OGH 11Os187/84

OGH11Os187/848.1.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Jänner 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kohlegger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Alois A wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den § 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Jugendschöffengerichtes vom 3. Oktober 1984, GZ 23 Vr 2.983/82-23, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Strasser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem - am selben Tage in Rechtskraft erwachsenen - Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Jugendschöffengerichtes vom 12.Jänner 1983, GZ 23 Vr 2.983/82-13, wurde der am 26.September 1965 geborene - damals also noch jugendliche (§ 1 Z 2 JGG) - Alois A des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den § 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt; gemäß dem § 13 Abs 1 JGG wurden der Ausspruch und die Vollstreckung der Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorläufig aufgeschoben.

Mit der - am 5.April 1984 in Rechtskraft erwachsenen - Strafverfügung des Bezirksgerichtes Zell am Ziller vom 2.März 1984, GZ U 131/84-4, wurde Alois A, der nunmehr das 18. Lebensjahr bereits vollendet hatte, wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs 1 StGB - begangen am 26.Dezember 1983, sohin innerhalb der vorangeführten Probezeit - schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 90 S, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen, verhängt.

Auf Grund dieser neuerlichen Verurteilung beantragte die Staatsanwaltschaft am 28.August 1984 (im Sinn der § 13 Abs 2, 46 Abs 4 JGG) die nachträgliche Festsetzung der Strafe (S 98, 109 d. A).

über diesen Antrag erkannte das Landesgericht Innsbruck als Jugendschöffengericht mit dem (Ergänzungs-)Urteil vom 3.Oktober 1984, GZ 23 Vr 2.983/82-23, dahin zu Recht, daß es Alois A wegen der ihm im erstangeführten (Zwischen-)Urteil zur Last liegenden Vergehen nach dem § 126 Abs 1 StGB unter Anwendung der § 28 StGB und 11 JGG sowie gemäß den § 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Zell am Ziller vom 2.März 1984 zu einer zusätzlichen Geldstrafe von 60 Tagessätzen in der Höhe von je 150 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 30 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilte.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 8 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Sie ist unbegründet.

Mit dem auf die Z 8 des § 281 Abs 1 StPO gestützten und der Sache nach auf den rechtskräftigen Schuldspruch wegen des Vergehens nach dem § 83 Abs 1 StGB bezogenen Einwand, es fehle an einer (gemäß dem § 56 StPO vorzunehmenden) Einbeziehung des dieses Faktum betreffenden Verfahrens AZ Z 376/82 des Bezirksgerichtes Zell am Ziller, wird weder der geltend gemachte, noch überhaupt ein Nichtigkeitsgrund releviert, weil damit keine überschreitung der - in Ansehung der genannten Tat in der Hauptverhandlung vom 12.Jänner 1983 vom öffentlichen Ankläger ausgedehnten (S 77 d.A) - Anklage behauptet wird und das Unterbleiben einer Verfahrensvereinigung an sich nicht mit Nichtigkeit bedroht wäre (EvBl 1975/204). Abgesehen davon ist im Rahmen der Bekämpfung des Ergänzungsurteiles eine Anfechtung des Zwischenurteiles, wie dies bei dem gegenständlichen Vorwurf einer Anklageüberschreitung der Fall ist, ausgeschlossen (Leukauf-Steininger, Nebengesetze 2 Anm. C zu § 46 JGG). Lediglich eine - hier nicht vorliegende - materielle Nichtigkeit des Zwischenurteiles könnte gemäß dem § 290 Abs 1 StPO vom Obersten Gerichtshof von Amts wegen wahrgenommen werden (SSt. 30/4). Zudem ist die Rüge aktenwidrig, weil das - nach der Abtretung an das Landesgericht Innsbruck zunächst unter dem AZ 23 Vr 3.796/82, Hv 276/82, geführte - ursprünglich beim Bezirksgericht Zell am Ziller anhängig gewesene Verfahren ohnedies mit dem Beschluß vom 18.Oktober 1982 gemäß dem § 56 StPO einbezogen worden war (S 4 d. A).

Dem Beschwerdevorbringen zur Z 11 des § 281 Abs 1 StPO ist

entgegenzuhalten:

Ob der Spruch des Ergänzungsurteils das Zitat des § 13 Abs 2 JGG enthält oder nicht, ist vorliegend belanglos; das Fehlen des Zitats würde keine Nichtigkeit begründen. überdies geht, der Beschwerde zuwider, aus dem Urteilsspruch unzweifelhaft hervor, daß die Straffestsetzung auf § 13 Abs 2 JGG beruht; denn er enthält den ausdrücklichen Hinweis auf den nach dieser Gesetzesbestimmung sowie auch nach § 46 Abs 4 JGG gestellten Antrag des öffentlichen Anklägers.

Wenn der Beschwerdeführer ferner das Ergänzungsurteil als nicht innerhalb der im § 13 Abs 2 JGG normierten Fristen gefällt rügt, verkennt er, daß der nachträgliche Strafausspruch bis zum Ablauf von sechs Monaten nach dem Ende der Probezeit jedenfalls reehtzeitig ist (§ 13 Abs 2 JGG, zweiter Satz) und hier der Ausspruch geraume Zeit vor Ablauf der dreijährigen Probezeit (12.Jänner 1986) stattfand. Der von § 13 Abs 2 dritter Satz JGG alternativ ('... auch noch ...') erfaßte Fall einer Straffestsetzung bis zum Ablauf von sechs Wochen nach der rechtskräftigen Beendigung eines vor Ablauf der Probezeit eingeleiteten Strafverfahrens liegt daher hier nicht vor. Letztlich macht der Beschwerdeführer mit seinem Vorwurf, das Ergänzungsurteil hätte sich auf die Straffestsetzung in bezug auf den rechtskräftigen Schuldspruch beschränken müssen und es hätte dabei nicht (im Sinn der § 31, 40 StGB) auf die zwischenzeitig ergangene Strafverfügung Bedacht genommen werden dürfen, keine Gesetzwidrigkeit der Strafbemessung in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 11 StPO geltend. Im übrigen irrt der Beschwerdeführer, der insoweit die Beschwerde nicht zu seinem Vorteil ausführt: Die § 31 und 40 StGB sind auch bei einer Straffestsetzung nach den § 13 Abs 2, 46 Abs 4 JGG anzuwenden (vgl. Leukauf-Steininger, a.a.O. E 19 zu § 13 JGG; Mayerhofer-Rieder 2 E 75 ff zu § 31 StGB).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war deshalb zu verwerfen. Das Jugendschöffengericht vertrat die Ansicht, daß im Hinblick auf den relativ raschen Rückfall innerhalb (des ersten Drittels) der Probezeit die Straffestsetzung erforderlich sei, um die durch die Strafandrohung allein nicht erreichte Besserung zu erzielen. Bei der gemäß § 46 Abs 4 JGG nachträglich innerhalb des (hinsichtlich der Geldstrafendrohung durch § 11 Z 1 JGG nicht eingeschränkten - SSt. 47/70) Strafrahmens des § 126 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28, 31, 40 StGB ausgemessenen zusätzlichen Geldstrafe wurde als erschwerend das Zusammentreffen zweier Vergehen und der Umstand gewertet, daß A die treibende Kraft bei den Sachbeschädigungen (auch der des Mitverurteilten Robert B) war, während ihm als mildernd zugutegehalten wurde, daß er ein umfassendes Geständnis ablegte, volle Schadensgutmachung leistete und zur Tatzeit noch unbescholten war.

Dem Begehren der Berufung, entweder von der Verhängung einer Strafe überhaupt abzusehen oder aber die verhängte Geldstrafe schuld- und tatangemessen herabzusetzen, kommt in keiner Richtung Berechtigung zu.

Zunächst muß sich der Berufungswerber den Hinweis auf die Ergebnisse der Jugenderhebungen gefallen lassen, denen zufolge sein bisheriges Verhalten durch sein aufbrausendes und zu unkontrollierten Ausbrüchen neigendes Wesen gekennzeichnet war (S 59 d.A). Den zum Schuldspruch nach § 125, 126

Abs 1 Z 7 StGB führenden Sachbeschädigungen zum Nachteil des Landwirtes C waren auch schon früher Lausbubenstreiche vorangegangen (S 19 und 33 a verso d.A) und auch die körperliche Beschädigung des Tatzeugen D, nachdem dieser seine Täterschaft preisgegeben hatte (Schuldspruch wegen § 83 Abs 1 StGB), weist auf eine gewisse Neigung zu eigenmächtiger und gewaltsamer Konfliktbereinigung hin. Wenn daher innerhalb der Probezeit neuerlich eine strafbare Handlung begangen wurde, wobei außerdem ein erheblicher Alkoholmißbrauch festzustellen war (Bestrafung auch wegen § 5 StVO), kann sich der Oberste Gerichtshof der Meinung des Berufungswerbers, es bedürfe keiner weiteren Bestrafung, nicht anzuschließen; dies unabhängig davon, ob der aktenkundige Krankenstand tatsächlich auf einen durch die vorangegangene Bestrafung ausgelösten Selbstmordversuch zurückzuführen ist (vgl. ON 6 und 7 im Akt U 131/84 des Bezirksgerichtes Zell am Ziller). Die (allein bekämpfte) Höhe der Geldstrafe (Anzahl der Tagessätze) erscheint tatgerecht und auch schuldangemessen, zumal neben den ohnehin vom Erstgericht berücksichtigten Milderungsumständen weitere schuldmindernde Momente nicht vorliegen. Von Unbesonnenheit im Sinn des § 34 Z 7 StGB kann im Hinblick auf die bereits geschilderten Charaktereigenschaften des Berufungswerbers und die Vorgeschichte der Straftaten nicht gesprochen werden und das jugendliche Alter war für die zunächst herangezogene Rechtswohltat nach § 13 Abs 1 JGG bestimmend, kann aber über die Sondernormen des § 11 JGG hinaus im Straffestsetzungsverfahren nicht mehr zum Tragen kommen. Der Berufung war daher insgesamt der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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