OGH 10Os96/84

OGH10Os96/8428.8.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.August 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Hon.Prof. Dr. Brustbauer (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wittmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Rudolf A u.a. wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142, 143 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Rudolf A gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Krems/Donau vom 27.März 1984, GZ. 10 b Vr 762/83-90, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Niebauer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß §§ 290 Abs. 1, 344 StPO. wird das angefochtene Urteil in seinem Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft dahin ergänzt, daß dem Angeklagten Rudolf A auch die Vorhaft vom 9.Mai 1983, 23,20 Uhr, bis zum 10.Mai 1983, 9,35 Uhr, auf die Freiheitsstrafe angerechnet wird.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf A gemäß dem Wahrspruch der Geschwornen unter anderem des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15; 142 (Abs. 1), 143 erster und zweiter Fall StGB. (Punkt I) und des Verbrechens des verbrecherischen Komplottes nach Par 277 Abs. 1 StGB. (Punkt III) schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Der auf die Z. 6 und 8 des § 345 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Rudolf A gegen diese Schuldsprüche kommt keine Berechtigung zu.

Den Beschwerdeausführungen zuwider bot das in der Beschwerde angeführte Vorbringen des Angeklagten zum Punkt I des Urteils keinen Anlaß zur Stellung einer Eventualfrage in Richtung eines versuchten Einbruchsdiebstahls. Denn darnach hatte er mit seinen (insoweit allerdings eines Raubversuchs geständigen und eines solchen rechtskräftig abgeurteilten) Komplizen zunächst die Möglichkeit eines Einbruchs in irgendeine unbesetzte Tankstelle (vgl. S. 247/III.Bd.) besprochen und war er sodann mit ihnen, um eine solche zu finden und die Bedingungen für einen Einbruch zu erkunden, in Melk mehrmals an einer dort befindlichen Tankstelle 'vorbeigefahren', wobei es sich jedoch ergab, daß diese (auch) bei Nacht besetzt war und demnach als taugliches Einbruchsobjekt ausschied, weshalb über sein Andringen ein Diebstahl unterblieb. Damit wurde aber nichts vorgebracht, was eine Unterstellung der dem Angeklagten als Raubversuch angelasteten Tat unter ein anderes Strafgesetz (§ 314 Abs. 1 StPO.) ermöglichen könnte. Ist doch das bloße Ausforschen einer günstigen Gelegenheit zu einer konkret noch gar nicht beschlossenen Tat keine der Ausführung unmittelbar vorangehende (Versuchs-) Handlung im Sinne des § 15 Abs. 2 StGB., sondern lediglich eine straflose Vorbereitungshandlung, nach der keine eigene Frage zu stellen ist.

Mit seinem weiteren Einwand, das Gericht hätte mit Rücksicht auf die Angabe des Mitangeklagten B, er (der Beschwerdeführer) habe ziemlich viel getrunken gehabt und deswegen möglicherweise gar nicht verstanden, daß sie einen überfall auf den Tankwart planten, zu dem voraus erwähnten Urteilsfaktum auch eine Eventualfrage nach verbrecherischem Komplott gemäß Par 227 Abs. 1 StGB. zu stellen gehabt, ist der Beschwerdeführer auf die Eventualfrage 3 (Punkt 9 des Fragenschemas) zu verweisen, die ohnehin in diese Richtung zielt.

Zusatzfragen nach strafbefreiendem Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs. 1

StGB.) zur Hauptfrage I a (Raubversuch bei der BP-Tankstelle in Melk am 19.September 1983) sowie nach dem Strafaufhebungsgrund des § 277 Abs. 2

StGB. zur Hauptfrage III (Verabredung zur gemeinsamen Ausführung eines Raubüberfalles auf die C Maria Laach ebenfalls am 19.September 1983) waren - anders als der Beschwerdeführer vermeint - weder durch seine darauf bezügliche Verantwortung noch durch die Einlassung seiner Mittäter B und D indiziert. Er selbst hat, wie bereits erwähnt, in Ansehung des Raubfaktums (Hauptfrage I a) die Vornahme einer Versuchshandlung bestritten und zur Hauptfrage III die Kenntnis vom Raubplan in Abrede gestellt. Den Angaben seiner Komplizen zum Schuldspruch wegen versuchten Raubs läßt sich nicht entnehmen, daß sie den Versuch, den Tankwart zu berauben unter der Vorstellung beendeten, daß eine dem Tatplan entsprechende Tatvollendung noch möglich sei (vgl. 11 Os 94/80, 9 Os 66/83 u.a.). Sie gaben nach ihrer diesbezüglich übereinstimmenden Darstellung ihr Vorhaben vielmehr deshalb auf, weil sie sich wegen der Anwesenheit einer bzw. mehrerer weiterer Personen in der Tankstelle zur Tatvollendung nicht mehr in der Lage wähnten. Zur Hauptfrage III haben alle übrigen Angeklagten soweit sie sich des Komplotts schuldig bekannten, angegeben, daß es wegen ihrer Verhaftung durch die Gendarmerie nicht zur Verwirklichung des geplanten Raubes kam. Lediglich der Mitangeklagte E behauptete in der Hauptverhandlung dem Sinne nach, der Plan zur Verwirklichung des überfalls auf die C Maria Laach sei schon vor ihrer Verhaftung fallengelassen worden, doch fügte er dieser Angabe hinzu, daß dies geschehen sei, weil sie sich alle die Tat nicht 'zutrauten', sie sich selbst also die zur Begehung dieser Tat erforderlichen physischen und psychischen Fähigkeiten nicht zugestanden (Leukauf-Steininger 2 RN. 4 zu Par 16 StGB.).

In seinen Ausführungen zu dem Nichtigkeitsgrund der Z. 8 des § 345 Abs. 1 StPO. wiederum vermag der Beschwerdeführer eine sachliche Unrichtigkeit oder eine dieser gleichkommende Unvollständigkeit der den Geschwornen erteilten Rechtsbelehrung nicht aufzuzeigen. Zunächst versagt der Einwand, daß die Rechtsbelehrung zur Hauptfrage I a (Raubversuch) in Ansehung des dort enthaltenen Versuchsbegriffes insoweit mit einer zu Mißverständnissen führenden Unvollständigkeit behaftet sei, als für die Geschwornen hiedurch die für die Abgrenzung des Raubversuchs vom Raubkomplott (als eine - in diesem Falle Ier gemäß § 277 Abs. 1 StGB.

strafbare - Vorbereitungshandlung zum Raub) maßgeblichen Kriterien nicht klar erkennbar gewesen seien. Denn der vom Beschwerdeführer für ein richtiges Verständnis des Versuchsbegriffes (zwecks Abgrenzung I des strafbaren Versuchs von der Vorbereitungshandlung) mit Iit Recht für erforderlich erachtete Hinweis auf die zeitliche chte und örtliche Nähe des Tatverhaltens zu der deliktsspezifiIgeschen Tatausführung fand in der schriftlichen Rechtsbelehrung ausdrücklich unter teilweiser Verwendung des Gesetzeswortlauts und in einer Form Berücksichtigung, die eine mißverständliche Auslegung des Versuchsbegriffes durch die Geschwornen nicht besorgen ließ; vor allem wurde in der Rechtsbelehrung besonders noch hervorgehoben, daß das AusIkundschaften einer Tatgelegenheit bloß als (straflose) Vorbereitungshandlung zu werten ist, sodaß auch der diesbezügliche Beschwerdeeinwand ins Leere geht.

Mit dem weiteren Vorbringen, daß es zu einer für die Geschwornen verständlichen Abgrenzung des Versuchs von der Vorbereitungshandlung der Anführung von (konkreten) Beispielen aus der Rechtsprechung bedurft hätte, wird eine Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung nicht dargetan; läßt sich doch aus der Bestimmung des § 321 Abs. 2 StPO. eine Verpflichtung des Schwurgerichtshofs zur Anführung konkreter Beispiele in der Rechtsbelehrung nicht entnehmen; Gegenstand der Rechtsbelehrung ist vielmehr nur eine vom konkreten Sachverhalt losgelöste Erläuterung der in den gestellten Fragen aufscheinenden Rechtsbegriffe.

In seiner gegen die Rechtsbelehrung zur Hauptfrage III gerichteten Rüge vermißt der Beschwerdeführer nähere Hinweise in der Rechtsbelehrung darüber, welche Details der geplanten Tat im Zuge der zwischen den Komplottanten getroffenen Verabredung zur gemeinsamen Tatausführung bereits besprochen worden seien oder feststehen müssen.

Zutreffend wird jedoch in der Rechtsbelehrung hervorgehoben, daß die verabredete Tat bloß in ihren wesentlichen Momenten (Umrissen) konkretisiert sein muß, womit das für das Bestimmtheitserfordernis der geplanten Tat bedeutsame Kriterium ausreichend umschrieben und klargestellt wurde, daß die Tatbestandsverwirklichung nach § 277 Abs. 1 StGB. keineswegs eine bereits alle Details der geplanten Tat umfassende Verabredung voraussetzt. Soweit schließlich der Beschwerdeführer auch in diesem Zusammenhang zum besseren Verständnis für die Geschwornen die Anführung von 'neutralen Beispielen' in der Rechtsbelehrung fordert, sei er auf die vorangehenden Ausführungen verwiesen.

Damit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde zur Gänze als unbegründet.

Allerdings war von Amts wegen (§§ 290 Abs. 1, 344 StPO.) wahrzunehmen, daß die Vorhaftanrechnung (§ 38 StGB.) irrig nicht auch die im Spruch genannte (und aus dem einbezogenen Verfahren 10 U 2342/83 des Strafbezirksgerichts Wien zu ersehende) Haft erfaßte. Rudolf A wurde für das von ihm begangene Verbrechen des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 (Abs. 1), 143, erster und zweiter Fall StGB., das Vergehen des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 und Abs. 2 StGB., das Verbrechen der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 2 StGB., das Vergehen nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffG., das Verbrechen des verbrecherischen Komplottes nach § 277 Abs. 1

StGB. und das Verbrechen des gewerbsmäßigen Bandendiebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 130 StGB. nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB. unter Bedachtnahme auf § 28 Abs. 1 StGB. und gemäß §§ 31, 40 StGB. auf das Urteil des Kreisgerichts Krems an der Donau vom 25. Oktober 1983, AZ. 8 E Vr 828/83 (mit dem er nach § 198 Abs. 2 StGB. zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war) zu einer Zusatzstrafe in der Dauer von zehn Jahren verurteilt. Das Geschwornengericht wertete als erschwerend die Begehung von vier Verbrechen und drei (richtig: zwei) Vergehen, die Wiederholung der Sachbeschädigung, des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen und die mehrfache Qualifikation der Diebstähle; ferner daß A schon 16 mal, überwiegend wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten verurteilt worden ist (womit auch die Voraussetzungen des § 39 StGB. erfüllt waren) und weiters den raschen Rückfall. Als mildernd fiel demgegenüber ins Gewicht das reumütige und umfassende Geständnis bezüglich der Sachbeschädigung, des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen, des unbefugten Waffengebrauchs und der Diebstähle, sowie der Umstand, daß es bezüglich des Raubes beim Versuch geblieben ist. Mit seiner Berufung bekämpft A das Strafausmaß. Das Geschwornengericht hat jedoch die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig genannt und auch zutreffend gewichtet. Die Verurteilungen, welche auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, sind - losgelöst von der jeweils dafür verhängten Strafe - gemäß § 33 Z. 2

StGB. grundsätzlich erschwerend; ihr Gewicht ist im vorliegenden Fall ohnehin angesichts des Tatunrechts der abgeurteilten Taten von untergeordneter Bedeutung. Ein reumütiges Geständnis wiederum hat der Berufungswerber bezüglich des Raubversuches nicht abgelegt; seine eine solche Tat konzedierenden Angaben im Vorverfahren waren angesichts der von ihm behaupteten Erinnerungslücken und des umfassenden Geständnisses seiner Raubgenossen zur Wahrheitsfindung kein sonderlicher Beitrag. Für eine untergeordnete Beteiligung AS an den zahlreich begangenen Straftaten findet sich in der Aktenlage kein Anhaltspunkt. Daß er aber Urheber oder gar Anstifter der Taten gewesen sei, wurde ihm ohnehin nicht (als erschwerend: § 33 Z. 4 StGB.) angelastet. Die Heimerziehung im Kindesalter kann dem inzwischen mehr als 25-jährigen und bereits vielfach vorbestraften Berufungswerber nicht mehr zugute gehalten werden.

Daß der Raub aber beim Versuch geblieben ist, wurde vom Geschwornengericht gebührend berücksichtigt. Sonstige zusätzlich ins Gewicht fallende Milderungsgründe liegen nicht vor. Demzufolge erweist sich angesichts der zahlreichen äußerst rücksichtslos begangenen Taten, welche eine völlige Mißachtung fundamentaler Prinzipien des menschlichen Zusammenlebens erkennen lassen, die verhängte Strafe als nicht reduktionsfähig.

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