OGH 3Ob167/75

OGH3Ob167/7530.9.1975

SZ 48/99

Normen

EO §35
Lohnpfändungsgesetz §6 Abs3
EO §35
Lohnpfändungsgesetz §6 Abs3

 

Spruch:

Das Rechtsschutzinteresse des Oppositionsklägers fällt nach Beendigung der Exekution durch Befriedigung des Gläubigers in der Regel weg. Eine Ausnahme von dieser Regel besteht jedoch bei Einwendungen gegen gemäß § 6 Abs. 3 LPfG zur Hereinbringung rückständiger sowie laufender Unterhaltsbeträge geführten Exekutionen

OGH 30. September 1975, 3 Ob 167/75 (LG f. ZRS Wien 46 R 511/74; EG Wien II C 13/73 )

Text

Der nunmehrige Kläger verpflichtete sich anläßlich der Ehescheidung der Parteien mit gerichtlichem Vergleich vom 18. Jänner 1962 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 15% seines Nettoarbeitseinkommens an die Beklagte. Diese erwirkte mit rechtskräftigem Beschluß vom 24. August 1973 auf Grund des zitierten Vergleiches zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstandes von 6.193.35 S für die Zeit vom 29. Jänner bis 29. Juli 1973 sowie der ab 1. August 1973 fälligen monatlichen Unterhaltsbeträge die Exekution durch Pfändung und Überweisung der Dienstbezüge des Klägers.

Mit der Behauptung, daß der Anspruch der Beklagten aus dem Vergleich vom 18. Jänner 1962 infolge geänderter Verhältnisse - in erster Linie wegen des Heranwachsens der im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses im Kleinstkindalter stehenden Kinder - seit 1. März 1972 erloschen sei, begehrte der Kläger den Ausspruch des Erlöschens des Unterhaltsanspruches der Beklagten aus dem genannten Vergleich ab diesem Zeitpunkt.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung mit der Begründung, sie sei nach wie vor nicht in der Lage, einer Beschäftigung nachzugehen und für ihren Unterhalt selbst aufzukommen.

Ein Antrag des Klägers auf Exekutionsaufschiebung wurde rechtskräftig abgewiesen.

Das Erstgericht erklärte die von der Beklagten geführte Exekution "mit Wirkung vom 1. 3. 1973 für unzulässig"; das Mehrbegehren, die Exekution bereits ab 1. März 1972 für unzulässig zu erklären, wurde abgewiesen. Es vertrat auf Grund der von ihm getroffenen Feststellungen die Ansicht, daß der Unterhaltsanspruch der Beklagten infolge geänderter Verhältnisse nicht mehr bestehe, die Teilabweisung begrundete es damit, daß im Oppositionsstreit Einwendungen gegen den Anspruch nur insoweit erhoben werden könnten, als zu seiner Hereinbringung Exekution bewilligt worden sei.

Gegen dieses Urteil erhoben beide Parteien Berufung, wobei der Kläger u. a. darauf hinwies, daß sein auf Erlöschen des Anspruches gerichtetes Begehren nicht erledigt worden sei; er beantragte jedoch entsprechend dem Standpunkt des Erstgerichtes - unter Berücksichtigung der tatsächlich ab 29. Jänner 1973 erfolgten Exekutionsbewilligung - die Abänderung des angefochtenen Urteils dahin, daß im Sinne des Klagebegehrens der Unterhaltsanspruch der Beklagten ab 29. Jänner 1973 für erloschen erklärt werde.

Das Berufungsgericht stellte auf Grund der von der Beklagten erhobenen Berufung nach Beweisergänzung fest, daß der Drittschuldner zur Zeit des Schlusses der Verhandlung erster Instanz (12. August 1974) den der Beklagten laut Vergleich vom 18. Jänner 1962 gebührenden Unterhaltsbetrag bis Ende Juli 1974 überwiesen hatte. Es wies sodann mit dem angefochtenen Teilurteil - Punkt 2 des Spruches - in Abänderung und Ergänzung des erstgerichtlichen Urteiles das Klagebegehren für die Zeit vom 29. Jänner 1973 bis 31. Juli 1974 ab und begrundete diese Teilabweisung damit, daß die Exekution in Ansehung des Unterhaltsanspruches bis einschließlich Juli 1974 infolge exekutiver Befriedigung der betreibenden Partei beendet und damit für diesen Zeitraum das Rechtsschutzinteresse des Klägers an der eingebrachten Oppositionsklage weggefallen sei.

Hinsichtlich der Zeit ab 1. August 1974 hob das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes ohne Rechtskraftvorbehalt auf, weil es dessen Feststellungen als nicht ausreichend erachtete, um das Vorliegen des vom Kläger behaupteten Erlöschens des Unterhaltsanspruches der Beklagten verläßlich beurteilen zu können.

Der Oberste Gerichtshof hob über Revision des Klägers das Teilurteil des Berufungsgerichtes und in diesem Umfang auch das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache auch insoweit an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Grundsätzlich ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß bei Beendigung der Exekution durch exekutive Befriedigung des Gläubigers das Rechtsschutzinteresse des Oppositionsklägers in der Regel wegfällt (vgl. Heller - Berger - Stix in Neumann - Lichtblaus Kommentar zur EO[4], 412; EvBl. 1969/327; RZ 1974, 19, 46 u. a.).

Gerade die zitierten Entscheidungen des OGH lassen jedoch erkennen, daß diese Regel nicht ausnahmslos gilt. So hat der OGH in der zuletzt zitierten Entscheidung zunächst auch bei teilweiser exekutiver Befriedigung oder Exekutionseinstellung die angeführte "Regel" zitierend, von ihr sodann abweichend bei einer gemäß § 6 Abs. 3 LPfG zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstandes sowie laufender Unterhaltsbeträge bewilligten Exekution das Rechtsschutzinteresse hinsichtlich der gegen den Unterhaltsrückstand erhobenen Einwendungen auch nach diesbezüglicher Exekutionseinschränkung mit der Begründung bejaht, daß die Feststellung des Fehlens eines Unterhaltsrückstandes - welcher auch hier bei Wegfall der Unterhaltspflicht des Klägers ab 29. Jänner 1973 nicht bestunde - zur Einstellung der gesamten Exekution führen würde. Die Besonderheit der Exekutionsführung des § 6 Abs. 3 LPfG zwingt aber nicht bloß in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall, sondern ganz allgemein zu einer speziellen Beurteilung der Frage, ob das bei Klagseinbringung bestehende Rechtsschutzinteresse des Oppositionsklägers im Fall einer teilweisen Exekutionseinstellung oder teilweisen exekutiven Befriedigung des betreibenden Gläubigers (= Beklagter) teilweise wegfällt. Die Besonderheit dieser Exekution liegt nicht nur in der Hereinbringung künftig fälliger Unterhaltsraten, sondern auch darin, daß selbst bei einer wahrscheinlich erfolgreichen Klage gemäß § 35 EO, die Aufschiebung der Exekution nicht zu bewilligen ist, falls der Unterhalt des Berechtigten nicht anderweitig sichergestellt ist.

Wird wie im vorliegenden Fall behauptet, daß der Unterhaltsanspruch wegen generellen Wegfalles der Unterhaltspflicht als solcher - und nicht etwa bloß einzelner Fälligkeiten aus dem einen oder anderen Erlöschensgrund wie Zahlung usw. - erloschen sei, so erfaßt eine derartige Klage einheitlich den gesamten Anspruch und damit alle Monatsfälligkeiten, unabhängig davon, ob einzelne von ihnen bei Klagseinbringung erst künftig fällig wurden und bei Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz bereits fällig geworden waren. Klagegegenstand ist in diesem Fall der Unterhaltsanspruch als solcher, dessen Erlöschen aus einem einheitlichen Rechtsgrund geltend gemacht wird. Es besteht in einem solchen Fall durchaus das Rechtsschutzinteresse des Oppositionsklägers an einer einheitlichen Entscheidung unabhängig von einer zwischenzeitigen exekutiven Befriedigung in Ansehung einzelner Monatsfälligkeiten - fort. Die vom Berufungsgericht vertretene gegenteilige Auffassung würde nicht bloß zum höchst unökonomischen Ergebnis führen, daß hier der Kläger jeden Monat sein Begehren hinsichtlich der jeweils exekutiv bezahlten Monatsfälligkeit auf Kosten einschränken müßte (wobei im Rahmen der Kostenentscheidung wiederum zu prüfen wäre, ob der Unterhaltsanspruch schon vor dieser exekutiven Befriedigung weggefallen war), sie würde vor allem zur Folge haben, daß die Entscheidung faktisch bloß für den Zeitraum nach Schluß der Verhandlung erster Instanz, also für die Zukunft getroffen würde, für welche in diesem Fall die Voraussetzungen für das "Erlöschen" des Unterhaltsanspruches gar nicht feststellbar sind.

Auf Grund der vorstehenden Überlegungen besteht hier trotz der vom Berufungsgericht festgestellten teilweisen exekutiven Befriedigung der betreibenden Partei das Rechtsschutzinteresse des Klägers in Ansehung des noch offenen Klagebegehrens fort. Da das Berufungsgericht in seinem Aufhebungsbeschluß zutreffend darlegte, daß das vom Kläger behauptete Erlöschen seiner Unterhaltspflicht auf Grund des bisher festgestellten Sachverhaltes nicht verläßlich beurteilt werden kann, war wie im Spruch zu entscheiden.

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