OGH 3Ob34/85

OGH3Ob34/858.5.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Friedrich A, Rechtsanwalt, 5020 Salzburg, Imbergstraße 22, vertreten durch Dr. Joachim Hörlsberger, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Eva B, Hausfrau, 5020 Salzburg, Alpenstraße 24, vertreten durch Dr. Gerald Kleinschuster und Dr. Hans Günther Medwed, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 48.883,34 samt Anhang infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 21. Februar 1985, GZ 33 R 75/85-6, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 7. Dezember 1984, GZ 18 C 2432/84-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger behauptet, die Beklagte benütze seit Anfang 1983 eine Wohnung in einem in seinem Eigentum stehenden Haus titellos, begehrt ein Benützungsentgelt von S 48.883,34 und beantragte die pfandweise Beschreibung der von der Beklagten in die Wohnung eingebrachten Fahrnisse.

Das Erstgericht bewilligte die pfandweise Beschreibung. Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Antrag auf Bewilligung der zwangsweisen Beschreibung abgewiesen wurde. Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, daß die Bestimmung des § 1101 ABGB nicht schlechthin auf jede titellose Benützung anwendbar sei. Es sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei.

Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, ihn im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Anwendung des § 1101 ABGB für Fälle titelloser Benützung einer Wohnung, ohne daß dies Nachwirkungen eines Mietvertrages wären oder sonst eine öhnlichkeit mit einem Mietvertrag bestünde, - soweit überblickbar - eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliegt. Der von der zweiten Instanz behandelten Rechtsfrage kommt daher erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zu.

Der Revisionsrekurs ist aber nicht begründet.

Prinzipiell stellt das gesetzliche Pfandrecht nach § 1101 ABGB eine Ausnahmenorm dar, die nicht ohne weiteres ausdehnend interpretiert werden darf (vgl. RGR-Komm. 12 Anm. 18 zu § 559 BGB, Soergel 11 Anm. 6 zu § 559 BGB bei gleichgelagerter Rechtslage). Wenn daher gemäß der zitierten Bestimmung nur der Vermieter oder Verpächter zur Sicherstellung des Bestandzinses ein Pfandrecht erlangt, so kommt eine analoge Anwendung des § 1101 ABGB auf andere Fälle nur in Frage, wenn eine vergleichbare und vor allem auch wirtschaftlich weitgehend ähnliche Interessenlage gegeben ist (vgl. etwa Bydlinski in Rummel RZ 4 zu § 7 ABGB: 'Gleichheit des Rechtsgrundes und des Schutzbedürfnisses').

Dies trifft auf ein Benützungsentgelt zu, das nach Auflösung eines Mietvertrages aber vor Räumung der Bestandsache durch den Mieter in Höhe des ursprünglichen Mietzinses geschuldet wird (SZ 23/200 = JBl

1951, 240 =

MietSlg 1138; RZ 1955, 14 = MietSlg 3720). Auch die Ausdehnung der Regeln des § 1101 ABGB auf die Verpachtung eines Unternehmens liegt auf dieser Linie (MietSlg 3723, SZ 27/97, vgl. dazu aber immerhin beachtliche Gegenstimmen im Schrifttum). Und auch im Falle einer behördlichen Einweisung ist die behandelte Analogie einleuchtend, weil sie einen Titel zur (entgeltlichen) Benützung bildet (MietSlg 7914).

Zu weitgehend ist bereits eine Entscheidung eines Gerichtes zweiter Instanz (EvBl 1954/42 = MietSlg 2834, angeführt in der von der klagenden Partei zitierten Entscheidung MietSlg 27189), die das Pfandrecht schlechthin in allen Fällen gelten lassen will, in denen auch ohne Bestandvertrag für die Gebrauchsüberlassung überhaupt ein bestimmtes Entgelt als Gegenleistung geschuldet wird (vgl. hiezu auch Würth in Rummel, RZ 2 zu § 1101 ABGB).

Selbst von diesem Fall unterscheidet sich aber der vorliegende Rechtsfall dadurch, daß es auch an einer Vereinbarung zur Zahlung eines Entgeltes außerhalb eines Bestandvertrages fehlt. Die klagende Partei hat in der Klage selbst nicht ausgeführt, aufgrund welcher Umstände sich die Beklagte in den Besitz der Wohnung setzen konnte. Es fehlt daher an Hinweisen für irgend ein Rechtsverhältnis, das eine analoge Anwendung des § 1101 ABGB zuließe. Der Kläger vertritt vielmehr den Standpunkt, daß § 1101 ABGB in allen Fällen titelloser Benützung angewendet werden müsse, was nicht zutrifft. Das Gericht zweiter Instanz hat daher den Antrag auf Bewilligung der pfandweisen Beschreibung mit Recht abgewiesen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 402, 78 EO, 50, 40 ZPO.

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