Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die drei minderjährigen Kinder Verena, Oliver und Alexander A leben mit ihren Eltern, deren Ehe aufrecht besteht, im gemeinsamen Haushalt. Am 11.11.1983 beantragte die Mutter, dem Vater die Zahlung von Unterhaltsbeiträgen für die drei Kinder in der Gesamthöhe von monatlich S 12.000,-- aufzuerlegen mit der Begründung, er sorge für die Kinder nur in unzureichender Weise.
Der Vater sprach sich gegen den gestellten Antrag aus und brachte vor, er komme seiner Unterhaltspflicht sogar über das gesetzliche Maß hinaus nach.
Auf der Grundlage eines Erhebungsberichtes des zuständigen Bezirksjugendamtes stellte das Erstgericht fest, es fehle den unterhaltsberechtigten Kindern nicht am erforderlichen Unterhalt. Demgemäß wies es den Unterhaltsfestsetzungsantrag ab. Das Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Beschluß auf und ordnete die Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidung durch das Erstgericht an. Es trat der Ansicht der Mutter bei, daß der Erhebungsbericht des Jugendamtes allein keine ausreichende Entscheidungsgrundlage darstelle. Erst wenn einerseits die Einkünfte des Vaters und andererseits dessen tatsächliche monatliche Aufwendungen an Wirtschaftsgeld und sonstigen, Unterhaltscharakter aufweisenden Leistungen erhoben und festgestellt seien, könne beurteilt werden, ob er seine Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern in natura erfüllt habe oder aber eine Unterhaltsverletzung vorliege.
Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung wendet sich der Revisionsrekurs des Vaters, in welchem er die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses beantragt und ausführt, nach den in seiner seinerzeitigen Stellungnahme bezogenen Aufzeichnungen wende er monatlich S 20.000,-- und somit praktisch sein gesamtes Einkommen für die Familie auf. Eine detaillierte Aufstellung dieser seiner Ausgaben habe er dem Bezirksjugendamt vorgewiesen, sodaß entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes bereits eine geeignete Entscheidungsgrundlage vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.
Das Rekursvorbringen, der Vater habe die ihm obliegenden Unterhaltsleistungen erbracht und somit seine Unterhaltspflicht nicht verletzt, betrifft den Grund des Unterhaltsanspruches, sodaß die Bestimmung des § 14 Abs 2 AußStrG der Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht entgegensteht.
In der Frage, ob eine solche Verletzung stattgefunden hat, ist das Rekursgericht der erstgerichtlichen Beurteilung nicht gefolgt, sondern hat die Ansicht vertreten, daß hierüber erst nach einer im Sinne seiner Ergänzungsaufträge vorzunehmenden Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage entschieden werden könne.
Nach ständiger Rechtsprechung ist der Oberste Gerichtshof auch in Außerstreitsachen nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz. Er kann daher Ergänzungsaufträgen des Rekursgerichtes grundsätzlich nicht entgegentreten (JBl 1966,149 u.v.a. zuletzt 7 Ob 632/84, 1 Ob 649/84).
Das Erstgericht wird somit die aufgetragene Verfahrensergänzung durchzuführen haben. Bei seiner Entscheidung bedürfte es sodann jedoch für eine Unterhaltsfestsetzung auch der Voraussetzung, daß der Mutter die alleinigen Pflege- und Erziehungsrechte hinsichtlich der Kinder übertragen werden. Diesbezüglich hat der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 1 Ob 528/84 = ÖAmtsVd 1984, 100, grundsätzlich folgendes ausgeführt: Besteht ein gemeinsamer Haushalt der Eltern mit gemeinsamen Pflegerechten und -pflichten und können sie kein Einvernehmen erzielen, ob die Leistungen eines Elternteiles in natura seinen Verpflichtungen entsprechen, so kann grundsätzlich keiner der beiden Elternteile die Kinder im Unterhaltsbemessungsverfahren vertreten. Erbringt ein Elternteil seinen Verpflichtungen nicht entsprechende Leistungen in natura, so gefährdet er dadurch das Kindeswohl in einer seiner wesentlichsten Komponenten, sodaß die Voraussetzungen für die Entziehung der entsprechenden Elternrechte gemäß § 176 Abs 1 ABGB gegeben sein können. Es bedarf dann aber der ausdrücklichen übertragung der mit der vollen Betreuung der Kinder zusammenhängenden Rechte und Pflichten an einen Elternteil. Der zur Baralimentierung der Kinder verhaltene Elternteil ist gleichzeitig aller Pflichten, die durch die Unterhaltsleistung in Geld zu decken sind, zu entbinden. Die Unterhaltsbemessung kann somit erst vorgenommen werden, wenn eine Verfügung gemäß § 176 Abs 1 ABGB getroffen worden ist. Da die Verletzung der Naturalunterhaltsverpflichtung gleichermaßen Vorfrage im Verfahren zur Erwirkung einer Verfügung nach § 176 ABGB wie im Unterhaltsbemessungsverfahren ist, können jedoch beide Entscheidungen gleichzeitig erfolgen. Der bei Kollisionen der Interessen der Eltern auf die Annahme eines Behinderungsfalles des belangten Elternteiles gegründete Antrag des anderen Elternteiles auf Festsetzung der Unterhaltsverpflichtung in Geld ist auch als solcher auf Entziehung der Elternrechte und -pflichten nach § 176 Abs 1 ABGB zu verstehen, sodaß diesbezüglich kein gesonderter ausdrücklicher Antrag gestellt werden muß. Die übertragung des alleinigen Vertretungsrechtes erfolgt - obschon eine solche Maßnahme als rechtsgestaltende Verfügung erst für die Zeit nach Eintritt ihrer Rechtskraft wirksam wäre - aus Zweckmäßigkeitsgründen rückwirkend mit dem Tage der Antragstellung.
Unter diesen Gesichtspunkten ist vorliegendenfalls somit eine Unterhaltsbemessung nur dann vorzunehmen, wenn feststeht, daß dem Vater eine Verletzung seiner Naturalunterhaltspflicht zur Last fällt und die entsprechenden Elternrechte und -pflichten der Mutter allein zugewiesen wurden.
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