Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und an Stelle der Freiheitsstrafe gemäß § 37 StGB. über den Angeklagten eine Geldstrafe von 240 (zweihundertvierzig) Tagessätzen zu je 200 (zweihundert) Schilling, für den Fall der Uneinbringlichkeit 120 (einhundertzwanzig) Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt; im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Werner A der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB. (Punkt I), des Verstrickungsbruches nach § 271 Abs. 1 StGB. (Punkt II), sowie der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB. (Punkt III) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die Schuldsprüche zu Punkt I und III des Urteiles bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; gegen den Strafausspruch wendet er sich unter Anrufung des § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO. gleichfalls mit Nichtigkeitsbeschwerde und überdies mit Berufung. Zum Schuldspruch wegen Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB.:
Nach den Urteilsfeststellungen bedrohte der Angeklagte am 7.August 1981 in Hinterbrühl Peter B, der sich in der Villa der Hilde C aufhielt, durch die telefonische öußerung, er werde 'zu Besuch kommen', B befinde sich in Lebensgefahr, weil er ihn umbringen werde, in der Absicht gefährlich, ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen (S. 360). Kurze Zeit später überstieg der Angeklagte den Gartenzaun, drang in das Haus ein und fügte Peter B durch Schläge leichte Verletzungen zu. Wegen dieser Verletzungen wurde er bereits mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 26. August 1982, GZ. 1 e Vr 5915/80-107, rechtskräftig wegen Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt.
Einen Begründungsmangel (Z. 5) erblickt der Beschwerdeführer in der Unterlassung der Erörterung der Aussage des Zeugen B vor der Gendarmerie (gemeint vor der Polizei - vgl. S. 91), nach der der Angeklagte den Zeugen B erst in einem weiteren Telefonat etwa 20 Minuten nach den Tätlichkeiten 'mit dem Umbringen' bedroht habe.
Rechtliche Beurteilung
Dieser Mangel liegt jedoch schon deshalb nicht vor, weil das Erstgericht die Absicht des Angeklagten, den Zeugen B in Furcht und Unruhe zu versetzen, aus der - sogar noch in zeitlichem Abstand - folgenden tätlichen Attacke des Angeklagten gegen B ableitete (S. 361). In diesem Zusammenhang ist es außerdem nicht von entscheidender Bedeutung, ob die (erste) verbale Drohung bloß mit Lebensgefahr oder überdies mit dem Umbringen formuliert war, denn mit jeder dieser öußerungen für sich wäre nach den sonstigen Umständen des Falles der Tatbestand des § 107 Abs. 1 StGB. erfüllt. Wenn das Erstgericht die Möglichkeit einer nach dem tätlichen Angriff wiederholten (weiteren) Drohung mit Stillschweigen überging, konnte sich dies vorliegend im Ergebnis nur zugunsten des Angeklagten auswirken.
Mit der Aussage des Zeugen B in der Hauptverhandlung beschäftigte sich das Erstgericht und erachtete sie als glaubwürdig (S. 361); diese Aussage ist keineswegs - wie die Nichtigkeitsbeschwerde behauptet - abschwächend, denn der Zeuge bekundete, daß er die telefonische Drohung des Angeklagten (erst) dann nicht mehr ernst nahm, nachdem er den ihm vorher persönlich nicht bekannten Angeklagten zu Gesicht bekommen hatte (S. 320 f.).
Es versagt aber auch die Rechtsrüge zu diesem Urteilsfaktum. Davon, daß 'durch die anschließende Körperverletzung die Drohung konsumiert' worden sei (womit offenbar auf eine scheinbare Realkonkurrenz hingewiesen werden soll - vgl. Leukauf-Steininger, StGB. 2 RN. 11 zu § 107), kann schon angesichts der örtlichen und zeitlichen Distanz beider Tathandlungen, die daher nicht unmittelbar aufeinanderfolgten, keine Rede sein.
Mit dem Vorbringen, die Absicht des Angeklagten, B in Furcht und Unruhe zu versetzen, lasse sich nicht objektivieren, verläßt die Rechtsrüge den Boden der eben diese Absicht ausdrücklich konstatierenden Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes und ist somit nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Auch die Rechtsansicht, die festgestellte Drohung sei nach objektiven Gesichtspunkten nicht als gefährliche Drohung zu werten, ist unzutreffend. Die Eignung der Drohung, begründete Besorgnisse einzuflößen, kann fallbezogen unter Anlegung eines Durchschnittsmaßstabes angesichts der (vom Erstgericht ohnedies nur als Drohung mit einer Verletzung am Körper nach dem ersten Absatz des § 107 StGB. beurteilten) öußerung des Angeklagten, B befinde sich in Lebensgefahr (und der Angeklagte werde ihn umbringen), nicht zweifelhaft sein.
Der Einwand schließlich, auch der Zeuge B habe die öußerungen nicht ernst genommen, ist - abgesehen davon, daß er nach dessen Aussage in der Hauptverhandlung für den Zeitpunkt der (ersten) Drohung nicht zutrifft - deshalb unerheblich, weil es kein Tatbestandserfordernis der gefährlichen Drohung ist, daß durch sie die bedrohte Person wirklich in Furcht und Unruhe versetzt wurde, der Täter somit sein Ziel erreichte (EvBl. 1982/28); wesentlich ist allein, ob die Drohung objektiv geeignet war, eine solche Folge nach sich zu ziehen, was bei unbefangener Betrachtung der Situation und des Wortlautes der öußerung vorliegend zu bejahen ist.
Dem Erstgericht unterlief sohin bei Beurteilung der Tat des Angeklagten als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB. kein Rechtsirrtum.
Zum Schuldspruch wegen Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB.:
Insoweit liegt dem Angeklagten zur Last, von 1982 bis zum 3.Juli 1983 in Wien Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich einen Führerschein des Felix D, einen Personalausweis und einen Führerschein des Karl E sowie ein Prämiensparbuch des Gerhard F mit dem Vorsatz unterdrückt zu haben, zu verhindern, daß diese Urkunden im Rechtsverkehr gebraucht werden (S. 360, 361).
Hiezu wirft der Beschwerdeführer in der Mängelrüge (Z. 5) dem Erstgericht 'mangelnde Eindeutigkeit' und 'unzureichende Begründung' vor, weil es (angeblich) nicht klar ausspreche, ob es der Verantwortung des Angeklagten folge, wonach er die Urkunden in Personenkraftwagen vorgefunden habe, die ihm zum Verkauf übergeben worden waren, und die Urkunden in der Erwartung an sich genommen habe, die Berechtigten würden sie bei ihm abholen.
Der Schöffensenat stellte demgegenüber fest, daß nicht mehr zu klären sei, wie die Urkunden in den Besitz des Angeklagten gelangten (S. 362). Damit und mit der Ausführung, daß es die Ausrede des Angeklagten auf Schlamperei oder Fahrlässigkeit nicht glaube (S. 362), bringt aber das Erstgericht deutlich zum Ausdruck, daß es insoweit der Verantwortung des Angeklagten nicht folgte. Aus dem vom Angeklagten zugestandenen 'nachfolgenden Verhalten', nämlich sowohl seiner für einen Autohändler 'ungewöhnlichen' Unterlassung, die Berechtigten vom Verbleib der Urkunden in Kenntnis zu setzen, als auch aus der Verbringung der Urkunden in sein Wohnhaus 'anläßlich der Räumung der Fuchsgarage im Jahre 1982', schloß das Erstgericht denkmöglich und im Einklang mit der Lebenserfahrung, daß er dadurch den Gebrauch der Urkunden im Rechtsverkehr durch die Verfügungsberechtigten verhindern wollte. Von einem Begründungsmangel kann daher keine Rede sein.
Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die Rechtsrüge des Angeklagten, mit der er - den Schuldvorwurf allein auf eine Unterlassung abstellend - mangels einer Garantenpflicht zur Erfolgsabwendung (§ 2 StGB.) seine Handlungspflicht, die Urkunden den Berechtigten zurückzustellen oder sie über deren Verbleib zu informieren, verneint und damit Mangel am Tatbestand einwendet. Denn damit setzt er sich über die Feststellungen hinweg, denen zufolge er 'im Jahre 1982 anläßlich der Räumung der Fuchsgarage die Urkunden zu sich in sein Wohnhaus nahm' und 'damit verhindern wollte, daß sie die Berechtigten im Rechtsverkehr gebrauchen' (S. 362). Das Erstgericht erblickt sohin die entscheidende Tathandlung nicht in einer Unterlassung, sondern zutreffend in der Verbringung der Urkunden in das Wohnhaus, sohin in einer aktiven Handlung. Denn als Unterdrücken im Sinne des § 229 Abs. 1 dritter Fall StGB. ist jede (vorsätzliche) Handlung anzusehen, die die Urkunden zwar unversehrt erhält, dem Berechtigten jedoch um die Möglichkeit bringt, sich ihrer zu bedienen (SSt. 47/28), durch die also die Urkunde dem Gebrauch entzogen wird. Dem Erstgericht unterlief daher auch kein Rechtsirrtum.
Zum Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO.:
Der Beschwerdeführer begehrt (sinngemäß) eine Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB. auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 26.August 1982, GZ. 1 e Vr 5915/80-107, mit dem er rechtskräftig (vgl. das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 7.Dezember 1982, GZ. 10 Os 183/82-8 =
GZ. 1 e Vr 5915/80-112) des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 2 StGB. (begangen am 6.Dezember 1979), sowie der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB. (begangen in der Zeit von 1977 bis Dezember 1979) und der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. (Tatzeit 7.August 1981) schuldig erkannt und gemäß §§ 28, 288
Abs. 2 StGB. und unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB. auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.Dezember 1981, AZ. 1 a E Vr 1622/81, zu vier Monaten (zusätzlicher) Freiheitsstrafe verurteilt wurde;
seiner Rechtsansicht nach sei in Ansehung des Schuldspruches wegen Vergehens der Urkundenunterdrückung der Tatzeitpunkt mit '1982', nicht aber 'von 1982
bis zum 3.7. 1983' anzunehmen, weshalb die nun abgeurteilten Straftaten nach der Begehungszeit (7.August 1981 zum Schuldspruch Punkt I, 1.Dezember 1981 zum Schuldspruch Punkt II) Gegenstand des Urteils vom 26.August 1982 hätten sein können.
Dieses Vorbringen ist in mehrfacher Hinsicht verfehlt:
Zunächst übersieht der Beschwerdeführer, daß die Nichtanwendung des § 31 StGB. nur dann den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO.
herstellt, wenn die in den in Betracht kommenden Urteilen verhängten Strafen zusammen die auf die mit der schwersten Strafe bedrohte strafbare Handlung gesetzte Höchststrafe übersteigen, was im gegenständlichen Fall angesichts einer vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten bei einer möglichen Höchststrafe nach § 288 Abs. 2 StGB. von fünf Jahren nicht zutrifft. Zum anderen irrt er, wenn er meint, der Tatzeitpunkt der Urkundenunterdrückung sei mit '1982', dem Zeitpunkt der Räumung der Fuchsgarage und der Verbringung der Urkunden in sein Wohnhaus anzusetzen. Denn bei der Verwirklichung einer Urkundenunterdrückung durch Vorenthalten ist das Delikt zwar bereits mit dem Zeitpunkt vollendet, mit dem das Unterdrücken beginnt; beendet ist die Tat aber erst mit der Rückgabe der Urkunden. Es handelt sich um ein Dauerdelikt (vgl. Kienapfel im WK., Rz. 38 zu § 229 StGB.), weshalb das Erstgericht zutreffend als Tatzeit 'von 1982 bis 3.7.1983' annahm, die somit zum Teil nach Fällung des Urteiles in erster Instanz im Verfahren AZ. 1 e Vr 5915/80 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (am 26.August 1982) liegt.
überdies läßt der Beschwerdeführer außer acht, daß das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 26.August 1982 seinerseits gemäß §§ 31, 40 StGB. auf ein Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.Dezember 1981 Bedacht nimmt, das gegenständlich abzuurteilende Vergehen der Urkundenunterdrückung schon nach dem eigenen Beschwerdevorbringen zeitmäßig zwischen den beiden früheren Urteilen begangen wurde, von denen das zweite auf das erste Bedacht nahm. Auch aus diesem Grunde war § 31 StGB. nicht anzuwenden, weil dies einer Doppelbegünstigung gleichkäme (EvBl. 1983/109 = RZ. 1983/47; ÖJZ-LSK. 1980/51).
Es war daher der Nichtigkeitsbeschwerde ein Erfolg zu versagen.
Zur Strafberufung:
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach § 107 Abs. 1 StGB.
unter Bedachtnahme auf § 28 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten. Es wertete als erschwerend 'das Vorleben' des Angeklagten, als mildernd ein Teilgeständnis und die Erregung hinsichtlich der Drohung. Es hielt die Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe aus spezialpräventiven Erwägungen für erforderlich, weil der Angeklagte trotz Bestrafung immer wieder auf 'mannigfaltige Weise' straffällig wurde.
Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Strafausmaßes, eine bedingte Strafnachsicht und allenfalls die Anwendung des § 37 StGB. anstrebt, kommt (nur) teilweise Berechtigung zu.
Daß das Gewicht der Taten als nicht allzu gravierend zu veranschlagen ist, brachte auch das Erstgericht in der Weise zum Ausdruck, als es trotz der Faktenmehrheit eine Freiheitsstrafe im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens ausmaß. Wohl ist der Angeklagte mehrfach vorbestraft. Die nun abgeurteilten Taten liegen jedoch - die Urkundenunterdrückung als Dauerdelikt ausgenommen - mehrere Jahre zurück. In Anbetracht dieser Umstände sprechen weder generalpräventive Gründe, noch auch spezialpräventive Erwägungen gegen die Verhängung einer Geldstrafe im nunmehrigen Zeitpunkt. Es war daher der Berufung insoweit Folge zu geben und an Stelle der Freiheitsstrafe eine Geldstrafe im Ausmaß von 240 Tagessätzen zu verhängen.
Bei der Bemessung der Höhe des Tagessatzes ging der Obersten Gerichtshof von den eigenen Angaben des für niemanden sorgepflichtigen Angeklagten über ein Monatseinkommen von 10.000 bis 12.000 S (S. 3) aus. Ein Tagessatz von 200 S entspricht unter diesen Umständen den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten.
Eine bedingte Nachsicht der Geldstrafe kam allerdings nicht in Frage.
Damit wäre nämlich die beim einschlägig getrübten Vorleben des Angeklagten erforderliche spezialpräventive Effizienz dieser Strafe nicht mehr gegeben.
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