OGH 3Ob597/84

OGH3Ob597/8412.12.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Staatsanwaltschaft Wien, Wien 8., Hernalser Gütel 6-12, wider die beklagte Partei mj. Benjamin B*****, vertreten durch Dr. Ingrid Ruckenbauer, Rechtsanwältin in Wien 1., Schottengasse 3/VI/16B, als Kollisionskurator, wegen Bestreitung der ehelichen Geburt, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. Mai 1984, GZ 43 R 2018/84-12, womit der Beschluss des Bezirksgericht Innere Stadt Wien vom 10. Oktober 1983, GZ 1 C 8/83-5, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit der am 14. 3. 1983 eingelangten Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, der von Susanne B***** am 10. 8. 1980 geborene Beklagte österreichischer Staatsbürgerschaft sei kein eheliches Kind des Christian B***** aus der am 10. 12. 1976 geschlossenen Ehe. Die am 10. 12. 1976 vor dem Standesamt Leinfelden, Bundesrepublik Deutschland, geschlossene Ehe des Christian und der Susanne B***** sei mit Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 21. 9. 1981, 7 F 226/81, rechtskräftig geschieden worden. Das am 10. 8. 1980 von Susanne B***** geborene beklagte Kind gelte gemäß § 138 ABGB als ehelich. Mit Urteil vom 3. 11. 1981, 1 C 2175/81, habe das Amtsgericht Ludwigsburg festgestellt, dass der Beklagte kein eheliches Kind des Christian B***** - der in jenem Verfahren Kläger war - sei. Das beklagte Kind könne von Christian B***** nicht gezeugt worden sein, weil die Ehegatten den letzten ehelichen Verkehr im Jahr 1977 gehabt hätten.

Mit Beschluss vom 10. 10. 1983 wies das Erstgericht die Klage von Amts wegen a limine zurück. Gemäß § 81 Z 3 EO sei zwar die Bewilligung der Exekution oder der begehrten Exekutionshandlung zu versagen, wenn der Exekutionstitel den Personenstand eines österreichischen Staatsbürgers betreffe und gegen diesen vollzogen werden soll. Diese Bestimmung sei jedoch durch Art V Z 10 der Zivilverfahrens-Novelle 1983 aufgehoben worden. Es bestehe daher kein Rechtsschutzinteresse an der begehrten Entscheidung.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin Folge. Es hob den Beschluss des Erstgerichts unter Rechtskraftvorbehalt auf und trug dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Sei auch die Bestimmung des § 81 Z 3 EO, welche die Versagung der Anerkennung ausländischer, den Personenstand österreichischer Staatsbürger betreffender Entscheidungen vorgesehen habe, duch die mit 1. 5. 1983 in Kraft getretene Zivilverfahrens-Novelle 1983 aufgehoben worden, komme doch der Aufhebung dieser Bestimmung keine rückwirkende Kraft zu. Es könnten daher nur solche ausländische Urteile, die den Bereich der Bestreitung der ehelichen Abstammung betreffen, im Inland anerkannt werden, die nach dem 30. 4. 1983 ergangen seien. Urteilen, die vor diesem Zeitpunkt gefällt worden seien, komme auch weiterhin für den inländischen Bereich keine Rechtsgestaltungswirkung zu. Dem Erstgericht sei daher die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens aufzutragen gewesen.

Das beklagte Kind bekämpft den Beschluss des Rekursgerichts mit Revisionsrekurs. Nach der Übergangsbestimmung des Art XVII § 2 Abs 6 der Zivilverfahrens-Novelle 1983 sei dieses Bundesgesetz auf Verfahren anzuwenden, in denen die Klage bzw der Antrag auf Einleitung des Verfahrens nach dem 30. 4. 1983 bei Gericht eingelangt sei. Es seien deshalb seit dem 1. 5. 1983 alle Personenstandsurteile im Inland anzuerkennen, soferne nicht andere Gründe als jene des § 81 Z 3 EO dagegensprächen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung steht dem Beklagten ein Rechtsmittel gegen den Beschluss, womit das Rekursgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über eine vom Erstgericht wegen Unzuständigkeit zurückgewiesene Klage aufträgt, nicht zu (SZ 27/290 = Jud 61 neu, JBl 1969, 670 ua). Der Beklagte, dem die Klage erst mit der Ladung zur Tagsatzung zugestellt wird, nimmt an dem vor Anberaumung der Tagsatzung vorgesehenen Vorprüfungsverfahren (§ 41 Abs 1 JN, § 230 Abs 2 ZPO) nicht teil. Da das Ergebnis dieser Vorprüfung für das weitere Verfahren nicht bindend ist, ist dem Beklagten eine Beteiligung an diesem Verfahren trotz des Eingreifens der zweiten Instanz verwehrt. Ebenso wie der Beschluss des Erstgerichts, über eine Klage eine Tagsatzung anzuberaumen, nach § 130 Abs 2 ZPO unanfechtbar ist, muss auch der Auftrag des Rekursgerichts, dies zu tun, unanfechtbar sein.

Die Rechtsprechung hat diese Grundsätze in der Folge auch auf andere Prozesshindernisse angewendet, wie etwa in der Frage des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit (SZ 37/94), der Zulässigkeit des Rechtswegs (MietSlg 24.538, JBl 1967, 90) und der Streitabhängigkeit (4 Ob 417/81, 7 Ob 793/79) und ist der gegenteiligen Meinung Faschings (Komm I 262 ff und Lehrbuch Rdz 231) nicht gefolgt (so ausdrücklich 1 Ob 31/84). Der Umstand, dass das Rekursgericht seinem Beschluss gemäß § 527 Abs 2 ZPO einen Rechtskraftvorbehalt beigesetzt hat, macht die Entscheidung nicht anfechtbar (EvBl 1969/184, SZ 47/64). Die Entscheidung der zweiten Instanz ist im Übrigen eine abändernde, weil in der Aufhebung des erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses zugleich eine abschließende Entscheidung über die Unrichtigkeit des Beschlusses der ersten Instanz liegt (SZ 51/165).

Der Beklagte ist daher nicht berechtigt, ein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Rekursgerichts zu erheben; doch steht es ihm frei, die Einwendung, es liege bereits eine rechtskräftige ausländische, im Inland anzuerkennende Entscheidung vor, in der Folge zu erheben. Über diese Einwendung müsste neuerlich entschieden werden.

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