OGH 11Os37/85

OGH11Os37/8516.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.April 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Loidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Christian A wegen des Verbrechens nach den §§ 12 Abs. 1 SGG und 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Christian A gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 27.November 1984, GZ 29 Vr 2.310/84-9, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug, und des Verteidigers Dr. Hanslik, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Christian A zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3.März 1959 geborene Hilfsarbeiter Christian A des teils im Versuchsstadium gebliebenen Verbrechens nach den §§ 12 Abs. 1 SGG und 15 StGB (Verkauf von insgesamt 11,8 g Heroin, wobei es in Ansehung von 1,8 Gramm beim Versuch blieb) sowie des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 Z. 2 (dritter und vierter Fall) SGG (Erwerb und Besitz von einer den Monatsbedarf mehrfach übersteigenden Menge Heroin) schuldig erkannt. Dagegen wendet er sich mit einer ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 (gemeint ersichtlich: lit. a der Sache nach allerdings Z 10) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Mit seinen Ausführungen zur Mängelrüge (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO), denen auch die nominell unter der Z 9 des § 281 Abs. 1 StPO vorgebrachte Behauptung, sein vom Erstgericht angenommener Gefährdungsvorsatz finde 'durch das Beweisverfahren keine Deckung' zuzuordnen ist, sucht der Beschwerdeführer bloß, in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen Weise die freie Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen, welches seine Feststellungen im Einklang mit den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung vor allem auf das ausführliche Geständnis des Angeklagten vor der Polizei (S 21 ff) gründete und dessen leugnender Verantwortung in der Hauptverhandlung (S 47 ff) ebenso den Glauben versagte, wie den Angaben der ebenfalls drogenabhängigen Zeugen Helmut B und Herbert C (S 52 und 53), gegen die gesonderte Strafverfahren anhängig sind. Ein Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO wird nicht aufgezeigt, zumal es dem im Rahmen der Rechtsrüge erhobenen Vorwurf formaler Mangelhaftigkeit des Urteils angesichts des Umstandes, daß die bekämpfte Annahme vom Schöffengericht unverkennbar aus der Art der Tatausführung abgeleitet wurde, an der nötigen Substantiierung mangelt. Soweit der Angeklagte unter dem Gesichtspunkt einer materiellen Urteilsnichtigkeit die Ansicht vertritt, die ihm als Verbrechen nach den §§ 12 Abs. 1 SGG und 15 StGB angelasteten Taten seien (objektiv) nicht geeignet, 'in größerer Ausdehnung' eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen (womit er der Sache nach die Beurteilung dieses seines Verhaltens bloß als Vergehen nach dem § 16 Abs. 1 Z 1 SGG reklamiert), unterliegt er einem Rechtsirrtum. Denn das Tatbestandsmerkmal 'in größerer Ausdehnung' ist nach ständiger Rechtsprechung dann erfüllt, wenn durch die betreffende Suchtgiftmenge etwa 30 bis 50 Personen der Rauschgiftsucht zugeführt werden können (siehe die bei Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze 2 , Nr. II/20 zu § 12 SGG, S 852 angeführte Judikatur), wobei die sogenannte 'Grenzmenge' im Fall von Heroin bei 0,5 Gramm liegt (vgl. Leukauf-Steininger, a.a.O., Anm. B 1 zu § 12 SGG, S 841, 842 sowie Anlage I zu JBl. 1981/21, abgedruckt ebenfalls in Leukauf-Steininger, a.a.O. unter Anm. I zu § 12 SGG, S 848). Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, daß das hier festgestellte Inverkehrsetzen von insgesamt 11,8 Gramm Heroin dem vorerwähnten Tatbestandsmerkmal des § 12 Abs. 1 SGG entspricht, zumal zufolge des festgestellten Verkaufes des überwiegenden Teiles der genannten Heroinmenge an Unbekannte der Angeklagte auch keineswegs willens und in der Lage war, die davon ausgehende Gefahr auf einen die oben näher beschriebene Größenordnung nicht erreichenden (unbestimmten) Personenkreis zu beschränken (vgl. neuerlich Leukauf-Steininger, a.a.O., Nr. II/21 zu § 12 SGG, S 853).

Zu Recht unterstellte sohin das Erstgericht das unter Punkt 1/1/ und 1/2/

des Urteilsspruches umschriebene Verhalten des Angeklagten den §§ 12 Abs. 1 SGG und 15 StGB

Dem Beschwerdeführer kann aber auch nicht gefolgt werden, wenn er Subsidiarität des ihm weiters angelasteten Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 Z 2 SGG (Punkt 2/ des Schuldspruches) gegenüber dem Verbrechen nach dem § 12 Abs. 1 SGG (Punkt 1/1/ und 1/2/ des Schuldspruches) reklamiert und eine 'zusätzliche' Bestrafung wegen Erfüllung des Tatbestandes nach dem § 16 Abs. 1 Z 2 SGG als unzulässig bezeichnet.

Zwar kann gemäß dem § 16 Abs. 2 SGG eine Verurteilung nach dem § 16 Abs. 1 SGG nur dann ergehen, sofern die zu beurteilende 'Handlung' - also die Tat in der Bedeutung des § 260 Abs. 1 Z 1 StPO - keiner strengeren als der im § 16 Abs. 2 SGG angedrohten Strafe unterliegt. Daraus erhellt aber auch, daß diese Subsidiaritätsklausel nur dann wirksam wird, wenn es sich um ein- und dieselbe Tat handelt (oder die eine Tat sich als ein der anderen Tat vorhergehendes, bloß jene vorbereitendes Verhalten darstellt) (vgl. Mayerhofer-Rieder 2 , III/2, ENr. 14 zu § 16 SGG; ferner 13 Os 189/84).

Hingegen liegt (echte) Realkonkurrenz zwischen den §§ 12 Abs. 1 SGG und 16

Abs. 1 Z 2 SGG vor, wenn ein Täter - wie hier - einen Teil des unberechtigt erworbenen Suchtgiftes zur Deckung des Eigenbedarfes verwendet, mit dem - für sich allein mengenmäßig den Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 SGG entsprechenden - Rest aber im Sinn der zuletzt erwähnten Gesetzesstelle verfährt.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war darum zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 12 Abs. 1 SGG unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB eine Freiheitsstrafe von 20 Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die rückfallsbegründenden Vorstrafen sowie die Tatbegehung in einem großen Ausmaß und über einen langen Zeitraum und zog als mildernd nichts in Betracht.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Gewährung bedingter Strafnachsicht an. Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Wohl wurde dem Angeklagten zu Unrecht sein vor der Polizei abgelegtes Geständnis, das vom Erstgericht auch als Feststellungsgrundlage herangezogen wurde (S 62), nicht als strafmildernd zugute gehalten. Doch ist ihm andererseits das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen zusätzlich als erschwerend in Rechnung zu stellen.

Auf der Basis der so ergänzten Strafzumessungsgründe erscheint aber das in erster Instanz gefundene Strafmaß nicht überhöht, zumal es sich bei Heroin um eine besonders gefährliche Droge handelt. Einer Anwendung des § 43 StGB konnte schon im Hinblick auf die qualifizierte Rückfälligkeit des Angeklagten (weswegen auch von einem Wohlverhalten durch längere Zeit entgegen der in der Berufung vertretenen Ansicht nicht die Rede sein kann) aus spezialpräventiven Gründen nicht nähergetreten werden.

Mithin war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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