European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00559.840.0906.000
Spruch:
Beide Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung:
Der Kläger kaufte im Jahr 1973 von Josef S***** einen Schreibschrank („Spiegelbüro“) um S 18.000‑ ‑. In der Folge begehrte S***** mit der Begründung, der Schrank repräsentiere einen weitaus höheren Wert, die Rückgängigmachung des Kaufvertrages. Der Kläger hatte anfangs 1976 den Beklagten, der ein beeideter Schätzmeister ist, um die Erstattung eines Gutachtens über den Wert des Schrankes ersucht und der Beklagte hatte gegen Bezahlung mit Gutachten vom 30. 1. 1976 diesen Wert mit S 24.000,‑ ‑ eingeschätzt. Der Kläger lebte damals in Scheidung und benötigte das Gutachten für die bevorstehende Hausratsteilung; diesen Zweck des Gutachtens hatte er dem Beklagten jedoch nicht mitgeteilt. Auf Grund dieser Schätzung weigerte sich der Kläger, den Schrank an S***** zurückzugeben, der schließlich zu 3 Cg 210/76 des Landesgerichtes Linz den Kläger erfolgreich auf Aufhebung des Vertrages klagte. Das Verfahren begann mit Klage vom 25. 6. 1976 und endete mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 20. 11. 1979. Während dieses Verfahrens war der Kläger wegen seiner anhängigen Scheidung in finanziellen Schwierigkeiten, weshalb er unter Bezugnahme auf das Schätzungsgutachten des Beklagten vom 30. 1. 1976 den Schrank am 7. 11. 1976 um S 32.000,‑ ‑ an Herbert M***** weiterveräußerte, wobei eine Anfechtung des Vertrages ausgeschlossen wurde. Im Zuge des zu 3 Cg 210/76 des Landesgerichtes Linz geführten Rechtsstreites hat der Beklagte als gerichtlich bestellter Sachverständiger sein ursprüngliches Gutachten am 7. 10. 1977 und am 2. 2. 1978 im wesentlichen aufrecht erhalten. Demgegenüber schätzte der neu beigezogenen Sachverständige Dr. R***** am 22. 4. 1978 den Zeitwert des Schrankes für das Jahr 1974 mit S 80.000,‑ ‑ und für das Jahr 1978 mit S 120.000,‑ ‑. Mit Urteil vom 19. 1. 1979 wurde der Kläger verurteilt, entweder den Schrank wieder zu beschaffen und an Josef S***** zurückzugeben oder diesem einen Betrag von S 56.000,‑ ‑ zu bezahlen. Diesem Urteil lag die Feststellung zugrunde, daß der Zeitwert des Schrankes im Jahr 1973 S 74.000,‑ ‑ betrug. Dieses Urteil wurde sowohl in zweiter als auch in dritter Instanz bestätigt. Auf Grund dieses verlorenen Prozesses hatte der Kläger an S***** S 56.000,‑ ‑ zu bezahlen, da die Rückgabe des inzwischen veräußerten Schrankes nicht mehr möglich war. An Prozeßkosten liefen S 46.720,16 auf, die der Kläger an S***** zu zahlen hatte, und an eigenen Kosten S 34.231,24. Am 21. 3. 1980 brachte der Kläger zu 3 Cg 151/80 des Landesgerichtes Linz eine Wiederaufnahmsklage gegen Josef S***** ein, mit der er die Beseitigung der im Verfahren 3 Cg 210/76 ergangenen Urteile anstrebte. Diese Wiederaufnahmsklage wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 29. 9. 1980 abgewiesen. Auf Grund dieses unangefochten gebliebenen Urteiles hatte der Kläger seinem Gegner die Prozeßkosten in der Höhe von S 5.006,65 sowie dem Nebenintervenienten Dr. Otto R***** dessen Kosten in der Höhe von S 2.230,‑ ‑ zu ersetzen. An eigenen Kosten liefen dem Kläger in diesem Verfahren S 6.578,65 auf.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger vom Beklagten einerseits den Ersatz dieser ihm aufgelaufenen Prozeßkosten, die er mit insgesamt S 94.766,70 berechnete und andererseits den Ersatz jenes Schadens, der ihm dadurch entstanden sei, daß er im Vertrauen auf das objektiv unrichtige Gutachten des Beklagten den Schrank um nur S 32.000,‑ ‑ verkauft habe, woraus sich ein Vermögensschaden von S 42.000,‑ ‑ ergebe (S 18.000,‑ ‑ ursprünglicher Kaufpreis plus S 56.000,‑ ‑ ergänzende Zahlung an Stadler = S 74.000,‑ ‑ minus Verkaufserlös von S 32.000,‑ ‑ = S 42.000,‑ ‑). Der Kläger stützte sein Begehren im wesentlichen darauf, daß ihm der Beklagte nach den Bestimmungen der §§ 1299 f ABGB für diese Schäden zu haften habe, weil er gegen Entgelt ein unrichtiges Gutachten erstattet habe.
Der Beklagte wendete im wesentlichen ein, sein Gutachten sei richtig gewesen. Der Kläger habe sich den Schaden selbst zuzuschreiben, weil er den Kasten nach Klagseinbringung unter Verzicht auf jede Möglichkeit der Vertragsanfechtung verkauft habe. Der Prozeßkostenaufwand sei vom Kläger selbst verschuldet worden und zur zweckdienlichen Rechtsverfolgung nicht erforderlich gewesen.
Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von S 122.951,40 s.A. und wies auf Zahlung von S 13.815,30 s.A. gerichtete Mehrbegehren ab.
Es stellte abgesehen von dem bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt im wesentlichen fest, daß der Schrank im Jahr 1976 einen Verkehrswert von ca. S 120.000,‑ ‑ und im Jahr 1973 einen solchen von etwa S 80.000,‑ ‑ hatte. Die am Schrank durchgeführten Renovierungsarbeiten sind mit S 8.000,‑ ‑ bis S 12.000,‑ ‑ (bezogen auf das Jahr 1973) beziehungsweise mit S 15.000,‑ ‑ bis S 18.000 S (bezogen auf das Jahr 1976) ohne Mehrwertsteuer zu veranschlagen.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, das Gutachten des Beklagten sei unrichtig gewesen. Der Beklagte hafte daher dem Kläger für alle Schäden, die er durch sein unrichtiges Gutachten verschuldet habe. Hiezu seien jedenfalls auch die Kosten zu zählen, die zur erfolglosen Abwehr eines Anfechtungsanspruches aufgewendet wurden. Im Rechtswidrigkeitszusammenhang stünde auch der Entgang eines höheren Kaufpreises, da der Kläger den Schrank unter ausdrücklichem Hinweis auf das Gutachten des Beklagten um S 32.000,‑ ‑ veräußert habe. Kein Verschulden des Klägers sei darin gelegen, daß er den Schrank während des gegen ihn vom Verkäufer S***** angestrengten Prozesses veräußert habe, da er zu diesem Zeitpunkt von keinem abweichenden Gutachten Kenntnis gehabt habe und so auf die Richtigkeit des Gutachtens des Beklagten vertrauen habe können.
Dieses Urteil wurde nur vom Beklagten mit Berufung bekämpft.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht diesem Rechtsmittel teilweise Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Kläger einen Betrag von S 72.693,16 s.A. zusprach und sein auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 64.073,53 s.A. gerichtetes Mehrbegehren abwies. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO zulässig ist.
Das Berufungsgericht führte, ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes, im wesentlichen aus, wer einen Beruf ausübe oder die Ausübung eines solchen ankündige, zu dem besondere Fachkenntnisse oder nicht gewöhnlicher Fleiß notwendig seien, hafte, wenn er infolge Mangels der besonderen Kenntnisse oder des besonderen Fleißes jemand schädige. Die grundsätzliche Haftung eines Sachverständigen wegen einer falschen Schätzung sei nicht strittig. Dies werde auch von der Berufung nicht in Zweifel gezogen, doch vermeine sie, daß der entstandene Schaden nicht bzw. zumindest nicht ausschließlich durch das Gutachten des Beklagten verursacht worden sei. Sie verweise darauf, daß der Differenzschaden von S 42.000,‑ ‑ ausschließlich auf das Verhalten des Klägers zurückzuführen sei, da dieser während des Prozesses den Schrank verkauft und eine Anfechtung ausdrücklich ausgeschlossen habe. Diesem Einwand könne Berechtigung nicht abgesprochen werden. Die Klage zu 3 Cg 210/76 des Landesgerichtes Linz sei dem nunmehrigen Kläger am 5. 7. 1976 zugestellt worden. In dieser Klage werde ein Wert des Kastens in der Größenordnung von S 150.000,‑ ‑ bis S 25.000,‑ ‑ behauptet. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger bereits das Gutachten des Beklagten vom 30. 1. 1976 in Händen gehabt, in welchem der Wert des Kastens mit S 24.000,‑ ‑ geschätzt worden sei. In der Tagsatzung vom 13. 1. 1977 sei der Beklagte zum Sachverständigen bestellt worden, wobei seitens des nunmehrigen Klägers keinerlei Bedenken vorgebracht worden seien, obwohl es derselbe Sachverständige gewesen sei, der etwa ein Jahr vorher dem Kläger das Gutachten geliefert habe. Mit Gutachten vom 7. 10. 1977 habe der Sachverständige, der nunmehr Beklagte, den Schrank auf S 32.000,‑ ‑ geschätzt und zugleich darauf hingewiesen, daß er denselben Schrank bereits am 30. 1. 1976 geschätzt habe. Hierauf habe die damals klagende Partei die Erörterung des Gutachtens beantragt. Dieser Antrag sei am 3. 11. 1977 beim Landesgericht Linz eingelangt. In dieser Phase des Prozesses habe der nunmehrige Kläger am 7. 11. 1976 den Schrank um S 32.000,‑ ‑ verkauft, wobei er auf das Gutachten vom 30. 1. 1976 Bezug genommen und eine Anfechtung wegen Irrtums oder aus einem sonstigen Grund ausgeschlossen habe. Das Erstgericht verneine deshalb ein Verschulden des Klägers, weil dieser im Vertrauen auf das Gutachten des Beklagten davon ausgehen habe können, daß der Wert des Schrankes im Rahmen des Schätzungsgutachtens des Beklagten liege. Diese rechtliche Beurteilung sei nicht zu billigen. Der Kläger habe gewußt, daß der Vorbesitzer unter Berufung auf einen sachverständigen Zeugen (den Antiquitätenhändler Horst B*****) einen Wert von S 150.000,‑ ‑ bis S 250.000,‑ ‑ behauptet habe, sodaß sein Prozeßstandpunkt maßgeblich von der Richtigkeit bzw. Unrichtigkeit des vom Beklagten abgegebenen Gutachtens abhängig gewesen sei. Gerade weil sich der Kläger darauf eingelassen habe, denselben Sachverständigen heranzuziehen, der ihm bereits privat den Schrank geschätzt hatte, habe er zu besonderer Vorsicht und Aufmerksamkeit veranlaßt sein müssen. Daß eine solche doppelte Inanspruchnahme desselben Sachverständigen einerseits die Wahrheitsfindung erschweren, andererseits zu dessen Ablehnung oder doch zur Bestellung eines weiteren Sachverständigen führen müsse, liege wohl auch für einen Laien auf der Hand. Als der Beklagte am 7. 11. 1976 den Schrank weiterverkauft habe, sei ihm aber auch die Bedeutung eines Anfechtungsausschlusses bewußt gewesen, da ein solcher Ausschluß auch ausdrücklich in den Vertrag aufgenommen worden sei. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob dem Kläger bekannt gewesen sei, daß ein solcher Ausschluß unter den sogenannten guten Händlern als anrüchig gelte. Es genügten die beiden erwähnten Umstände, die den Kläger auch nur bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit davon abhalten hätte müssen, einen solchen Ausschluß in den Vertrag aufzunehmen. Durch diese Vereinbarung sei der Kläger aber in der Folge gehindert worden, den wahren Wert gegen den Käufer geltend zu machen, nachdem wenige Monate später der Gutachter Dr. R***** den Zeitwert für 1974 bereits mit S 80.000,‑ ‑ ermittelt habe. Wenn man schon dem Kläger für ein solches Vorgehen keine Absicht unterstellen könne, so könne doch ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Schätzgutachten des Beklagten vom 30. 1. 1976 und diesem Verkauf nicht mehr angenommen werden. Darüber täusche auch die ausdrückliche Bezugnahme auf das Schätzgutachten des Beklagten vom 30. 1. 1976 nicht hinweg, weil aus den aufgezeigten Gründen der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits die größten Bedenken gegen die Richtigkeit dieses Gutachtens hätte haben müssen. Seien aber solche Bedenken naheliegend, dann könne die Weiterveräußerung unter Ausschluß der laesio enormis nicht zu Lasten des Beklagten gehen. In diesem Zusammenhang sei auch auf das Schreiben des damaligen Vertreters des Klägers Dr. Adam J***** vom 23. 2. 1976 zu verweisen (erliegend im Akt 3 Cg 210/76 des Landesgerichtes Linz bei ON 9), worin ausdrücklich versichert werde, daß der Kläger nicht die Absicht habe, den Schrank in ein Auktionshaus zu bringen oder sonstwie zu veräußern. Den sogenannten Differenzschaden in der Höhe von S 42.000,‑ ‑ habe daher der Kläger selbst zu vertreten.
Das Erstgericht habe die gesamten Prozeßkosten aus dem Vorverfahren dem Kläger zugesprochen, ausgenommen die Kosten der erfolglosen Wiederaufnahmsklage. Dieser Zuspruch erscheine mit der Einschränkung richtig, daß die gleichen Überlegungen, die für die Kosten der Wiederaufnahmsklage angestellt worden seien, auch für die Einbringung der Revision Gültigkeit hätten. Tatsacheninstanz seien das Erstgericht und das Oberlandesgericht gewesen, wobei in der Berufung noch der Versuch unternommen worden sei, den festgestellten Marktpreis zu bekämpfen. Das Berufungsverfahren sei daher noch zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung erforderlich gewesen. Der Oberste Gerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 20. 11. 1979 die Revision überwiegend als einen unzulässigen Angriff auf die Beweiswürdigung abgetan und auch die Rechtsrüge als eine Verkennung der Bestimmung des § 503 Z 4 ZPO qualifiziert. Das Revisionsverfahren könne daher nicht mehr als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig angesehen werden. Der an Prozeßkosten zu ersetzende Betrag vermindere sich daher um S 8.258,24 (Kosten der Revision und der Revisionsbeantwortung im Verfahren 3 Cg 210/76 des Landesgerichtes Linz).
Der in der Berufung erhobene Einwand des fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhanges greife schon deshalb nicht, weil der Beklagte sein Schätzungsgutachten ohne Zweckkenntnis erstellt habe. Der Schaden des Klägers an Prozeßkosten sei schon durch die urteilsmäßige Verpflichtung zum Kostenersatz entstanden; ein Zahlungsnachweis sei nicht erforderlich.
Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO begründete das Berufungsgericht damit, daß die Frage der Zuerkennung des „Differenzschadens“ als eine in dieser Form noch nicht erschöpfend ausjudizierte Rechtsfrage aufgefaßt werden könne, der über den vorliegenden Fall hinausreichende Bedeutung zukomme.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen beider Streitteile. Der Kläger bekämpft sie in ihrem klagsabweisenden Teil aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung im Sinne des § 503 Abs. 2 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der vollinhaltlichen Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag. Der Beklagte bekämpft die Entscheidung des Berufungsgerichtes in ihrem klagsstattgebenden Teil. Auch er macht den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung im Sinne des § 593 Abs. 2 ZPO geltend. Er beantragt die Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne der vollinhaltlichen Abweisung des Klagebegehrens; hilfsweise stellt auch er einen Aufhebungsantrag.
Revisionsbeantwortungen wurden von beiden Streitteilen nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionen sind unzulässig.
Wenn zunächst der Kläger in seiner Revision die Entscheidung des Berufungsgerichtes in ihrem gesamten klagsabweisenden Teil bekämpft, übersieht er, daß bereits das Erstgericht sein Begehren mit einem Betrag von S 13.815,30 s.A. abgewiesen hat und daß die Entscheidung des Erstgerichtes in diesem Umfang mangels Anfechtung durch den Kläger in Rechtskraft erwuchs. In diesem Umfang ist daher die Revision des Klägers schon aus diesem Grund unzulässig.
Im übrigen ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a ZPO bei der Prüfung der Zulässigkeit von Revisionen an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs. 3 ZPO nicht gebunden.
Im vorliegenden Fall ergibt die Prüfung der Rechtsmittelzulässigkeit hinsichtlich der Revisionen beider Streitteile, dass es an der für ihre Bejahung erforderlichen Voraussetzung des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO mangels, weil die Entscheidung nicht von der Lösung von Rechtsfragen abhängt, denen zur Wahrung der Rechtseinheit, der Rechtssicherheit oder der Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.
Zur Frage, wann eine derart erhebliche Rechtsfrage vorliegt, führt der Bericht des Justizausschusses zur ZVN 1983 (1337 BlgNR 15. GP 19) aus, daß durch die Bestimmung des § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO sichergestellt werden sollte, „daß der Oberste Gerichtshof grundsätzlich nur mit wichtigen, zumindest potentiell für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsamen Rechtsfragen befaßt wird, um seiner Leitfunktion besser gerecht werden zu können“.
Die für die Revisionszulässigkeit im Zulassungsbereich maßgebliche Erheblichkeit der Rechtsfragen bestimmt sich nach objektiven Umständen. Hat das Berufungsgericht im Sinne einer einheitlichen und von der Lehre anerkannten Rechtsprechung entschieden, dann kann die Zulässigkeit der Revision nur mit neuen bedeutsamen Argumenten begründet werden (Ausschußbericht aaO). Der Rechtsmittelwerber wird immer zu überlegen haben, ob sein Rechtsproblem potentiell auch andere Personen und vergleichbare Fälle berührt. Die Kasuistik des Einzelfalles schließt in der Regel eine beispielgebende Entscheidung aus ( Petrasch in ÖJZ 1983, 177; 3 Ob 625/83; 8 Ob 217/83; 8 Ob 29/84 u.a.).
Geht man von diesen Grundsätzen aus, dann ergibt sich daraus die Unzulässigkeit der beiden vorliegenden Revisionen.
Der Kläger versucht in seinem Rechtsmittel darzutun, daß ihm der Ersatz seines behaupteten Vermögensschadens in der Höhe von S 42.000,‑ ‑ gebühre, der ihm dadurch entstanden sei, daß er im Vertrauen auf die Richtigkeit des Gutachtens des Beklagten den Schrank um nur S 32.000,‑ ‑ verkauft habe und daß ihm auch der Ersatz der Kosten des Revisionsverfahrens im Rechtsstreit 3 Cg 210/76 des Landesgerichtes Linz gebühre.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß ein Mitverschulden des Geschädigten an der Herbeiführung seines eigenen Schadens im Sinne des § 1304 ABGB nicht die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens voraussetzt, sondern nur seine Sorglosigkeit gegenüber eigenen Gütern (ZVR 1976/105; EvBl. 1977/110; ZVR 1978/111; 8 Ob 180/83; 8 Ob 216/83 u.v.a.), und daß ein weitaus überwiegendes Mitverschulden des Geschädigten nach den Umständen des Einzelfalles zur völligen Verneinung der Haftung des Schädigers führen kann (ZVR 1968/59; ZVR 1982/406; 8 Ob 133/83 u.v.a.).
Daß es eine grobe Sorglosigkeit des Klägers gegenüber seinen eigenen Gütern darstellte, wenn er in Kenntnis des Umstandes, daß sein Voreigentümer unter Anführung verschiedener Beweismittel einen Wert des Schrankes von S 150.000,‑ ‑ bis S 250.000,‑ ‑ behauptete, während des zu 3 Cg 210/76 des Landesgerichtes Linz anhängigen Rechtsstreites diesen Schrank um nur S 32.000,‑ ‑ an Herbert Mandel weiterveräußerte, wobei eine Anfechtung dieses Vertrages aus welchen Gründen immer ausgeschlossen wurde, bedarf ebenso keiner weiteren Erörterung wie der Umstand, daß die Einbringung einer von vornherein aussichtslosen Revision in dem erwähnten Rechtsstreit für den Kläger gleichfalls eine grobe Sorglosigkeit gegenüber seinen eigenen Gütern darstelle und auch unter dem Gesichtspunkt einer Schadensminderungspflicht in keiner Weise zu rechtfertigen war.
Die Frage allerdings, ob das Mitverschulden des Klägers ein solches Ausmaß erreicht hat, daß es gerechtfertigt erscheint, die Haftung des Beklagten in Ansehung der hier noch zu beurteilenden Schäden zu verneinen, ist, wie oben dargestellt, ausschließlich nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalles zu lösen. Wenn das Berufungsgericht davon ausging, daß nach diesen Umständen das Mitverschulden des Klägers als so gravierend anzusehen ist, daß es die Haftung des Beklagten ausschließt, entzieht sich diese Beurteilung einer Überprüfung im Sinne des § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO, weil es sich hier nur um eine Wertung im gerade vorliegenden Einzelfall ohne jede beispielgebende Wirkung für andere Fälle handelt.
Der Beklagte bestreitet in seiner Revision nicht seine grundsätzliche Haftung für die durch sein unrichtiges Gutachten dem Kläger entstandenen Schäden, macht aber geltend, daß er nicht für die dem Kläger zugesprochenen Prozeßkosten hafte, weil er sein Gutachten nicht im Hinblick auf die Geltendmachung von Ansprüchen wegen Verletzung über die Hälfte, sondern im Hinblick auf die für den Kläger bevorstehende Hausratsteilung erstattet habe. Durch die seinem Gegner zu ersetzenden Prozeßkosten sei überdies dem Kläger kein Schaden entstanden, weil er sie nach seinen eigenen Behauptungen bisher nicht bezahlt habe.
Dem ersten Einwand ist zu entgegnen, daß der Beklagte hier nicht von den Feststellungen der Vorinstanzen ausgeht, nach denen der Kläger dem Beklagten vor Erstattung des Gutachtens vom 30. 1. 1976 dessen Zweck nicht mitteilte; insoweit ist daher die Revision nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Zum zweiten Einwand genügt der Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, nach der schon die entstandene Verbindlichkeit einen Nachteil am Vermögen im Sinne des § 1293 ABGB bedeutet und daher der Schadenersatzkläger nicht nachzuweisen braucht, daß er die Verbindlichkeit bereits erfüllt hat (SZ 35/83; SZ 37/168; SZ 53/107 u.a.).
Insgesamt zeigt sich somit, daß in Ansehung der Revisionen beider Streitteile die im § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO normierten Voraussetzungen nicht vorliegen. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die Zulässigkeit der Revision nach dieser Gesetzesstelle ausgesprochen, weil die Entscheidung nicht von der Lösung von Rechtsfragen der dort umschriebenen Art abhängt. In den Revisionen beider Streitteile wird die unrichtige Lösung derartiger Rechtsfragen auch nicht aufgezeigt.
Es waren daher beide Revisionen als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kosten ihrer unzulässigen Rechtsmittel haben beide Streitteile selbst zu tragen. Revisionsbeantwortungen wurden von beiden Streitteilen nicht erstattet.
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