OGH 3Ob69/84

OGH3Ob69/843.10.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Egermann und Mag. Engelmaier als Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Dr. O***** I*****, vertreten durch Dr. Hanns F. Hügel, Rechtsanwalt in Mödling, wider die beklagten Parteien 1) Dr. F***** I***** (17 Cg 170/81), und 2) Dr. G***** I*****, vertreten durch Dr. Franz Insam, Rechtsanwalt in Graz (17 Cg 104/83), wegen Einwendungen nach § 35 EO, infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 14. Mai 1984, GZ 2 R 64, 65/84-46, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 19. Dezember 1983, GZ 17 Cg 170/81-32, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger wurde mit den Urteilen des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz, 17 Cg 275/76, des Oberlandesgerichts Graz, 2 R 113/78, und des Obersten Gerichtshofs, 5 Ob 507/79, zur Zahlung von 161.176,30 S samt bestimmter Zinsen und Prozesskosten von 44.928,48 S, 7.785,68 S und 6.961,44 S an Dr. G***** I***** verurteilt.

Laut Zessionsurkunde vom 20. 2. 1979 trat Dr. G***** I***** diese Forderung dem Dr. F***** I***** ab.

Zur Hereinbringung dieser Forderung ist einerseits die vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Titelgericht am 21. 11. 1980 bewilligte Fahrnisexekution 17 E 11710/80 (nunmehr 17 E 93/87/81) des Exekutionsgerichts Wien anhängig. Weiters war zur Hereinbringung derselben Forderung eine Exekution durch Zwangsverwaltung eines Fruchtgenussrechts des Klägers, bewilligt vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz am 6. 5. 1981, zu 9 E 841/81 des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz anhängig. Anzuführen ist, dass die erstgenannte Exekution als Sicherungsexekution seitens der betreibenden Partei Dr. G***** I***** schon im Jahr 1978 begonnen hatte und erst später mit dem Beschluss vom 21. 11. 1980 die Überleitung in eine Befriedigungsexekution zu Gunsten des Zessionars Dr. F***** I***** erfolgte.

In zwei zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen erhob der Kläger Einwendungen gemäß § 35 EO gegen die beiden Exekutionen und zwar zu 17 Cg 104/83 (früher 17 Cg 101/79) gegen den Zedenten Dr. G***** I***** hinsichtlich der Hauptsache und der Kosten von 44.928,48 S unter Anführung der Fahrnisexekution und zu 17 Cg 170/81 (führender Akt) gegen Dr. F***** I***** als Zessionar hinsichtlich der Zinsen und der Kosten von 7.785,68 S und 6.961,44 S (hinsichtlich der ursprünglichen Mehrbeträge wurde die Klage wegen Streitanhängigkeit zurückgewiesen vgl ON 9, 13 und 16), diesmal unter Anführung beider Exekutionen.

Der Kläger machte in beiden Klagen geltend, die strittige Forderung sei zu 10 E 2887/79 des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz zu Gunsten der B***** Realitätenverwertungs Gesellschaft mbH gepfändet worden. In Befolgung dieser Pfändung habe er am 21. 2. 1979 den Betrag von 279.524,08 S zur vollen Tilgung der Forderung bezahlt. Diese Zahlung habe schuldbefreiende Wirkung auch für die beiden Beklagten.

Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage. Sie bestritten die Zahlung und machten überdies geltend, dass der Zession gegenüber der genannten Pfändung der zeitliche Vorrang zukomme.

In der Tagsatzung zur fortgesetzten mündlichen Streitverhandlung am 5. 12. 1983 brachte der Kläger vor, die Exekution 9 E 841/81 sei inzwischen beendet worden und habe zur Überweisung von 325.961,74 S an die beklagten Parteien geführt. Er stellte daher das bisherige Klagebegehren dahin um, dass in der Oppositionsklage nur mehr die Fahrnisexekution 17 E 11710/80 angeführt wird, und dehnte die Klage weiters dahin aus, dass die beiden Beklagten schuldig seien, dem Kläger den Betrag von 325.961,74 S sA zu zahlen.

Die beiden Beklagten sprachen sich gegen die Klagsänderung aus.

Das Erstgericht beschloss die Klagsänderung nicht zuzulassen, weil im Verfahren über die beiden Oppositionsklagen die Eventualmaxime herrsche und daher nicht die Umänderung in ein Leistungsbegehren möglich sei.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass die Klagsänderung zugelassen wurde.

Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, dass kein Verstoß gegen die Eventualmaxime vorliege, weil sich der neue Sachverhalt erst nach Klagseinbringung ergeben habe, und dass es aus Gründen der Prozessökonomie zweckmäßig sei, in einem über den neuen Anspruch zu entscheiden.

Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil es zur strittigen Frage nur eine verhältnismäßig alte Rechtsprechung gebe.

Gegen den Beschluss des Gerichts zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der beklagten Parteien mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichts abzuändern oder ihn aufzuheben.

Die beklagten Parteien machen geltend, dass der Rekurs der klagenden Partei keiner sachlichen Erledigung zugeführt werden hätte dürfen, weil in ihm der Wohnort der klagenden Partei nicht angegeben sei. Neben dem Fiskus hätten vor allem auch die beklagten Parteien ein Interesse daran, zu wissen, wo und ob überhaupt Kostenentscheidungen gegen die klagende Partei vollstreckt werden könnten. Sie verweisen weiters darauf, das sich die eine Oppositionsklage gegen Dr. G***** I***** (hinsichtlich eines Teils der strittigen Forderung) und die andere Oppositionsklage gegen Dr. F***** I***** (hinsichtlich des restlichen Teils der strittigen Forderung) richte, so dass das gegen beide Beklagten gerichtete Begehren auf Rückzahlung des Erlöses aus dem oben angeführten Exekutionsverfahren unschlüssig sei. Erst durch ein zusätzliches Vorbringen könnte allenfalls die Schlüssigkeit der Klage herbeigeführt werden, was eine unzumutbare Erschwerung darstelle. Das neue Leistungsbegehren sei schließlich nach den Bestimmungen des Devisengesetzes unzulässig, da der Kläger jetzt durch seine Flucht ins Ausland Devisenausländer geworden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 ZPO auf jeden Fall zulässig, weil unabhängig vom allfälligen Wert des Gegenstands, über den das Gericht zweiter Instanz entschieden hat, auch die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO gegeben sind. Zur Frage, ob in dem von der Eventualmaxime beherrschten Rechtsstreit nach § 35 EO eine Klagsänderung auf einen Anspruch zulässig ist, der in einem Verfahren durchzusetzen ist, in dem die Eventualmaxime nicht gilt, liegt nämlich, soweit ersichtlich, bisher überhaupt keine ausdrückliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor.

In den beiden Entscheidungen ZBl 1935/258 und ÖRZ 1937, 416, wurde in Anlehnung an Neumann-Lichtblau³ 167 (ebenso Bunsen, Zwangsvollstreckung 58 f) das Vorliegen einer Klagsänderung verneint, weil die Voraussetzungen nach § 235 Abs 4 ZPO vorlägen, wenn statt der Unzulässigkeit der Exekution der Rückersatz des aufgrund der beendeten, aber unzulässig gewesenen Exekution eingebrachten Betrags begehrt werde. In SZ 20/67 lag eine Klage nach § 37 EO vor. In den Fällen der Entscheidungen Rspr 1931/4 und JBl 1955, 336 ging es nicht um eine echte Klagsänderung, sondern um einen Zwischenantrag auf Feststellung.

Ob nur eine Interessenklage vorliegt, wenn ein Begehren nach § 35 EO auf Rückersatz dessen geändert wird, was der beklagten Partei aus der Betreibung einer schon erloschenen Forderung zukam (s die obigen Entscheidungen ZBl 1935/258, ÖRZ 1937, 416) oder ob nach einer Beendigung der Exekution das Rechtsschutzinteresse für eine Oppositionsklage wegfällt und daher nur mehr auf Kostenersatz eingeschränkt werden kann (MietSlg 18.717, SZ 48/99, JBl 1978, 487, vgl auch Heller-Berger-Stix 412, gegenteilig aber eher Dolinar, JBl 1979, 528 bzw 537), kann hier auf sich beruhen, weil hinsichtlich beider verbundenen Prozesse ein Ersatzbegehren gestellt wird, das über den Gegenstand des Oppositionsprozesses selbst hinausgeht. Es liegt daher jedenfalls zumindest auch eine echte Klagsänderung vor.

Es muss daher untersucht werden, ob iSd § 235 Abs 3 ZPO durch die vorliegende Klagsänderung eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung zu besorgen ist, wobei diese Prüfung vor allem darauf Bedacht zu nehmen hat, dass im Rechtsstreit nach § 35 EO die Eventualmaxime gilt.

Die Eventualmaxime, die in anderen Verfahrensbereichen abgebaut wurde, hat hier wegen der notwendigen raschen Klärung des Schicksals einer Exekution ihren guten Grund. Ist die Exekution beendet, so besteht das erwähnte Bedürfnis nach rascher Klärung nicht mehr in gleichem Maße. Die Geltendmachung des neuen Tatumstands, dass eine der mit Klage nach § 35 EO bekämpften Exekutionen inzwischen beendet wurde, stellt ferner - wie die zweite Instanz zutreffend ausführte - auch im Bereich der Oppositionsklage keinen Verstoß gegen die Eventualmaxime dar, weil es sich um einen erst nach der Klagseinbringung entstandenen Sachverhalt handelt. Damit fällt aber hier jedenfalls das Argument weg, dass der neue Tatumstand im Rahmen des Oppositionsprozesses (wegen der Eventualmaxime) nicht vorgebracht werden könnte und seine Prüfung erst und nur wegen der beabsichtigten Klagsänderung erforderlich würde. In diesem Fall besteht daher kein Hindernis, im Rahmen des Rechtsstreits nach § 35 EO auch den neu geltend gemachten Ersatzanspruch mitzuerledigen. Mit dem Schicksal der Oppositionsklage wird nämlich auch das Schicksal der Kondiktion entschieden sein. War der betriebene Anspruch schon erloschen, dann hat die betreibende Partei zu Unrecht Exekution geführt und muss den aus dieser Exekution erzielten und ihr zugeflossenen Erlös zurückerstatten. Durch das neue Begehren ist daher im vorliegenden Fall keine Erschwerung oder Verzögerung des Verfahrens zu besorgen. Die Frage der Schlüssigkeit des neuen Begehrens hat damit nichts zu tun. Auch im Bereich der beiden Oppositionsklagen müssen gewisse Klärungen zur passiven Klagslegitimation erfolgen (auf deren Notwendigkeit die beklagten Parteien mit Recht hinweisen), weil sowohl das Erlöschen eines exekutiv betriebenen Anspruchs als auch der Ersatzanspruch aus einer zu Unrecht geführten Exekution jeweils nur gegen denjenigen mit Erfolg geltend gemacht werden kann, der diese Exekution wirklich geführt hat, was nicht auf beide Beklagten in gleicher Weise zutrifft.

Dass die klagende Partei nicht mehr in Wien wohnt, wurde im strittigen Rekurs angeführt. Die Nichtangabe des neuen Wohnsitzes der klagenden Partei hindert aber die ordnungsgemäße geschäftliche Behandlung des fraglichen Schriftsatzes (Rekurs ON 34) iSd § 84 Abs 1 ZPO nicht, so dass auch kein Verbesserungsverfahren nach § 84 Abs 2 und 3 ZPO nötig ist. Die Unterlassung der Mitteilung der Wohnungsänderung hätte vielmehr nur die im § 8 Abs 2 ZustellG angeführten Wirkungen (Möglichkeit der Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch, wenn nicht - wie im vorliegenden Fall - ohnedies an den ausgewiesenen Vertreter zuzustellen ist).

Auf die devisenrechtliche Problematik ist bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der Klägsänderung nicht einzugehen. Im Hinblick auf die generelle Bewilligung gemäß Kundmachung der Österreichischen Nationalbank, DE 9/82, kann aber im vorliegenden Fall der Klage, falls sie begründet ist, ohne Einschränkung stattgegeben werden (vgl SZ 48/31).

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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