OGH 11Os50/85

OGH11Os50/8530.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.April 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Köhl als Schriftführer in der Strafsache gegen Kurt A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 29. November 1984, GZ 18 Vr 2.407/84-42, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertretes des Generalprokurators, des Ersten Generalanwaltes Dr. Knob, und des Verteidigers Dr. Barbara Schöll, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Freiheitsstrafe auf 2 1/2 (zweieinhalb) Jahren erhöht.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21.August 1948 geborene Kurt A des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB (A) und des Vergehens des Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB (B) schuldig erkannt. Darnach hat er mit Bereicherungsvorsatz nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu vermögensschädigenden Handlungen verleitet und diesen Personen hiedurch einen insgesamt 100.000 S übersteigenden Schaden zugefügt (A) und zwar I. am 12.Juli 1984 in Salzburg, indem er sich als zahlungsfähiger und zahlungswilliger Automieter für wenige Tage ausgab, Verfügungsberechtigte der Firma Autoverleih B GesmbH zur übergabe eines Personenkraftwagens der Marke Mercedes 280 SE gegen Leistung einer Anzahlung von 3.000 S (Schaden mindestens 103.000 S); II. in der Zeit vom 23.Juli bis 3.August 1984 in Jugoslawien, indem er sich als durch einen Diebstahl geschädigter, sonst aber zahlungsfähiger Besitzer eines teuren Autos ausgab, der sich in vorübergehender Geldverlegenheit befinde, drei Urlaubsgäste zur Gewährung von Darlehen (Schaden 600 DM, 10.000 Dinar, 2.500 S); III.im Juli 1984 in Salzburg, indem er sich als zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde ausgab, einen Druckereibesitzer zur Herstellung von Visitenkarten und Firmenpapier (Schaden 2.508 S) und IV. in der Zeit vom 12. bis 30.Juli 1984 in Graz und Jugoslawien, indem er sich als zahlungswilliger und zahlungsfähiger Gast ausgab, Gast- und Beherbungsbetriebe zur Gewährung von Quartier und Verköstigung (Schaden 4.664 S und 26.930 Dinar).

überdies liegt A zur Last, in der Zeit vom 25.Juni bis 10.Juli 1984 in Salzburg mit Bereicherungsvorsatz der Margit C, die ihm vorübergehend Unterkunft gewährte, eine Jugendstiluhr im Wert von 20.000 S und einen Weißgoldring im Wert von 5.000 S weggenommen zu haben (B).

Nur die Schuldspruchsfakten A I und B ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 9 lit. c StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, während die Staatsanwaltschaft den Strafausspruch mit Berufung bekämpft.

In seinen Verteidigungsrechten hinsichtlich des ihm angelasteten Betrugsfaktums A I fühlt sich der Angeklagte durch Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einvernahme eines informierten Vertreters der Firma B deshalb beschnitten, weil ihm dadurch die Möglichkeit genommen worden sei, unter Beweis zu stellen, daß unter Berücksichtigung der langen Anmietdauer des Personenkraftwagens - das Fahrzeug wurde erst nach 41 Tagen in Jugoslawien sichergestellt - ein geringerer als der vom Erstgericht angenommene Mietpreis zu berechnen gewesen wäre und der Schaden (auch unter Hinzurechnung der übrigen Betrugsfakten) insgesamt unter 100.000 S lag.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Vorbringen entspricht teilweise nicht den formalen Voraussetzungen für die erfolgversprechende Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO; im übrigen aber ist der im Urteil nachgeholten Begründung des Erstgerichts (S 255, 278, 279), daß die Beweisanbote für die Entscheidung nicht wesentlich sind, zu folgen. Vorweg ist nämlich festzuhalten, daß bei Prüfung der Berechtigung eines Beweisantrages stets von der Verfahrenslage in der Hauptverhandlung und von dem vom Beschwerdeführer angegebenen (aus dem Protokoll ersichtlichen) Beweisthema ausgegangen werden muß (Mayerhofer-Rieder 2 , E 40, 41 zu § 281 Z 4 StPO). Es erübrigt sich daher schon aus diesem Grund, auf jene Beschwerdebehauptungen einzugehen, mit denen der Angeklagte erst im Rechtsmittelverfahren darzutun versucht, weshalb durch die Einvernahme des beantragten Zeugen die Beweislage für die Schadensberechnung zu seinen Gunsten maßgeblich verändert worden wäre. Eine Beweisaufnahme darüber aber, 'wie sich die Rechnung (der Firma B - S 151) aufschlüsselt, ob zuzüglich zur Tagesmiete die Kilometer verrechnet werden' (S 253) und darüber, 'ob der Zeuge D ermächtigt war, zu den vom Angeklagten behaupteten Konditionen das Fahrzeug zu vermieten' (S 254), war jedenfalls entbehrlich. Die Aufschlüsselung in Tagesmiete und Kilometerkosten, die überdies mit den vom Beschwerdeführer akzeptierten Vertragsbedingungen (S 12) und mit dem während der Hauptverhandlung telefonisch erhobenen Tarif (S 254) im Einklang steht, konnte das Gericht ohne Verstoß gegen Verfahrensgrundsätze auf Grund der von der Firma B gelegten Rechnung (S 151) feststellen, zumal auch im Beweisantrag nicht näher begründet wurde, weshalb bei Einvernahme eines informierten Vertreters dieser Autoverleihfirma eine der Rechnungslegung widersprechende Zeugenaussage zu erwarten gewesen wäre. Im übrigen gelangte das Gericht bei der Schadensfeststellung (S 272, 273) im Zweifel zugunsten des Beschwerdeführers ohnehin zu einer wesentlich geringeren Schadenssumme als der in der genannten Rechnung angeführten. Eindeutig wurde allerdings unter Zugrundelegung der als unbedenklich beurteilten Zeugenaussage des (als Vermittler der Autoverleihfirma tätig gewesenen) Kurt D, der schriftlichen Vereinbarungen und des Verhaltens des Angeklagten (S 274-279) konstatiert, daß die ursprüngliche pauschale Mietvereinbarung (die der Angeklagte auf den ganzen Benützungszeitraum ausgedehnt wissen will) nur zwei Tage umfaßte, sodaß die im Beweisanbot zuletzt relevierte Frage, ob der Zeuge D ermächtigt war, das Fahrzeug zu den vom Angeklagten behaupteten Konditionen zu vermieten, vom Gericht gar nicht mehr zu prüfen war, weil es diesem Teil der Verantwortung den Glauben versagte (SSt. 34/65, LSK 1977/356). Der Beweisantrag verfiel daher zu Recht der Ablehnung.

Aber auch die - mit der Verfahrensrüge inhaltlich vermengte - Mängelrüge versagt: Den Beschwerdebehauptungen zuwider begründete das Erstgericht nämlich - wie bereits ausgeführt - seine zur Schadenshöhe angestellten Berechnungen (S 272, 273) ausführlich und denkrichtig; es setzte sich hiebei auch eingehend mit der Verantwortung des Angeklagten auseinander (S 274 ff) und nahm auf der Basis der vom Angeklagten mit der Firma B getroffenen Vereinbarung (S 11, 12) und des erhobenen Tarifs (S 254) eine Kostenpauschalierung nur für die ersten beiden Tage, im übrigen aber tarifmäßig (vgl. hiezu insbesondere auch SSt. 35/1) sich aus Tages- und Kilometergebühren zusammensetzende Kosten an, stützte also seine bezüglichen Feststellungen keineswegs auf (durch Beweisergebnisse nicht gedeckte) Vermutungen. Die vom Beschwerdeführer gegen diese Konstatierungen erhobenen Einwände erschöpfen sich demgegenüber ihrem Inhalt und ihrer Zielsetzung nach lediglich in dem im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen und daher unbeachtlichen Versuch, die auf einer Gesamtwürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) der Verfahrensergebnisse beruhende freie Beweiswürdigung des erkennenden Senates zu bekämpfen.

Schließlich ist auch die sich auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. c StPO berufende Rechtsrüge nicht begründet, in welcher der Beschwerdeführer mit Bezug auf den Punkt B des Schuldspruchs (Diebstahls einer Jugendstiluhr und eines Weißgoldringes zum Nachteil der Margit C) behauptet, die ihm darin angelastete Tat hätte im Sinn des § 166 Abs. 3 StGB nur über Privatanklage verfolgt werden dürfen, weil er zur Tatzeit (25.Juni bis 10.Juli 1984) mit der Bestohlenen in außerehelicher Lebensgemeinschaft (§§ 72 Abs. 2, 166 Abs. 1 StGB) gelebt habe.

Dem Großteil dieser Ausführungen legt der Angeklagte zunächst nicht - wie dies zur gesetzmäßigen Darstellung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erforderlich wäre - die gesamten vom Erstgericht hiezu getroffenen Feststellungen zugrunde. Danach unterhielt er mit Margit C nämlich zwar ab etwa Ende April 1984 tatsächlich eine Lebensgemeinschaft, die jedoch am 30.Mai 1984 endete, für welchen Tag die Hochzeit vorgesehen war, aber nicht stattfinden konnte, weil der Angeklagte, der entgegen seinen gegenüber Margit C aufgestellten Behauptungen kein Aufgebot bestellt hatte, zum (vorgegebenen) Trauungstermin nicht beim Standesamt erschien. Nach dem 30.Mai 1984 ließ Margit C, die ihre Heiratspläne aufgegeben hatte, den Angeklagten - mit dem es allerdings auch dann noch zu intimen Beziehungen kam - bis zum 11.Juli 1984 nur mehr vorübergehend (bis er eine geeignete Unterkunft fand) bei sich wohnen und wies ihn ausdrücklich darauf hin, 'wenn noch etwas vorkomme, gebe es nichts mehr zwischen ihnen', womit Margit C nach der Deutung des Erstgerichtes meinte, der Angeklagte müsse dann die Wohnung sofort verlassen (S 265).

Soweit der Beschwerdeführer, teils abermals unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO, diese Äußerung anders, nämsich dahin auszulegen sucht, es sei damit lediglich die Auflösung der (dessen ungeachtet noch weiter bestehenden) Lebensgemeinschaft für den Fall angedroht worden, daß sich der Angeklagte gegenüber Margit C noch etwas zu Schulden kommen lasse, und behauptet, daß sich der 'äußere Sachverhalt' im übrigen in keiner Weise geändert habe, unternimmt er erneut nur einen unzulässigen Angriff auf die freie Beweiswürdigung des erkennenden Senates.

Soweit aber der Beschwerdeführer der Sache nach vermeint, die Voraussetzungen des § 166 Abs. 1 StGB seien bei diesem Diebstahl schon deshalb gegeben, weil er zur Tatzeit noch bei Margit C gewohnt habe, übersieht er, daß eine Auflösung der Lebensgemeinschaft nicht auch die sofortige Aufgabe der Wohnungsgemeinschaft verlangt und daß eine zuvor bestandene Lebensgemeinschaft daher ungeachtet der weiterhin gestatteten Benützung der Wohnung zum übernachten bereits aufgelöst sein kann (LSK 1980/57). Im vorliegenden Fall hatte das Gestatten der vorübergehenden Weiterbenützung der Wohnung seine Ursache nicht (mehr) im Vorliegen einer echten, auf Dauer ausgerichteten Lebensgemeinschaft, sondern in dem (von der wohl schwer enttäuschten, aber einsichtsvollen Frau erkannten) Unvermögen des Angeklagten, sogleich eine andere Unterkunft zu finden. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Kurt A war demnach zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte Kurt A nach §§ 28, 147 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zweiundzwanzig Monaten und wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägigen (den Voraussetzungen des § 39 StGB genügenden) Vorstrafen, den raschen Rückfall (Strafhaftentlassung am 23.März 1984 !), die Wiederholung der Betrügereien, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und den groben Undank gegenüber Margit C (die für seine Situation bis zum Schluß Verständnis zeigte). Als mildernd wurden das (großteils) abgelegte reumütige Geständnis und der Umstand berücksichtigt, daß sich der Angeklagte (allerdings über Anraten der Margit C) schließlich selbst gestellt hatte. Die Staatsanwaltschaft begehrt mit ihrer Berufung zutreffend die schuldangemessene Erhöhung der Freiheitsstrafe.

Bei Durchsicht der Vorstrafakten und bei dem hiebei anzustellenden Vergleich zwischen den zu den bisherigen (teilweise empfindlichen) Abstrafungen führenden Straftaten und den nunmehr begangenen Vermögensdelikten zeigt sich ein auffallender, immer wieder in derselben kriminellen Tendenz wurzelnder Hang zur Hochstapelei zulasten von Geschäftspartnern, Gastwirten sowie anderen gutgläubigen und hilfsbereiten Menschen. Damit erfordert schon das nach den allgemeinen Grundsätzen des § 32 StGB zu beurteilende hohe Maß an persönlicher Schuld eine strengere Bestrafung, die deshalb nur mit einem Viertel der (ohne Berücksichtigung der Strafschärfungsmöglichkeit) angedrohten Höchstrafe von zehn Jahren festgelegt wurde, weil die strafsatznormierende Schadensgrenze nicht allzu weit überschritten ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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