemeinde Reinersdorf, EZ 83 der Katastralgemeinde Tschanigraben und EZ 437 der Katastralgemeinde Großmürbisch, sowie seines Drittelanteils an der Liegenschaft EZ 285 der Katastralgemeinde Neustift bei Güssing, ordnete an, daß das für die Zeit bis zur rechtskräftigen Erledigung des Aufteilungsverfahrens längstens bis 31.12.1985 erlassene Verbot im Lastenblatt der Liegenschaften anzumerken und im Eigentumsblatt ersichtlich zu machen sei und setzte den Geldbetrag, durch dessen gerichtliche Hinterlegung die Vollziehung der bewilligten Verfügung gehemmt und der Mann zu dem Antrage auf Aufhebung der bereits vollzogenen einstweiligen Verfügung berechtigt wird (§ 391 Abs 1 Satz 2 EO), mit S 1.100.000,- fest.

Das Erstgericht sah als bescheinigt an, daß die im Eigentum oder Miteigentum der geschiedenen Eheleute stehenden Liegenschaften insgesamt etwa S 5,800.000,- wert sind, daß der Mann Schulden von etwa S 3,400.000,-

abzustatten und in einem Zeitungsinserat den Verkauf von 2 ha Wald und landwirtschaftlicher Geräte angeboten hat, und meinte, daß wegen der Vielzahl der Gläubiger des Mannes die Durchsetzung des Anspruchs der Frau auf lastenfreie überschreibung einzelner Liegenschaften erschwert und daher gefährdet sei. Dieser Gefahr sei durch das Verbot der Veräußerung, Belastung und Verpfändung der Liegenschaften des Mannes zu begegnen.

Zugleich verfügte das Erstgericht mit Beschluß GZ F 1/82-36, daß in Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens der Mann die Liegenschaft EZ 1428

der Katastralgemeinde Neutal, die er am 12.2.1980 gekauft hatte und die S 1,798.365,-- wert ist, lastenfrei in das Eigentum der Frau, diese wieder ihre Hälfteanteile an den Liegenschaften EZ 470 der Katastralgemeinde Reinersdorf, EZ 83 der Katastralgemeinde Tschanigraben und EZ 437 der Katastralgemeinde Großmürbisch in das Eigentum des Mannes zu übertragen haben.

Das Erstgericht sah diese Aufteilung als billig an, weil dem Mann neben den landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten die zur Weiterführung des landwirtschaftlichen Betriebes als Einheit zu belassenden Grundstücke blieben oder zukämen, der Frau hingegen das Gasthaus in Neutal, das keine landwirtschaftliche Nutzung zulasse und von der Frau selbst betrieben oder verpachtet werden könne. Es handle sich nicht um die Aufteilung von Unternehmen, weil der Verkehrswert der dem Mann bleibenden Wohngebäude in Güssing, Kasernenstraße 34 und Punitzerstraße 19, den Schätzwert der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke weit übersteige und die Bewirtschaftung der Landwirtschaft nicht als Unternehmenstätigkeit angesehen werden könne.

Der Mann erhob gegen die einstweilige Verfügung und gegen den Aufteilungsbeschluß rechtzeitig Rekurs.

Das Rekursgericht gab dem gegen die einstweilige Verfügung erhobenen Rekurs des Mannes Folge, hob die Verfügung auf und wies den Provisorialantrag der Frau ab. Es sprach aus, daß es über einen Streitgegenstand entschieden habe, dessen Wert S 300.000.- übersteige. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, es sei zwar zur Sicherung des ehelichen Gebrauchsvermögens auch die Erlassung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes zulässig, doch habe das Erstgericht zu Unrecht die landwirtschaftlich genutzten Liegenschaften und das Gasthaus in Neutal in die Aufteilung einbezogen. Es handle sich dabei um Sachen, die zu einem Unternehmen gehören und daher nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG nicht der Aufteilung unterliegen. Die landwirtschaftlich genutzten Grundstücke und die Wirtschaftsgebäude seien als Unternehmen nicht der Aufteilung unterworfen. Die Erwerbsquellen der Ehegatten seien nur unterhaltsrechtlich von Bedeutung; soweit ein Ehegatte im Erwerb des anderen mitgewirkt habe, könne er nur nach § 98 ABGB Abgeltung verlangen. Dies gelte auch für den vom Mann während der Ehe erworbenen und verpachteten Gastwirtschaftsbetrieb in Neutal. Die erlassene Verfügung sei verfehlt, weil damit ein Anspruch auf Liegenschaften oder Liegenschaftsanteile gesichert werden sollte, die gar nicht Gegenstand der Aufteilung seien. Nur das Haus mit der Ehewohnung unterliege der Aufteilung. Daß die Veräußerung oder Belastung dieser Liegenschaft drohe, sei nicht behauptet worden. Gegen den abändernden Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich die Frau mit ihrem nach § 402 und § 78 EO, § 528 Abs 2 und § 502 Abs 4 Z 2 ZPO zulässigen Revisionsrekurs. Sie will die Wiederherstellung der erstgerichtlichen einstweiligen Verfügung erreichen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Frau wendet sich vor allem gegen die in der Rekursentscheidung zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht, die dem Landwirtschaftsbetrieb gewidmeten Grundstücke seien wie die Liegenschaft mit dem Gasthausbetrieb nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG als zu einem Unternehmen gehörig nicht Gegenstand der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens. Der Landwirtschaftsbetrieb sei während aufrechter Ehe von beiden Teilen gemeinsam geführt worden, die zugekauften Grundstücke habe der 'dominierende' Mann 'ins Grundbuch eintragen lassen', doch sei teilweise auch die Frau Eigentümerin oder Miteigentümer von Grundstücken gewesen, die dem gemeinsam geführten Landwirtschaftsbetrieb zugehörten. Das Gasthaus sei als Ersparnis angekauft worden. Es müsse daher zur Aufteilung aller Liegenschaften kommen.

Darauf, welche Sachen in die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse einzubeziehen sind, kommt es jedoch aus den folgenden überlegungen bei der Entscheidung über den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung nicht an:

Im Verfahren über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des ehelichen Gebrauchsvermögens nach § 382 Z 8 lit c EO sind nämlich keine Erwägungen anzustellen, wie die Aufteilung vorgenommen werden wird. Die Aufteilung ist nach Billigkeit vorzunehmen (§ 83 EheG). Die Anträge der Parteien stellen nur eine das Gericht nicht bindende Anregung dar. Das Gericht soll ihnen nur eine ausdrücklich von beiden Teilen abgelehnte Rechtsgestaltung nicht aufzwingen (EFSlg 43.784; EFSlg 41.408 ua). Das Ergebnis der Aufteilung darf im Provisorialverfahren nicht vorweg genommen werden. Bei dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Z 8 lit c EO kann daher nicht verlangt werden, daß ein Anspruch auf eine konkrete Art der Aufteilung behauptet und bescheinigt wird. Es genügt, daß der Aufteilungsanspruch an sich und dessen Gefährdung bescheinigt ist (OGH 12.3.1985 2 Ob 527/85).

Ein Aufteilungsanspruch an sich besteht gewiß. Es kann aber - weil der Sachentscheidung nicht vorzugreifen ist - noch nicht gesagt werden, wie die billig zu treffende Rechtsgestaltung erfolgen wird. Die Frau hat ihren Provisorialantrag mit der Gefahr begründet, die Naturalaufteilung könne bei der Vermögenslage und der Veräußerungsabsicht des Mannes vereitelt werden. Das Erstgericht hat die bücherlich sichergestellten Verbindlichkeiten des Mannes mit etwa S 2,750.000,- festgestellt und eine weitere Verschuldung des Mannes von etwa S 650.000,- als möglich bezeichnet. Wenn der Mann nun in einer Landwirtschaftszeitung Pflug und Traktor sowie 2 ha Wald zum Verkauf anbietet, kann darin, wenn andrängende Gläubiger zu befriedigen sind und die Belastungen des unbeweglichen Vermögens bedeutend ist, noch nicht eine Gefährdung des Aufteilungsanspruches der Frau gesehen werden. Daß bei den bücherlichen Lasten Gefahr besteht, daß Buchberechtigte auf Verwertung der Liegenschaften dringen, ist durch die nun begehrte Verfügung ohnedies nicht zu verhindern. Daß der Frau im Rahmen der Aufteilung ein Anspruch auf übertragung bestimmter Liegenschaften zusteht und daß der Mann Anstalten getroffen hat, diesen Aufteilungsanspruch zu gefährden, oder daß sonst durch Vermögensumschichtung diesem Anspruch objektiv Gefahr drohe, wurde nicht behauptet und bescheinigt. Ob auch zur Sicherung eines Geldausgleichsanspruches das bücherliche Veräußerungs- und Belastungsverbot verfügt werden kann, bedarf nicht der Untersuchung. Es ist nämlich nicht bescheinigt, daß der Mann Schritte gesetzt hätte, durch Vermögensverschleuderung Ansprüche der Frau zu gefährden. Es fehlt daher schon an der objektiven Gefährdung.

Damit hat das Rekursgericht im Ergebnis zutreffend den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung abgelehnt.

Dem Revisionsrekurs bleibt der Erfolg versagt.

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