OGH 7Ob637/84

OGH7Ob637/8411.10.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anna Maria S*****, vertreten durch Dr. Josef Lechner, Rechtsanwalt in Steyr, wider die beklagten Parteien 1.) Leopold S*****, 2.) Johanna S*****, 3.) Manfred S*****, alle vertreten durch Dr. Thomas Watzenböck, Rechtsanwalt in Kremsmünster, wegen Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft (Streitwert 600.000 S), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 7. Juni 1984, GZ 5 R 112/84‑16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichts Steyr vom 29. Februar 1984, GZ 3 a Cg 2/83‑10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00637.840.1011.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 16.651,10 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.200 S Barauslagen und 1.404,65 S USt) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind zu je ¼ Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG ***** mit dem Grundstück 9/13 Wiese im Ausmaß von 744 m 2 , auf der sie ein Wohnhaus mit zwei Wohneinheiten errichteten. Gegen das auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch Zivilteilung gerichtete Klagebegehren wendeten die Beklagten ein, dass die Gesamtliegenschaft und darüber hinaus auch noch die Anteile der Klägerin und des Drittbeklagten mit Hypotheken belastet seien. Die Klägerin könne wegen der schlechten Wirtschaftslage derzeit kein günstigeres Ergebnis erzielen als die Befreiung von ihren Schulden. Dieses Ergebnis hätte sie aber auch bei Annahme des Anbots der Beklagten auf Übertragung ihres Miteigentumsanteils gegen Schuldübernahme erreichen können. Der Erstbeklagte und die Zweitbeklagte seien der Gefahr der Obdachlosigkeit ausgesetzt. Über die Miteigentumsanteile der Klägerin und des Drittbeklagten sei ohnedies ein Zwangsversteigerungsverfahren anhängig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen wurde die Liegenschaft vom Erstbeklagten und von der Zweitbeklagten im Jahre 1972 gekauft. Nach der Eheschließung der Klägerin mit dem Drittbeklagten schenkten sie diesen je einen Viertelanteil. Den Keller (ausgenommen die Kellerdecke), den Stiegenaufgang, den Dachstuhl, die Dachdeckung, die Kanalisation und die Wasserleitung haben der Erstbeklagte und die Zweitbeklagte allein finanziert. Für die Errichtung des Wohnhauses nahmen die Streitteile im übrigen Darlehnen bei der Raiffeisenbausparkasse und bei der Mercur‑Bank auf. Einen Teil der Bau‑ bzw Tischlerarbeiten und die Inneneinrichtung haben der Erstbeklagte und die Zweitbeklagte für ihre Wohneinheit im Erdgeschoss und die Klägerin und der Drittbeklagte für ihre Wohneinheit im Stockwerk allein veranlasst und finanziert. Die Klägerin und der Drittbeklagte tätigten hiebei kostspieligere Anschaffungen. Sie nahmen hiefür weitere Darlehen in Anspruch. Die Ehe der Klägerin und des Drittbeklagten wurde am 25. 8. 1982 geschieden. Spätestens Ende 1982 stellten sie ihre Rückzahlungen auf die Darlehen ein. Die auf sie entfallenden Anteile an den Tilgungsquoten bei der Raiffeisenbausparkasse und der Mercur‑Bank zahlen seit Jänner 1983 bzw seit Jänner 1984 der Erstbeklagte und die Zweitbeklagte mit Unterstützung ihrer beiden Töchter. Die grundbücherlich sichergestellten Darlehen haften mit den nachgenannten Salden aus: Die Darlehen der Raiffeisenbausparkasse mit Stichtag 30. 9. 1983 mit 502.806,16 S; das Darlehen der Mercur‑Bank mit Stichtag 11. 10. 1983 mit 53.872 S; das Darlehen der Oberösterreichischen Volkskreditbank mit Stichtag 4. 10. 1983 mit 309.075 S; das Darlehen der Raiffeisenkasse ***** mit Stichtag 4. 10. 1983 mit 313.163 S und das Darlehen der Oberbank mit Stichtag 4. 10. 1983 mit 164.167,75 S. Für die Darlehen der Raiffeisenbausparkasse und der Mercur‑Bank im aushaftenden Gesamtbetrag von zusammen 556.678,16 S haften alle Parteien für die übrigen Darlehen im aushaftenden Gesamtbetrag von 786.405,75 S haften nur die Klägerin und der Drittbeklagte. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Kremsmünster vom 28. 7. 1983 wurde hinsichtlich der beiden Viertelanteile der Klägerin und des Drittbeklagten an der vorgenannten Liegenschaft die Zwangsversteigerung zugunsten der Forderung der Oberbank bewilligt. Der Schätzwert der Liegenschaftshälfte wurde mit 866.000 S, der Schätzwert der Gesamtliegenschaft mit 2.164.145 S festgesetzt. Das Erdgeschoss des Hauses bewohnen der 79‑jährige und an Venenentzündung leidende Erstbeklagte und die 64‑jährige Zweitbeklagte. Sie haben zusammen als Pensionisten ein Monatseinkommen von rund 11.000 S. Der erste Stock wurde von der Klägerin, dem Drittbeklagten und deren Kindern bewohnt. Am 13. 8. 1982 zog die Klägerin, die als Krankenschwester berufstätig ist, aus. Sie nahm die Kücheneinrichtung samt allen Geräten, die ihr aufgrund des Vergleichs mit dem Drittbeklagten über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse zukommen, mit. Das Obergeschoss bewohnt nunmehr der Drittbeklagte allein.

Das Erstgericht bejahte das Vorliegen von Teilungshindernissen. Das Teilungsbegehren sei zur Unzeit erhoben worden, weil es sich wegen der in nächster Zeit zu erwartenden Zwangsversteigerung des Hälfteanteils der Klägerin und des Drittbeklagten ohnehin erübrige. Die Belastung der Anteile der Klägerin und des Drittbeklagten sei gegenüber der Belastung der Anteile der übrigen Miteigentümer unverhältnismäßig hoch. Dieses Missverhältnis werde noch dadurch verschärft, dass der Erstbeklagte und die Zweitbeklagte teilweise die auf die Klägerin und den Drittebeklagten entfallenden Tilgungsquoten bezahlten. Hinzu komme das hohe Alter und das Leiden des Erstbeklagten und die diesem und der Zweitbeklagten drohende Obdachlosigkeit.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens ab. Es sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands, über den es entschieden hat, 300.000 S übersteigt. Ein anhängiges Zwangsversteigerungsverfahren über den Anteil des Teilungsklägers begründe nicht die Unzeit des Teilungsbegehrens. Das Alter und die festgestellte Venenentzündung des Erstbeklagten seien nicht bloß vorübergehender natur und könnten deshalb einen Aufschub der Teilung nicht rechtfertigen. Die Obdachlosigkeit eines Miteigentümers sei kein Nachteil iSd § 830 ABGB, außer sie könnte durch angemessenen Aufschub vermieden werden. Der Klägerin könne dagegen ein berechtigtes Interesse an der Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft nicht abgesprochen werden. Sie benütze weder das Haus, noch beziehe sie von den darin wohnenden übrigen Miteigentümern ein Benützungsentgelt. Ihr Einkommen sei bis zum Existenzminimum infolge von Zahlungsverpflichtungen gepfändet, die ihre Ursache in der Finanzierung der Erbauung und Einrichtung des Hauses hätten. Es sei legitim, dass die Klägerin diesen Zustand beenden wolle. Ihr Interesse werde nicht dadurch beeinträchtigt, dass sie das Anbot der Beklagten auf Schuldübernahme gegen Übertragung ihres Miteigentumsanteils nicht angenommen habe, weil nicht feststehe, dass bei einer gerichtlichen Feilbietung nicht ein für sie günstigeres Ergebnis erzielt werden könne.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten aus den Anfechtungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens. Hilfsweise stellen die Beklagten einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der von der Revision behauptete Verfahrensmangel und die behauptete Aktenwidrigkeit wurden geprüft, liegen jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Nach ständiger Rechtsprechung räumt § 830 ABGB jedem Teilhaber einer gemeinschaftlichen Sache einen unbedingten Anspruch auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft ein (MietSlg 34.068 mwN). Die Aufhebung hat zwar grundsätzlich durch Realteilung zu geschehen. Besteht jedoch die gemeinsame Liegenschaft (wie im vorliegenden Fall) im Wesentlichen nur aus einem Haus, kommt eine Naturalteilung nicht in Frage. Die Beklagten hätten daher dartun müssen, dass dennoch ausnahmsweise eine Naturalteilung möglich ist (MietSlg 34.080). Aus der Unbedingtheit des Teilungsanspruchs ergibt sich, dass das Teilungsbegehren keiner Begründung aus der Interessenlage der klagenden Partei bedarf (MietSlg 34.068; Klang 2 III 1097). Die beklagte Partei trifft dagegen die Behauptungs‑ und Beweislast für das Vorliegen von Teilungshindernissen. Hiebei genügt aber nicht schon die allgemeine Behauptung, das Teilungsbegehren werde zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen erhoben. Es müssen vielmehr konkrete Umstände dargetan werden, die ein Teilungshindernis begründen können. Nur im Rahmen der konkreten Tatsachenbehauptungen ist zu prüfen, ob der Teilung ein Hindernis entgegensteht. Nur vorübergehende Umstände können einem Teilungsbegehren mit Erfolg entgegengehalten werden. Dies gilt sowohl für die Einwendungen, die unter den Begriff der Unzeit fallen, als auch für solche, die einen Nachteil der übrigen Teilhaber darstellen (MietSlg 34.068 mwN). Aus diesen Grundsätzen ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen über das Interesse der Klägerin an der Zivilteilung entbehrlich sind. Aus diesem Grunde kommt auch dem in diesem Zusammenhang von der Revision erhobenen Vorwurf der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens keine Beachtlichkeit zu. Zu prüfen ist lediglich, ob die von den Beklagten konkret geltend gemachten Teilungshindernisse vorliegen. Wie bereits das Berufungsgericht dargelegt hat, stellt die Anhängigkeit eines Zwangsversteigerungsverfahrens kein Teilungshindernis dar. Abgesehen von der Möglichkeit der Einstellung – die im vorliegenden Fall von der Klägerin als Neuerung sogar behauptet wird – muss bei der freiwilligen Versteigerung für die Lasten ohnehin Vorsorge getroffen werden. Die Durchführung der Zwangsversteigerung vor der freiwilligen Feilbietung aufgrund eines Teilungsurteils würde letzteres zwar gegenstandslos machen. Dieser Fall kann aber auch bei Einleitung einer Zwangsversteigerung nach Erwirkung eines Teilungsurteils eintreten. Auch handelt es sich um eine bloße Möglichkeit, der der mögliche Fall der Einstellung des Versteigerungsverfahrens entgegensteht (EvBl 1940/378). Die unterschiedliche Belastung der Liegenschaftsanteile vermag die Teilung ebenfalls nicht zu verhindern. Eine ungleiche Belastung ist bei der Verteilung des Versteigerungserlöses auszugleichen. Übersteigen die Gesamtlasten den Ausrufungspreis, ist dieser entsprechend hoch anzusetzen oder mit Aufträgen an die Parteien vorzugehen, die notwendigen Tilgungen und Löschungen zu veranlassen (Depurierungsauftrag). Bei Unterbleiben der Depurierung ist das Verfahren einzustellen (Evl 1969/146; Heller‑Berger‑Stix 2542 f). Die einem Miteigentümer drohende Obdachlosigkeit ist grundsätzlich ein Dauerzustand. Sie steht einem Teilungsbegehren nur entgegen, wenn dargetan wird, dass der davon betroffene Miteigentümer in absehbarer Zeit eine andere Wohnmöglichkeit haben werde (MietSlg 33.060). In dieser Richtung wurde aber von den Beklagten in erster Instanz nichts vorgebracht. Auch die festgestellte Venenentzündung des Erstbeklagten kann einen Aufschub nicht rechtfertigen. Nur ein schwerer Leidenszustand könnte zu einem Teilungsaufschub führen (vgl MietSlg 34.079, 34.078, 32.055). Beizupflichten ist der Revision lediglich darin, dass eine krass ungleiche Interessenlage einem Teilungsbegehren entegenstehen kann. Den von der Revision zitierten Entscheidungen lag jedoch ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde. Aus den von den Beklagten dem Teilungsbegehren entgegengesetzten Umständen ergibt sich keine krass ungleiche Interessenlage. Andere Tatumstände wurden aber nicht vorgebracht.

Der Auszug der Klägerin aus der Ehewohnung entspricht offensichtlich dem mit dem Drittbeklagten über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse abgeschlossenen Vergleich. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass eine Überweisung der Rechtssache gemäß § 235 AußStrG an das zuständige Außerstreitgericht nicht mehr in Betracht kommt. Nach § 235 Abs 1 AußStrG hat das Prozessgericht mit Beschluss die Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs auszusprechen und die Rechtssache dem zuständigen Außerstreitgericht zu überweisen, wenn ein Ehegatte binnen einem Jahr nach Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung seiner Ehe Ansprüche gegen den anderen Ehegatten hinsichtlich des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse, soweit diese der Aufteilung unterliegen, im Streitverfahren geltend macht. Eine Teilungsklage nach § 830 ABGB ist demgemäß an das Außerstreitgericht zu überweisen, wenn die Liegenschaft auch nur teilweise als Ehewohnung diente (SZ 54/36). Bei den Miteigentumsanteilen der Klägerin und des Drittbeklagten handelt es sich zwar, weil von Dritten geschenkt, um Sachen, die gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG von der Aufteilung ausgeschlossen sind. Sie könnten jedoch bei der dem Außerstreitrichter nach § 87 EheG zukommenden Gestaltungsmöglichkeit von der Entscheidung über die Ehewohnung betroffen werden. Das Gesetz gibt jedoch der einvernehmlichen Regelung der Aufteilung gegenüber der gerichtlichen Entscheidung den Vorzug (§ 85 EheG; 916 BlgNR 14. GP 15). Im vorliegenden Fall wurde durch den Vergleich vom 16. 9. 1983 eine solche einvernehmliche, das gesamte eheliche Gebrauchsvermögen und die gesamten ehelichen Ersparnisse umfassende Regelung getroffen. Eine Entscheidung des Außerstreitrichters ist daher nicht mehr möglich. Soweit eheliches Gebrauchsvermögen und eheliche Ersparnisse nicht mehr der Aufteilung unterliegen, kommt auch eine Prozessüberweisung an den zuständigen Außerstreitrichter gemäß § 235 AußStrG nicht mehr in Betracht (6 Ob 842/81).

Demgemäß ist der Revison ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung basiert auf den §§ 41, 50 ZPO.

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