OGH 3Ob31/85 (3Ob32/85, 3Ob33/85)

OGH3Ob31/85 (3Ob32/85, 3Ob33/85)24.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichthofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Mag.Helmut A, Kaufmann, 1220 Wien, Konstanziagasse 41, vertreten durch Dr.Michael Mayrhofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Dr.Renate A, Rechtsanwalt, 4400 Steyr, Hanuschstraße 12, wegen 433.706,78 S samt Nebengebühren, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Steyr als Rekursgerichtes vom 6.Februar 1985, GZ.R 171/84-11, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Steyr vom 23.Juli 1984, GZ.E 7428/84-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Am 17.5.1979 nahm Dr.Karl B als bestellter Dauersubstitut des öffentlichen Notars Dr.Alfred C mit dem Amtssitz in Wien-Simmering zu GZ.2307 einen Notariatsakt über einen Ehevertrag, Erbvertrag und ein wechselseitige Testament der seit 3.März 1978 miteinander verheirateten Parteien auf, die darin Dr.Olga Renate A und Helmut Rudolf A benannt sind.

Die Punkte II. und XIV. Abs 1 dieses Notariatsaktes lauten:

'II. Während des Bestandes der Ehe wird für die Gattin ein monatlicher Unterhaltsbetrag, unabhängig von deren Einkommen, von 2.000 S (zweitausend Schilling) zuzüglich der jeweiligen Familienbeihilfe, zahlbar im vorhinein am 1. eines jeden Monats vereinbart.

Dieser Unterhaltsbetrag ist nach dem Verbraucherpreisindex Basis 1976 =

100 wertgesichert, wobei als Ausgangsbasis der Monat Mai 1979 herangezogen wird. Der derzeitige Unterhaltsrückstand beträgt 421.936 S (vierhunderteinundzwanzigtausendneunhundertdreißigsechs Schilling), welcher von der Ehegattin jederzeit eingefordert werden kann. Ebenso kann ein rückständiger Betrag aus dem Titel der Unterhalts- und Beistandspflicht von 328.656,71 S (dreihundertachtundzwanzigtausendsechshundertfünfzigsechs 71/100 Schilling) zu Gunsten des Ehegatten, welcher ebenfalls wie der vorgenannte rückständige Betrag wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex ist, jederzeit geltend gemacht werden.' 'XIV. Die Vertragsparteien erteilen ihre ausdrückliche Zustimmung, daß dieser Notariatsakt in Ansehung aller hierin in barem Geld ausgedrückten Schuldverpflichtungen gemäß § 3 der geltenden Notariatsordnung vom 25.Juli 1871, RGBl.No.75 sogleich vollstreckbar sein soll.' Am 23.7.1984 beantragte die betreibende Partei beim Erstgericht aufgrund des genannten Notariatsaktes zur Hereinbringung der Forderung von '328.656,71 S wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex 1976/Basisindex Mai 1979 ergibt 433.706,78 S' und der Antragskosten die Fahrnisexekution sowie die Forderungsexekution durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung der der Verpflichteten als Arbeitnehmerin (?) gemäß § 290 EO zustehenden Bezüge nach § 294 a EO.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution. Das Gericht zweiter Instanz wies den Exekutionsantrag auf Rekurs der Verpflichteten gänzlich ab, weil sich die Verpflichtete im zitierten Notariatsakt nicht ausdrücklich zur Leistung der betriebenen Forderung verpflichtet habe.

Dagegen richtet sich der auf Aufhebung zwecks Verfahrensergänzung und neuerlicher Entscheidung durch das Erstgericht, allenfalls auf Abänderung durch Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzielende, unbegründete Revisionsrekurs der betreibenden Partei.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 3 Abs 1 NO ist der Notariatsakt wie ein vor Gericht abgeschlossener Vergleich exekutionsfähig, wenn a) darin eine Verpflichtung zu einer Leistung oder Unterlassung festgestellt wird, ... b) die Person des Berechtigten und des Verpflichteten, der Rechtstitel, der Gegenstand, die Art, der Umfang und die Zeit der Leistung oder Unterlassung zu entnehmen sind, c) über die Verpflichtung nach lit.a) ein Vergleich zulässig ist, d) der Verpflichtete in diesem oder in einem gesonderten Notariatsakt zugestimmt hat, daß der Notariatsakt sofort vollstreckbar sein soll. Nach § 7 Abs 1 EO darf die Exekution nur bewilligt werden, wenn aus dem Exekutionstitel unter anderem auch Gegenstand, Art, Umfang und Zeit der geschuldeten Leistung zu entnehmen sind.

Voraussetzung und Grundlage der materiellen Vollstreckbarkeit eines wie ein gerichtlicher Vergleich vollstreckbaren im § 3 des Gesetzes vom 25.7.1871, RGBl.No.75, bezeichneten Notariatsaktes (§ 1 Z 17 EO) ist eine vom Verpflichteten ausdrücklich übernommene Verbindlichkeit (Verpflichtung) zu einer im Sinne des § 7 Abs 1 EO genau bestimmten Handlung oder Unterlassung.

Die bloße Feststellung einer solchen Verbindlichkeit genügt ebensowenig, wie die Festsetzung einer Rechtslage oder die Regelung eines Rechtsverhältnisses, woraus sich erst die Verpflichtung zu einer Handlung oder Unterlassung ergibt (Heller-Berger-Stix I 64 f., 76 und 96; EvBl.1954/139; EvBl.1965/307;

EvBl.1967/161; SZ 44/15, EvBl.1975/51 ua).

Punkt II. des zitierten Notariatsaktes berechtigt den Ehemann, den zu seinen Gunsten bestehenden, wertgesicherten rückständigen Betrag aus dem Titel der Unterhalts- und Beistandspflicht von 328.656,71 S 'jederzeit geltend zu machen'.

Dabei handelt es sich um ein von der Ehefrau dem Ehemann abgegebenes Schuldbekenntnis im Sinn des § 1 Abs 1 lit.b Notariatszwangsgesetz. Ein solches Schuldbekenntnis ermöglicht es, Unterhalt für die Vergangenheit geltend zu machen, was nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Reischauer in Rummel, ABGB Rdz 4 zu § 1418) normalerweise für nicht zulässig erachtet wird.

Insoweit darin Ansprüche auf Abgeltung der Mitwirkung des Ehemannes im Erwerb der Ehefrau, einer Form der materiellen Beistandspflicht (Pichler in Rummel, ABGB, Rdz 10 zu § 90) enthalten sind, bewirkt ein solches Schuldbekenntnis als vertragliche Anerkennung nach § 99 ABGB ohne gerichtliche Geltendmachung die Vererblichkeit, Übertragbarkeit, Verpfändbarkeit und nach § 291 EO auch die Pfändbarkeit deses Anspruches (Pichler, a.a.O. Rdz 1 und 2 zu § 99). Diese Wirkungen des Schuldbekenntnisses sind davon unabhängig, ob der einbekannte Rückstand aufgrund dieses Notariatsaktes auch vollstreckbar ist.

Durch das Schuldbekenntnis der Ehefrau wurde der einbekannte Rückstand lediglich festgestellt. Die Ehefrau verpflichtete sich dadurch jedoch noch nicht zur Leistung dieses Rückstandes an den Ehemann.

Eine solche Leistungsverpflichtung liegt auch nicht darin, daß die Ehefrau im Punkt XIV. Abs 1 dieses Notariatsaktes ihre ausdrückliche Zustimmung erteilte, daß dieser Notariatsakt 'in Ansehung aller hierin in barem Geld ausgedrückten Schuldverpflichtungen gemäß § 3 NO sogleich vollstreckbar sein soll'.

Diese Erklärung ist lediglich eine Voraussetzung für die formelle Vollstreckbarkeit (Exekutionsfähigkeit) des Notariatsaktes im Sinn des § 3 Abs 1 lit.d NO (sogenannte 'Unterwerfungsklausel': Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht 2 57; Touaillon, Die Exekution auf Grund vollstreckbarer Notariatsakte NR 1916, 630) und kann die fehlende Leistungsverpflichtung der Ehefrau nicht ersetzen (Heller-Berger-Stix I 98;

EvBl.1975/51).

Da der Notariatsakt hinsichtlich der betriebenen Forderung nicht exekutionsfähig ist, hat das Gericht zweiter Instanz den Exekutionsantrag mit Recht abgewiesen, sodaß dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 74 und 78 EO sowie den §§ 40, 41 und 50 ZPO.

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