OGH 10Os212/84

OGH10Os212/8429.1.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Jänner 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner (Berichterstatter), Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gföllner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rudolf A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs.1, Abs.2 Z 1, 129 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht in Jugendstrafsachen vom 15. Oktober 1984, GZ. 24 Vr 847/84-58, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger und des Verteidigers Dr. Bollmann, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO das erstgerichtliche Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, zu Punkt C/ des Schuldspruchs im Ausspruch, daß die fälschlich angelastete Handlung mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sei, sowie in der rechtlichen Beurteilung des dem Angeklagten zu Punkt C/ angelasteten Sachverhaltes als Verbrechen der Verleumdung nach dem zweiten Strafsatz des § 297 Abs. 1 StGB, und demzufolge im Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung aufgehoben. Gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO wird in der Sache selbst im Umfang der Aufhebung erkannt, daß der Angeklagte Rudolf A zu Punkt C/ des Schuldspruchs das Vergehen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1

erster Strafsatz StGB begangen hat.

Der Angeklagte wird hiefür sowie für das Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB (Punkt A des erstgerichtlichen Urteils) und für das Vergehen der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB (Punkt B des erstgerichtlichen Urteils) unter gleichzeitiger nachträglicher Festsetzung der Strafe gemäß §§ 13 Abs. 2, 46 Abs. 4 JGG für das ihm nach dem Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 17. Mai 1982, GZ. 24 Vr 2883/81-14, zur Last liegende Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 und 2 StGB und unter Bedachtnahme auf § 28 Abs. 1 StGB und unter Anwendung des § 11 Z 1 JGG. gemäß § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten verurteilt.

Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB wird die Vorhaft vom 31. Mai 1984, 13.40 Uhr bis zum 6. November 1984, 9.15 Uhr auf diese Strafe angerechnet. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a Abs. 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 25. Februar 1966 geborene Rudolf A des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1

und Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB (Punkt A), des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB (Punkt B) und des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Strafsatz StGB (Punkt C) schuldig erkannt.

Zum allein bekämpften Punkt C liegt ihm zur Last, am 2. Juli 1984 und am 16. August 1984 in seinen gerichtlichen Einvernahmen durch die Behauptung, von Gendarmeriebeamten des Gendarmeriepostenkommandos St. Georgen im Attergau (am 31. Mai 1984) unter Androhung von Schlägen zur Aussage genötigt worden zu sein, diese Beamten der Gefahr einer behördlichen Verfolgung wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich der Nötigung unter Ausnützung ihrer Amtsstellung, ausgesetzt und dadurch wissentlich falsch verdächtigt zu haben, wobei die fälschlich angelastete Handlung mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sei. Die auf die Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs.1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten vermißt eine namentliche Anführung der von ihm verleumdeten Gendarmeriebeamten im angefochtenen Urteil.

Rechtliche Beurteilung

Sie ist unberechtigt.

Mit seinem Vorbringen macht der Beschwerdeführer keinen Begründungsmangel (Z 5) sondern allein einen Feststellungsmangel (Z 9 lit. a) geltend.

Dies allerdings zu Unrecht:

Eine Verleumdung muß sich zwar erkennbar gegen eine bestimmte Person richten, einer namentlichen Bezeichnung bedarf es aber nicht. Es genügt ein solches verleumderisches Vorbringen, das erkennen läßt, daß eine bestimmte Person (oder mehrere bestimmte Personen) einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung oder der Verletzung ihrer Amts- oder Dienstpflicht (wissentlich falsch) verdächtigt wird (vgl. Leukauf-Steiniger, StGB 2 , RN 7 zu § 297 StGB). Dies traf im vorliegenden Fall zu, hatte doch der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen (S 261) gegen jene Gendarmeriebeamten, die am 31. Mai 1984 seine Einvernahme beim Gendarmeriepostenkommando St. Georgen im Attergau durchführten und das Ergebnis dieser Einvernahme in einer Niederschrift festhielten (vgl. S 117 f.), bewußt wahrheitswidrig den Vorwurf erhoben, ihn unter Androhung von Schlägen zu den niederschriftlich festgehaltenen Angaben genötigt zu haben (S 176, 177, 178 und 212 d.A.). Welche Gendarmeriebeamten aber diese Einvernahme durchführten, ergibt sich aus der darüber angefertigten Niederschrift (S 118). In den Entscheidungsgründen brachte das Erstgericht auch deutlich zum Ausdruck, welche Gendarmeriebeamten von der Verleumdung des Angeklagten betroffen waren, denn es bezog sich in diesem Zusammenhang auf die Aussagen der als Zeugen vernommenen Gendarmeriebeamten Anton B und Ernst C (S. 261 i.V.m. S. 217 und 218).

Sollte der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen allenfalls § 281 Abs.1 Z.3 StPO (in Beziehung auf § 260 Abs.1 Z.1 StPO) im Auge gehabt haben, ist ihm gleichfalls mit dem Hinweis zu begegnen, daß die Tat, deren er schuldig befunden wurde, durch den Hinweis auf die die Vernehmung (vom 31. Mai 1984) durchführenden Gendarmeriebeamten des Gendarmeriepostenkommandos St. Georgen im Attergau so bezeichnet werden, daß dem Gebot der Individualisierung der Tat im Urteilsspruch (vgl. Foregger-Serini, StPO 3 , Erl. II zu § 260) voll Rechnung getragen wird.

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin ein Erfolg zu versagen.

Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde war aber vom Obersten Gerichtshof von Amts wegen gemäß § 290 Abs. 1 (erster Fall) StPO wahrzunehmen, daß das Urteil des Schöffengerichtes im Schuldspruch des Angeklagten wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Strafsatz StGB (Punkt C/ des Urteilssatzes) mit dem ungerügt gebliebenen, sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkenden materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund der Z 11

des § 281 Abs. 1 StPO behaftet ist (EvBl. 1982/198). Verfehlt ist nämlich die Rechtsansicht, daß die vom Angeklagten den Gendarmeriebeamten bewußt wahrheitswidrig zum Vorwurf gemachte Nötigung, die sie unter Ausnützung der ihnen durch ihre Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit (als Gendarmeriebeamte) begangen hätten, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sei, weshalb der Angeklagte nach dem zweiten (höheren) Strafsatz des § 297 Abs. 1 StGB zu bestrafen sei, (wobei das Erstgericht ersichtlich § 313 StGB vor Augen hatte). Es übersah jedoch hiebei, daß § 313 StGB lediglich eine fakultativ anwendbare Strafbemessungsvorschrift dargestellt, die keine önderung der Strafsätze bewirkt und daher für die Strafdrohung des fälschlich angelasteten Delikts (hier: der Nötigung) ohne Bedeutung ist (vgl. Leukauf-Steiniger, StGB 2 , RN 16 zu § 297; RN 24 zu § 39 und RN 16 zu § 313). Eine Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB ist daher, auch wenn sie unter Ausnützung einer Amtsstellung begangen wurde, nur mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedroht. Der bewußt wahrheitswidrige Vorwurf einer von einem Beamten unter Ausnützung seiner Amtsstellung begangenen Nötigung begründet deshalb nicht das Verbrechen, sondern nur das Vergehen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 erster Strafsatz StGB (EvBl. 1982/198).

Es war daher mit dem Schuldspruch zu Punkt C/ des erstgerichtlichen Urteils wie aus dem Spruch ersichtlich zu verfahren. Bei der damit erforderlichen Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Delikte, die Wiederholung der Diebstähle und die Qualifikationen des Diebstahls und der Sachbeschädigung, soweit sie nicht strafsatzbestimmend sind, als mildernd das Geständnis des Angeklagten und die (objektive) Schadensgutmachung in jenem Diebstahlsfaktum, zu dem nunmehr (gemäß §§ 13 Abs.2, 46 Abs. 4 JGG) die Strafe festgesetzt wurde. Eben wegen dieser Straffestsetzung war es im übrigen verfehlt, wenn das Erstgericht diese 'Vorverurteilung gemäß § 129 Z.1 StGB' als Erschwerungsgrund heranzog. Auf der Basis der vom Obersten Gerichtshof festgestellten Strafzumessungsgründe erschien eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten als der Schuld des Täters und dem Unrechtsgehalt der Taten angemessen.

Der Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung bedurfte es dabei nicht, weil der Angeklagte alle den anzuwendenden Strafsatz (§ 129 StGB) bestimmenden Diebstahlstaten vor Vollendung seines achtzehnten Lebensjahres verübte und demnach insoweit ungeachtet des Umstandes, daß er auch nach Vollendung des achtzehnten Lebensjahres eine weitere - vorliegend nicht strafsatzbestimmende - Straftat beging, die Bestimmung des § 11 Z.1 JGG zum Tragen kommt (vgl. auch ÖJZ-LSK 1978/50).

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