OGH 7Ob533/85

OGH7Ob533/8528.3.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B C registrierte Genossenschaft mbH, Bregenz, Bergstraße 8, vertreten durch Dr. Bertram Grass, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei Josef D, Stukkateurmeister, Feldkirch-Tosters, Reinholdweg 3, vertreten durch Dr. Hans Widerin, Rechtsanwalt in Bludenz, sowie die auf Seite der Beklagten beigetretene Nebenintervenientin Fa. E, Stein- und Kalkwerke F & CO, Waldegg-Wopfing, vertreten durch Dr. Günther Zeindl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Instandsetzung von Fassaden und Färbelung (Streitwert S 1,4 Mio) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 19. November 1984, GZ. 6 R 282/84-54, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 20. August 1984, GZ. 5 Cg 3133/83-49, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 18.193,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.200,-- Barauslagen und S 1.544,90

Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte hat in den Jahren 1977 und 1978 im Auftrage der Klägerin Außenputzarbeiten an den Häusern in Bregenz, Holzackergasse 28 und 28 a, sowie Sachsenheimstraße 1 und Sachsenheimstraße 3 durchgeführt. Nach den getroffenen Vereinbarungen sollte die Garantiefrist für diese Arbeiten im Dezember 1979

ablaufen.

In der Folge zeigten sich Schäden am Verputz. Wegen dieser Schäden wurden in den Jahren 1978 und 1979 zwischen den Parteien eine Korrespondenz geführt.

Nachdem es in wiederholten Verhandlungen zwischen den Streitteilen nicht zu einer Einigung über die Schadensbehebung gekommen war, erklärte die Klägerin dem Beklagten, sie werde nun ihre Gewährleistungsansprüche gerichtlich geltend machen, um eine Verjährung zu verhindern. Daraufhin wurde über Ersuchen des Beklagten und in dessen überwiegendem Interesse vereinbart, daß die vom Beklagten vereinbarungsgemäß erbrachte Bankgarantie bis Dezember 1980

verlängert wird. Der Sinn dieser Haftungsverlängerung lag darin, den Parteien die Möglichkeit zu bieten, außergerichtlich noch eine Vereinbarung über die Schadensbehebung zu erreichen und unnötige Prozeßkosten zu vermeiden. Zwischen den Streitteilen war klar, daß mit der Verlängerung der Bankgarantie gleichzeitig auch die Garantiefrist (Gewährleistungsfrist) um ein Jahr verlängert wird. Der Verputz wurde vom Beklagten an sich fach- und sachgerecht an den Fassaden aufgebracht. Die Arbeit war also hinsichtlich der Ausführungstechnik mängelfrei. Allerdings weist der vom Beklagten aufgebrachte Verputz insgesamt nur eine durchschnittliche Stärke von nicht mehr als ca. 1,5 cm auf. Die Schäden sind auf die schlechte Abstimmung zwischen Putz und Ziegelmaterial, ungünstige beziehungsweise falsche Wahl des Putzes und schlechte Ausführung des Verputzes zurückzuführen, die in der zu geringen Putzstärke gelegen ist.

Keine beziehungsweise geringere Schäden wären aufgetreten, wenn statt der vorhandenen, im großen Durchschnitt nicht über 1,5 cm hinausgehenden Putzstärke eine solche von 2,5 cm beziehungsweise laut Werkvertrag von 3 cm aufgebracht worden wäre. In diesem Falle hätte es, abgesehen von exponierten Stellen der Fassaden und abgesehen von statisch bedingten Schub-, Setzungs- und Bewegungsrissen, keine Rißbildungen im Verputz gegeben. Als exponierte Stellen sind bei allen drei Wohnblöcken die obersten Drittel der Süd- und Westseite zu betrachten, weil diese Teilflächen ganz extrem der Witterung ausgesetzt sind.

Für eine Sanierung des schadhaften Außenputzes stehen folgende technische Möglichkeiten zur Verfügung:

1.) Herunterschlagen des schadhaften Putzes, neu verputzen und anschließendes färbeln;

2.) Anbringen einer sogenannten 'vorgehängten Fassade', wobei ein Putzträger aufgebracht würde. Auch dabei müßte eine anschließende Färbelung vorgenommen werden;

3.) Aufbringen eines rißüberbrückenden Färbemittels auf den bestehenden Putz, wobei keine separate Färbelung mehr erfolgen müßte.

Ein insgesamt 3 cm starker Putz, wie er im Anbot vorgesehen ist, hätte an den nicht exponierten Stellen und, abgesehen von statischen Rissen, eine rasche Abkühlung besser verkraftet und Dehnungen infolge thermischer Beanspruchung ebenfalls besser mitgemacht, als ein Putz in der Stärke von 1,5 cm. Es ist Aufgabe des Verputzes, solche Spannungen beziehungsweise Beanspruchungen aufzunehmen und auszugleichen. Ein Putz muß diese Eigenschaften haben. Der vom Beklagten aufgetragene Putz war unter anderem deshalb, weil er nicht stark genug war, nicht in der Lage, solche Bewegungen ohne Rißbildung mitzumachen. Wenn die vorliegenden Rißbildungen im Verputz nicht saniert werden, besteht die Gefahr, daß bei übermäßigem Eintreten von Wasser in die Risse und bei Gefrieren der Putz abgesprengt wird (im übrigen kann bezüglich der detaillierten Feststellungen auf die Ausführungen des angefochtenen Urteiles verwiesen werden).

Die Vorinstanzen haben den Beklagten schuldig erkannt, binnen 6 Monaten an den Wohnhäusern den schadhaften Verputz an allen jenen Flächen der Außenfassaden, an denen er Risse aufweist, fach- und sachgemäß wieder in ordnungsgemäßen Zustand zu setzen, ausgenommen jedoch die jeweils oberen Drittel der Süd- und Westseiten der Fassaden und ausgenommen Schub- und Setzungsrisse, sowie die Färbelung der instandgesetzten Fassadenflächen mit der oben gemachten Einschränkung fach- und sachgerecht durchzuführen. Das Mehrbegehren auf Instandsetzung und Färbelung der jeweils oberen Drittel der Süd- und Westseiten der Fassaden dieser Wohnhäuser, sowie auf Instandsetzung der Schub- und Setzungsrisse wurde abgewiesen.

Im Hinblick auf die Feststellungen bezüglich der Verlängerung der Garantiefrist erachteten die Vorinstanzen die Geltendmachung des klägerischen Anspruches mit der vorliegenden Klage vom 10. Oktober 1980 als rechtzeitig.

Das Klagebegehren sei auch mit der gemachten Einschränkung hinreichend bestimmt, weil hier auf die Kenntnisse eines Fachmannes abzustellen sei und ein solcher ohne weiters einerseits die Fläche, an der Arbeiten vorzunehmen seien, bestimmen könne und andererseits in der Lage sei, statische Risse von anderen zu unterscheiden. In der Sache selbst sei davon auszugehen, daß der Verputz der Fassade durch den Beklagten nicht fachgemäß vorgenommen worden sei. Der Beklagte habe auch nicht seine Schuldlosigkeit bewiesen. Ein solcher Beweis wäre ihm gemäß § 1298 ABGB oblegen.

Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt. Mit der Mängelrüge macht der Beklagte ausschließlich angebliche Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens geltend, die bereits Gegenstand der Berufung waren und deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint worden ist. Das neuerliche Aufrollen derartiger angeblicher erstgerichtlicher Verfahrensmängel in der Revision ist nicht zulässig (SZ 27/4; EvBl. 1969/263, EvBl. 1968/344 u. a.).

Die Vorinstanzen haben nicht irgendein Verhalten der Parteien im Hinblick auf eine allfällige Garantieverlängerung ausgelegt, sondern die konkrete Feststellung getroffen, daß mit der Verlängerung der Bankgarantie eine Verlängerung der Garantiefrist bis Ende 1980 beabsichtigt war. Hier handelt es sich um eine Tatsachenfeststellung, an die der Oberste Gerichtshof gebunden ist. Die Vorinstanzen haben ferner eindeutig festgestellt, daß von der vertraglichen Vereinbarung bezüglich der Putzstärke nicht abgegangen worden ist. Demnach entfernt sich die Revision auch insoweit in unzulässiger Weise von den vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen, wenn sie die vom Beklagten gewählte Putzstärke von 1,5 cm als dem Vertrag entsprechend annimmt.

Geht man also von der Feststellung bezüglich der Verlängerung der Garantiefrist aus, erweist sich die Geltendmachung des Gewährleistungsanspruches als rechtzeitig. Ferner ist der Schadenersatzanspruch im Hinblick auf die Feststellung über die vertragliche Vereinbarung bezüglich der Putzstärke ebenfalls gegeben. Zu den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes bezüglich der sich aus § 1298 ABGB ergebenden Pflicht des Beklagten zur Erbringung eines Beweises für seine Schuldlosigkeit an der Vertragsverletzung nimmt die Revision nicht mehr Stellung, weshalb diesbezüglich auf die vorinstanzlichen Ausführungen verwiesen werden kann.

Nach § 226 ZPO muß zwar ein Klagebegehren bestimmt sein. Eine jeden Zweifel und jede objektive Ungewißheit ausschließende Präzisierung des Klagebegehrens ist jedoch nur bei Geldleistungsklagen zu verlangen. Bei anderen Klagen ist dem Erfordernis des § 226 ZPO hinsichtlich der Bestimmtheit des Klagebegehrens jedenfalls dann Genüge getan, wenn man unter Berücksichtigung des Sprach- und Ortsgebrauches und nach den Regeln des Verkehrs diesem entnehmen kann, was begehrt ist. Insbesondere dann, wenn durch den Beklagten vertretbare oder unvertretbare Handlungen vorgenommen werden sollen, wird in besonderem Maße auf allgemein übliche Auslegungsregeln des täglichen Lebens, insbesondere des Lebenskreises, dem die Parteien angehören, Bedacht genommen werden können. Eine Beschreibung aller Einzelheiten ist bei solchen Verpflichtungen untunlich und kann daher nicht verlangt werden. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß die Leistung den bestehenden Vorschriften und den im betreffenden Geschäftszweig herrschenden Grundsätzen zu entsprechen hat (Heller-Berger-Stix, 192).

Berücksichtigt man, daß es sich beim Beklagten um einen Fachmann handelt, dem die Unterscheidung zwischen Schub- und Setzungsrissen einerseits und anderen Rissen andererseits ohne weiters zugemutet werden kann und der auf Grund seiner Ausbildung auch in der Lage sein muß, das obere Drittel der Süd- und Westseiten der Fassaden der einzelnen Gebäude ohne weiteres festzustellen und daß sich die fachgemäße Verbesserung des Fassadenverputzes sowohl aus dem Vertrag zwischen den Parteien als auch aus den für das Gewerbe des Beklagten geltenden Regeln klar ergibt, erweist sich das Klagebegehren als hinreichend bestimmt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Allerdings war nicht mehr das gesamte Klagebegehren Gegenstand des Revisionsverfahrens. Wie sich aus der Begründung des Berufungsgerichtes zu der Kostenbekämpfung des Beklagten ergibt, hat das Berufungsgericht jenen Teil des Klagebegehrens, den das Erstgericht abgewiesen hat, mit einem Sechstel bewertet. An dieser Bewertung ist nichts auszusetzen. Legt man sie der Kostenentscheidung zugrunde, so ergibt sich, daß nur mehr fünf Sechstel des ursprünglichen Klagebegehrens Gegenstand des Revisionsverfahrens waren. Da das ursprüngliche Klagebegehren mit S 1,4 Mio. bewertet worden war, war demnach der Kostenentscheidung des Obersten Gerichtshofes ein Streitwert von S 1,166.667,-- zugrunde zu legen.

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