OGH 10Os132/84

OGH10Os132/8425.9.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. September 1984 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Friedrich (Berichterstatter), Dr.Hörburger und Dr. Lachner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gurschler als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerhard A und Harald B wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen beider Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich beider Angeklagten) gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. März 1984, GZ 8 d Vr 10.917/83-69, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Stöger, des Angeklagten B und der Verteidiger Dr. Weigert (für A) sowie Dr. Gürtler (für B), jedoch in Abwesenheit des Angeklagten A, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem (auch einen Teilfreispruch enthaltenden) ange fochtenen Urteil wurden Gerhard A und Harald B (I. 2.) des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB sowie des - von A in zwei Fällen (I. 3., II.) und von B in einem Fall (II.) begangenen - Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB sowie B außerdem der Vergehen (I. 1.) der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, (III.) des Diebstahls (von 1.320 S Bargeld) nach § 127 Abs. 1 StGB sowie (IV.) der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Das eingangs bezeichnete Verbrechen fällt ihnen zur Last, weil sie am 2. Oktober 1983 in Wien als Beteiligte (§ 12 StGB) Silvia C durch gefährliche Drohung, und zwar durch die von A im Beisein des B geäußerte Aufforderung, sie solle mitmachen, wenn sie in fünf Minuten noch ihre Zähne haben wolle, außer dem Fall der Notzucht zum außerehelichen Beischlaf genötigt haben.

Als Veruntreuung hat B zu verantworten, daß er sich am 11. Juni 1983 in Wien 1.500 S Bargeld, die ihm von Martina D mit dem Auftrag zur Beschaffung von Kellnerkleidung anvertraut worden waren, mit dem Vorsatz zueignete, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Den nur gegen diese Teile des Schuldspruchs gerichteten, auf Z 9 lit a und von A auch auf Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Entscheidungswesentliche Verfahrensergebnisse zu dem in Rede stehenden Sittlichkeitsdelikt hat das Erstgericht, der Mängelrüge (Z 5) des Angeklagten A zuwider, nicht übergangen. Denn mit den leugnenden Verantwortungen beider Angeklagten, wonach sich Silvia C aus freien Stücken zum Geschlechtsverkehr mit ihnen bereit gefunden habe, mit deren dieser Darstellung zuwiderlaufender Zeugenaussage und mit den Wahrnehmungen der kurz nach der Tat eingeschrittenen Polizeibeamten hat es sich ohnehin eingehend auseinandergesetzt (US 16 bis 19); eine Erörterung jener Bekundungen in allen Einzelheiten war im Interesse einer gedrängten Fassung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) entbehrlich.

Der Sache nach ficht der Beschwerdeführer insoweit mit seinem Versuch, aus einzelnen, zum Teil nur unvollständig wiedergegebenen und aus dem Zusammenhang gerissenen Aussageteilen die Richtigkeit seiner Verantwortung oder zumindest seine Gutgläubigkeit darzutun, nur nach Art und Zielsetzung einer im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung unzulässigerweise die erstinstanzliche Beweiswürdigung an; mit der Bezugnahme auf angebliche Vorfälle nach der Urteilsfällung aber wird ein Begründungsmangel im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes gar nicht behauptet.

Bei seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) hinwieder geht der genannte Angeklagte, die Annahme seines tatbestandsmäßigen Vorsatzes bekämpfend, nicht von den Urteilsfeststellungen, sondern von einzelnen Verfahrensergebnissen aus;

solcherart bringt er indessen den reklamierten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, dessen Vorliegen nur durch einen Vergleich des im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz aufgezeigt werden kann, nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung.

Der vom Angeklagten B zu diesem Faktum behauptete Rechtsirrtum (Z 9 lit a) dagegen ist dem Schöffengericht nicht unterlaufen; ist doch die - beiden Angeklagten zur Last fallende, von A geäußerte, - sinngemäß unmißverständliche Ankündigung, dem Tatopfer im Fall einer Verweigerung des begehrten Geschlechtsverkehrs die Zähne auszuschlagen, entgegen seiner Beschwerdeauffassung fraglos nicht bloß als Drohung mit einer Mißhandlung, sondern als solche mit einer Verletzung am Körper und damit (bei unstrittigem Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) sehr wohl als gefährliche Drohung (Par 74 Z 5 StGB) anzusehen.

Ebensowenig kann in Ansehung der diesem Beschwerdeführer angelasteten Veruntreuung von Feststellungsmängeln (Z 9 lit a) dahin die Rede sein, daß er zur Tatzeit gegen Martina D eine kompensable Gegenforderung in Form eines 'Anspruchs auf Lohnzahlung' gehabt hätte und dagegen seine Schuld aus der widmungswidrigen Zueignung des ihm anvertrauten Bargeldbetrages hätte aufrechnen wollen, wodurch sein tatbestandsmäßiger Bereicherungsvorsatz in Frage gestellt würde: durch welche Verfahrensergebnisse dahingehende Konstatierungen indiziert gewesen sein sollten, ist den Beschwerdeausführungen nicht zu entnehmen.

Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte beide Angeklagten nach §§ 28, 202 Abs. 1 StGB zu je fünfzehn Monaten Freiheitsstrafe; dabei wertete es ihr teilweises Geständnis als mildernd, die Faktenmehrheit und bei B außerdem eine einschlägige Vorstrafe hingegen als erschwerend. Den Berufungen der Angeklagten, mit denen sie (nach der Zurückziehung der von B erhobenen Schuld-Berufung nur noch) eine Strafherabsetzung und A zudem die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstreben, sowie der Staatsanwaltschaft, die auf eine Erhöhung der Freiheitsstrafen abzielt, kommt gleichfalls keine Berechtigung zu. Entgegen der von der Anklagebehörde vertretenen Ansicht kann von einer deliktsbezogenen 'besonderen' Brutalität bei der Nötigung zum Beischlaf ebensowenig gesprochen werden wie von einer Notwendigkeit, die hier verhängten Freiheitsstrafen aus Gründen der Generalprävention zu erhöhen (vgl ÖJZ-LSK 1977/241); in Ansehung des Rückfalls beider Angeklagten innerhalb von (bei A in einem Fall, bei B in drei Fällen) noch offenen Probezeiten auf Grund früherer Verurteilungen aber ist der Staatsanwaltschaft zwar einzuräumen, daß dieser Umstand beim Abwägen ihrer persönlichen Schuld entsprechend berücksichtigt werden muß, doch ist dem Erstgericht insoweit eine sich zu ihren Gunsten auswirkende Fehlbewertung ohnehin nicht unterlaufen.

Gleichermaßen mit Recht ist jedoch beiden Angeklagten ein Geständnis hinsichtlich des Sittlichkeitsdelikts sowie A auch das Fehlen einschlägiger Vorstrafen nicht als mildernd zugute gehalten, wohl aber B seine Vorstrafe wegen Diebstahls mit Bezug auf die ihm hier zur Last fallenden Vermögensdelikte als einschlägig gewertet worden; die im Verhältnis zu A geringere Rolle hinwieder, die B bei der Nötigung zum Beischlaf spielte, wird dadurch aufgewogen, daß er von seinem Vorleben her und durch die Zahl der von ihm nunmehr zu verantwortenden Delikte etwas stärker belastet ist als jener. Alles in allem hat das Schöffengericht die über beide Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen nach ihrer tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) jedenfalls - absolut gleichwie in Relation zueinander -

auch nicht zu hoch ausgemessen.

Die Gewährung bedingter Strafnachsicht an B schließlich konnte mit Rücksicht auf sein nicht unerheblich getrübtes Vorleben, demzufolge bei ihm keine Gewähr für ein künftiges Wohlverhalten geboten ist (§ 43 Abs. 2 StGB), nicht mehr in Betracht gezogen werden. Den Berufungen mußte daher ebenfalls ein Erfolg versagt bleiben.

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