Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung des Angeklagten Edmund A wird nicht Folge gegeben. Hingegen wird der Berufung der Staatsanwaltschaft teilweise Folge gegeben und die über Karl-Heinz C verhängte Freiheitsstrafe auf 14 (vierzehn) Monate erhöht.
Im übrigen wird der Berufung der Staatsanwaltschaft nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Edmund A und Karl-Heinz C die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 6.Mai 1949 geborene Edmund A, der am 25.September 1956 geborene Helmut B und der am 11.Februar 1962 geborene Karl-Heinz (auch Karlheinz) C wurden des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. (Letztgenannter als Gehilfe) sowie des Vergehens nach § 16 Abs 1 Z. 2 SuchtgiftG. schuldig erkannt und (nach dem SuchtgiftG.) zu Freiheitsstrafen, A und B auch zu Verfallsersatzstrafen verurteilt. Edmund A liegt zur Last, daß er (A) im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken als Mittäter mit Helmut B im März 1984 vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider 7,54 kg Cannabisharz in gemeingefährlicher Menge aus Marokko aus-, durch die Schweiz durch- und nach Österreich einführte und (B) vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Cannabisharz in gemeingefährlicher Menge durch Verkauf an teils bekannte, teils unbekannte Dealer und Drogenkonsumenten in Verkehr setzte, indem er (I) am 31.Mai 1984 in Braz (gemeinsam mit B) von dem unter A angeführten Suchtgift 2,84 kg an einen Dealer 'Jimmy' zu verkaufen versuchte;
(II 1 bis 4) von dem unter (A) angeführten Suchtgift insgesamt 760 Gramm von April bis Mitte Mai 1984 in Rankweil vier Personen verkaufte;
(III 1 bis 3) im Dezember 1982, im Herbst 1983 und im Dezember 1983 in Rankweil drei Personen insgesamt 300 Gramm Cannabisharz verkaufte;
(C 1) unberechtigt Suchtgift erwarb und besaß, und zwar (1) ab Mitte 1982 bis Mitte März 1984 Cannabisharz;
(2) im Dezember 1982 in Rankweil von Antoine D 100 Gramm Cannabisharz (S. 235, 313).
Helmut B liegt zur Last, von dem unter (A) angeführten Suchtgift zusätzlich zur Menge laut (B I) mindestens 1.630 g Cannabisharz in Verkehr gesetzt (IV 1 bis 3 und V) und seit 1971 regelmäßig Cannabisharz, insgesamt mindestens 1 kg, unberechtigt erworben und besessen (C II) zu haben.
Karl-Heinz C wird unter (VI) Beihilfe zu (B I) und unter (C III) der unberechtigte Erwerb und Besitz von mehr als 1,89 g Cannabisharz angelastet.
Dieses Urteil bekämpfen der Angeklagte A im Schuldspruch C wegen des Vergehens nach § 16 Abs 1 Z. 2 SuchtgiftG. mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a und 10 (richtig nur Z. 10) StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. mit Berufung. Die Staatsanwaltschaft ficht die Strafaussprüche gleichfalls mit Berufung an.
Rechtliche Beurteilung
In seiner Nichtigkeitsbeschwerde behauptet der Angeklagte A Subsidiarität des Vergehens nach § 16 Abs 1 Z. 2 SuchtgiftG. gegenüber dem Verbrechen nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG., sodaß ein Schuldspruch nach beiden Gesetzesstellen rechtsirrig wäre. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß das Vergehen nach § 16 Abs 1 SuchtgiftG. (im Sinn des Abs 2 leg.cit.) nur dann subsidiär ist, wenn die 'Handlung', das ist die Tat in der Bedeutung des § 260 Abs 1 Z. 1 StPO, einer strengeren Strafe unterliegt; das heißt mit anderen Worten, es verstieße die Beurteilung einer und derselben Tat sowohl nach § 16 Abs 1 Z. 2 SuchtgiftG. (unter dem Gesichtspunkt des Erwerbs und Besitzes) als auch nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. (als Einführen, Ausführen und Inverkehrsetzen) gegen das Gesetz, weil hier nur eine scheinbare Idealkonkurrenz gegeben ist.
Der Schuldspruch C bezieht sich jedoch nicht auf die das Verbrechen nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. (A und B) verwirklichenden Taten, sondern auf andere Taten, nämlich den Erwerb und den Besitz von Cannabisharz von Mitte 1982 bis Mitte März 1984 und im Dezember 1982. Hingegen wurde das gemäß § 12 Abs 1 SuchtgiftG. als eingeführt inkriminierte Rauschgiftquantum nach den Urteilsannahmen erst im März 1984 (richtig: April 1984, siehe S. 217, 305) nach Österreich gebracht. Nach den unbekämpften, auf dem Geständnis des Beschwerdeführers beruhenden Urteilsfeststellungen trifft also die Einfuhr (§ 12 SuchtgiftG.) mit dem Erwerb und Besitz (§ 16 Abs 1 SuchtgiftG.) realkonkurrierend in bezug auf verschiedene (stofflich nicht idente) Rauschgiftmengen zusammen.
Auch die Fakten (B III), deren Tatzeit vor der Einfuhr laut Faktum (A) liegt und die daher nicht das importierte Suchtgift betreffen, haben anderes Cannabisharz zum Gegenstand als die Fakten (C I 1 und 2). Den Angaben des Nichtigkeitswerbers vor dem Untersuchungsrichter folgend nahm das Erstgericht nämlich an, daß er von dem von Antoine D geschenkt erhaltenen Haschisch zumindest 100 g selbst verrauchte (C I 2) und 100 g an einen unbekannten Frastanzer verkaufte (B III 3; vgl. S. 31 verso, 31 e und 31 e verso, 33). Der Schuldspruch laut C I 1 wiederum bezog sich auf den sonstigen Eigenkonsum des Beschwerdeführers, den dieser mit drei- oder viermal je 10 g in den letzten zwei Jahren angab (S. 31 e verso). Stoffgleichheit des dem Faktum C zugeordneten Cannabisharzes mit irgendeinem anderen Schuldspruch ist daher nicht gegeben.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. unter Anwendung des § 28 StGB, bei Karl-Heinz C auch des § 41 StGB, folgende Freiheitsstrafen: A - drei Jahre; B - zwei Jahre; Karl-Heinz C - zehn Monate (gemäß § 43 Abs 1 StGB bedingt nachgesehen).
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht in Ansehung der Angeklagten A und B die Erfüllung des Tatbestands (ersichtlich gemeint: nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG.) in zweifacher Richtung, die große Suchtgiftmenge, sowie das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, bezüglich A überdies die empfindliche Vorstrafe wegen eines Suchtgiftdelikts als erschwerend, hingegen bei A und B als mildernd das volle und reumütige Geständnis, hinsichtlich B auch die bisherige Unbescholtenheit, bei C die Verleitung durch seinen Onkel, den Angeklagten A, seinen geringen Tatbeitrag (als eines 'mehr im Hintergrund gebliebenen' Gehilfen, der erst relativ spät von den Tatvorgängen erfuhr) und schließlich den Umstand, daß sein (Verbrechens-)Delikt nur bis ins Versuchsstadium gediehen war. Einen den Angeklagten C betreffenden Erschwerungsumstand stellte das Landesgericht nicht fest.
Während der öffentliche Ankläger mit seiner Berufung die Erhöhung aller Freiheitsstrafen, bei C unter Ausschaltung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB anstrebt, zielt die Berufung des Angeklagten A auf eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe ab.
Diesen Rechtsmitteln kommt nur insoweit Berechtigung zu, als die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung der über Karl-Heinz C verhängten Freiheitsstrafe begehrt.
Die Beihilfe zum Verkauf von 2,84 kg Cannabisharz an einen Rauschgifthändler (Schuldspruch B VI samt B I) läßt in Verbindung mit der zweimaligen Verübung des Vergehens nach § 16 SuchtgiftG. (C III) nicht erwarten, daß der Genannte bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weitere strafbare Handlung begehen werde, zumal Karl-Heinz C bereits vier (wenn auch nicht auf gleicher schädlicher Neigung beruhende) Vorstrafen erlitten und auf diese Weise seine wenig rechtstreue Einstellung gezeigt hat. Damit erweist sich die außerordentliche Strafmilderung nach § 41 StGB als nicht gerechtfertigt. Vielmehr erachtet der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe von vierzehn Monaten als angemessen. In diesem Sinn war der Berufung des öffentlichen Anklägers ein Erfolg zuzuerkennen. Die C vom Landesgericht gewährte bedingte Strafnachsicht bleibt mangels Anfechtung unberührt.
Hingegen erweist sich die über den Angeklagten A verhängte Freiheitsstrafe weder als erhöhungs- noch als reduktionsbedürftig. Der von der Staatsanwaltschaft hervorgehobenen Gefährlichkeit dieses Täters wurde durch die vom Schöffengericht ausgemessene Strafe hinreichend Rechnung getragen. Da es sich - der Meinung AS in seinem Berufungsvorbringen zuwider - bei Cannabisharz (Haschisch) als ogenannter Einstiegsdroge um ein gefährliches Suchtgift handelt (vgl. dazu u.a. 13 Os 133/82 und 13 Os 160/84), das auch - insbesondere unter Berücksichtigung der großen, von den Schuldsprüchen erfaßten Menge - in etwas gestrecktem Zustand seine Gefährlichkeit nicht verliert, kann der vom Angeklagten A angestrebten Strafermäßigung trotz Sicherstellung eines Teils des Rauschgifts nicht nähergetreten werden. Die Verniedlichung von Haschisch (Cannabisharz) ist unter dem Gesichtspunkt des uneingeschränkt geltenden Suchtgiftgesetzes fehl am Platz. Bezöge sich der Schuldspruch etwa auf Heroin gleichen Gewichts, wäre dieser Umstand als erschwerend zu werten, weil es sich bei diesem Rauschgift um ein solches handelt, das schon in kleinster Menge zur Herbeiführung der von § 12 SuchtgiftG. pönalisierten Gemeingefahr genügt (13 Os 133/82).
Das Geständnis und auch die sonstigen Angaben zum Sachverhalt wurden vom Erstgericht entsprechend gewürdigt. Aus der Invalidität und der Arbeitslosigkeit des Angeklagten A läßt sich angesichts der Gefährlichkeit des ihm vorgeworfenen Verbrechens wider die Volksgesundheit ein Milderungsumstand nicht ableiten. Zu bemerken ist, daß der Genannte ohnehin eine Invaliditätspension bezieht (s.S. 40 oben). Schließlich vermag der Berufungswerber A auch mit dem Hinweis auf das acht Jahre lange Zurückliegen seiner einschlägigen Vorstrafe nichts zu gewinnen. Diese weist nämlich das Vollzugsdatum 26. Juni 1977 auf. Berücksichtigt man, daß der nunmehrige Schuldspruch bis in das Jahr 1982 zurückreichende Tatzeiten erfaßt, ergibt sich zwischen Verbüßung und Rückfall in die Suchtgiftdelinquenz nur ein Zeitraum von fünf Jahren, innerhalb welcher Zeitspanne Edmund A gleichfalls - wenn auch nicht wegen auf gleicher schädlicher Neigung beruhender strafbarer Handlungen - verurteilt worden ist.
Beim Angeklagten B wurde eine Straferhöhung nicht als erforderlich angesehen. Die von ihm zu vertretenden Handlungs- und Erfolgsunwerte wie auch das von ihm zu verantwortende Schuldausmaß sind vom Schöffengericht zutreffend gewogen worden.
Der vom Angeklagten B bevollmächtigte Verteidiger hat mit - beim Obersten Gerichtshof am 17.Dezember 1984 eingelangtem - Schriftsatz (u.a.) mitgeteilt, sein Mandant habe ihn angewiesen, den für den 20. Dezember 1984
anberaumten Gerichtstag nicht zu besuchen, weil jener nicht in der Lage sei, für die dadurch entstehenden Kosten aufzukommen. Dazu ist anzumerken, daß der nach wie vor bevollmächtigte Verteidiger einerseits nach den Bestimmungen des § 11 Abs 1 RAO., im übrigen selbst bei (hier nicht gegebener) Vollmachtskündigung gemäß § 11 Abs 2 RAO. und § 44 Abs 2, letzter Satz, StPO, verpflichtet ist, seine Partei insoweit zu vertreten, als nötig, um sie vor Rechtsnachteilen zu schützen (12 Os 171/73, EvBl. 1981 Nr. 166), andererseits aber zufolge der grundsätzlichen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 30.Jänner 1975, SSt. XLVI/5 = JBl. 1975 S.
269 = RZ. 1975
S. 91 = LSK. 1975/17, im Rahmen seines eigenen pflichtgemäßen
Ermessens nicht gehalten ist, im Gerichtstag zu erscheinen oder einen Substituten zu entsenden (13 Os 154/81). Die letztangeführte überlegung (SSt. XLVI/5) trifft auch auf die im Gerichtstag nicht eingeschrittenen Verteidiger der Angeklagten C und A zu. In die Kosten des Rechtsmittelverfahrens waren nur die Angeklagten A und C zu verfällen, nicht aber der Angeklagte B; hinsichtlich seiner Person lag nur ein ganz erfolglos gebliebenes Rechtsmittel des Gegners vor (§ 390 a StPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)