OGH 11Os29/85

OGH11Os29/8519.3.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.März 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kohlegger als Schriftführers, in der Strafsache gegen Erich A wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 7. Dezember 1984, GZ 20 r Vr 8.440/84-32, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug, und des Verteidigers Dr. Cerny, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Erich A des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 StGB und des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach dem § 204 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 8, 11 lit a und 12 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher keine Berechtigung zukommt. Der Beurteilung des in der Hauptfrage 1 umschriebenen und durch den Wahrspruch der Geschwornen als erwiesen angenommenen Sachverhalts als Verbrechen des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 StGB haftet zunächst deswegen kein Rechtsirrtum an, weil entgegen der diesbezüglichen - unter der Z 12 des § 345 Abs. 1 StPO ausgeführten - Beschwerdeauffassung auch eine - nach dem Wahrspruch im gegenständlichen Fall verwendete - ungeladene Gaspistole eine Waffe im Sinn des § 143 StGB darstellt (Entscheidung des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes vom 11.9.1978, 12 Os 59/78 = SSt 49/45; so auch schon u.a. vorher 10 Os 141/77 = ÖJZ-LSK 1978/80 sowie 10 Os 59/76 = ÖJZ-LSK 1976/285, beide zu § 143 StGB). Diese Rechtsansicht, an der festgehalten wird, folgt der Erwägung, daß auch der Drohung mit einer ungeladenen Gaspistole (welche eine 'Waffe' im Sinn des § 1 WaffenG ist) erhöhte Effizienz zukommt (vgl hiezu auch Kienapfel, BT II, RN 24 und Zipf im WK RZ 17, je zu § 143 StGB).

Damit erledigt sich auch das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 345 Abs. 1 StPO, mit welchem er die den Geschwornen erteilte schriftliche Rechtsbelehrung, soweit sie eine ungeladene Gaspistole als Waffe im Sinn des § 143 StGB bezeichnet, als unrichtig bekämpft.

Gegen Punkt 2 des Schuldspruches, worin ihm angelastet wird, am 12. März 1984 die Magdalena B durch gefährliche Drohung, indem er eine Gaspistole gegen sie richtete, sowie mit Gewalt, indem er ihren Kopf zu seinem gesteiften Glied drückte, zur Unzucht genötigt zu haben, wobei er ihren Geschlechtsteil betastete und sie aufforderte, an ihm einen Mund- und Handverkehr durchzuführen, wendet sich der Angeklagte mit der auf den Nichtigkeitsgrund der Z 11 lit a des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge.

Auch diese Rüge versagt.

Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß das Vorhalten einer Gaspistole - welche von der Zeugin B, wie in der Rechtsmittelausführung eingeräumt wird, für eine echte Handfeuerwaffe angesehen wurde - objektiv die im § 74 Z 5 StGB beschriebene Eignung besitzt, begründete Besorgnisse herbeizuführen, zumal die bedrohte Person, welche die Beschaffenheit einer solchen Waffe nicht verläßlich abzuschätzen vermag, durch ein derartiges Täterverhalten veranlaßt wird, für den Fall des Waffengebrauches zumindest mit einer körperlichen Verletzung zu rechnen. Daß der Angeklagte mit seiner Tat, welche sohin zu Recht als 'gefährliche Drohung' (auch im Sinn des § 204 Abs. 1 StGB) gewertet wurde, nach dem Wahrspruch der Geschwornen jedenfalls eine der inkriminierten Unzuchtshandlungen, nämlich die Duldung der Betastung des Geschlechtsteils der Zeugin, erzwang, genügt zur Erfüllung des Tatbestandes des § 204 Abs. 1 StGB Aber auch die sich aus dem Wahrspruch ergebende weitere Tathandlung des Angeklagten, daß er nämlich den Kopf seines Opfers zu seinem gesteiften Glied drückte, ist entgegen der Meinung der Beschwerde als 'Gewalt' im Sinn der vorgenannten Gesetzesstelle anzusehen:

Gewalt ist jede Anwendung überlegener physischer Kraft zur überwindung eines wirklichen oder auch nur erwarteten Widerstandes, somit zum Zweck der Willensbeugung; sie kann auch in einem bloßen Festhalten des Opfers bestehen (vgl Leukauf-Steininger, Komm zum StGB 2 , RN 24 zu § 74); eine Kraftanwendung besonders qualifizierter Art wird nicht vorausgesetzt. Auch insoweit kann demnach nicht bezweifelt werden, daß es sich bei der beschriebenen Tathandlung des Angeklagten um die Anwendung eines der im § 204 Abs. 1 StGB genannten Mittel - und zwar von 'Gewalt' - handelte. Daß - wie der Beschwerdeführer hiezu weiter vorbringt - das Hindrücken des Kopfes der Magdalena B zu seinem Geschlechtsteil 'nur seinen (die Durchführung eines Mundverkehrs verlangenden) Worten Nachdruck verleihen sollte', ändert daran nichts; diese Erklärung der Motivation der Gewaltanwendung ist ohne rechtliche Relevanz. Auch insoweit unterlief dem Erstgericht daher kein Rechtsirrtum. Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war demnach zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Erich A nach dem § 143 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren.

Bei der Strafbemessung wertete es die einschlägigen Vorstrafen sowie das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das Teilgeständnis und die objektive Schadensgutmachung im Raubfaktum als mildernd. Der Angeklagte begehrt mit seiner Berufung eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe.

Die Berufung ist nicht begründet.

Die vom Erstgericht ausgemessene Freiheitsstrafe wird der Schuld des Angeklagten, seiner belasteten Täterpersönlichkeit sowie dem Unrechtsgehalt seiner Tathandlungen gerecht: Insbesonders in Anbetracht der sich aus der Wirkungslosigkeit bereits zahlreicher Abstrafungen ergebenden ausgeprägten Neigung des Berufungswerbers zu Vermögens- und vorsätzlichen Verletzungsdelikten bestand schon aus spezialpräventiven Gründen für eine Korrektur der ohnehin nahe der gesetzlichen Untergrenze ausgesprochenen Strafe kein Anlaß. Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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