Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 33-jährige Josef A auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 31.Dezember 1983 in Mattersburg seine beiden unmündigen Söhne Roman A und Harald A vorsätzlich getötet hat, indem er den Erstgenannten in einer Badewanne ertränkte und gegen die Stirn des Zweitgenannten aus ca 25 cm Entfernung einen gezielten Schuß aus einem Kleinkalibergewehr abfeuerte, der infolge Hirnlähmung den Tod dieses Kindes herbeiführte.
Die Geschwornen hatten die beiden anklagekonform auf Mord lautenden Hauptfragen (jeweils einstimmig) bejaht und die hiezu gestellte Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit zur Tatzeit (ebenso einstimmig) verneint; demgemäß blieben die beiden auf Totschlag (§ 76 StGB) lautenden Eventualfragen ('Hat sich Josef A am 31.Dezember 1983 in Mattersburg infolge der Auflösung seiner Beziehung zu Susanne B, sohin in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung, dazu hinreißen lassen, Roman A bzw Harald A zu töten ...') unbeantwortet.
Rechtliche Beurteilung
Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 6
und 8 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.
Als Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (§ 312 bis 317 StPO) rügt der Beschwerdeführer die Ablehnung seines Begehrens, aus den Eventualfragen jeweils die Worte 'infolge der Auflösung seiner Beziehung zu Susanne B' zu streichen. Durch diesen Zusatz in den Fragen sei nämlich, so meint die Beschwerde, der Entscheidungsspielraum der Geschwornen unzulässig eingeschränkt worden; hätten doch diese nicht nur den bezeichneten Umstand, sondern alle im Beweisverfahren hervorgekommenen Umstände, welche sie zur Annahme einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung hätten veranlassen können, würdigen müssen. Dazu ist zunächst zu sagen, daß in Haupt- und Eventualfragen - die ihrem Wesen nach gleichfalls die Schuld betreffen (§ 314 Abs 1 StPO;
10 Os 49/80) - gemäß § 312 Abs 1 StPO alle gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung und die besonderen Umstände der Tat nach Ort, Zeit und Gegenstand usw soweit beizufügen sind, als es zur deutlichen Kennzeichnung der Tat - im Urteil, das ja sonst (in den Gründen) keine Sachverhaltsschilderung enthält (§ 342 StPO; ÖJZ-LSK 1976/168) - oder für die Entscheidung über die Entschädigungsansprüche notwendig ist. Neben den gesetzlichen Deliktsmerkmalen ist daher ein solches Maß konkreter Tatsachen in Schuldfragen aufzunehmen, daß damit der Tat das Gepräge eines individuellen Vorganges verliehen (9 Os 63/82) und auch die rechtliche überprüfung des Wahrspruchs durch den Schwurgerichtshof gleichwie (im Rechtsmittelverfahren) durch den Obersten Gerichtshof ermöglicht wird (10 Os 6/83 und die dort zitierte Judikatur). Einer darüber hinausgehenden 'Spezialisierung' des Tathergangs, also einer erschöpfenden Beschreibung des gesamten Geschehens in allen Einzelheiten (einschließlich rechtlich bedeutungsloser Tatmodalitäten) bedarf es hingegen nicht (9 Os 63/82, 10 Os 187/84). Wiewohl nach dem Gesagten aus dem Wahrspruch der Geschwornen in seiner Gesamtheit (also aus Schuld- und Zusatzfragen) auch alle schuldbezogenen Elemente hervorkommen müssen, die als erwiesen angenommen oder verneint worden sind, ist deren spezielle Anführung (bzw nähere Konkretisierung) überall dort entbehrlich, wo sie in jenem dem jeweiligen Deliktstypus entsprechenden und diesen Tatbestand verwirklichenden konkreten Lebenssachverhalt - wie er in den bezüglichen Fragen beschrieben ist - ihren deutlichen Niederschlag finden (EvBl 1976/97), im wesentlichen ohnedies nur ein Lebensvorgang im Verfahren zur Entscheidung steht (13 Os 126/78) und demgemäß die Rückführung des im Wahrspruch festgestellten Sachverhalts auf die gesetzlichen Merkmale möglich ist. Es müssen daher zwar in der Schuldfrage nach § 76 StGB prinzipiell nicht jene in ihrer denkbaren Vielfalt kaum verläßlich umschreibbaren konkreten Umstände angeführt werden, aus denen, wenn sie als erwiesen angenommen werden, eine Tatbegehung in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung abgeleitet werden kann; wird die Frage jedoch in diesem Belange konkretisiert, dann ist das zur Beurteilung der Tat unter dem Blickwinkel der privilegierenden Merkmale des § 76 StGB maßgebliche Tatsachensubstrat so zu beschreiben, daß den Geschwornen die Berücksichtigung aller bezüglichen Umstände des Einzelfalls einschließlich der psychologischen Zusammenhänge ermöglicht wird. Diesem Erfordernis wird aber vorliegend durch den Hinweis des Schwurgerichtshofes auf das vom Angeklagten immer nur im Kontext mit anderen Umständen beschriebene Geschehen, das seinem Vorbringen nach das letzte von mehreren bei ihm einen psychischen Ausnahmezustand (im Sinne eines gerade aktuellen Lebensvorganges) auslösenden Ereignisse war, durchaus Genüge getan, zumal die Verfahrensergebnisse die Entstehung eines von der Auflösung der Beziehung zu Susanne B unabhängigen Affektzustandes in keiner Weise indizierten. Die bekämpfte Formulierung der Eventualfrage nach § 76 StGB war daher im gegebenen Fall nicht geeignet, die Geschwornen - die zudem schon in der (allgemeinen) Rechtsbelehrung (vgl Band II/S 73) darauf hingewiesen wurden, daß es ihnen freisteht, bei gleichzeitiger Verneinung der Hauptfragen die Eventualfragen mit entsprechender Einschränkung zu bejahen (§ 331 Abs 2 StPO) - zu beirren und solcherart Anlaß zu Mißverständnissen zu geben.
Der Vorwurf einer unrichtigen Rechtsbelehrung im Sinne der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO hinwieder geht deshalb fehl, weil der Beschwerdeführer bei seinem bezüglichen Einwand, es sei den Geschwornen die Möglichkeit genommen worden, auf den Unterschied zwischen Mord und Totschlag einzugehen, da die Merkmale des Totschlags getrennt von jenen des Mordes erläutert wurden, übersieht, daß die Rechtsbelehrung grundsätzlich für jede gestellte Frage gesondert zu erfolgen hat (§ 321 Abs 2 StPO), von den Geschwornen aber stets als Ganzes zur Kenntnis zu nehmen ist (vgl Mayerhofer/Rieder StPO 2 Nr 50 zu § 345 Z 8). Mithin entsprach es durchaus dem Gesetz, zunächst die gesetzlichen Merkmale des Mordes bei den Hauptfragen und sodann die für den Tatbestand des Totschlags maßgebenden Rechtsbegriffe (erst) bei den Eventualfragen zu erläutern, ohne daß diese Vorgangsweise geeignet gewesen wäre, die Geschwornen bei ihrem Wahrspruch zu beirren. Wurde doch einerseits in der Rechtsbelehrung zu den gestellten Eventualfragen zutreffend ausgeführt, daß es sich bei Totschlag um einen privilegierten Fall der vorsätzlichen Tötung handelt, der (wie Mord) voraussetzt, daß der Täter vorsätzlich tötet, aber durch die besondere Gemütsbeschaffenheit des Täters zur Tatzeit (eine allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung, in der sich der Täter zur vorsätzlichen Tötung eines anderen hinreißen läßt) charakterisiert ist (vgl Band II/S 77), und anderseits im Frageschema klargestellt, daß die gestellten Eventualfragen nur im Falle der Verneinung der Hauptfragen zu beantworten sind. Die Rechtsbelehrung konnte somit die Geschwornen auf keinen falschen Weg weisen und nicht zu Mißverständnissen Anlaß geben, die für den Wahrspruch von Bedeutung sein hätten können, weshalb auch diese Rüge versagt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach als zur Gänze unbegründet zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach § 28 Abs 1, 75 StGB zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Dabei wertete es als erschwerend die zweimalige Begehungshandlung, daß der Angeklagte bei der Begehung der Tat die Wehr- und Hilflosigkeit der Opfer ausgenützt hat und daß er heimtückisch gehandelt hat, als mildernd hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, das reumütige Geständnis und die heftige Gemütsbewegung, unter deren Einfluß der Angeklagte die Tat begangen hat.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Verhängung einer wesentlich geringeren Freiheitsstrafe (gemeint: einer zeitlichen Freiheitsstrafe) an.
Auch der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt. Zwar liegt - recht besehen - der vom Erstgericht der Sache nach herangezogene Milderungsgrund des § 34 Z 8 StGB - der voraussetzt, daß sich der Täter in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zur Tat hat hinreißen lassen - nicht vor, weil die Geschwornen eine Tatbegehung unter diesen Umständen gerade nicht als gegeben angenommen haben; dem Berufungswerber kann aber immerhin dessen labiler psychischer Zustand zur Tatzeit als mildernd zugutegehalten werden, sodaß im Ergebnis kein Grund zu einer Korrektur der erstgerichtlichen Strafzumessungsgründe besteht.
Angesichts der besonderen Schwere der Schuld des Angeklagten, der auf heimtückische Weise seine beiden wehrlosen unmündigen Kinder ermordet hat, kommt, auch wenn man die übrigen Umstände, unter denen das Verbrechen geschah, berücksichtigt, nur die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe als schuldangemessene Reaktion auf den zweifachen Mord in Betracht.
Auch der Berufung mußte demnach ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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