OGH 4Ob509/85

OGH4Ob509/8514.5.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am 14. Mai 1974

ehelich geborenen Roman A infolge Revisionsrekurses des Vaters Dieter A, Kaufmann in Würnitz, Franz-Lehargasse 19, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 30. November 1984, GZ 43 R 1464/84-193, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 19. Oktober 1984, GZ 1 P 169/81-183, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern des minderjährigen Rudolf A ist seit dem 10. Mai 1976 geschieden. Das Kind befindet sich beim Vater, welchem auch die Elternrechte zustehen. Seit 1978 hat es zwischen Mutter und Kind keine persönlichen Kontakte mehr gegeben. Das Kind möchte seine Mutter sehen - 'aber nur ein einziges Mal' -, und zwar allein, ohne Gegenwart dritter Personen.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 19. Oktober 1984 wurde das Besuchsrecht der Mutter auf deren Antrag dahin geregelt, daß die Mutter mit dem Minderjährigen nach vorheriger Absprache über den genauen Termin am ersten nach Rechtskraft dieses Beschlusses folgenden Amtstag der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg in den Räumlichkeiten der dortigen Jugendabteilung in Anwesenheit einer dort beschäftigten Person zusammentreffen dürfe.

Dem Rekurs des Vaters - welcher sich nur dagegen gewandt hatte, daß die Kontaktnahme des Kindes mit seiner Mutter nicht 'privat' (und in Gegenwart des Rekurswerbers), sondern 'unter Aufsicht' stattfinden sollte - gab das Rekursgericht teilweise, nämlich dahin Folge, daß der Besuchskontakt zwar in den Räumlichkeiten des Jugendamtes Korneuburg ohne Beisein des Vaters, aber auch in Abwesenheit einer beim Jugendamt beschäftigten Person auszuüben sei.

Gegen diese - beiden Teilen am 24. Jänner 1985

zugestellte - Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag (ON 200), die Anordnung, daß der Besuchskontakt zwischen Mutter und Kind in den Räumlichkeiten des Jugendamtes Korneuburg (ohne Beisein des Vaters) zu erfolgen habe, ersatzlos aufzuheben und den Besuch 'zum Wochenende (Samstag-Nachmittag bzw. Sonntag)' zu gestatten.

Dieser an das Bezirksgericht Döbling gerichtete, am letzten Tag der Rechtsmittelfrist (7. Februar 1985) zur Post gegebene Revisionsrekurs ist bei dem genannten Gericht am 8. Februar 1985 eingelangt. Er ist ungeachtet dessen, daß das Bezirksgericht Döbling seine Zuständigkeit zur Besorgung der vorliegenden Pflegschaftssache schon am 19. Oktober 1984 gemäß § 111 JN dem Bezirksgericht Korneuburg übertragen hatte - wo das Rechtsmittel des Vaters erst am 16. Februar 1985 eingelangt ist -, als rechtzeitig anzusehen, weil der Vater von der übernahme der Pflegschaftssache durch das Bezirksgericht Korneuburg erst am 7. Februar 1985 (durch Zustellung des Außerstreit-Formulars Nr. 138 a) und damit in einem Zeitpunkt verständigt wurde, in welchem er - seinen unwiderlegbaren Angaben (ON 200) zufolge - das Rechtsmittel bereits an das Bezirksgericht Döbling abgeschickt hatte.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist jedoch unzulässig.

Wie der Oberste Gerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat (RZ 1984/84;

ebenso 1 Ob 568/84; 1 Ob 671/84), war es die erklärte Absicht des Gesetzgebers der Zivilverfahrens-Novelle 1983, durch die Neufassung der § 502 Abs 3 und § 528 Abs 1 Z 1 ZPO die Anfechtbarkeit teilweise bestätigender Entscheidungen für den Bereich der Zivilprozeßordnung abweichend von den Grundsätzen des Judikates 56 neu zu regeln (siehe dazu auch Petrasch, Das neue Revisions-(Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983, 169, 175, 203). Damit kann aber auch die bisherige Auslegung der §§ 14 und 16 AußStrG, welche ausschließlich auf die analoge Anwendung der Grundsätze des Judikates 56 neu gestützt wurde, nicht länger aufrechterhalten werden: Schon aus dem Aufbau des Gesetzes ergibt sich, daß die Grenzlinie zwischen einer bestätigenden und einer abändernden Entscheidung dort zu ziehen ist, wo dem Rekurs einer Partei in trennbarer Weise auch nur teilweise nicht Folge gegeben wurde. § 14 Abs 1 AußStrG regelt die Anfechtbarkeit eines abändernden (oder aufhebenden: Jud. 203) Beschlusses der zweiten Instanz; andere Rekursentscheidungen müssen daher als bestätigend (§ 16 AußStrG) angesehen werden. Das Rechtsmittel des Vaters wendet sich vor allem dagegen, daß der von den Vorinstanzen gestattete Besuchskontakt zwischen Mutter und Kind in den Räumen des Jugendamtes Korneuburg stattfinden soll; er strebt darüber hinaus - erstmals im Revisionsrekurs - eine Verlegung dieser (einmaligen) Kontaktnahme auf das Wochenende (Samstag-Nachmittag oder Sonntag) an. Gerade in diesen beiden Punkten liegen aber übereinstimmende Entscheidungen erster und zweiter Instanz vor, so daß der Beschluß des Rekursgerichtes insoweit nur aus den Gründen des § 16 Abs 1 AußStrG bekämpft werden kann.

Der hier allein in Betracht kommende Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit ist nicht gegeben: Er liegt nur dann vor, wenn ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar geregelt ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann, trotzdem aber eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (SZ 21/10; SZ 39/103;

SZ 44/180 uva) oder die Entscheidung den Grundprinzipien des Rechtes widerspricht (EFSlg 32.617, 35.071, 37.389 ua). Da jedoch die Frage, wann und wo das einem Elternteil eingeräumte Besuchsrecht auszuüben ist, im Gesetz nicht geregelt, vielmehr die Entscheidung darüber vom Gericht nach pflichtgemäßem, alle Umstände des Falles zu berücksichtigenden Ermessen zu treffen ist, kann von einer offenbaren Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund keine Rede sein. Der (außerordentliche) Revisionsrekurs des Vaters mußte deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden.

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