OGH 11Os183/84

OGH11Os183/848.1.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Jänner 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kohleoger als Schriftführers, in der Strafsache gegen Gerhard H*** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Jugendschöffengerichts vom 15.Oktober 1984, GZ 15 Vr 1.289/84-11, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Strasser, und des Verteidigers Dr. Ogris, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und dem Angeklagten gemäß dem § 12 Abs. 2 JGG eine Ermahnung erteilt.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 1.Dezember 1968 geborene Gerhard A des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 129 Z 2 StGB schuldig erkannt.

Er bekämpft dieses Urteil mit einer ausdrücklich auf die Z 5, 9 lit. a und b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Den erstgerichtlichen Feststellungen zufolge versuchten der Angeklagte und sein noch strafunmündiger Freund Arthur B am 7.April 1984, mit der Flamme eines Feuerzeuges das Plexiglas eines Kaugummiautomaten zu schmelzen, um (mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung) Kaugummi unbekannten Wertes zu entnehmen. Durch den Schmelzvorgang entstand zwar ein Loch mit einem Durchmesser von ca. 3 bis 4 cm, jedoch trat auch eine die Sachwegnahme hindernde Verbindung des Kaugummis mit dem geschmolzenen Plexiglas ein. Der Diebstahl blieb daher beim Versuch. Der entstandene Sachschade in der Höhe von 250 S wurde von der Mutter des Angeklagten in der Folge ersetzt.

Rechtliche Beurteilung

Dem zunächst - sachlich aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO in Verbindung mit der Z 9 lit. a leg.cit. - Straflosigkeit des Diebstahlsversuches zufolge absoluter Untauglichkeit reklamierenden Beschwerdevorbringen ist zu erwidern:

Gemäß dem § 15 Abs. 3 StGB sind Versuch und Beteiligung daran nicht strafbar, wenn die Vollendung der Tat entweder mangels persönlicher Eigenschaften oder Verhältnisse, die das Gesetz beim Handelnden voraussetzt (Untauglichkeit des Subjekts), oder nach der Art der Handlung oder des Gegenstandes, an dem die Tat begangen wurde (Untauglichkeit der Handlung oder Untauglichkeit des Objektes), unter keinen Umständen möglich war. Solcherart absolut untauglich aus den erwähnten Gründen ist aber ein Versuch bloß dann, wenn die Verwirklichung des Deliktstypus auf die (vom Täter) vorgesehene Art auch bei einer generalisierenden, von den Besonderheiten des konkreten Einzelfalles losgelösten abstrahierenden Betrachtungsweise als geradezu denkunmöglich anzusehen ist (Leukauf-Steininger 2 RN 30 ff zu § 15 StGB u.v.a.). Entgegen der Beschwerdeauffassung ist in der vom Angeklagten und seinem Komplizen bei Ausführung der Tat angewandten Vorgangsweise keine Untauglichkeit der Handlung in der Bedeutung einer Denkunmöglichkeit der Diebstahlsvollendung zu erblicken. Es kann nämlich nicht gesagt werden, daß in jedem Fall der Erhitzung eines Teiles des Plexiglasbehälters alle darin befindlichen Kaugummikugeln mit dem Glas verschmelzen und daher nicht mehr entnommen werden können. Bei geschickterem Vorgehen, z.B. dosierter, flächenmäßig begrenzter Hitzeentwicklung, wäre eine den Inhalt wenigstens zum Teil unversehrt lassende Öffnung des Behälters (und darauf folgende Diebstahlsvollendung) nicht auszuschließen. Bloß unzulängliche, nicht unbedingt und unter allen Umständen untaugliche Mittel oder Methoden entkleiden die inkriminierte Handlungsweise nicht ihres tatbildmäßigen Charakters. Soweit ferner die Nichtigkeitsbeschwerde - teils formal verfehlt aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO - der Sache nach Feststellungsmängel (§ 281 Abs. 1 Z 10 in Verbindung mit Z 9 lit. b StPO) zur Frage strafbefreienden Rücktritts vom Versuch des Diebstahles - mit dem Ziel der Unterstellung der Tat unter das Tatbild der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB (qualifizierter Versuch) - rügt, wird verkannt, daß in der in der Hauptverhandlung verlesenen (S 34 d.A) Verantwortung des Angeklagten vor der Gendarmerie ein für diesen Strafaufhebungsgrund (§ 16 StGB) in jedem Fall essentielles freiwilliges Abstehen von der Deliktsvollendung nicht zum Ausdruck kommt. Die in der Beschwerde ins Treffen geführte Passage aus der Verantwortung des Angeklagten, wonach er - nachdem sich herausgestellt hatte, daß das Loch im Plexiglas noch zu klein war und sich der Kaugummi mit dem geschmolzenen Plexiglas verbunden hatte - seinem Freund Arthur sagte, daß sie 'es jetzt aufgeben, da sie sowieso keinen Erfolg haben, und sie sodann wieder Fußball spielten' (S 11 d.A), besagt im Gegenteil, daß die Täter lediglich wegen der ihrer Meinung nach vorgelegenen Aussichtslosigkeit die Fortsetzung und - selbst nach dem Beschwerdevorbringen noch mögliche - Vollendung des diebischen Angriffes aufgaben. Damit mangelt es aber am Erfordernis der Freiwilligkeit des Rücktritts. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Jugendschöffengericht schob gemäß dem § 13 Abs. 1 JGG den Ausspruch und die Vollstreckung der über Gerhard A zu verhängenden Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren vorläufig auf.

Der Berufung ist dahin beizupflichten, daß im vorliegenden Fall einer offensichtlichen Bagatelldelinquenz eine bloße Ermahnung (§ 12 Abs. 2 JGG) ausreicht, um dem Angeklagten das Verbotene seines Tuns nachdrücklich vor Augen zu führen und ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. In diesem Zusammenhang darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß Gerhard A zur Tatzeit erst 15 Jahre alt war, im wesentlichen positive Jugenderhebungen vorliegen und es sich beim Tatobjekt nur um Kaugummikugeln handelte. Der Berufung war daher Folge zu geben und spruchgemäß zu erkennen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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