OGH 7Ob655/84

OGH7Ob655/8411.10.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, wider die beklagte Partei G***** Gesellschaft mbH in *****, vertreten durch Dr. Alfred Peter Musil, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung der Unwirksamkeit eines Vergleichs und Einwilligung, infolge der Revisionsrekurse der klagenden Partei gegen die Beschlüsse des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. Juli 1984, GZ 45 R 375/84‑40, 45 R 376/84‑44 und 45 R 377/84‑45, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Döbling vom 13. April, 15. Mai und 22. Mai 1984, GZ 6 C 465/82‑28, ‑33 und ‑36 bestätigt wurden, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00655.840.1011.000

 

Spruch:

Die Revisionsrekurse gegen die Beschlüsse ON 44 und 45 werden zurückgewiesen, ebenso der Revisionsrekurs gegen den Beschluss ON 40 in der Hauptsache.

Im Übrigen wird dem letztgenannten Rekurs Folge gegeben und der Ausspruch über die Verhängung einer Mutwillensstrafe ersatzlos aufgehoben.

 

Begründung:

Die Klägerin, die am 12. 1. 1982 in einer Rechtssache beim Bezirksgericht Döbling mit der beklagten Partei einen Vergleich geschlossen hat, begehrte mit der vorliegenden Klage die Feststellung der Unwirksamkeit, Ungültigkeit und Nichtigkeit dieses Vergleichs oder die Einwilligung der Beklagten zur Richtigstellung der Vergleichsbedingungen. Dieses Klagebegehren wurde vom Erstgericht abgewiesen. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil mit dem Ausspruch, dass der Wert des Streitgegenstands 60.000 S nicht übersteige. Im Hinblick auf diesen Ausspruch wies das Erstgericht in der Folge eine Revision der klagenden Partei als unzulässig zurück, die zweite Instanz bestätigte auch diese Entscheidung. Den dagegen erhobenen Revisionsrekurs wies das Erstgericht gemäß § 528 Abs 1 ZPO als unzulässig zurück. Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin wiederum nicht Folge. Mit dem nun erstangefochtenen Beschluss bestätigte das Rekursgericht die Zurückweisung des nächsten Rechtsmittels der Klägerin, nämlich des Revisionsrekurses gegen den Beschluss auf Zurückweisung des ersten Revisionsrekurses, wiederum aus den Gründen des § 528 Abs 1 (Z 1) ZPO. Es verhängte gleichzeitig über die Klägerin eine Mutwillensstrafe von 2.000 S, weil sie bei unveränderter Sachlage weiterhin unzulässige Rekurse erhebe. Mit den weiteren angefochtenen Beschlüssen ON 44 und 45 bestätigte das Rekursgericht schließlich die Beschlüsse des Erstrichters, womit die Anträge der Klägerin auf Hemmung der Vollstreckbarkeit des Urteils und auf Aufhebung der irrtümlich erteilten Bestätigung der Vollstreckbarkeit abgewiesen wurden, neuerlich mit dem Hinweis auf die längst eingetretene Rechtskraft dieser Entscheidung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse der Klägerin sind in der Hauptsache unzulässig.

Nach der zutreffenden Ansicht der Vorinstanzen sind gemäß § 528 Abs 1 Z 1 ZPO in der hier anzuwendenden Fassung der Zivilverfahrens‑Novelle 1983 Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichts zweiter Instanz unzulässig, soweit dadurch der angefochtene erstrichterliche Beschluss bestätigt worden ist. Entgegen der Ansicht der Rekurswerberin kommt es dabei nicht darauf an, aus welchen Gründen die Bestätigung erfolgte und ob diese inhaltlich richtig war. Durch eine solche Auslegung wäre die Bestimmung vielmehr zwecklos. Bei dieser eindeutigen Rechtslage wäre dem Obersten Gerichtshof selbst bei einer unrichtigen Anwendung der Prozessgesetze durch die Vorinstanzen eine Abänderung der bestätigenden Beschlüsse des Rekursgerichts verwehrt. Die Rekurswerberin ist deshalb nur am Rande darauf zu verweisen, dass der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens durch ihr eigenes Urteilsbegehren bestimmt wurde, das nicht auf die Zahlung eines Geldbetrags gerichtet war. Alle Erörterungen darüber, dass der von ihr behauptete Anspruch auf Beseitigung des Vergleichs in Wahrheit einen Geldwert zum Gegenstand habe, waren dann aber verfehlt, weil das Gesetz in eindeutiger Weise nur dahin unterscheidet, ob der Streitgegenstand in einem Geldbetrag besteht (§ 500 Abs 2 ZPO). Da das hier nicht der Fall war, musste das Berufungsgericht bei seinem Urteil eine Bewertung des Streitgegenstands vornehmen; an sie ist selbst der Oberste Gerichtshof gebunden (§ 500 Abs 4 Satz 1 und Gegenschluss aus § 508a Abs 1 ZPO; Fasching , Lehr‑ und Handbuch, RZ 1868 und 1830, Petrasch , Das neue Revisions‑/Rekurs‑/Recht, ÖJZ 1983, 201). Ebenso wie die früheren Revisionsrekurse der Klägerin gegen bestätigende Beschlüsse der zweiten Instanz sind demnach auch die nunmehrigen Revisionsrekurse gegen die nun angefochtenen Beschlüsse unzulässig, und zwar ohne Rücksicht auf die behauptete Erheblichkeit der geltend gemachten Rechtsfragen, auf die es nur bei nicht bestätigenden Beschlüssen nach § 528 Abs 2 ZPO iVm § 502 Abs 4 Z 1 ZPO ankäme.

Zulässig und berechtigt ist der Revisionsrekurs der Klägerin nur im Punkte der über sie verhängten Mutwillensstrafe. Insofern liegt keine bestätigende Entscheidung der zweiten Instanz vor und es kommt auch auf die Höhe der verhängten Strafe nicht im Sinn des § 528 Abs 1 Z 5 ZPO an (ständige Rechtsprechung JBl 1959, 239 uva). Ungeachtet der mehrfachen Belehrungen in den vorangegangenen Beschlüssen kann auch nicht gesagt werden, dass sich die Klägerin der Unrichtigkeit ihres Rechtsstandpunkts bewusst gewesen sei und trotzdem einen Erfolg zu erreichen versucht oder einen von der Rechtsordnung nicht gebilligten Zweck verfolgt habe ( Fasching aaO RZ 1960). Der Rekurswerberin als in diesem Verfahrensstadium nicht mehr anwaltlich vertretener, rechtsunkundiger Person muss vielmehr im Zweifel zugebilligt werden, dass sie aus den von ihr wiederholt ausgeführten, wenngleich unzutreffenden Gründen der Meinung war, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs herbeiführen zu können. Die Vorgangsweise der Vorinstanzen war auch insofern unzweckmäßig, als nach der Bestätigung der Zurückweisung des ersten Revisionsrekurses schon das dagegen erhobene weitere Rechtsmittel (der nächste Revisionsrekurs) an den Obersten Gerichtshof hätte vorgelegt werden sollen, um eine unnütze Vervielfachung des Rechtszugs zu vermeiden (vgl EvBl 1969/330). Nach dem nunmehrigen Spruch des Höchstgerichts wären weitere zwecklose Rechtsmittel allerdings als mutwillig anzusehen.

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