Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 14.758,95 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 1.254,45 S Umsatzsteuer und 960 S Barauslagen) zu ersetzen.
Über die beklagte Partei wird eine Mutwillensstrafe von 15.000 S verhängt.
Text
Begründung
Die klagende Partei behauptete in ihrer Klage, die Beklagte schulde ihr aus dem über ihren Antrag vom 7. 7. 1983 eröffneten Girokonto Nr ***** einen Rückstand in Höhe von 481.419,90 S, und begehrte diesen Betrag samt Anhang.
Die Beklagte erschien trotz ausgewiesener Zustellung nicht zur ersten Tagsatzung, worauf ein der Klage stattgebendes Versäumungsurteil erging.
Die durch einen Rechtsanwalt vertretene Beklagte erhob gegen das Versäumungsurteil lediglich eine Berufung, die sich darin erschöpfte, vorzutragen, das Klagebegehren sei nicht gerechtfertigt; es sei unrichtig, dass die Beklagte einen Kredit aufgenommen habe, es hafte daher nichts unberichtigt aus (ganze 20 Worte Berufungsausführung), was durch Parteienvernehmung und weitere vorbehaltene Beweise erwiesen werden könne.
Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge, wobei es auf das Neuerungsverbot im Berufungsverfahren hinwies.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts wendet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es aufzuheben und dahin zu erkennen, dass das Versäumungsurteil aufgehoben und dem Erstgericht der Auftrag zur Verfahrensfortsetzung erteilt werde.
In der Revision wird die Ansicht des Berufungsgerichts, die Berufung habe nur die Tatsachenfeststellungen bekämpft und unstatthafte Neuerungen vorgetragen, als „unrichtige rechtliche Beurteilung“ bezeichnet, ohne dass dazu auch nur ein weiteres Wort verloren wäre. Das Berufungsgericht hätte vielmehr „auf Grund der Berufung das Versäumungsurteil aufheben und dem Erstgericht die Einleitung des Zivilprozesses auftragen müssen“.
Die klagende Partei verweist in ihrer Revisionsbeantwortung ua darauf, dass die Revisionsschrift nicht den notwendigen Inhalt gemäß § 506 Abs 2 ZPO enthalte und nicht darlege, worin die unrichtige rechtliche Beurteilung liege.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig, weil die Revisionsschrift entgegen der Vorschrift des § 506 Abs 2 ZPO nicht darlegt, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint.
Dieser Mangel wäre zwar grundsätzlich gemäß § 84 Abs 3 ZPO einem Verbesserungsverfahren zu unterziehen. Im vorliegenden Fall ist aber evident, dass die beklagte Partei bzw ihr Rechtsfreund, schon die Berufung offensichtlich im Bewusstsein der Aussichtslosigkeit lediglich aus Gründen der Verschleppung eingebracht haben; denn man kann nicht annehmen, ein Rechtsanwalt wisse nicht, dass in einer Berufung gegen ein Versäumungsurteil nicht neue Tatsachenbehauptungen aufgestellt und Beweise angeboten werden können. Dasselbe gilt auch für die Revision. Es kann nämlich dem Beklagtenvertreter nicht unterstellt werden, er wisse nicht, dass man eine Rechtsrüge irgendwie begründen müsse, damit auf sie eingegangen werden kann. Die ganze Diktion des Rechtsmittels erlaubt vielmehr den zwingenden Schluss, dass in die Revisionsschrift absichtlich dieser Formfehler eingebaut wurde, um durch ein allfälliges Verbesserungsverfahren eventuell nochmals eine für die beklagte Partei aus verfahrensfremden Motiven vielleicht wünschenswerte Verzögerung des Eintritts der Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit zu erzielen. Die Behebung solcher Mängel ist aber nicht Zweck der mit der Zivilverfahrens-Novelle 1983 geschaffenen erweiterten Verbesserungsmöglichkeit. Bei einem solchen Missbrauch des Instituts der Verbesserung ist vielmehr die Verbesserung zu verweigern (Fasching ZPR, Rz 518; JBl 1984, 20; 6 Ob 659/84).
Da die Revision nicht den notwendigen Mindestinhalt aufweist, war sie zurückzuweisen.
Der klagenden Partei waren die Kosten der Revisionsbeantwortung gemäß §§ 50, 41 ZPO zuzusprechen, weil sie auf den angeführten Fehler hingewiesen hat.
Gemäß § 512 ZPO war über die Beklagte eine Mutwillensstrafe zu verhängen. Da sich keine Anhaltspunkte für einen Rechtsirrtum der beklagten Partei bzw ihres Rechtsfreunds finden und dem Beklagtenvertreter auch nicht zu unterstellen ist, er handle gegen den Willen der Beklagten, und alles in allem ein krasser Fall von mutwilliger Inanspruchnahme des Höchstgerichts vorliegt, war auf eine entsprechend spürbare Strafe zu erkennen.
Gegen den Beklagtenvertreter selbst konnte wegen der Abschaffung der Disziplinargewalt gegenüber Anwälten durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 keine Mutwillensstrafe verhängt werden, sondern hier kann lediglich eine Anzeige an die zuständige Rechtsanwaltskammer erfolgen.
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